Politisches System der Türkei
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Die Türkei ist nach Artikel 2 ihrer Verfassung ein sozialer Rechtsstaat und eine laizistische (d.h. Staat und Religion sind vollkommen getrennt), Demokratie und Republik. Die türkische Republik geht auf Mustafa Kemal Atatürk zurück, ihre aktuelle Verfassung trat am 7. November 1982 in Kraft und wurde um die Jahrtausendwende mehrfach geändert (zuletzt 2002), um einen Beitritt zur Europäischen Union zu erreichen.
Die Türkei ist eine parlamentarische Demokratie, Chef der Exekutive ist der Präsident, die Gesetzgebung liegt bei der Großen Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meclisi). In der Türkei spielt das Militär eine wichtige Rolle in der Politik, da es sich als Beschützer der Einheit und des Laizismus sieht.
Das Militär hat sich bis jetzt dreimal an die Macht geputscht (1960 –1961, 1971 - 1973 und zuletzt 1980 - 1983), um die immer wieder auftauchenden politischen Krisen zu beenden. Das letzte Mal führte die Intervention des Militärs 1997 zum Rücktritt der Regierung von Necmettin Erbakan und seiner RP-Partei. Allerdings lief dieser letzte Umsturz immerhin völlig ohne Waffengewalt ab. Das Militär bediente sich lediglich des Nationalen Sicherheitsrates.
Präsident ist momentan Ahmet Necdet Sezer, Ministerpräsident ist Recep Tayyip Erdoğan von der konservativen islamischen AKP-Partei.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Historischer Kontext
Die Türkische Republik geht auf Mustafa Kemal Atatürk zurück, der sie am 29. Oktober 1923 proklamierte. Der Staat basierte auf dem nach ihm benannten Kemalismus. Das Kalifat wurde abgeschafft und der Staat von der Religion getrennt (Laizismus). 1937 wurden die 6 Prinzipien des Kemalismus in der Verfassung verankert.
1946 wurde ein Mehrparteiensystem und damit die Demokratie eingeführt.
Im Sinne des wichtigen Prinzips der Einheit des Staates wurde lange Zeit gegen kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen gekämpft. Im Zuge der Verfassungsänderungen anfang des 21. Jahrhunderts wurde der Ausnahmezustand in den ostanatolischen Provinzen beendet und den Kurden mehr Rechte gewährt. So dürfen die Kurden beispielsweise Radio und Fernsehprogramme in kurdischer Sprache betreiben.
Durch die Reformen wurde de jure die Situation der einzelnen Person gegenüber dem Staat verbessert, die bürgerlichen Rechte gegenüber dem Schutz des Staates gestärkt. Ein Problem ist die Anwendung der Reformen durch die Verwaltung und Justiz.
Siehe auch: Geschichte der Türkei, Minderheitenpolitik der Türkei
[Bearbeiten] Kemalismus
Hauptartikel: Kemalismus
Der Kemalismus ist bisher die Grundlegende Ideologie für die Türkische Republik. Ihre 6 Elemente sind:
- Laizismus
- Revolutionismus
- Etatismus
- Republikanismus
- Populismus
- Nationalismus
Das türkische Militär sieht sich als Beschützer des Kemalismus.
[Bearbeiten] Aktuelle Situation
Ein wichtiges Ziel der gegenwärtigen Politik ist der Beitritt zur EU. Laizismus ist eine wichtige Grundlage dafür. Ein Hindernis für den Beitritt ist die umstrittene Menschenrechtssituation. Um diese zu verbessern, wurden mehrere Gesetzes- (z.B. Strafgesetzbuch) und Verfassungsänderungen vorgenommen.
Außerdem steht der Staat nach dem Kemalismus über dem einzelnen Bürger. Diese Auffassung steht im Gegensatz zur liberalen Auffassung der EU, derzufolge der Staat für den Bürger da ist.
Siehe auch: Türkischer EU-Beitritt
[Bearbeiten] Organe
[Bearbeiten] Verfassung
Die derzeit gültige Verfassung der Türkei wurde am 7. November 1982 verabschiedet. Demnach definiert sich die Türkei als "demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat", der "dem Wohl der Gemeinschaft, der nationalen Solidarität und Gerechtigkeit, den Menschenrechten und dem Nationalismus Atatürks" verbunden ist. In Artikel 5 werden die "Grundziele und -aufgaben des Staates" definiert:
- Unabhängigkeit und Einheit der türkischen Nation;
- Unteilbarkeit des Landes;
- Schutz der Republik und der Demokratie;
- den Wohlstand, das Wohlergehen und das Glück der Bürger und der Gemeinschaft zu schützen;
- die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hindernisse zu beseitigen, welche die Grundrechte und –freiheiten beschränken.
