Bonobo
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Bonobo | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Pan paniscus | ||||||||||||
Schwarz, 1929 |
Der Bonobo oder Zwergschimpanse (Pan paniscus) ist eine Primatenart aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Gemeinsam mit dem Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) steht der Bonobo in der Gattung der Schimpansen (Pan). Trotz seines Namens ist er nicht kleiner als sein bekannter Verwandter, jedoch zierlicher von Statur. Für die moderne Wissenschaft wurde der Bonobo erst 1928 von Harold Coolidge anhand eines Schädels aus einem belgischen Museum, der zuvor für den eines jungen Schimpansen gehalten wurde, beschrieben. Seinen Namen erhielt er offiziell erst 1933, wobei Bonobo eigentlich die falsche Wiedergabe des Namens der Stadt Bolobo am Unterlauf des Kongo-Flusses ist. Von dort stammten die ersten Exemplare, die nach Europa gebracht wurden.
Die meisten Erkenntnisse aus der modernen Feldforschung über die Bonobos sind dem japanischen Primatologen Takayoshi Kano zu verdanken.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorkommen
Bonobos kommen nur im Einzugsgebiet des Kongo in der Demokratischen Republik Kongo vor, wobei der Flussbogen des Kongo die nördliche Verbreitungsgrenze darstellt. Früher reichte das Verbreitungsgebiet weiter nach Süden bis ins nördliche Angola.
[Bearbeiten] Beschreibung
Mit einem Durchschnittsgewicht von 33 bis 45 kg entspricht der Bonobo einem kleineren Gemeinen Schimpansen. Von diesem unterscheidet er sich jedoch durch seine dunklere Haut (insbesondere im Gesicht), durch seinen zierlicheren Körperbau und die längeren Gliedmaßen. Der schwanzlose Körper ist größtenteils mit schwarzem Haar bedeckt. Bonobos sind geschlechtsdimorph, Männchen werden um rund 30 Prozent schwerer als Weibchen.
[Bearbeiten] Lebensweise
Bonobos haben einen eingeschränkteren Lebensraum als ihre bekannten Verwandten und kommen fast ausschließlich in tiefgelegenen Wäldern vor. Sie sind tagaktiv und errichten für die Nachtruhe Schlafnester in Bäumen. Auf dem Boden bewegen sie sich vorwiegend im Knöchelgang, gehen jedoch im stärkeren Ausmaß als Gemeine Schimpansen auch aufrecht (Bipedie).
Bonobos leben in Gesellschaften von 50 bis 120 Tieren, die sich während des Tages zur Nahrungssuche in kleinere Gruppen (6 bis 23 Tiere) aufteilen, um die Nacht wieder zusammen zu verbringen. Männchen bleiben meist in ihrer Geburtsgruppe, während Weibchen diese verlassen. Insgesamt sind Bonobos weniger aggressiv als die Gemeinen Schimpansen. Die Interaktionen sind oft durch Sexualverhalten geprägt. Dieses unterscheidet sie deutlich von anderen Tieren. So bilden sie keine permanenten Paare oder Harems, wie es bei den anderen Menschenaffen der Fall ist. Die Weibchen sind den Männchen gleichgestellt, nicht körperlich unterlegen und initiieren sexuelle Kontakte. Bonobos sind, im Gegensatz zum Gemeinen Schimpansen, matriarchalisch organisiert. Im Gegensatz zum Gemeinen Schimpansen bilden die Weibchen Allianzen, die den Kern der Gruppe bilden, während die Männchen eher solitär am Rande der Gruppe leben.
Bemerkenswerterweise dienen sexuelle Kontakte nicht nur der Fortpflanzung; sie werden regelmäßig auch zur Begrüßung und zur Konfliktbewältigung eingesetzt. Das Gewähren sexueller Kontakte zum Nahrungsaustausch ist ebenfalls verbreitet. Bonobos sind neben dem Menschen die einzigen Primaten, die den Zungenkuss ausführen und sich mit zugewandten Gesichtern paaren (Missionarsstellung). Oralsex ist den Bonobos und den Orang Utans ebenfalls bekannt. Auch gleichgeschlechtliche Sexualität ist häufig: Zwei Weibchen reiben oft ihre Genitalien aneinander; Männchen betätigen sich im Penis-Fechten oder reiben ihre Hodensäcke aneinander. Auch Selbstbefriedigung und Inzest sind keine Seltenheit.
[Bearbeiten] Nahrung
Bonobos ernähren sich überwiegend von Früchten, Blättern und Samen. Auch Insekten und (seltener) kleine Wirbeltiere werden verspeist.
