Orang-Utan
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Orang-Utan | ||||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||
Pongo pygmaeus | ||||||||||||||
Linnaeus, 1760 |
Der Orang-Utan (Pongo pygmaeus) ist eine Primatenart aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Sein Name bedeutet auf malaiisch „Waldmensch“. Er lebt in Südostasien und ist der einzige Menschenaffe, der einzelgängerisch zum größten Teil in den Bäumen lebt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Verbreitung
Er ist ein Bewohner des tropischen Regenwaldes und kommt heute nur mehr auf den Inseln Borneo und Sumatra vor. Die Unterart auf Borneo wird P. p. pygmaeus, die Unterart auf Sumatra P. p. abeli genannt. Fossilienfunde deuten jedoch an, dass sein Verbreitungsgebiet sich früher auch über Südchina, Vietnam, die Malaiische Halbinsel und Java erstreckte. Restpopulationen in manchen dieser Gebiete sind vermutlich erst vor wenigen Jahrzehnten ausgestorben.
[Bearbeiten] Beschreibung
Von den anderen Menschenaffen lassen sich Orang-Utans auf den ersten Blick durch ihr rotbraunes Fell und ihre langen Arme unterscheiden. Die Kopfrumpflänge ausgewachsener Tiere beträgt 1,2 bis 1,5 Meter, die Spannweite ihrer Arme beträgt bis zu 2,2 Meter. Mit einem Gewicht von 50 bis 90 kg werden Männchen erheblich schwerer als die Weibchen, die nur 30 bis 50 kg erreichen. (Diese Zahlen beziehen sich auf frei lebende Exemplare, wohlgenährte Tiere in Menschenobhut erreichen bis zu 150 kg.)
Die Arme sind lang und kräftig, wie bei anderen baumbewohnenden Primaten sind die Daumen zurückgebildet, die Füße sind kurz und relativ schwach. Ihre Gesichter sind durch eine hohe Stirn und eine gewölbte Schnauze gekennzeichnet. Erwachsene Tiere haben auffällige Backentaschen, diese wachsen das ganze Leben und sind bei alten Männchen am deutlichsten ausgeprägt.
[Bearbeiten] Lebensweise
[Bearbeiten] Lebensraum und Fortbewegung
Orang-Utans leben hauptsächlich als Einzelgänger in den Baumkronen der Regenwälder und stellen die größten Baumbewohner dar. Man findet sie sowohl in sumpfigen Küstenwäldern als auch in Gebirgswäldern bis zu 1500 m Seehöhe. Sie sind tagaktiv, zur Nachtruhe bauen sie sich ein Nest aus Blättern. In der Regel errichten sie jede Nacht ein neues Nest, gelegentlich wird das gleiche zweimal verwendet. Sie kommen nur auf den Boden, um von einem Baum auf den anderen zu gelangen. Dort bewegen sie sich auf allen Vieren und sind sehr scheu.
Auf den Bäumen bewegen sie sich kletternd, auf den Ästen gehend oder mit ihren langen Armen schwingend. Ihre Bewegungen sind langsamer als beispielsweise die der Gibbons. Vor Regen und praller Sonne schützen sie sich mit großen Blättern, die sie über ihren Kopf halten.
[Bearbeiten] Sozialverhalten
Orang-Utans leben meist einzelgängerisch, gelegentlich auch in kleinen Gruppen. Sie sind territoriale Tiere. Die Reviergröße der Männchen beträgt rund 2 bis 6 km² und umfasst oder überlappt die Reviere mehrerer Weibchen. Andere Männchen werden ignoriert oder im Bedarfsfall attackiert. Weibchen hingegen haben kleinere Reviere (rund 0,6 bis 1 km²) und schließen sich des Öfteren zu kurzlebigen Zweiergruppen zusammen, um gemeinsam auf Nahrungssuche zu gehen. Männchen überwachen die in ihrem Revier lebenden Weibchen, zu direkten Kontakten kommt es jedoch nur zur Paarungszeit.
Orang-Utans sind ruhiger als andere Menschenaffen, Männchen lassen gelegentlich laute Schreie hören, die andere Männchen auf ihr Revier aufmerksam machen oder in der Paarungszeit die Weibchen anlocken sollen.