[Bearbeiten] Staatspräsident
Der Staatspräsident ist das Staatsoberhaupt der Türkei und fungiert als „Hüter der Verfassung“ (Art. 1, Abs. 4), der "die Anwendung der Verfassung und die ordentliche und harmonische Tätigkeit der Staatsorgane" beaufsichtigen soll. Seine Macht ist begrenzt, im Vergleich zum deutschen Bundespräsident hat er aber mehr Machtbefugnisse. Er wird von der großen Nationalversammlung auf 7 Jahre gewählt, eine Wiederwahl ist ausgeschlossen. Persönliche Voraussetzungen: ein Mindestalter von 40 Jahren und ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Verfassungsgemäß muss das Staatsoberhaupt innerhalb von 30 Tagen nach spätestens vier Wahlgängen mit schrumpfender Mehrheit bestimmt werden. Erhält auch nach dem letzten Wahlgang keiner der beiden Kandidaten (Stichwahl) eine Mehrheit, werden Neuwahlen zum Parlament angesetzt. Die Kandidaten müssen nicht dem Parlament entstammen, dann allerdings von einem Fünftel der Abgeordneten unterstützt werden.
Artikel 104 der türkischen Verfassung regelt die Kompetenzen des Staatsoberhauptes. Dazu zählen:
- Er ernennt den Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag auch die Minister.
- Er ernennt drei von elf Mitgliedern des Verfassungsgerichts allein; die übrigen wählt er aus je drei Kandidaten aus, die von den obersten Gerichtshöfen und dem Hochschulrat (Yök) gestellt werden.
- Er ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates und des Ministerrats.
- Im Namen der Nationalversammlung vertritt er den Oberbefehl über die Armee und ernennt auf Vorschlag des Ministerrates den Generalstabschef (Artikel 117).
- Er entscheidet über den Auslandseinsatz der Armee, was jedoch einen Beschluss des Parlaments voraussetzt.
- Bei der Gesetzgebung hat er ein materielles Prüfungsrecht.
- Er kann die Nationalversammlung auflösen, wenn der Ministerrat von ihm nicht das Vertrauen erhält oder ihm das Vertrauen entzieht und kein neuer Ministerrat in 45 Tagen gebildet werden kann. In der Praxis ist letzteres bislang jedoch noch nicht vorgekommen.
- Er kann - wenn er es für erforderlich hält - sogar den Vorsitz des Ministerrates übernehmen; dies ermächigt ihn jedoch nicht, die Tagesordnung festzulegen und die politische Initiative zu ergreifen.
Darüber hinaus besitzt der Präsident ein "suspensives Vetorecht", d.h. er kann Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüfen und auch zurückzuweisen. Von diesem Recht haben die seit 1983 amtierenden türkischen Staatsoberhäupter immer wieder mal Gebrauch gemacht, was deren Position deutlich gestärkt hat. Allerdings ist es dem Parlament verfassungsgemäß trotzdem möglich, den entsprechenden Gesetzestext unverändert und endgültig durchzubringen. In diesem Fall kann der Staatspräsident aber innerhalb von sechzig Tagen eine "Anfechtungsklage" beim Verfassungsgericht einreichen.
Siehe auch: Liste der Präsidenten der Türkei
[Bearbeiten] Ministerrat
Die Regierung der Türkei wird vom Ministerrat (Bakanlar Kurulu) gebildet. Ihm obliegt es, die Gesetze durchzuführen. Damit ist er das wesentliche Element der Exekutive und die Spitze der Verwaltung. Der Ministerrat besteht aus dem Ministerpräsidenten, den Ressortministern und den Staatsministern ohne Portefeuille (Devlet Bakani). Die Staatsminister sind organisatorisch dem Amt des Ministerpräsidenten zugeordnet. Sie stehen an der Spitze bestimmter Fachbereiche oder nehmen politische Funktionen ohne eigenen Verwaltungsaufbau wahr. So gibt es beispielsweise Staatsminister für Religionsangelegeneheiten - seit 1991 auch für Menschenrechte und andere Sonderbereiche.