[Bearbeiten] Fortpflanzung
Nach 220- bis 230-tägiger Tragzeit bringt das Weibchen meist ein Jungtier zur Welt. Dieses wird mit rund 4 Jahren abgestillt und erreicht mit rund 9 Jahren die Geschlechtsreife. Die Lebenserwartung der Bonobos beträgt in freier Natur rund 35 Jahre, in Menschenobhut bis zu 50 Jahre.
[Bearbeiten] Intelligenz
Bonobos gelten als die dem Menschen (Homo sapiens) am nächsten verwandten Lebewesen überhaupt; 98,4 Prozent des Erbguts beider Arten stimmen überein. Wie bei anderen Menschenaffen wurde bei ihnen auch in freier Natur Werkzeuggebrauch beobachtet. Sie zeigen auch diverse als Intelligenz aufgefasste Verhaltensweisen. So erkennen sich Bonobos zum Beispiel selbst im Spiegel, eine Fähigkeit, die beide Schimpansenarten im Tierreich nur mit Menschen, Orang Utans, Delfinen, Elstern und Elephanten gemeinsam haben.
Zwei Zwergschimpansen namens Kanzi und Panbanisha haben ein Vokabular von etwa 500 Worten erworben, die sie auf einer speziellen Tastatur anwenden, oder mit Kreide zur Kommunikation darstellen. Sie verstehen auch einfache gesprochene Sätze. Allerdings versuchen sie nicht, ihre Sprachfähigkeiten an ihre Nachkommen weiterzugeben. Sie sind gleichfalls zu abstrakten Begriffen fähig. So sind sie zu einem Zeitverständnis fähig und können durchaus Gestern von Heute und Morgen unterscheiden. Dies drücken sie in einer Kommunikation aus, indem sie die entsprechenden Tasten mit abstrakten Symbolen drücken. Mit diesen Tafeln drücken sie ihre Wünsche aus, können auch so einfache Telefonate mit Menschen führen, deren Worte als auch Sätze verstehen (Syntaxverständnis!). Zeichnerisch können sie gleichfalls ihre Bedürfnisse artikulieren. Ihre Werkzeugkenntnisse sind beachtlich, so kann z.B. Kanzi Faustkeile eigenständig herstellen, die er dann zur Problemlösung sinnvoll einsetzt. Wenn ein Bedürfnis nach Musik besteht, so wird von ihnen u.a. das Xylophon durchaus klangvoll eingesetzt. Kerzen werden angezündet und das Feuer auch wieder bei Bedarf ausgeblasen. Panbanisha hat mit einer Schere mit viel manuellen Geschick die Haare ihres Kindes geschnitten. Dem Kind entwand sie das Instrument, aus Angst es könne sich verletzen. Von einem Schlüsselbund können sie den passenden Schlüssel aussuchen und damit ein Schloß öffnen, um so z.B. an Nahrung zu gelangen.
Manche Menschen wie der australische Philosoph Peter Singer sehen diese Beobachtungen als ausreichend dafür an, den Zwergschimpansen ähnliche Rechte wie Menschen zuzugestehen.
[Bearbeiten] Bedrohung
Bonobos gelten als bedrohte Tierart, sowohl aufgrund des Verlustes ihres Lebensraumes als auch aufgrund der Bejagung durch den Menschen zum Verzehr (Bushmeat). Die IUCN listet sie als bedroht (endangered). Schätzungen über die Gesamtpopulation belaufen sich auf 5.000 bis 17.000 Tiere.
Zum Schutz der gefährdeten Menschenaffen hat die Regierung der Demokratischen Republik Kongo 2006 ein großes Regenwaldgebiet unter Naturschutz gestellt, das Lamoko-Yokokala-Reservat in der Provinz Equateur.
[Bearbeiten] Literatur
- Frans de Waal: Bonobos, Birkhäuser Verlag 1998, ISBN 3764358262
- Roger Fouts, Stephen Tukel Mills: Unsere nächsten Verwandten. Von Schimpansen lernen, was es heißt, ein Mensch zu sein. 1998: München (Limes Verlag), ISBN 3809030139 (2002 auch als Taschenbuch erschienen bei Droemer)
- Sue Savage-Rubaugh, Roger Lewin: Kanzi, 1995, München, Droemer Knaur, ISBN 3-426-26669-5 (Übersetzung von Sebastian Vogel; Originaltitel: Kanzi. The Ape at the Brink of the Human Mind, Wiley, New York)
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Bonobo – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Commons: Zwergschimpanse – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- http://www.bonobo.org/ (englisch)
- englische Seite des Great Ape Trusts zur wissenschaftlichen Untersuchung der Bonobo-Fähigkeiten und -Intelligenz
- deutsche Seite über die Untersuchungen des Great Ape Trusts
- Sozioökologische Untersuchungen an Bonobos – aus dem Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft 2003
- Pan paniscus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. eingestellt von: Butynski et al, 2000. Version vom 10. Mai 2006