[Bearbeiten] Intelligenz
Der Gebrauch von Werkzeugen kommt bei Orang-Utans seltener vor als beispielsweise bei Schimpansen, man hat aber Tiere dabei beobachtet, wie sie Holzstecken dazu verwendet haben, um damit zu graben, zu kämpfen oder sich zu kratzen. Gefangene Tiere haben gelernt, eine mit Schnallen verschlossene Schachtel, in der sich eine reife Frucht befand, zu öffnen. Tests haben gezeigt, dass sie mit Hilfe von Symboltafeln mittels einfacher Sätze mit Menschen kommunizieren können.
[Bearbeiten] Ernährung
Sie ernähren sich hauptsächlich von Früchten, Blättern und Rinde, daneben auch von Insekten wie zum Beispiel Termiten, Vogeleiern und kleinen Wirbeltieren. Durch die Verbreitung der Samen der gegessenen Früchte ist der Orang-Utan sehr wichtig für die Artenvielfalt des Tropenwaldes, daher wird er als Schlüsselart (Schirmspezies) eingestuft. Das Überleben des Orang-Utans ist damit eng mit dem Überleben des Tropenwaldes verknüpft.
[Bearbeiten] Fortpflanzung und Entwicklung
Orang-Utans haben ein polygynes Paarungsverhalten, das heißt, dass ein Männchen sich mit mehreren Weibchen paart, im Falle dieser Tiere mit denjenigen, deren Reviere im Revier des Männchens liegen. Die Paarung erfolgt von vorne, zu diesem Zweck hängen beide Tiere mit ihren Armen an Ästen. Nach rund 230- bis 260-tägiger Tragzeit kommt ein Jungtier zur Welt, manchmal kommt es auch zu Zwillingsgeburten. Jungtiere haben ein Geburtsgewicht von rund 1,5 kg und verbringen die ersten Lebenswochen an den Bauch der Mutter geklammert. Im Alter von 4 Monaten nehmen sie erstmals feste Nahrung zu sich, diese wird zunächst von der Mutter vorgekaut. Endgültig entwöhnt werden sie mit 3,5 Jahren. Danach bleibt das Jungtier noch mehrere Jahre bei seiner Mutter, endgültig selbstständig und geschlechtsreif wird es erst mit rund acht Jahren. Diese lange Phase der Aufzucht der Jungen ist typisch für Menschenaffen, die Vorteile liegen darin, dass das Junge alles lernt, was es zum Leben in Freiheit braucht, zum Beispiel Techniken zur Nahrungsbearbeitung.
Nachdem die jungen Erwachsenen sich endgültig von ihrer Mutter getrennt haben, begeben sie sich auf die Suche nach einem eigenen Revier. Dazu schließen sich mehrere Tiere manchmal zu kleinen Gruppen zusammen. Weibchen beziehen oft ihr Territorium in der Nähe ihrer Mutter, Männchen streifen länger herum. Diese Jungmännchen unterscheiden sich in ihrem Aussehen deutlich von anderen Tieren, sie sind kleiner und ihre Backentaschen prägen sich nicht im gleichen Ausmaß aus. Sie sind jedoch geschlechtsreif und erzwingen die Kopulation mit Weibchen, die ihnen bei der Reviersuche über den Weg laufen.
Freilebend erreichen sie ein Alter von 35 Jahren, gefangen leben sie nicht selten 50 Jahre.
[Bearbeiten] Bedrohung
Wie bereits eingangs erwähnt, ist das Verbreitungsgebiet der Orang-Utans seit dem Pleistozän stark geschrumpft. Es gibt noch etwa 20.000 bis 30.000 freilebende Orang-Utans. Neuere Schätzungen gehen allerdings von weniger als 20.000 freilebenden Tieren aus, davon rund 15.000 auf Borneo. Ca. 1500 (geschätzt 1997) sollen noch auf Sumatra leben, Optimisten sprechen noch von mehreren Tausend. Die IUCN listet die Unterart auf Sumatra als stark bedroht, die Unterart auf Borneo als bedroht. Orang-Utans zählen somit neben den Berggorillas zu den gefährdetsten Menschenaffen.
