Marschbahn
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Als Marschbahn wird eine in Schleswig-Holstein gelegene Eisenbahn-Hauptstrecke bezeichnet, die die Bahnhöfe Elmshorn im Süden und Westerland auf Sylt im Norden miteinander verbindet. Sie ist Teil einer 237 Kilometer langen durchgehenden Verbindung von Hamburg-Altona nach Westerland (Sylt) und in den Fahrplänen der Deutschen Bahn als Kursbuch-Strecke 130 (KBS 130) verzeichnet. Das Passagieraufkommen beläuft sich auf etwa fünf Millionen jährlich. Hierzu trägt in erster Linie der Berufspendlerverkehr in den Ballungsraum Hamburg, aber auch der Zubringerdienst zu den Nordseebädern, den nordfriesischen Inseln und den Halligen bei. Die Reisezeit für die Strecke Hamburg–Westerland beträgt etwa drei Stunden.
Die Marschbahn führt, ihrem Namen entsprechend, überwiegend durch die Marsch. Es gibt aber auch einige Streckenabschnitte, die durch die höher gelegene Geest führen.
Als Hamburger Marschbahn bekannt ist die Strecke durch die Hamburgischen Vierlande von Billbrook über Zollenspieker nach Besenhorst.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die heutige „Marschbahn“ ging hervor aus der „Glückstadt-Elmshorner Eisenbahn-Gesellschaft“, die kurz nach der Inbetriebnahme der Altona-Kieler Eisenbahn (18. September 1844) eine Bahnlinie von Elmshorn nach Glückstadt baute und am 20. Juli 1845 eröffnete. Zwölf Jahre später, am 15. Oktober 1857, erfolgte eine Verlängerung nach Itzehoe. Am 1. Januar 1879 wurde die Glückstadt-Elmshorner Eisenbahn in die „Holsteinische Marschbahn-Gesellschaft“, diese 1888 wiederum in die „Schleswig-Holsteinische Marschbahn-Gesellschaft“ überführt. Elmshorn stieg damit zum ersten Eisenbahnknotenpunkt in den Herzogtümern auf. Am 1. Juli 1890 wurde die Gesellschaft in das Eigentum des preußischen Staates übernommen und unterstand zusammen mit der Altona-Kieler Eisenbahn der Verwaltung durch die Eisenbahndirektion Altona.
Am 1. September 1886 wurde die Strecke von Itzehoe nach Husum verlängert, von dort weiter nach Norden ausgebaut, am 17. Oktober 1887 bis Bredstedt, am 15. November 1887 bis Niebüll. Ab 1887 war die Marschbahn von Niebüll weiter nach Norden über Tondern (mit Anschlussbahnen nach Tingleff und Hoyer-Schleuse, letztere mit Fähranschluss nach Sylt), Bredebro (mit Anschluss nach Lügumkloster und ab 1901 weiter mit der Apenrader Kreisbahn nach Apenrade), Scherrebek (mit Anschlüssen der Haderslebener Kreisbahn), Ripen bis Bramming fertig gestellt, wo sie Anschluss an das dänische Hauptbahnnetz bekam). Durch die Grenzziehung 1920 ließ der Verkehr nach, und der Weg nach Sylt über die Grenze wurde umständlich, sodass man sich zum Bau des Hindenburgdamms entschloss. Der Anschluss an die Insel Sylt erfolgte mit der Eröffnung des Hindenburgdamms am 1. Juni 1927.
Ursprünglich gehörte zur Marschbahn auch die 1881 fertig gestellte Nebenstrecke St. Michaelisdonn–Marne–Friedrichskoog. Diese war zunächst nur für den Güterverkehr, speziell für den Transport von Zuckerrüben, gebaut und wurde erst später auch für den Personenverkehr freigegeben. Seit 1961 wurden dann wieder nur Güter transportiert, bis die Strecke in den 1980er Jahren von der Bahn aufgegeben wurde und bis Marne zurückgebaut wurde. Heute dient sie touristischen Zwecken, indem dort seit dem 1. Mai 2004 in den Sommermonaten eine Draisinen-Vermietung eingerichtet wurde.
