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Selbstverwaltung

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Dieser Artikel erläutert einen juristischen Begriff; zum gleichnamigen Begriff im gesellschaftskritischen Sinn siehe kollektive Selbstverwaltung .

Unter Selbstverwaltung versteht die Rechtswissenschaft die Übertragung von Verwaltungsaufgaben an rechtlich verselbständigte Organisationen (juristische Personen), um den Betroffenen die eigenverantwortliche Gestaltung zu ermöglichen. Dem wird begrifflich die "staatliche" Verwaltung gegenübergestellt, was insoweit ungenau ist, als auch Träger der Selbstverwaltung Teil der staatlichen Verwaltung im weiteren Sinne sind (mittelbare Staatsverwaltung). Typische Organisationsform der Selbstverwaltung ist die Körperschaft des öffentlichen Rechts, die von ihr gesetzten Normen ergehen im Normalfall als autonome Satzungen. Sie kann meist von ihren Mitgliedern Beiträge erheben.

Legitimationskette der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung sowie Selbstverwaltung auf Bundes- und Landes- und Kommunalebene
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Legitimationskette der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung sowie Selbstverwaltung auf Bundes- und Landes- und Kommunalebene

Die Selbstverwaltung lässt sich dabei in die vier Gruppen kommunale Selbstverwaltung (z. B. Gemeinden, (Land-)Kreise), berufsständische Selbstverwaltung (berufsständische Körperschaften bzw. Kammern), kulturelle Selbstverwaltung (Hochschulen, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten) und soziale Selbstverwaltung (Sozialversicherungsträger) einteilen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Selbstverwaltung im Staatsaufbau

Die Träger der Selbstverwaltung sind nicht Vereinigungen Privater, sondern Teil der Verwaltung von Bund oder Ländern. Dass sie aus deren hierarchischer Verwaltungsstruktur ausgegliedert sind, ändert daher nichts daran, dass sie Teil der öffentlichen Gewalt im Sinne der Art. 1 Abs. 3 und 20 Abs. 3 GG sind. Auch Gemeinden, Universitäten usw. sind also nicht grundrechtsberechtigt, sondern an die Grundrechte der Bürger gebunden. Auch für sie gilt die Bindung an Recht und Gesetz. Indem der Staat ihnen einen Spielraum zur Selbstverwaltung überlässt, muss er andererseits die Einhaltung dieser Prinzipien gewährleisten. Das geschieht durch die Rechtsaufsicht. Eine Fachaufsicht, die zur Durchsetzung eines unbeschränkten Weisungsrechts dient, ist dagegen mit dem Wesen der Selbstverwaltung nicht vereinbar. Sie kommt nur da in Betracht, wo Selbstverwaltungskörperschaften zusätzliche Aufgaben übertragen werden, die nicht Teil ihrer Selbstverwaltung sind ("staatliche" Aufgaben).

Vereinzelt wird nach angelsächsischem Vorbild vertreten, bei Überschreitung ihrer Zuständigkeit fehle es den Trägern der Selbstverwaltung bereits an der Rechtsfähigkeit, weil diese auf Erfüllung der spezifischen Aufgabe beschränkt sei ("ultra vires"). Überwiegend wird dagegen von einer umfassenden Rechtsfähigkeit ausgegangen; solche Maßnahmen seien daher möglich, aber rechtswidrig.

Als Teil der öffentlichen Gewalt müssen auch die Träger der Selbstverwaltung demokratisch legitimiert sein. Mit diesem Verfassungsgebot kann die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Konflikt geraten. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar entschieden, dass das Demokratiegebot des Art. 20 Abs. 2 GG offen für Formen der Organisation und Ausübung von Staatsgewalt sei, die vom Erfordernis lückenloser personeller demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichen. Die Selbstverwaltung fördere gerade die Demokratie, indem sie den Betroffenen Mitbestimmung ermögliche. Verbindliches Handeln mit Entscheidungscharakter sei den Organen von Trägern funktionaler Selbstverwaltung aus verfassungsrechtlicher Sicht aber nur gestattet, weil und soweit das Volk auch insoweit sein Selbstbestimmungsrecht wahre (BVerfGE 107, 59 - Emschergenossenschaft).

[Bearbeiten] Schutz der Selbstverwaltung

Dass die Träger der Selbstverwaltung als Teil der öffentlichen Gewalt grundsätzlich nicht Träger von Grundrechten sind, bedeutet nicht, dass ihre Position gegenüber Bund und Land ungeschützt sein muss. Die Rechtsordnung kann ihnen ein Abwehrrecht gegen Übergriffe in ihre Selbstverwaltungsangelegenheiten einräumen (vgl. Selbstverwaltungsgarantie). Zum Schutz ihrer Selbstverwaltung können sich Hochschulen und öffentlich-rechtlich organisierte Rundfunkanstalten, obgleich eigentlich Teil der staatlichen Verwaltung, ausnahmsweise auf das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit bzw. der Rundfunkfreiheit berufen. Das macht sie aber nicht umfassend grundrechtsberechtigt, sie sind also nur Träger dieser speziellen, nicht aber der übrigen Grundrechte.