Ihr Lebensraum ist durch menschliche Zerstörung, insbesondere die legale und illegale Abholzung des Regenwaldes (hauptsächlich zur Papier- und Zellstoffherstellung, nebensächlich auch für den Ackerbau) stark gefährdet. Neuerdings gefährdet die starke Nachfrage der westlichen Länder nach Palmöl zunehmend die natürlichen Orang-Utan-Habitate. Palmöl findet Verwendung in Schokolade, Margarine bis zu Waschpulver und "Bio"diesel. Für die Pflanzung von riesigen Monokulturen werden in Indonesien Regenwälder abgeholzt und gerodet. Neben dem Habitatverlust vieler Tierarten und der Beraubung der Landrechte indigener Völker werden zudem Flüsse und Grundwasser durch Pestizide verseucht, die sensible Bodenkruste ihrer wenigen Nährstoffe beraubt und der Boden der Erosion exponiert. Nach wenigen Jahren sind die Ölpalmen nicht mehr ertragreich, der Boden bietet dann nicht mehr genügend Nährstoffe für weitere Bewirtschaftung. So werden die Tiere ihres Lebensraumes beraubt, und die lokale Bevölkerung ihrer Lebensgrundlage.
Weitere Gründe für die Bedrohung liegen in der langsamen Reproduktionsrate. Ein Orang-Utan-Weibchen gebiert in ihrem Leben oft nicht mehr als drei Junge. Das bedeutet, dass selbst eine geschützte Population nur sehr langsam wächst. Man nimmt an, dass eine Erhöhung der Sterblichkeit von nur einem Prozent eine Population innerhalb von 50 Jahren aussterben lässt.
Eine weitere Rolle spielt der illegale Handel. Schwarzmarktpreise für Orang-Utan-Babys sollen sich auf 30.000 Euro belaufen. Die Gefangennahme eines Jungtieres geht meist mit der Erschießung der Mutter einher, zudem überleben viele gefangene Tiere den Transport nicht.
[Bearbeiten] Rehabilitation
Es gibt zahlreiche Rehabilitationsstätten im malaysischen Teil Borneos (Sabah und Sarawak), im indonesischen Teil Borneos (Kalimantan) und auf der indonesischen Insel Sumatra.
Regina Frey und Monica Borner haben die Orang-Utan - Station in Bukit Lawang am Sungai Bohorok, nördlich Medan, in Nord-Sumatra im Jahr 1973 initiiert, unterstützt von der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft (FZS) und privaten Spenden. Die FZS übergab im Jahr 1980 die Verwaltung der Station an die indonesische Regierung, seitdem wird sie von der nationalen P.H.P.A. (Perlindungan = Schutz, Hutan = Wald, Pengewetan = Erhaltung, Alam = Natur) geführt.
Die Borneo Orangutan Survival Foundation (BOS) unterhält zwei Rehabilitationszentren, "Wanariset" in Ost- und "Nyaru Menteng" in Zentralkalimantan.
Die wichtigsten Schritte bei der Rehabilitation sind:
- Beschlagnahmung und Übergabe:
Orang-Utans, die illegal als Haustiere gehalten werden, werden beschlagnahmt und zur Rehabilitationsstation gebracht.
- Quarantäne und Unterbringung in Käfigen:
Da sie genetisch den Menschen sehr nahe stehen, können sie fast alle menschlichen Krankheiten bekommen. Selbst an Malaria können sie erkranken. An TBC sterben sie innerhalb von wenigen Monaten, aber viel öfter leiden sie an starker Bronchitis oder chronischem Durchfall, der sie erheblich schwächt. Neuankömmlinge werden daher medizinisch untersucht und von Menschen und anderen Tieren getrennt gehalten. Sie werden zunächst in mindestens vierwöchiger Quarantäne gegen Kinderlähmung und TBC geimpft und einer Wurmkur unterzogen. Noch innerhalb und in der Nähe der Käfige werden sie an die neue Umgebung gewöhnt, indem ihnen fundamentale Dinge wie das Klettern auf Bäume, der Nestbau zum Ausruhen und Schlafen und die Vermeidung von Bodenkontakt beigebracht werden müssen.
