Einhorn
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Das Einhorn ist ein pferdeähnliches Fabeltier mit einem Horn auf der Stirn. Es gilt als das edelste aller Fabeltiere und steht als Symbol für das Gute.
[Bearbeiten] Aussehen
Das Einhorn ist ein Fabeltier, das einem Pferd (manchmal auch einer Ziege) ähnelt, jedoch ein erhabenes Horn auf der Stirn trägt. Häufig wird es auch mit weiteren vom Pferd abweichenden Merkmalen wie zum Beispiel gespaltenen Hufen (ähnlich einem Paarhufer), dem Schwanz eines Löwen oder einem Ziegenbart beschrieben.
Anders in der chinesischen Mythologie, wo das Qilin eher einem Ochsen gleicht.
Die Farbe des Fells wird unterschiedlich beschrieben: Mal heißt es, das Einhorn sei reinweiß, mal besitze es alle Schattierungen von weiß, ein andermal soll es alle Farben haben. Es wird auch über Einhörner mit Flügeln, ähnlich einem Pegasus fabuliert. Für die männliche bzw. weibliche Form des Einhorns werden die Bezeichnungen Einhornhengst bzw. Einhornstute verwendet.
[Bearbeiten] Hypothetischer Ursprung
Einige zeitgenössische Wissenschaftler vertreten die Hypothese, dass der Ursprung des Einhorns in Rindern oder Ziegen liegt, denen man im Orient des 3. vorchristlichen Jahrhunderts zu Schmuck- oder kultischen Zwecken in jungen Jahren die Hörner zusammenband, so dass diese im Laufe der Jahre scheinbar zu einem einzigen Horn zusammenwuchsen. Das könnte auch die gespaltenen Hufe und den „Löwenschwanz“ erklären, die besser zu einem Paarhufer als zu einem Pferd passen.
[Bearbeiten] Das Horn
Das Horn des Einhorns wird als schneckenartig gedreht und vorne spitz zulaufend dargestellt. Es soll weiß und bis zu einem halben Meter lang sein. Mit ihm soll das Einhorn gegen seine Feinde (unter anderem Drachen) kämpfen, heilen und sogar Tote wieder lebendig machen können. Das Horn soll dem Einhorn erst allmählich im Laufe seines Lebens wachsen; ein abgebrochenes Horn soll innerhalb von zehn Jahren wieder nachwachsen.
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden die Zähne des Narwals für das Horn gehalten und Ainkhürn genannt. Narwalstoßzähne liefern das teuerste Elfenbein und werden seit dem 10. Jahrhundert gehandelt. Als diese Walart noch weitgehend unbekannt war, wurden diese Stoßzähne als Horn des sagenhaften Einhorns verkauft und mit Gold aufgewogen. Es gibt diverse Ausstellungsobjekte, meist Herrscherinsignien, die daraus angefertigt wurden.
- Als vermeintliches Einhorn raubten Kreuzritter zwei Narwalstoßzähne in Konstantinopel und schenkten diese dem Markusdom in Venedig, wo sie noch heute aufbewahrt werden (Schatzkammer des Markusdoms in Venedig).
- Auch die Habsburger waren im Besitz eines „Ainkhürn“-Stoßzahnes sowie mehrerer Objekte aus Ainkhürn (Wiener Kronschatz).
- 1671 wurde der dänische König Christian V. auf einem Krönungsstuhl gekrönt, der ausschließlich aus Ainkhürn hergestellt war. Er dient noch heute als Thron der Königin von Dänemark.
Man schrieb dem Ainkhürn magische Fähigkeiten zu, so zum Beispiel, dass es Gift neutralisieren könne, weswegen auch Trinkgefäße aus Narwalelfenbein gefertigt wurden. Da das Horn als sehr vielseitiges Heilmittel galt, wurden in vielen Städten Apotheken als Einhorn-Apotheke benannt.