[Bearbeiten] Schutz der Mitglieder

Selbstverwaltungskörperschaften beruhen nicht auf privatautonomem Zusammenschluss ihrer Mitglieder, sondern werden durch Gesetz errichtet. Es besteht also eine Zwangsmitgliedschaft (Industrie- und Handelskammer, Verfasste Studierendenschaft). Diese verstößt nach überwiegender Auffassung zwar nicht gegen die grundgesetzlich geschützte negative Vereinigungsfreiheit, die nur den Austritt aus privatrechtlich organisierten Vereinigungen schützen soll. Die Zwangsmitgliedschaft greift aber in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG ein.

Dieser Eingriff ist normalerweise verhältnismäßig und daher zulässig. Er ermöglicht nämlich, dass ohnehin anfallende Verwaltungsaufgaben von denen mitbestimmt werden, die unmittelbar betroffen sind. Unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig kann der Eingriff aber werden, wenn die Körperschaft rechtswidrig außerhalb ihrer Zuständigkeit agiert. Dann kann vor Gericht Unterlassung verlangt werden; notfalls steht die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht offen.

Diskutiert wurden diese Fallgestaltungen insbesondere im Zusammenhang mit Forderungen nach einem allgemeinpolitischen Mandat für Selbstverwaltungsgremien. So riefen Gemeinderäte ihr Gemeindegebiet zur "atomwaffenfreien Zone" aus oder befassten sich Ausschüsse von verfassten Studierendenschaften mit Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik. Ein umfassendes allgemeinpolitisches Mandat ist aber mit der Idee der Selbstverwaltung eigener Angelegenheiten unvereinbar, entsprechende Tätigkeiten verletzten die Grundrechte der Mitglieder.

[Bearbeiten] Abgrenzung

Das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten ohne staatliche Einmischung selbst zu regeln, bezeichnet man in Deutschland als Kirchliches Selbstbestimmungsrecht, da selbst öffentlich-rechtlich organisierte Religionsgemeinschaften wegen der Trennung von Staat und Kirche kein Teil des Staates und daher auch nicht "Verwaltung" sind. Im Gegenzug fällt auch die Rechtsaufsicht weg, die rechtmäßiges Staatshandeln garantiert. Eine staatliche Kirchenaufsicht wäre daher verfassungswidrig (anders aber früher die sog. Korrelatentheorie für Gemeinschaften mit "Körperschaftsstatus").

Auch die Autonomie der bürgerlich-rechtlichen Vereine ist keine Selbstverwaltung im juristisch korrekten Sinne des Wortes.

[Bearbeiten] Selbstverwaltung am Beispiel von Hochschulen

Einzelne Aufgaben werden verschiedenen Gremien zugewiesen. Jede Statusgruppe (z. B. Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter, sonstige Mitarbeiter, Studenten) bestimmt Wahlvertreter für die jeweiligen Gremien. In der Regel haben die Professoren die Mehrheit, aber es gibt auch Modelle mit sog. Viertelparität, in denen jede Gruppe gleich große Fraktionen entsendet.

Die Gremien geben sich Satzungen, die die Regeln ihrer Arbeitsweisen bestimmen. Es werden auch Kommissionen und Arbeitsgruppen eingesetzt, um sich speziellen Fragen zu widmen. Beschlüsse werden gefasst und ein gewähltes Mitglied zur Umsetzung beauftragt.

[Bearbeiten] Beispielgremien an einer Hochschule

  • Kuratorium
  • Hochschulrat
  • Akademischer Senat (Präsidium oder Rektorat führt aus)
  • Fachbereichsrat / Fakultätenrat (Dekan führt aus)
  • Institutsrat
  • Frauenrat

[Bearbeiten] Beispielkommissionen an einer Hochschule

  • Kommission für Studium und Lehre
  • Kommission für Forschung und Nachwuchs
  • Hauptkommission
  • Prüfungshauptausschuss
  • Ordnungsausschuss
  • Berufungskommission

Je nach Hochschule und Bundesland sind die Aufgaben unterschiedlich verteilt.

[Bearbeiten] Literatur

  • Werner Thieme: Einführung in die Verwaltungslehre. Köln, Berlin, Bonn, München 1995, § 10.
  • Werner Thieme: Verwaltungslehre. 3. Auflage. Köln, Berlin, Bonn, München 1977, 14. Kapitel.

[Bearbeiten] Weblinks

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