Wird der Regierung durch das Parlament das Vertrauen entzogen, muss der Ministerrat zurücktreten. Der Staatspräsident muss dann einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen.
Da die türkische Verfassung keine Richtlinienkompetenz für den Ministerpräsidenten kennt, steht der Ministerrat in der gemeinsamen Verantwortung gegenüber dem Parlament. Eine Besonderheit des türkischen Verfassungsrechts liegt in der Form der Übergangsregierung (Vorläufiger Ministerrat). So müssen die Minister für Inneres, Justiz und Verkehr vor allgemeinen Wahlen zurücktreten. Deren Posten werden dann vom Ministerpräsidenten an parteilose Politiker vergeben. Diese Übergangsregierung bleibt dann solange im Amt, bis das neugewählte Parlament zusammentritt. Mit dieser Vorschrift soll ein unparteiischer Verlauf der Parlamentswahlen gewährleistet werden.
[Bearbeiten] Ministerpräsident
Der Ministerpräsident wird vom Staatsoberhaupt bestimmt. Die Parteien stellen hierzu Kandidaten bereit - meist die Parteivorsitzenden oder sonstige führende Persönlichkeiten. Der Präsident benennt dann denjenigen, von dem er annimmt, dass er die notwendige Parlamentsmehrheit hinter sich bringt. Wenn die Ministerliste steht, muss der Ministerpräsident diese gemeinsam mit einem Regierungsprogramm in einer Vertrauensabstimmung dem Parlament vorlegen. Wird das Vertrauen ausgesprochen, werden die Minister förmlich vom Staatspräsidenten ernannt. Zwar verleiht die Verfassung dem Ministerpräsidenten keine Richtlinienkompetenz, allerdings hat er trotzdem die Leitungsfunktion und kann Minister zur Abberufung vorschlagen.
Siehe auch: Vorlage:Navigationsleiste Türkische Ministerpräsidenten
[Bearbeiten] Große Nationalversammlung
Das türkische Parlament ist die Große Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meclisi| TBMM). Sie besteht seit 1995 aus 550 Abgeordneten. Sie wird für 5 Jahre nach dem Verhältniswahlrecht mit einer hohen Sperrklausel von 10% gewählt. Das Parlament kann vor Ablauf der fünfjährigen Legislaturperiode Neuwahlen beschließen. Die letzten vier Wahlen (1991, 1995, 1999 und 2002) fanden vorzeitig statt.
Die Große Türkische Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meçlisi) trifft die Grundsatzentscheidungen, die den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Alltag des Staatslebens steuern. Ihre Aufgaben sind:
- Gesetze zu verabschieden;
- die Verfassung zu ändern;
- den Staatshaushalt zu verabschieden;
- den Ministerrat zum Erlass von Rechtsverordnungen mit Gesetzeskraft zu ermächtigen;
- völkerrechtliche Verträge zu ratifizieren;
- über Krieg und Frieden zu entscheiden.
Darüber hinaus kennt die türkische Verfassung eine ausführliche Regelung über die Unvereinbarkeit (Inkompatibilität) zwischen bestimmten Ämtern in der Regierung und der Justiz sowie dem Abgeordneten-Mandat. Die Abgeordneten genießen Immunität.
Nach der Verfassung sind die Abgeordneten, wie in den meisten anderen Demokratien, Vertreter des ganzen Volkes und nicht beispielsweise einer Partei oder Region. Parteipolitik wird über die Fraktionen in das Parlament hineingetragen. Eine Fraktion muss mindestens 20 Mitglieder haben; der Fraktionsvorsitz wird vom Parteivorsitzenden ausgeübt, wenn er der Nationalversammlung angehört.
Die Nationalversammlung ist auch Herrin des Gesetzgebungsverfahrens. Die Gesetzesinitiativen werden in der Regel von den Abgeordneten eingebracht und müssen begründet werden. Der Staatspräsident hat zudem ein Prüfungsrecht: er überprüft das Gesetz im Hinblick auf das Verfahren und auf seine materielle Verfassungsmäßigkeit.