- Erstes Leben im Wald:
Gesunde Tiere, die die Basisübungen meistern, werden in der Nähe der Station bei den Futterplätzen erstmalig in den Wald entlassen. Sie werden zweimal täglich gefüttert. Während sie in ihrer natürlichen Umgebung auf die Fütterungsplattform herunterklettern, haben Besucher die seltene Gelegenheit, sie zu beobachten und zu fotografieren. Die tägliche Gabe von Bananen und gesüßter Kokosnussmilch wird absichtlich so monoton gehalten, um die bis dahin gefangengehaltenen Tiere zu veranlassen, im Wald selber nach Futter zu suchen.
- Freies Urwaldleben:
Orang-Utans, die in der Lage sind, völlig unabhängig von Menschen zu überleben (z.B. solche Tiere, die nur selten zu den Fütterungsaktionen kommen), werden tief in den Urwald hineingebracht und so gezwungen, ganz auf sich gestellt zu leben. Gelegentlich verschwinden aber auch einzelne Orang-Utans selbständig, um im Urwald ein freies Leben zu führen. Allerdings lässt sich dies bei der Ausdehnung des Waldes kaum verifizieren, so dass der Erfolg der Rehabilitation nicht genau abgeschätzt werden kann.
Eine schwere Sturzflut des Bohorok Flusses Anfang 2000 hat das Projekt fast zum Scheitern gebracht. Über 300 Einheimische wurden getötet und fast sämtliche touristischen Unterkünfte zerstört. Mittlerweile befindet sich das Dorf Bukit Lawang im Wiederaufbau und auch einige Domizile für Besucher sind wieder eröffnet. Die Auswilderungsstation wird weiter betrieben. Der örtliche Ranger schätzt die Zahl der in unmittelbarer Umbebung der Station lebenden Tiere auf über siebzig. Zu den morgendlichen Fütterungen erscheinen regelmäßig zwei bis fünf Tiere, teilweise mit im Dschungel geborenen Jungtieren.
[Bearbeiten] Legende
Auf indonesisch heißt Orang = Mensch, utan oder hutan = Wald, also der „Waldmensch“. Nach Meinung vieler Indonesier sind die friedlichen Bewohner des Waldes in Wirklichkeit Menschen wie du und ich. Sie unterscheiden sich nur in einer Eigenart vom Homo sapiens sapiens: sie haben überhaupt keine Lust zu arbeiten. Und damit man sie nicht dazu überreden kann, verhalten sie sich in der Gegenwart von Menschen so als ob sie nicht sprechen könnten.
[Bearbeiten] Systematik
Die beiden auf getrennten Inseln lebenden Unterarten werden manchmal als eigene Arten bezeichnet, und zwar als Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) und Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii). In der Familie der Menschenaffen (Hominidae) nimmt der Orang-Utan eine Sonderstellung ein und wird meist in einer eigenen Unterfamilie Ponginae geführt. Enge Verwandtschaftsverhältnisse zu ausgestorbenen Primatengattungen wie Gigantopithecus und Sivapithecus wurden immer wieder postuliert, aufgrund der dürftigen Fossilienlage (von Gigantopithecus beispielsweise fand man nur Kieferteile und Zähne) lässt sich das derzeit nicht belegen.
[Bearbeiten] Literatur
- Biruté M. F. Galdikas: Meine Orang-Utans. Scherz, Bern 1995. ISBN 3-502-15225-X
- Spektrum der Wissenschaft, 11/1994: Intelligenz von Orang-Utans
- Zeitschrift des Kölner Zoo, Band 35, Heft 3, Rabenstein / Gorzitze: Orang-Utans im Tanjung - Puting - Nationalpark
- Anne Nacey Maggioncalda, Robert M. Sapolsky: Disturbing Behaviors of the Orangutan. In: Scientific American. New York 28. Juni 2002, S. 60-65 ISSN 0036-8733
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Orang-Utan – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Info auf Deutsch
- Kurz und knapp (englisch)
- Ausführlich (englisch)
- Borneo Orangutan Survival Foundation (BOS Deutschland)
- Orangutan Foundation International (englisch)
- Bedrohung des Lebensraumes durch Ölpalmplantagen (englisch)
- Bohorok Orang Utan Rehabilitation Center Bukit Lawang (englisch)
- Sumatran Orangutan Society (englisch)
- Malende Orang Utans in Schönnbrunn
Kategorien: Primaten | Indonesien | Malaysia | Borneo