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Reich Gottes

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Das Reich Gottes, auch Königsherrschaft Gottes (griech. basileia tou theou) ist im Judentum die sichtbare Herrschaftsaufrichtung JHWHs in Israel mit dem Ende von Exil und Fremdherrschaft und im Christentum der Zustand der endgültigen Erlösung der Menschheit. Oft ist auch vom Himmelreich (griech. basileia tôn ouranôn) die Rede – dies ist ursprünglich zu verstehen als Herrschaft des Himmels, nicht etwa als Ein Land im Himmel.

Darstellung des Friedensreichs nach Jesaja 11,6 in einer Illustration des 19. Jahrhunderts
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Darstellung des Friedensreichs nach Jesaja 11,6 in einer Illustration des 19. Jahrhunderts

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ursprung

Jesus sagte seinen Jüngern, sie sollten ‘beständig wachen’ und nach seiner Gegenwart und dem Kommen seines Königreiches Ausschau halten (Markus 13:37). In den Christlichen Griechischen Schriften gibt es eine Menge Beweise dafür, dass die Christen des ersten Jahrhunderts genau das taten. Einige wurden sogar ziemlich ungeduldig (2. Thessalonicher 2:1, 2). Andererseits schrieben Paulus, Jakobus, Petrus und Johannes — um einem Abflauen der christlichen Erwartung vorzubeugen — Briefe, in denen sie ihre Brüder ermahnten, geistig wach zu bleiben, während sie geduldig Christi „Gegenwart“ und „Gottes Tag“ erwarteten (Hebräer 10:25, 37; Jakobus 5:7, 8; 1. Petrus 4:7; 2. Petrus 3:1-15; 1. Johannes 2:18, 28).

Diese Tatsache wird in Nachschlagewerken, herausgegeben von Historikern und Theologen der Christenheit, anerkannt. In dem umfangreichen Ergänzungsband des angesehenen französischen katholischen Bibellexikons Dictionnaire de la Bible wird ausgeführt: „Es wäre vergebliche Mühe, um jeden Preis den Zustand der Erwartung des Endes leugnen zu wollen, der in den meisten Texten des Neuen Testaments offenkundig ist. ... Im frühen Christentum ... spielt die Erwartung der Parusie (Wiederkunft Jesu) eine wesentliche Rolle und ist von Anfang bis Ende des Neuen Testaments vorzufinden.“

[Bearbeiten] Veränderung der Lehre

Der Kirchen„vater“ oder -„lehrer“, der diese ursprüngliche Ansicht veränderte, war unter anderen Augustinus von Hippo (354—430 n. Chr.). Augustinus schrieb in seinem berühmten Werk Der Gottesstaat: „Die jetzige Kirche auf Erden ist sowohl das Königreich Christi als auch das Königreich der Himmel.“

In dem Werk The New Bible Dictionary wird erklärt, welche Auswirkungen dieser Standpunkt auf die katholische Theologie hatte: „Ein bezeichnendes Merkmal der römisch-katholischen Theologie besteht darin, daß das Königreich Gottes als die Kirche auf Erden identifiziert wird — eine Identifikation, die in erster Linie dem Einfluß des Augustinus zuzuschreiben ist. Durch die Hierarchie der Kirche wird Christus als der König des Königreiches Gottes verwirklicht. Das Gebiet des Königreiches reicht so weit wie die Grenzen der Macht und der Autorität der Kirche. Das Königreich der Himmel wird durch die Mission und durch das Vordringen der Kirche in der Welt ausgedehnt.“

[Bearbeiten] Im Christentum

[Bearbeiten] Etymologisch

Auf Griechisch heißt Reich Gottes Βασιλεια του θεου (basileia tou theou): (Königs-)Herrschaft Gottes. Reich Gottes besagt also die Herrschaft (Sozialordnung) der unbedingten Liebe, die entsteht, wenn Menschen aus dem Geist Gottes heraus leben. Im Matthäus-Evangelium wird zumeist nicht vom Reich Gottes gesprochen, sondern das Wort Gott wird mit dem Wort Himmel umschrieben. So heißt es nur bei ihm Reich der Himmel, Himmelreich.