[Bearbeiten] Nationaler Sicherheitsrat und Militär
Die Wurzeln des Nationalen Sicherheitsrates reichen bis in die 1940er Jahre zurück. Seit 1961 ist er auch in der Verfassung verankert. Der Nationale Sicherheitsrat fungiert als beratendes Organ in Fragen der inneren und äußeren Sicherheit. Er besitzt aber keine Entscheidungsbefugnisse - weder in Friedenszeiten noch im Ausnahmezustand. Nach dem Militärputsch von 1980, als alle politischen Parteien verboten wurden, entwickelte er sich zum Epizentrum der Macht am Bosporus. Der Rat tritt besonders dann in Aktion, wenn die Grundsätze der Türkischen Republik gefährdet scheinen - insbesondere bei der von Republikgründer Kemal Atatürk eingeführten strikten Trennung zwischen Staat und Religion (Laizismus). Die Mitglieder des Rates sind gemäß Art. 118 der türkischen Verfassung die Oberbefehlshaber von Heer, Marine, Luftwaffe und Gendarmerie, der Generalstabschef, der Ministerpräsident, seine Stellvertreter, der Außen-, der Innen-, und der Verteidigungsminister sowie als Vorsitzender des Rates der Präsident.
Der Nationale Sicherheitsrat debattiert einmal im Monat über die innen- und außenpolitische Großwetterlage, er wird von den Militärs dominiert. Durch Verfassungsänderungen im Jahr 2003 hat der Rat nur noch beratende Funktion, durch seine große Autorität jedoch weiterhin einen großen Einfluss auf die Politik.
Die Kontrolle der Politik durch die Militärs resultiert aus ihrem Selbstverständnis heraus. Das Militär sieht seine Aufgabe nicht nur im Schutz der äußeren, sondern auch der inneren Sicherheit und sieht sich beispielsweise als Hüter des Kemalismus. Diese Sicht wird von großen Teilen der türkischen Gesellschaft akzeptiert.
[Bearbeiten] Rechtssystem und Verfassungsgericht
Die Türkei hat inzwischen in vielen Bereichen europäisches Recht übernommen, so basiert das Zivilrecht auf den Regelungen der Schweiz, das Strafrecht auf italienischem Recht.
Seit der Verfassung von 1961 gibt es ein Verfassungsgericht. Es kann Parteien verbieten, was auch regelmäßig geschah, oder Strafverfahren gegen Staatspräsident, Regierungsmitglieder, Oberste Richter und Staatsanwälte einleiten. In der Türkei gibt es keine Verfassungsbeschwerde, für Bürger, deren Rechte ihrer Ansicht nach verletzt wurden.
[Bearbeiten] Wahlsystem und Wahlen
Das türkische Wahlsystem ist besonders variabel, da das Wahlgesetz nahezu vor jeder Wahl geändert wird. Schließlich sehen die türkischen Politiker in diesem Gesetz einen "goldenen Schlüssel", um den politischen Gegner auszuschalten.
Das Wahlsystem in der Türkei ist ein reines Verhältniswahlrecht mit einer Sperrklausel von zehn Prozent. Erhält eine Partei weniger als zehn Prozent, werden deren Stimmen auf nationaler Ebene nicht berücksichtigt - unabhängig davon, wie viel sie in den einzelnen Provinzen erhalten haben. Davon betroffen sind vor allem die Parteien, welche die kurdische Minderheit im Osten und Südosten der Türkei ansprechen. Somit können auch keine Direktkandidaten gewählt werden, deren Partei unterhalb der Sperrklausel bleiben. Ausgenommen sind jedoch unabhängige Kandidaten, die ohne Rückhalt einer Partei oder einer Liste antreten.
Von den 550 Parlamentsmandaten wird jeweils eines an die 81 Provinzen vergeben. Der Kandidat mit den meisten Stimmen wird für seine Provinz direkt ins Parlament gewählt - vorausgesetzt, seine Partei überspringt die 10-Prozent-Hürde. Die restlichen Mandate werden je nach Einwohnerzahl der Provinzen verteilt.
Für ausscheidende Abgeordnete gibt es kein Nachrückverfahren. Sind mehr als fünf Prozent - derzeit 28 - der Abgeordneten ausgeschieden, werden deren Mandate durch Nachwahlen neu vergeben. Diese Nachwahlen finden mindestens 30 Monate nach und spätestens ein Jahr vor allgemeinen Wahlen statt.