Der 1887 fertiggestellte Abschnitt Niebüll–Tondern wurde, nachdem er seit 1981 nicht von der Deutschen Bahn genutzt worden war, im Jahre 2000 von der Nordfriesische Verkehrsbetriebe AG (NVAG) zunächst probeweise und ab 2001 in den Sommermonaten im zweistündigen Regelbetrieb reaktiviert. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten auf dänischer Seite wird die Strecke seit 2003 ganzjährig von der Nord-Ostsee-Bahn betrieben, die die Streckenrechte der mittlerweile insolventen NVAG übernommen hatte. Der nördliche Abschnitt von Tondern nach Bramming wird heute als Nebenbahn betrieben. Die Züge fahren über Bramming hinaus bis Esbjerg durch.
In Elmshorn zweigt die Marschbahn von der Hauptstrecke Hamburg-Altona–Kiel ab. Auf dieser verkehren auch Züge nach Flensburg. Zusammen mit den Regionalzügen der Relation Hamburg–Elmshorn (Linien R60 und R70 im HVV) ergibt sich dort ein sehr starkes Verkehrsaufkommen. Beeinträchtigungen durch den Engpass südlich von Elmshorn wirken sich auch auf den Betrieb auf der Marschbahn aus.
[Bearbeiten] Bahnbetriebswerke an der Marschbahn
- Bw Hamburg-Altona
- Bw Hamburg-Eidelstedt
- Bw Itzehoe
- Bw Heide
- Bw Husum
[Bearbeiten] Abzweigende Strecken (Bereich Elmshorn–Westerland)
[Bearbeiten] In Betrieb
- Heide–Büsum
- Heide–Neumünster
- Husum–Schleswig–Rendsburg–Kiel
- Eiderstedtquerbahn (Husum–Tönning–Bad St. Peter-Ording)
- Bahnstrecke Niebüll–Dagebüll
- Niebüll–Tondern(–Esbjerg)
Die letztgenannte Strecke ist die ursprüngliche Verlängerung der Marschbahn nach Norden.
[Bearbeiten] Außer Betrieb
- Itzehoe–Wrist (teilweise abgebaut)
- Wilster–Brunsbüttel (Personenverkehr eingestellt, Güterverkehr ist vorhanden)
- St. Michaelisdonn–Brunsbüttel Nord (Personenverkehr eingestellt, Güterverkehr ist vorhanden)
- St. Michaelisdonn–Marne (von Mai bis Oktober mit Fahrraddraisinen befahrbar)
- (Niebüll–)Lindholm–Flensburg
Teile der beiden Strecken nach Brunsbüttel sind Reste der ursprünglichen Marschbahn zwischen St. Michaelisdonn und Wilster. Bis 1920 waren sie zwischen Eddelak und St. Margarethen miteinander verbunden. Der dazwischen liegende Nord-Ostsee-Kanal war seit 1893 mit einer Drehbrücke überquert worden.
[Bearbeiten] Nicht mehr vorhanden
- Kreisbahn Norderdithmarschen
- Heide–Karolinenkoog
- Friedrichstadt–Schleswig
- Husum–Schwabstedt–Erfde–Rendsburg (bei Husum liegen noch Gleise)
- Husum–Löwenstedt–Flensburg
- Bredstedt–Löwenstedt
- Sylter Inselbahn
[Bearbeiten] Hervorhebenswerte Streckenabschnitte
- Zwischen den Bahnhöfen Klanxbüll und Morsum wird die Strecke über den Hindenburgdamm über das nordfriesische Watt geführt. Auf dem Damm befindet sich eine Blockstelle.
- Auf der 42 Meter hohen Hochbrücke Hochdonn überquert die Marschbahn den Nord-Ostsee-Kanal. Die Brücke hat im größten Bogen über dem Kanal eine Spannweite von 143 Metern und eine Gesamtlänge von 2.218 Metern. Sie wurde 1920 als Ersatz für die oben erwähnte Drehbrücke eröffnet und wird zur Zeit bis ca. 2007 grundsaniert.
[Bearbeiten] Ausbau
Die Strecke ist zum größten Teil zweigleisig ausgebaut. Eingleisige Abschnitte gibt es im Bereich der Eiderbrücke bei Friedrichstadt, zwischen Hattstedt und Bredstedt, Niebüll und Klanxbüll sowie zwischen Morsum und Westerland. Zwischen Pinneberg und Elmshorn ist seit Jahrzehnten ein Ausbau auf mindestens drei Gleise angedacht, um die Verkehrslast, die zwischen Hamburg und Pinneberg mit zwei Fern- und zwei S-Bahn-Gleisen bewältigt wird, zu entschärfen. Den Beginn des Ausbaus des Abschnitts zwischen Niebüll und Klanxbüll kündigte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Dietrich Austermann für 2007 an.