[Bearbeiten] Definition

Reich Gottes bezeichnet im christlichen Sinne einen Zustand, bei dem Menschen nicht mehr aus Angst um sich selbst handeln – die die Wurzel allen Egoismus ist –, sondern in Liebe zum Nächsten, weil Menschen sich bedingungslos und absolut in Gott geborgen wissen (weder Schuld [„bedingungslos“] noch Tod [„absolut“] können sie vom Geborgensein in Gott trennen), so dass Gott den Menschen im Bewusstsein so gegenwärtig wird, dass deren Zusammenleben von Gerechtigkeit und Frieden geprägt wird. Reich Gottes bezeichnet also auch ein neues Verhältnis der Menschen zu Gott und zwar auf personaler Ebene. Es lässt sich jedoch nicht in menschlichen Denkmustern wie Raum und Zeit beschreiben und eingrenzen. Es gibt eine Spannung zwischen „schon“ und „noch nicht“, denn es ist durch Jesus unwiderruflich angebrochen, aber noch nicht vollendet; erst Gott wird sein Reich vervollständigen („Dein Reich komme“). Eine weitere Spannung besteht zwischen den Begriffen „Diesseits“ und „Jenseits“, denn beide gehören zum Reich Gottes und lassen sich trotz ihrer Unterschiedlichkeit nicht voneinander trennen. Die Antwort der Menschen auf das Geschenk des Gottesreiches ist die Hinwendung zu Gott, die „Umkehr“, indem sie ihre Sünde erkennen und bekennen, ihr Leben vor Gott bringen und es nach ihm ausrichten.

Auf diese Weise kann man geistig in das benannte Reich eingehen.

Weiter gibt es viele biblische Prophezeiungen die sich hiermit befassen.

[Bearbeiten] Die Reichgottespredigt Jesu

Der Begriff Reich Gottes bezeichnet in der jesuanischen Verkündigung einen Zustand oder ein Geschehen, in dem Gott seine Herrschaft aufrichtet. Nach Jesu Auffassung ist das endgültige Reich Gottes jener Zustand, in dem das Böse endet und das Gute, das bis zu diesem Punkt immer weiter gewachsen ist, vollkommen ist. Somit brach das Reich Gottes mit Jesu Kommen in diese Welt an und erreicht seinen Höhepunkt mit Jesu Wiederkunft und der Ewigkeit. Da laut der Bibel die Ewigkeit kein Ende hat, geht auch das Reich Gottes folglich nie zu Ende. Um die Gottesherrschaft genauer zu definieren und nahe bringen zu können, bedient Jesus sich verschiedener Gleichnisse, wodurch er metaphorische Bezüge zwischen damaliger Gegenwart und dem Begriff des Himmelreiches / Reich Gottes herstellte. Auf diese Weise war es ihm möglich sich an die einfachen Bevölkerungsschichten zu wenden, die damals meist als Bauern oder Tagelöhner arbeiteten.

Jesus spricht einerseits vom gegenwärtigen Gottes- oder Himmelreich, das er persönlich repräsentiert und andererseits von dem kommenden Reich (siehe auch das „Vater unser“, Math. Kapitel 6). Charakteristisch für ihn ist jedoch, dass die Perspektive sich umkehrt. Der göttliche Zorn tritt zurück hinter einer göttlichen Liebeszuwendung zu den Armen, Machtlosen, Ausgeschlossenen, Kranken, Sündern, Kindern und sogar Heiden (vgl. Mt 15,21-28). Diejenigen, die nach allgemeinem Maßstab und eigener Einschätzung als wertlos und verworfen galten, sind bei ihm die, die zuerst zum Gottesreich eingeladen sind: Die Ersten werden die Letzten sein und die Letzten die Ersten (Mt 20,16).

Außerdem erklärt Jesus, dass die Gottesherrschaft in seinem Wirken (z. B. durch Wunder, siehe Wunder Jesu) bereits anfängt (z.B. Lk 11,20), und verschiebt den Akzent von der Zukunft auf die Gegenwart: Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch. (Evangelium nach Lukas 17,20-21), denn er ist der König in diesem Reich und verkörpert es in Persona. Damit ist demnach Jesus Christus und sein Wirken auf der Erde gemeint. (siehe Offenbarung 19:16)

In Mt 19,22 steht: Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen. Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Als das seine Jünger hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Ja, wer kann dann gerettet werden? Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist das unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.