[Bearbeiten] Besondere Fähigkeiten
Angeblich können die Tränen des Einhorns Versteinerungen lösen. Es kann Tote zurück ins Leben holen. Und wer das Blut eines Einhorns trinkt wird angeblich unsterblich, führt aber von diesem Punkt an ein unglückliches und verfluchtes Leben. In einigen Erzählungen heißt es auch, dass ein Einhorn ein karges und/oder verwüstetes Land wieder zum Blühen bringt, sobald es seine Grenzen überschreitet.
[Bearbeiten] Lebensraum
Das Einhorn soll überwiegend als Einzelgänger in einem Wald leben, den es beschützt und behütet. Es heißt, dass in einem Einhornwald die Pflanzen und die Tiere größer und gesünder als in einem normalen Wald sind. In diesem Wald muss es angeblich einen kleinen See geben, in dem sich das zur Eitelkeit neigende Einhorn als Spiegelbild sehen kann. Es ist auch die Rede davon, dass in einem Einhornwald immer Frühling herrscht und das Einhorn unsterblich ist, solange es „seinen“ Wald nicht verlässt.
Seltener wird auch von Wassereinhörnern fabuliert, die angeblich in den Tiefen der Ozeane leben. Es sollen auch Einhörner in Höhlen gelebt haben; die Einhornhöhle im Westharz ist jedenfalls nach ihnen benannt. Es handelte sich bei den hier und auch in anderen Höhlen gefundenen Knochen jedoch meist um Fragmente des Ursus spelaeus Höhlenbär, die in den Ablagerungen oft in großer Zahl gefunden wurden und die bis vor etwa 200 Jahren noch nicht wissenschaftlich gedeutet werden konnten. Nur wenige Leute behaupteten, ein Einhorn gesehen zu haben.
[Bearbeiten] Das Leben eines Einhorns
Die Geburt eines Einhorns („Einhornfohlen“) soll ein sehr seltenes Ereignis sein. Bei seiner Geburt soll ein Einhorn noch kein oder nur ein sehr kleines Horn haben. Bis ein Einhorn ausgewachen ist, sollen zwischen 3 und 10 Jahre vergehen. Nach einer sehr langen Lernphase verlässt das Einhorn irgendwann den Wald seiner Mutter und sucht sich einen eigenen Wald. Dort soll es angeblich die ganze Zeit leben, mit Ausnahme von wenigen Treffen mit anderen Einhörnern. Nur äußerst selten soll es den Wald aus anderen Gründen verlassen. Es ist widersprüchlich beschrieben, ob Einhörner ewig leben oder nur sehr, sehr alt werden und irgendwann aufhören zu existieren.
[Bearbeiten] Einhörner und Menschen
Einhörner sollen gegenüber Menschen sehr scheu sein. Dies käme daher, dass die Menschen aufgrund des kostbaren Horns Jagd auf Einhörner machen sollen. Es wird auch berichtet, dass nur Menschen, die an Einhörner glauben (oder solche, die reinen Herzens sind), sie auch erkennen können. Alle anderen sollen nur ein ganz gewöhnliches Pferd sehen. In letzter Zeit werden wieder vermehrt angeblich Einhörner gesichtet, was darauf zurückgeführt wird, dass sich viele Menschen Sagen und Mythen als Ersatzreligionen zuwenden, ähnlich dem Glauben an UFOs.
[Bearbeiten] Einhörner und Jungfrauen
Es wird berichtet, dass Einhörner großes Vertrauen in Jungfrauen haben. So zeigen sie sich angeblich einer Jungfrau, wenn diese am Rande des Einhornwalds sitzt, legen ihren Kopf in den Schoß der Jungfrau und schlafen ein.
In vielen Darstellungen von der Jagd auf Einhörner wird diese Vertrautheit genutzt, um die Fabeltiere zu fangen. Eine Jungfrau wartet auf das Einhorn. Ist es eingeschlafen, treten die Jäger aus den Verstecken hervor.
[Bearbeiten] Einhörner und Alchemie
Bei den mittelalterlichen Alchemisten symbolisierte das Einhorn das chemische Element Quecksilber.