Wahlberechtigt sind grundsätzlich alle Bürger ab 18 Jahren, die ihre Stimme in allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlen abgeben können. Nicht stimmberechtigt sind jedoch:
- Soldaten und Garnisonsoffiziere;
- Strafgefangene, die wegen vorsätzlich begangener Straftaten verurteilt wurden;
- beschränkt Geschäftsfähige;
- Personen, die vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen wurden.
Die seit 1995 verfassungsmäßig vorgesehene Möglichkeit der Briefwahl oder Konsulatswahl ist bislang aber noch nicht umgesetzt worden.
Wer sich ins Parlament wählen lassen möchte, muss mindestens 30 Jahre alt sein, einen Grundschulabschluss besitzen und - für Männer - den Wehrdienst abgeleistet haben. Gemäß Wahlgesetz finden Parlamentswahlen alle fünf Jahre am zweiten Sonntag im Oktober statt - ausgenommen bei Neuwahlen. Der Wahlkampf darf erst zehn Tage vor dem Wahltermin beginnen. Zudem besteht Wahlpflicht, wodurch die Wahlbeteiligung in der Regel sehr hoch ist. Wer nicht wählt, muss eine Strafe von umgerechnet etwa 13 Euro zahlen.
[Bearbeiten] Regionalverwaltung
Die Türkei wird, vor allem auf Grund des in der Verfassung festgeschriebenen nationalen Einheitsstaats zentralistisch verwaltet. Es gibt mit den Provinzen, den Bezirken und den Gemeinden drei Verwaltungsebenen, auf ihnen können auch eingeschränkt eigene Entscheidungen getroffen werden. Es gibt 81 Provinzen, deren höchster Represäntant ein Vali (Gouverneur/Präfekt) ist. Dieser wird vom Ministerpräsidenten ernannt und vom Staatspräsidenten bestätigt, wobei er meist der Mehrheitspartei der Region angehört, er ist auch Vorsitzender der gewählten Provinzversammlung. Die Bezirke werden von einem Kaymakam geleitet, der vom Innenminister ernannt wird. Die Bürgermeister und Dorfvorsteher werden vom Volk gewählt. Die Autonomie der unteren Ebenen wird unter anderem durch das Fehlen eigener Geldquellen eingeschränkt.
[Bearbeiten] Parteien
Den Anfang der türkischen Parteien bildete die Republikanische Volkspartei (CHP) von Kemal Atatürk. Ab 1946 gab es ein Mehrparteiensystem. Im türkische Parteiensystem gab und gibt es viele Veränderungen, beispielsweise durch Verbote von Parteien durch das Verfassungsgericht; es handelt sich vor allem um islamistische Parteien. Richter, Soldaten, Schüler, Staatsanwälte und die meisten übrigen Beamten dürfen Parteien nicht beitreten. Die Parteien müssen Laizismus und Nationalismus achten, sowie ein Parteiprogramm haben, das einer freiheitlich-demokratischen Ordnung entspricht.
Die wichtigsten Parteien:
Name und Gründungsjahr | Übersetzung und Sonstiges | politische Richtung und wichtige Mitglieder |
---|---|---|
Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP, 2001) | Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (derzeitige Regierungspartei) | gemäßigt islamistsch-konservativ; Recep Tayyip Erdoğan (Ministerpräs., Vorsitzender) |
Anavatan Partisi (ANAP, 1983) | Mutterlandspartei | rechtsliberal |
Cumhuriyet Halk Partisi (CHP, 1923) | Republikanische Volkspartei (Partei von Atatürk, bis 1945 Staatspartei) | sozialdemokratisch, linksnationalistisch |
sozialdemokratisch, linksnationalistisch; Bülent Ecevit (früherer Ministerpräs.) | ||
Doğru Yol Partisi (DYP, 1983) | Partei des Rechten Weges | konservativ; Mehmet Agar (früher Ministerpräs.) |
Fazilet Partisi (FP, 1996) (mittlerweile verboten) | Tugendpartei | islamistisch |