Elektrifiziert ist die Marschbahn seit 1998 lediglich auf dem Abschnitt Hamburg-Itzehoe. Für die IC-Züge Richtung Westerland ergibt sich damit ein Lokwechsel in Itzehoe oder Hamburg Hauptbahnhof, wo auf Doppelbespannung mit Dieselloks der DB Baureihe 218 gewechselt wird. Bei den EuroCity-Zügen findet dieser Lokwechsel stets in Hamburg Hauptbahnhof statt.
Der Ast nach Tondern soll bis 2007 für Geschwindigkeiten von 80 Km/h ertüchtigt werden. Damit soll sich die Reisezeit auf diesem Stück der Marschbahn um c.a. 10 Minuten verkürzen.
[Bearbeiten] Verkehr und Betrieb
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden besonders in der Sommersaison viele und lange Schnellzüge nach Westerland (Sylt) geführt. Die meisten Züge fuhren über Hamburg hinaus in Richtung Köln und ins Ruhrgebiet, einige fuhren bis in den Süden Deutschlands. Täglich verkehrte auch ein Interzonenzugpaar von und nach Berlin, das in der Sommersaison am Wochenende durch ein weiteres Zugpaar verstärkt wurde. Diese D-Züge hielten meistens auch in kleineren Bahnhöfen wie Elmshorn, Glückstadt und Friedrichstadt. Bis in die 1970er Jahre verwendete die DB dafür leistungsfähige Dampflokomotiven der Reihe 01.10. Diese wurden von Dieselloks der Type 218 abgelöst, die oft in Doppeltraktion verkehren mussten.
Während in den Schnellzügen das übliche DB-Material verwendet wurde, waren in den Eil- und Nahverkehrszügen häufig Wagen der Vorkriegsbauarten E 30 und E 36 zu sehen. Auch Mitteleinstiegswagen kamen häufig in den Zügen vor. Mit deren Ausmusterung wurden auch hier die üblichen Silberling-Wagen verwendet
Eine erhebliche Aufwertung der Marschstrecke brachte der Sommerfahrplan 1978. Einige Züge des in diesem Jahr zwischen Köln und Hamburg eingeführten InterCity-Stundentaktes (IC) mit erster und zweiter Klasse-Wagen wurden über Hamburg hinaus bis Westerland (Sylt) geführt. Sie waren aber nördlich von Hamburg tariflich noch als D-Züge eingeordnet. Ein Jahr später kamen auch IC-Verbindungen Richtung Frankfurt am Main und München hinzu.
[Bearbeiten] Taktfahrplan
Eine komplette Umwandlung des Verkehrangebotes auf der Marschbahn, und in ganz Schleswig-Holstein, brachte schließlich das Jahr 1991. Neu eingeführt wurden zweistündliche Eilzüge, die zwischen Hamburg und Heide ohne Halt fuhren und sogar weniger Stopps als IC-Züge aufwiesen. Diesen „Super-Eilzügen“ lag eine Marktstudie zugrunde, die ergeben hatte, dass den ganzen Tag über in Hamburg aus dem IC-Netz ein gleichmäßiges Reisendenaufkommen zu den Urlaubs- und Erholungsorten an der Nordsee festzustellen war. Dieser Klientel, die auf (Umsteige-)Orte wie Büsum via Heide, Dagebüll via Niebüll und Bad St. Peter-Ording via Husum fixiert war, sollten Reisezeiten ab Hamburg unter zweieinhalb Stunden geboten werden. Gegenüber einer Ausweitung des IC-Netzes hatte diese Lösung den Vorteil, den auf Hamburg ausgerichteten Bezirksverkehr mit in diese Züge integrieren zu können. Den Verkehr bis Husum übernahmen Nahverkehrszüge im Stundentakt, die überall hielten. Im Berufsverkehr verstärkten zusätzliche Nahverkehrszüge Hamburg bzw. Pinneberg–Itzehoe das Angebot.
Wenig später wurden jedoch auch die IC-Züge im Zwei-Stunden-Takt über die Marschbahn geführt, die somit im schnellen Fern- und Bezirksverkehr einen Stundentakt aufweisen konnte.
[Bearbeiten] Folgen der Elektrifizierung
Mit der Elektrifizierung wurde das Zugangebot im Nahverkehr verstärkt. Nunmehr wurden zwischen Hamburg/Pinneberg und Itzehoe Regionalbahnen im Stundentakt geführt. Diese Züge verkehrten mit Silberling-Garnituren in mintgrün und verkehrsrot und überwiegend E-Loks der Baureihe 141. Die nun ebenso als Regionalbahn bezeichneten Züge Hamburg–Husum ließen dafür südlich Itzehoe nunmehr einige kleinere Stationen aus. Diese Züge wurden trotz des Fahrdrahtes mit Dieselloks der Reihe 218 zwischen Husum und Hamburg bespannt, meistens in Doppeltraktion. Auf Intervention des Landes, das immerhin einen großen Anteil der Elektrifizierungskosten übernommen hatte, spannen diese Züge seit 2001 größtenteils in Itzehoe von E-Loks der Reihe 110 auf Dieselloks um. Bei IC/EC-Zügen von und nach Berlin werden in Hamburg Hauptbahnhof die Lokomotiven gewechselt.
Nachdem es 2002 zum großen Kahlschlag im DB-Fernverkehr gekommen ist, mit der Einstellung fast aller InterRegio-Züge, wurde auch das IC-Angebot auf der Marschbahn reduziert – auf nur noch vier Züge in der Sommersaison (Winter: zwei Züge). Die früheren „Super-Eilzüge“ hießen nun RegionalExpress und erhielten einige Halte mehr. Sie verkehrten dafür aber im Stundentakt, außer, wenn es in gleicher Fahrplanlage einen IC-Zug gab.
[Bearbeiten] Neue Betreiber
Die Betriebsrechte für den Regionalverkehr zwischen Hamburg-Altona und Sylt wurden 2002 vom Land Schleswig-Holstein neu ausgeschrieben und gingen 2003 ab 11. Dezember 2005 für vorerst zehn Jahre an die Nord-Ostsee-Bahn (NOB). Dies gilt als bisher größter Auftrag für das private Bahnunternehmen Veolia (früher Connex) in Deutschland. Das Konzept sieht neben den stündlichen Zügen mit wenigen Halten zwischen Hamburg und Husum, die mit neu entwickelten Wagen von Bombardier bestückt sind sowie Halberstäder Wagen verstärkt werden. Hinzu kommt ein weiterer Stundentakt mit Talent-Triebwagen zwischen Itzehoe und Husum. Die Deutsche Bahn betreibt aber weiterhin Regionalverkehr auf dem südlichen Teil der Marschbahn zwischen Hamburg-Altona und Itzehoe, so dass zwischen Hamburg und Itzehoe beide Unternehmen die Strecke befahren.
[Bearbeiten] Startprobleme
Im Dezember 2005 und Januar 2006 gab es auf der Marschbahn massive Probleme bei der Nord-Ostsee-Bahn – insbesondere mit der Steuerungselektronik der Loks und den Türen der neuen Waggons. Es gab diverse Zugausfälle und Verspätungen. Mehrere Züge blieben teilweise über eine Stunde auf freier Strecke stehen. Das Land Schleswig-Holstein hat aufgrund der massiven Verspätungen die vertraglich vereinbarten Zahlungen für Dezember um 25 Prozent gekürzt und droht mit weiteren Kürzungen. Notfalls, so die Ankündigung, werde es den Vertrag auflösen, wenn sich die chaotischen Zustände nicht bessern sollten. Die Nord-Ostsee-Bahn veröffentlichte daraufhin einen Maßnahmenkatalog und kündigte an, die Probleme vor allem durch Verstärkung des Personals und durch Einsatz von Ersatzlokomotiven in den Griff zu bekommen.
Im Fernverkehr bedient die Deutsche Bahn die Strecke weiterhin mehrfach täglich durch Intercity/Eurocity-Züge, die Hamburg-Altona nicht anfahren, sondern über Hamburg Hauptbahnhof durchgehende Verbindungen ins Ruhrgebiet, nach Süden und in Richtung Berlin–Dresden–Prag schaffen.
Auf dem Streckenabschnitt Hamburg–Westerland (Sylt) werden auch im Fernverkehr Fahrkarten des Schleswig-Holstein-Tarifs sowie das Schleswig-Holstein-Ticket anerkannt. Diese Regelung gilt vorerst bis Dezember 2006.
[Bearbeiten] Weiterführende Informationen
- Altona-Kieler Eisenbahn-Gesellschaft
- Eiderstedtquerbahn
- Kursbuchstrecke 103
- Kleinbahn Niebüll–Dagebüll
- Hindenburgdamm