[Bearbeiten] Einhörner in der Kunst
In der Kunst wird das Einhorn oft benutzt, um Jungfräulichkeit darzustellen. Im Mittelalter war das Einhorn deshalb das Zeichen für die Jungfrau Maria. Man findet es auf der Brosche des Bildes von Stefan Lochner (Madonna im Rosenhag, um 1448, Wallraf-Richartz-Museum, Köln). Berühmt ist das Gemälde „Dame mit dem Einhorn“ von Raffael (um 1506, Galleria Borghese, Rom). Das Einhorn findet man ebenfalls auf dem Tafelbild „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch (um 1500, Prado, Madrid) sowie bei Lucas Cranach der Ältere (Das Paradies, 1530, Kunsthistorisches Museum Wien).
Eine sehr bekannte Darstellung eines Einhorns gibt es im Museum für Mittelalter (fr. Musée national du Moyen Âge) in Paris zu sehen (Hôtel de Cluny). Eine Reihe von fünf Wandteppichen, die jeweils die fünf Sinne darstellen, und einen sechsten Teppich, der alle fünf Sinne in sich vereint. Die Wandteppiche wurden für Jaen Le Viste von Lyon gefertigt und tragen somit auch sein Wappen. Kopien der Teppiche werden in vielen Filmen als Hintergrundkulisse verwendet. Bekanntestes Beispiel ist der Gryffindor-Aufenthaltsraum in den Harry-Potter-Filmen.
In der darstellenden Kunst taucht das Einhorn schon in den Kulthöhlen der Jägerstämme auf. Im Pergamonmuseum in Berlin kann man es auf dem Ischtar-Tor aus Babylon bewundern.
Es ist zu finden in Altären, (z. B. Einhornaltar im Dom zu Erfurt, frühes 15. Jahrhundert) und in der Bildhauerei z. B. Einhornbrunnen von Prof. Geibel (1960) in Darmstadt.
Eine in der Kunstgeschichte einmalige Darstellung des Einhorns, das nicht nur sein heilkräftiges Horn auf der Stirn trug sondern auch „heilkräftigen Odem“ ausatmete, fand sich auf einer geschnitzten, kolorierten Eichenholztafel. Die Tafel tauchte beim Abriss und Neuaufbau der 1570 gegründeten Einhornapotheke in der Kirchstrasse in Darmstadt auf und zierte bis zur Zerstörung der Stadt durch einen Bombenangriff im Jahr 1944 die Schaufensterrückwand. Die Tafel stammte wohl aus dem 18. Jahrhundert. Heute existiert nur noch ein Foto von dieser Tafel.
[Bearbeiten] Einhörner in der Mythologie
Das Einhorn findet sich im indischen Mythos ebenso wie in der persischen Schöpfungsgeschichte in der Edda und an mehreren Stellen in der Bibel (hier allerdings wohl durch einen Übersetzungsfehler).
Von der Antike bis zur Neuzeit taucht das Einhorn in der zoologischen und medizinischen Literatur auf: Im „Physiologus“ (2. Jhdt.), bei Hildegard von Bingen (12. Jhdt.), Albertus Magnus (13. Jhdt.) und in Arzneibüchern bis ins 19. Jhdt. Pater Werinhard Einhorn schrieb 1975 seine Doktorarbeit „spiritalis unicorni“.
Seinen mythischen Ursprung soll das Einhorn in der griechischen Mythologie haben. Dort hat Zeus der ihn gesäugt habenden Ziege Almathea ein Horn abgeschlagen (Füllhorn). Um den Stolz und das Edle des so entstandenen Einhorns zu verdeutlichen, gab man ihm den Körper eines Pferdes. Die gespaltene Hufe und der Ziegenbart sind so ebenfalls auf die griechische Mythologie zurück zu führen.
[Bearbeiten] Einhörner in der Magie
Bei Abraham von Worms (Buch IV, XXVII. Kapitel, Ausg. Dehn, S. 321) findet sich ein magisches Buchstabenquadrat, mit dem man ein Einhorn sichtbar machen können sollte.