Die nachösterliche christliche Verkündigung knüpfte hier an: Demnach ist durch Tod und Auferstehung Christi der glaubende Mensch bereits erlöst und befindet sich im Zustand der Naherwartung des Reiches Gottes (Parusie). Der gekreuzigte und auferstandene Herr ist die „Gottesherrschaft in Person“. Der Mensch, der sich ihm öffnet und sein Kreuz teilt, ist eins mit Gott und der Liebe und verändert seine Maßstäbe (s. Bergpredigt).

[Bearbeiten] Mitarbeit am Reich Gottes

In Matthäus 6, 10a (Vater unser) lehrt Jesus seine Jünger beten: „Dein Reich komme“. Das bedeutet gemäß der meisten verschiedenen Kircheninstitutionen, dass sich Gottes Herrschaft immer weiter im eigenen Leben und in dieser Welt ausbreiten soll. Jeder Christ, der sein Leben Jesus unterstellt, kann und soll helfen, Gottes Reich aufzubauen. Jesu Herrschaft soll im eigenen Herzen beginnen, im Leben für andere sichtbar werden und sich auch auf sie ausbreiten. Dadurch kann jeder helfen, dass Gottes ewige Herrschaft so schnell wie möglich vollständig anbricht.

[Bearbeiten] Christliche Identität

In der Kirchengeschichte ist von diesem Impuls vieles wirksam geworden, teils durch bekannte und unbekannte Christen (Heilige), teils in säkularisierter Gestalt und auch gegen die etablierten Kirchen gewendet. Der Graben zwischen „real existierenden Kirchen“ und Reich-Gottes-Glauben bleibt aber unübersehbar. Das war auch das Schicksal aller neuen Glaubensgemeinschaften, die das Gottesreich reiner darstellen wollten. Eine Glaubensgemeinschaft, welche besonders die baldige, kommende, reale Herrschaft durch ein Gottesreich hier auf der Erde betont, sind die Zeugen Jehovas. Diese Spannung auszuhalten und möglichst zu verringern, kann geradezu als Definition christlicher Existenz gelten.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Åke V. Ström, Erich Zenger, Louis Jacobs, Andreas Lindemann, Rudolf Mau, Michael Beintker, Christian Walther: Art. Herrschaft Gottes/Reich Gottes I. Religionsgeschichtlich II. Altes Testament III. Judentum IV. Neues Testament und spätantikes Judentum V. Alte Kirche bis Reformationszeit VI. Neuzeit VII. Systematisch-theologisch. In: Theologische Realenzyklopädie 15 (1986), 172-244 (umfassende enzyklopädische Darstellung mit weiterführender Lit.)
  • Watson E. Mills: Jesus' Teachings on the Kingdom. Bibliographies on the life and teachings of Jesus 6. Mellen Biblical Press, Lewiston, NY [u.a.] 2002 ISBN 0-7734-2456-3 (Bibliographie)
  • Michael Hauser: Die Herrschaft Gottes im Markusevangelium. Europäische Hochschulschriften 23/647. Lang, Frankfurt a.M. 1998 ISBN 3-631-33903-8
  • Peter Wolff: Die frühe nachösterliche Verkündigung des Reiches Gottes. FRLANT 171. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999 ISBN 3-525-53854-5
  • Wilfried Härle, Reiner Preul (Hrsg.): Reich Gottes. Marburger Jahrbuch Theologie 11. Marburger theologische Studien 53. Elwert, Marburg 1999 ISBN 3-7708-1125-9
  • Werner Zager: Bergpredigt und Reich Gottes. Neukirchener-Verl., Neukirchen-Vluyn 2002 ISBN 3-7887-1896-X
  • Gottfried Vanoni, Bernhard Heininger: Das Reich Gottes. Die Neue Echter Bibel 4. Echter, Würzburg 2002 ISBN 3-429-02170-7

[Bearbeiten] Weblinks

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