Halkın Demokrasi Partisi (HADEP 1994)(seit 2003 verboten) | Demokratie-Partei des Volkes | kurdische Volkspartei |
Milliyetçi Hareket Partisi (MHP, 1948 unter anderem Namen) | Partei der Nationalistischen Bewegung | nationalistisch |
Özgürlük ve Dayanışma Partisi (ÖDP) | Partei der Freiheit und Solidarität | sozialistisch |
Demokratik Halk Partisi(DEHAP, 2005 aufgelöst) | Demokratischer Volkspartei | kurdische Volkspartei |
Demokratik Toplum Partisi(DTP, seit 2005 ) | Partei der demokratischen Gesellschaft | kurdische Volkspartei |
[Bearbeiten] Ergebnis der Parlamentswahlen
Bei den Parlamentswahlen im Jahre 2002 schafften DYP, MHP, ANAP und DSP aufgrund der 10 %-Hürde den Einzug ins Parlament nicht. Das schlechte Abschneiden der an der Regierungskoalition von 1999 bis 2002 beteiligten Parteien DSP, ANAP und MHP lag vor allem in der schweren Wirtschaftskrise begründet, die die Türkei 2001 in eine tiefe Rezession stürzte und viele Bevölkerungsgruppen in die Armut trieb. Die konservativ-islamische AKP mit ihrem Vorsitzenden Recep Tayyip Erdoğan ging aus diesen Wahlen als die klare Siegerin hervor und errang die Mehrheit der Parlamentssitze. Die neu gegründete AKP kam auf Anhieb auf 34,4 % der abgegebenen Stimmen. Obwohl sie nur ein Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnte, kam sie, weil viele andere Parteien an der 10%-Hürde scheiterten, auf fast drei Viertel der Parlamentssitze (für Verfassungsänderungen wird eine Dreiviertel-Mehrheit benötigt).
Parteien | 1991 | 1995 | 1999 | 2002 |
---|---|---|---|---|
DSP | 11%/07 Sitze | 15%/76 Sitze | 22%/136 Sitze | 1.23%/0 Sitze |
MHP | 17%/62* Sitze | 8%/0 Sitze | 18%/129 Sitze | 8.33%/0 Sitze |
HADEP/DEHAP[[1]] | 4.2%/0 Sitze) | 4.7%/0 Sitze) | 6.14%/0 Sitze | |
RP/FP/SP** | 17%/62* Sitze | 21%/158 Sitze | 15%/111 Sitze | 2.48%/0 Sitze |
ANAP | 24%/115 Sitze | 20%/132 Sitze | 13%/86 Sitze | 5.10%/0 Sitze |
DYP | 27%/178 Sitze | 19%/135 Sitze | 12%/85 Sitze | 9.55%/0 Sitze |
CHP | 21%/88 Sitze | 11%/49 Sitze | 9%/0 Sitze | 19.42%/177 Sitze |
AKP | - | - | - | 34.41%/365 Sitze |
*1991 gingen die RP und MHP gemeinsam in die Wahl, um die 10% zu erreichen. Ihr gemeinsames Ergebnis ist hier separat für jede Partei aufgeführt.
**1998 wurde die RP verboten und an ihre Stelle trat die FP.
Zusammensetzung des Parlaments (Stand 29. November 2005):
- AKP (Vors. Recep Tayyip Erdoğan) 357 Abgeordnete,
- CHP (Vors. Deniz Baykal) 154 Abgeordnete,
- ANAP (Vors. Erkan Mumcu) 22 Abgeordnete,
- SHP 4 Abgeordnete
- DYP (Vors. Mehmet Agar) 4 Abgeordnete,
- HYP 1,
- Unabhängige: 4 Abgeordnete,
- Unbesetzt: 4 Abgeordnete.
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Türkei – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- http://www.giga-hamburg.de/content/publikationen/archiv/duei_arbeitspapiere/ap_14_0306.pdf Parlamentswahlen
- Ausführliche Informationen über die Türkei (auf Deutsch) Amt für Presse und Information der türkischen Regierung
- Çankaya Information vom türkischen Staatspräsidenten (in türkisch)
- TBMM das türkische Parlament (in türkisch)
- Health Law Health law (in türkisch)
- Die Türkische Verfassung (in deutsch)
[Bearbeiten] Literatur
- Gazi Çağlar: Die Türkei zwischen Orient und Okzident: eine politische Analyse ihrer Geschichte und Gegenwart. Unrast, Münster 2004, ISBN 3-89771-016-1
- Fikret Aslan, Kemal Bozay: Graue Wölfe heulen wieder. Türkische Faschisten und ihre Vernetzung in der BRD. Münster 2000 ISBN 3897710048