-
R E E M E L Z E E I L E M E E R
[Bearbeiten] Einhörner in der Heraldik
In Wappen ist das Einhorn eine „Gemeine Figur“. Der Schild des britischen Staatswappens wird von einem Löwen und einem Einhorn gehalten, wobei das Einhorn Schottland symbolisiert. Beim Palio (Pferderennen) in Siena gibt es eine Contrade mit dem Wappen des Einhorns.
[Bearbeiten] Übersetzungen
- lateinisch: unicornus, ūs n
- spanisch : unicornio
- italienisch: unicorno, liocorno
- englisch: unicorn
- griechisch: monoceros
- hebräisch: re'em
- französisch: licorne
Interessant ist, dass es sich bei diesen alten Sprachen immer um wortwörtliche Übersetzungen handelt, in den verschiedenen Sprachen also immer das gleiche (übersetze) Wort benutzt wird.
[Bearbeiten] Literatur, Musik und Film
[Bearbeiten] Literatur
- Lyrik:
- O dieses ist das Tier, das es nicht giebt.
- Sie wußtens nicht und haben jeden Falls
- — sein Wandeln, seine Haltung, seinen Hals
- bis in des stillen Blickes Licht — geliebt.
- (aus Rainer Maria Rilke: Die Sonette an Orpheus. Zweiter Teil, Vers IV)
- Roman:
- Iris Murdoch: The Unicorn. (1963)
- Das letzte Einhorn von Peter S. Beagle
- Die Sonate des Einhorns von Peter S. Beagle
- Tracy Chevalier: Der Kuss des Einhorns. List-Taschenbuch, Berlin 2005. ISBN 3-548-60536-2
- Erzählungen:
- Cees Nooteboom: Die Dame mit dem Einhorn. Reiseerzählungen.
- Indika – von dem griechischen Gelehrten Ktesias (um 400 v. Chr.). In Indika – einer fabelhaften Beschreibung Indiens und seiner Kreaturen – findet sich die wohl erste Beschreibung des Einhorns in der Literatur.
- Rainer Maria Rilke: Die Dame mit dem Einhorn. Insel, Frankfurt 1978, 1993. ISBN 3-458-19001-5.
- Florian Russi: Alids Traum – 12 Einhorngeschichten. Weimar 2005, ISBN 3-937601-22-8.
- Märchen:
- Das tapfere Schneiderlein von den Gebrüdern Grimm: Das hier dargestellte Einhorn wird als böse dargestellt und durch eine List gefangen, als es in blinder Wut auf den Schneider zurennt und sein Horn in einen Baum rammt. Aus dieser Situation gibt es keine Möglichkeit mehr für das Einhorn, zu entfliehen.
[Bearbeiten] Musik
- America: The Last Unicorn (Themesong zum untengenannten Zeichentrickfilm)
- Band: Das Blaue Einhorn
[Bearbeiten] Theater
- La Licorne (Das Einhorn). Ballett von Jacques Ibert
- Die Dame und das Einhorn. Ballett von Jean Cocteau (1952)
[Bearbeiten] Film
- Das letzte Einhorn (Zeichentrick) von Peter S. Beagle
- Legende mit Tom Cruise
[Bearbeiten] Siehe auch
Unsichtbares rosafarbenes Einhorn
[Bearbeiten] Literatur
- Harald Gebhardt, Mario Ludwig: Von Drachen, Yetis und Vampiren – Fabeltieren auf der Spur. BLV-Verlag, München 2005. ISBN 3-405-16679-9
- Ernst Probst: Monstern auf der Spur. Wie die Sagen über Drachen, Riesen und Einhörner entstanden. Probst, Mainz-Kostheim 2001. ISBN 3935718071
- Tracy Chevalier: Der Kuss des Einhorns. Roman, aus dem Englischen von Ursula Wulfekamp. List Taschenbuch, Berlin 2005. ISBN 3-548-60536-2 (über die Entstehung der o. g. prächtigen Wandteppiche in Frankreich)
- Jochen Hörisch: Das Tier, das es nicht gibt. Eine Text-& Bild-Collage über das Einhorn. Krater Bibliothek. Franz Greno, Nördlingen 1986. ISBN 3891904096
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Einhorn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |