Latein im Recht
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Traditionell werden Rechtsgrundsätze gern durch lateinische Begriffe oder Wendungen ausgedrückt. Sie sind teilweise aus der griechisch/römischen Antike überliefert, da insbesondere das deutsche Zivilrecht in wesentlichen Bereichen auf dem antiken Römischen Recht basiert. Viele lateinische Wendungen sind aber auch Neuprägungen aus jüngerer Zeit, in der neue Ausdrücke genauso gern in Latein ersonnen wurden, wie heute in Englisch, beispielsweise culpa in contrahendo und die nulla-poena-Grundsätze. Der Vollständigkeit halber sind auch einige griechische Begriffe genannt.
[Bearbeiten] A
- a fortiori vom Stärkeren her - Analogieschluss vom unwahrscheinlicheren Fall auf einen wahrscheinlicheren ("wenn a gilt, dann erst recht b")
- A jure nemo recedere praesumitur Rechtsverzicht darf nicht ohne weiteres vermutet werden
- a posteriori Vom dem, was nachher kommt.
- a priori Vom Früheren her.
- A limine-Abweisung "an der Schranke des Gerichts" - es erfolgt keine inhaltliche Entscheidung in der Sache, sondern wird bereits vor Eröffnung der Verhandlung (aus formalen Gründen) abgewiesen. (In Österreich auch a-limine-Zurückweisung)
- Aberratio ictus Fehlgehen des Schlages (der Tat) (das "Abirren des Pfeiles" beim Versuch)
- Abundans cautela non nocet überflüssige Vorsicht schadet nicht (unnötige rechtliche Absicherungsmaßnahmen sind unschädlich)
- Abusus non tollit usum (Missbrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf) Ein Recht darf nicht unterbunden werden, nur weil es mitunter missbraucht wird - Übermaßverbot.
- Accessio cedit principali (Grundsatz, nach dem das rechtliche Schicksal einer Nebensache der Hauptsache folgt).
- Actio illicita in causa- Der Einwand, dass ein Notwehrrecht nicht bestehe, weil die Notwehrlage durch den Verteidiger provoziert wurde.
- Actio libera in causa Rechtskonstruktion mit vorverlagerter Schuld
- Actio pro socio
- Actor sequitur forum rei (Der Kläger folgt dem Gerichtsort des Beklagten - Grundsatz der regelmäßigen Zuständigkeit des Gerichtsstandes des Beklagten)
- Actus contrarius (gegenteilige Handlung): Mit dem Begriff umschreibt man schlagwortartig die These, dass eine Rechtshandlung und eine Handlung, die das Gegenteil darstellt, dieselbe rechtliche Qualität haben. Beispiel: Nicht nur die Erteilung einer Genehmigung ist ein Verwaltungsakt, sondern auch die Aufhebung der Genehmigung.
- ad litem (für den Prozess) eine zu einem bestimmten Gerichtsverfahren zugezogene Person (Richter, Vormund/Verfahrenspfleger, Nachlassverwalter).
- Adoptio naturam imitatur (die Adoption imitiert die Natur): es werden dieselben Rechtsfolgen durch eine Adoption ausgelöst wie bei einem leiblichen Kind.
- Ad tempus concessa post tempus censetur denegata. - Was auf Zeit eingeräumt ist, wird nach Ablauf der Zeit automatisch verwehrt. - Codex Justinianus 10, 61, 1
- Alias facturus
- a limine
- Aliud Begriff der Vertragserfüllung. Hat jemand den falschen Gegenstand geliefert, spricht man vom aliud, ist er hingegen nur mangelhaft, von einem peius. Im ersten Fall besteht der Erfüllungsanspruch fort, im zweiten bestehen allenfalls Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche.
- Alteri stipulari nemo potest (Niemand kann sich etwas zu Gunsten eines Dritten versprechen lassen) gilt nicht im deutschen Recht; hierzu: "Vertrag zugunsten Dritter" und "Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte".
- Amicus curiae (Freund des Gerichts): Schriftsatz einer Nichtpartei im amerikanischen Gerichtsverfahren, die dem Revisionsgericht grundsätzliche, über den Einzelfall hinauswirkende Argumente darlegt. Beispiel: In Strafsachen gegen Deutsche mit möglicher Todesstrafe tritt die Bundesrepublik Deutschland als Amicus Curiae auf.
- Animus auctoris
- Animus iniurandi
- Animus rem sibi habendi Besitzwille, Wille, eine Sache für sich selbst zu besitzen.
- Animus socii
- Argumentum a maiore ad minus (Erst-Recht-Schluss)
- Argumentum a minore ad maius (Erst-Recht-Schluss)
- Argumentum e contrario
- Audiatur et altera pars (Man höre auch die andere Partei an): Beschreibung des heutigen Verfassungsgrundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs, vgl. Rechtliches Gehör.
[Bearbeiten] B
- Beneficium excussionis realis
- Bona fides guter Glaube - s. bona fide: in gutem Glauben, gutgläubig (Ggt. bösgläubig: mala fide)
- Brevi manu traditio
[Bearbeiten] C
- Casum sentit dominus: Der Eigentümer trägt den Schaden (die Regel gilt für den Fall des zufälligen Untergangs einer Sache).
- Casus belli (Kriegsfall): Eintreten der Bedingungen, die von einem Staat als Kriegsgrund betrachtet werden.
- Certiorari
- Cessio legis
- Condictio: Anspruch auf Herausgabe aus ungerechtfertigter Bereicherung. In der juristischen Fachsprache wird auch der Begriff "Kondiktion" verwendet. In Deutschland hat man in bewusster Anlehnung an die römische condictio die §§ 812 ff. BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) entworfen.
- Condictio causa data non secuta
- Condictio indebiti Condicito aus Bezahlung einer Nichtschuld.
- Condictio ob causam finitam
- Condictio ob rem
- Condictio ob turpem vel iniustam causam
- Condictio sine causa Condictio aus einer grundlos erfolgten Zuwendung.
- Conditio sine qua non (Bedingung ohne die nicht): Umstand, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass ein bestimmter Erfolg entfiele. Diese Faustformel dient zur generellen Bestimmung, ob eine Handlung kausal für etwas war.
- Consensus gentium Übereinstimmung der Völker
- Consuetudo Gewohnheit, auch im Sinne von Gewohnheitsrecht.
- Contra omnes
- Corpus iuris civilis': Sammelbezeichnung für das unter dem oströmischen Kaiser Justinian zusammengestellte Gesetzeswerk nebst ergänzenden Novellen. Es handelt sich um das Werk, welches zur Hauptquelle des in späteren Jahrhunderten in Europa rezipierten römischen Rechts überhaupt wurde. Die Bezeichnung als Corpus iuris civilis stammt nicht von Justinian, sondern aus der Rezeptionsgeschichte.
- Cuius est commodum, eius est periculum (Wessen das Gut, dessen ist die Gefahr): Grundsätzlich trägt der Eigentümer einer Sache die Gefahr der (zufälligen) Verschlechterung.
- Cuius regio, eius religio (Wessen das Land / die Herrschaft, dessen der Glaube): Das Land und seine Bewohner müssen grundsätzlich der gleichen Konfession angehören wie der Landesherr. Kein römischer Rechtssatz, sondern eine staatsrechtliche Zuordnungsregel im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation in der Frühen Neuzeit.
- Culpa in contrahendo (Verschulden beim Vertragsschluss): Auch während Vertragsverhandlungen gilt bereits ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis, dessen schuldhafte Verletzung zu Schadenersatz führen kann. Insbesondere besteht eine Pflicht zur Offenlegung wichtiger Umstände. Bewusste Täuschungen während Vertragsverhandlungen beispielsweise sind also nicht zulässig.
- Culpa in custodiendo Verschulden in der Überwachung. Die Curia in custodiendo ist eine der drei curiae der Hilfspersonenhaftung (in der Schweiz nach Art. 101 OR). Eine schuldhafte Verletzung kann zur Haftung für Hilfspersonen führen.
- Culpa in eligendo Verschulden in der Auswahl. Die Curia in eligendo ist eine der drei curiae der Hilfspersonenhaftung (in der Schweiz nach Art. 101 OR). Eine schuldhafte Verletzung kann zur Haftung für Hilfspersonen führen.
- Culpa in instruendo Verschulden in der Instruktion. Die Die Curia in instruendo ist eine der drei curiae der Hilfspersonenhaftung (in der Schweiz nach Art. 101 OR). Eine schuldhafte Verletzung kann zur Haftung für Hilfspersonen führen.
- Culpa post contractum finitum
[Bearbeiten] D
- Da mihi factum, dabo tibi ius (Gib mir (die) Tatsachen, ich gebe Dir (das) Recht): Grundsätzliche Beschreibung des Verhältnisses zwischen Partei und Gericht im Zivilprozess. Das Gericht ermittelt den Sachverhalt nicht, dieser ist vielmehr durch die Parteien vorzutragen. Von dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien hat das Gericht auszugehen und darf nur bei streitigem Vorbringen Beweis erheben. Umgekehrt ist das Gericht an die rechtliche Würdigung, welche die Partei mit ihrem Vorbringen verbindet, nicht gebunden.
- De lege ferenda bezeichnet einen nicht geltenden, aber als Reform diskutierten Rechtszustand (Lex ferenda).
- De lege lata beschreibt das geltende Recht (Lex lata) in Abgrenzung zu einem Rechtszustand, der erst durch Gesetzesänderung herbeigeführt werden müsste (Lex ferenda).
- Debet
- Debitor Schuldner
- Debitor cessus Schuldner einer zedierten (mittels Zession abgetretenen) Forderung.
- Derelictio Besitzaufgabe
- Desponsatio: Verlobung
- Diligentia quam in suis, Abkürzung für diligentia quam in suis rebus adhibere solet: "Sorgfalt wie in eigenen". Die Sorgfalt, wie man sie auch in eigenen Angelegenheiten aufbringt. Diese wird in bestimmten Ausnahmefällen als Fahrlässigkeitsmaßstab akzeptiert und führt dann regelmäßig zu einer geminderten Haftung, normiert in § 277 BGB.
- Do ut des: Ich gebe, damit du gibst - Die Abwicklung Zug um Zug
- Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est (böswillig handelt, wer fordert, was sofort zurückgewährt werden muss): Diese Wendung leitet sich aus dem Rechtsgrundsatz ab, dass man seine Rechte bei Rechtsmissbrauch nicht durchsetzen kann; jedenfalls steht dem Schuldner die dolo agit Einrede zu. Vgl. auch exceptio doli.
- Dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est: gleichbedeutend mit dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est
- Dolos - arglistig, schuldhaft.
- Dolus Vorsatz; Schuld/Verschulden.
- Dolus alternativus
- Dolus antecedens "(der Tat) vorangehender Vorsatz"
- Dolus directus "direkter oder unbedingter Vorsatz"
- Dolus eventualis "Eventual- oder bedingter Vorsatz"
- Dolus generalis "allgemeiner Vorsatz"
- Dolus subsequens "(der Tat) nachfolgender Vorsatz"
- Donatio inter virum et uxorem Schenkung unter Ehegatten. Diese Schenkungen waren nach römischem Recht grundsätzlich nichtig. Im mitteleuropäischen Recht war die Behandlung dann sehr unterschiedlich. Einige Länder hatten die über das gemeine Recht vermittelten römischen Rechtsregeln zur Schenkung unter Ehegatten übernommen und andere nicht.
[Bearbeiten] E
- error in persona vel obiecto: Irrtum in der Person oder im Objekt. Hauptanwendungsbereich im Strafrecht.
- essentialia negotii Wesentliche Vertragspunkte. Die essentialia negotii müssen in jedem Fall vom Konsens getragen sein, damit ein Vertrag zu stande kommt, wobei normativer Konsens genügt. (für die Schweiz: Art. 1 OR)
- et altera pars audiatur: auch die andere Seite soll angehört werden
- ex aequo et bono: nach Recht und Billigkeit (vgl. z. B. Art. 17 Abs. 3 der ICC Rules of Arbitration [1]) (siehe auch: amiable compositeur)
- ex ante: von vornherein, aus damaliger Sicht; wird häufig gebraucht, um die Perspektive einer Sachverhaltsanalyse zu beschreiben.
- ex lege: kraft Gesetzes
- ex nunc: von nun an; Wird oft im Zusammenhang mit dem Eintritt einer Rechtswirkung verwendet.
- ex officio: von Amts wegen
- ex parte: von / gegen eine Seite oder eine Partei, einseitig
- ex post: im nachhinein; wird häufig gebraucht, um die Perspektive einer Sachverhaltsanalyse zu beschreiben.
- ex tunc: von damals an; Wird oft im Zusammenhang mit dem Eintritt einer Rechtswirkung verwendet.
- exceptio doli: Einrede der Arglist. Wer arglistig handelt, verdient keinen Rechtsschutz. Im deutschen BGB ist die exceptio doli der Sache nach in § 242 enthalten.
- expressis verbis: "ausdrücklich"
[Bearbeiten] F
- Falsa demonstratio non nocet Eine falsche Bezeichnung schadet nicht; Verkörperung des Willensprinzips, wonach der Gehalt einer Willenserklärung nicht anhand der Wortwahl, sondern am wahren Willen der Partei ermittelt wird. Wollen zwei Parteien einen Kaufvertrag über Walfischfleisch abschliessen, bezeichnen dies aber fälschlicherweise als Haifischfleisch, hindert dies den Vertrag nicht an seiner Gültigkeit (vgl. Haakjöringsköd-Fall)
- Falsus procurator: Vertreter ohne Vertretungsmacht
- Forum: bedeutet in der Rechtssprache meist "Gerichtsstand". Abgeleitet vom Forum als antiker öffentlicher Platzanlage, auf der unter anderem auch Gerichtsverhandlungen stattfinden konnten.
- Fur semper in mora: Der Dieb ist immer im Verzug.
- Furtum usus
[Bearbeiten] G
[Bearbeiten] I
- Ignorantia facti
- Ignorantia legis non excusat
- In dubio contra reum "Im Zweifel gegen den Reuigen/Angeklagten"
- Impossibilium nulla est obligatio. - Zum Unmöglichen gibt es keine Verpflichtung; vgl. § 275 BGB
- In dubio mitius
- In dubio pro reo (Im Zweifel für den Reuigen/ Angeklagten): Tradierter Grundsatz der Strafrechtspflege, heute Bestandteil der in Art. 6 MRK verbrieften Unschuldsvermutung.
- In iudicando criminosa est celeritas (Eile beim Richten ist verbrecherisch)
- In pari turpitudine melior est causa possidentis: Bei sittenwidrigem Verhalten beider Beteiligter ist die Rechtslage der besitzenden Partei die bessere, d.h. die Streitsache verbleibt bei dem gegenwärtigen Besitzer.
- In medias res
- In praeteritum non vivitur (In der Vergangenheit wird nicht gelebt): besagt, dass Unterhaltsforderungen für die Vergangenheit grundsätzlich nicht geltend gemacht werden können. - Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Unterhaltsschuldner zuvor in Verzug gesetzt wurde.
- instrumenta sceleris zur Begehung einer Straftat gebrauchte Gegenstände / Instrumente, können in D eingezogen werden (§ 74 ff. StGB), ebenso in CH (Art. 58 StGB)
- Inter omnes: unter allen - Nicht nur für die beteiligen Parteien gültig, sondern für jedermann
- Inter partes: zwischen den Parteien - Nicht allgemein, sondern nur zwischen den Parteien gültig.
- Invitatio ad incertas personas
- Invitatio ad offerendum - Die Aufforderung, ein Angebot zu machen.
- Ipso iure
- Itio in partes
- Iudex a quo der Richter, von dem, d.h. der Rechtsfall abgegeben wird.
- Iudex ad quem der Richter, zu dem, d.h. ein Rechtsfall weiterverwiesen wird.
- Iudex non calculat (Der Richter rechnet nicht): Der Richter stellt die Aufteilung von Verfahrenskosten nach Bruchteilen fest, kalkuliert aber nicht die Kosten des Verfahrens selbst, das ist Aufgabe der Rechtspfleger. Dieses Wort wird häufig scherzhaft falsch übersetzt im Sinne von "Der Richter (oder Jurist) kann nicht rechnen". Ursprünglicher Sinn (als es noch keine Rechtspfleger gab...): man soll nicht die Argumente zusammenzählen, also rechnen, sondern inhaltlich richtig entscheiden.
- Iura novit curia (Der Richter kennt das Recht): Die Parteien eines zivilrechtlichen Rechtsstreits müssen lediglich den Tatsachenstoff für die Entscheidung beibringen, nicht aber die einschlägigen Rechtsnormen - diese dürfen sie als bekannt voraussetzen. Für ausländische Rechtsnormen schränkt § 293 ZPO diesen Grundsatz ein.
- Iure suo uti nemo cogitur: Von seinem Recht Gebrauch zu machen wird niemand gezwungen.
- Ius cogens: zwingendes Recht
- Ius gentium: Völkerrecht Im antiken Rom verstand man unter ius gentium aber auch das allen Völkern gemeinsame Zivilrecht, im Gegensatz zum nur für römische Bürger geltenden ius civile.
- Ius scripta vigilantibus est heißt soviel wie, dass das Recht für den Wachsamen geschrieben ist, man also selbst für die Wahrung seiner Rechte sorgen muss.
- ius respicit aequitatem: "das Recht achtet auf Gleichheit". Sie gibt den Grundsatz wieder, dass alle Menschen vor dem Recht gleich sind. Dieser Grundsatz ist auch in Artikel 3[1] des Grundgesetzes verankert.
- Iusta causa traditionis
- Iustitiae dilatio est quaedam negatio (Verzögerung der Rechtsgewährung ist wie ihre Verweigerung)
[Bearbeiten] L
- Lex fori ("Recht des Gerichtsorts")
- Lex generalis allgemeines Gesetz
- Lex residiae
- Lex rei sitae("Recht am Orte, an dem die Sache belegen ist.") - Beschreibt einen Grundsatz des Internationalen Privatrechts (IPR), der besagt dass auf eine Sache immer das Recht des Staates anzuwenden ist in dem sich die Sache befindet.
- Lex posterior derogat legi priori (Jüngeres Recht bricht älteres Recht)
- Lex specialis derogat legi generali (Das speziellere Gesetz verdrängt das allgemeinere): Auslegungsregel, die besagt, dass eine konkretere Regelung vor und anstatt der allgemeineren Regelung in Anwendung zu bringen ist.
- Lex superior derogat legi inferiori (Das ranghöhere Gesetz verdrängt das rangniedere): Auslegungsregel, die besagt, dass höheres Recht niederes Recht bricht. z.B.: Bundesrecht bricht Landesrecht.
- Longa manu traditio im Unterschied zur brevi manu traditio meint eine Besitzübertragung, bei der schon der Besitzende nur nach der Verkehrsanschauung Besitz innehat, nicht aber tatsächlichen Gewahrsam, wie etwa an den im Wald lagernden Baumstämmen, siehe § 854 Abs. 2 BGB.
- Lucidum intervallum Ein heller (wacher) Moment (des sonst Komatösen oder nicht Ansprechbaren]
- Lucrum cessans Entgangener Gewinn. Kann z.B. bei positiver Vertragsverletzung als Schadensersatz geltendgemacht werden.
- Lucrum ex re der verkörperte Sachwert; der aus der Sache herausziehbare Wert; erzielter Gewinn bei Veräußerung der Sache
- Lucrum ex negotio cum re der bloße Gebrauchswert einer Sache, d.h. erzielter Gewinn bei Verwertung der Sache
- Luxuria Bewusste Fahrlässigkeit! ("Na wenn schon!")
[Bearbeiten] M
- Mandamus
- Mater semper certa est, pater est, quem nuptiae demonstrant (die Mutter ist immer sicher, Vater ist, wen die Verheiratung (als solchen) bezeichnet.): bezogen auf die grundsätzliche Unsicherheit einer Vaterschaft im Gegensatz zur früher unzweifelhaften Mutterschaft.
- Minima non curat praetor (Um Kleinigkeiten kümmert das Gericht sich nicht).
[Bearbeiten] N
- Nasciturus pro iam nato habetur Die Leibesfrucht wird dem bereits Geborenen gleichgestellt
- Nasciturus': das Geborenwerdende. Leibesfrucht, ungeborenes Kind (als Rechtssubjekt, z.B. im Erbrecht).
- Ne bis in idem (Nicht zweimal gegen dasselbe): Tradierter Grundsatz der Strafrechtspflege, beinhaltet das Verbot der doppelten Strafverfolgung (Verbot der Doppelbestrafung).
- Ne ultra petita (auch "Ne eat iudex ultra petita partium") Ein Urteil darf nie über die Anträge der Parteien hinausgehen.
- Nemo iudex in causa sui: niemand sei Richter in eigener Sache - Unbefangenheitsgrundsatz
- Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet (Niemand kann mehr Recht übertragen, als er selbst hat.)
- Nemo tenetur se ipsum accusare (Niemand ist verpflichtet, sich selbst anzuklagen) - Zentraler Bestandteil des Strafverfahrensrecht - beinhaltet vor allem das Recht des Angeklagten oder Beschuldigten, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu schweigen.
- nolo contendere: ich will nicht streiten - das Beziehen einer Position ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, im weiteren Sinne auch: weder bestätigen noch dementieren
- Non decipitur, qui scit se decipi (Es wird nicht getäuscht, wer weiß, dass er getäuscht wird)
- Non ex regula ius sumatur, sed ex iure quod est regula fiat (Keine Regel ergibt das Recht, sondern aus dem Recht wird die Regel gebildet).
- Non liquet: es ist nicht deutlich ~auch nach Beweisaufnahme ist Sachverhalt nicht aufgeklärt, d.h. im Zivilrecht Urteil nach Regeln der Beweislast (d.h. idR Klageabweisung), im Strafrecht gilt in dubio pro reo
- Nulla poena sine culpa: Keine Strafe ohne Schuld (Schuldprinzip)
- Nulla poena sine lege certa: Keine Strafe ohne bestimmtes Gesetz (Bestimmtheitsgebot)
- Nulla poena sine lege praevia: Keine Strafe ohne vorheriges Gesetz (Rückwirkungsverbot)
- Nulla poena sine lege scripta: Keine Strafe ohne geschriebenes Gesetz (Verbot der Bestrafung nach Gewohnheitsrecht)
- Nulla poena sine lege stricta: Keine Strafe ohne strenges (streng zu befolgendes) Gesetz (Analogieverbot)
- Nullum crimen, nulla poena sine lege: Kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz (Gesetzlichkeitsprinzip)
[Bearbeiten] O
- Obiter dictum eine Entscheidung nicht tragende, nebenbei geäußerte Rechtsansicht
- offerta ad incertas personas: Angebot an unbestimmten, aber bestimmbaren Personenkreis
- Omni modo facturus
[Bearbeiten] P
- Pacta sunt servanda Verträge sind einzuhalten
- Pactum de non cedendo Vertragliches Abtretungsverbot
- Pactum de non petendo Stundungsvereinbarung
- Peius Begriff der Vertragserfüllung. Hat jemand den richtigen, aber mangelbehafteten Gegenstand geliefert, spricht man vom peius. Anders als bei einer aliud-Lieferung, gilt der Vertrag als (mangelhaft) erfüllt.
- Per curiam
- Perpetuatio fori Fortdauer des Gerichtes; Je nach Prozessgesetz bleibt das Gericht, bei welchem eine Klage anhängig gemacht wird, auch bei einem späteren Wegfall dessen Zuständigkeit zuständig.
- poenalisieren = unter Strafe stellen, von "poena" = "Strafe"
- prae limine - vor der Schwelle, vor den Schranken des Gerichts - Verfahren hinsichtlich Gerichtsbarkeit und teilw. Zulässigkeit
- Praeter legem Am Gesetz vorbei (anders als contra legem = gegen das Gesetz)
- Prima facie - auf den ersten Anschein
- Princepus legibus solutus - der Herrscher steht über dem Recht
- Privilegium de non appellando
- Privilegium de non evocando
- producta sceleris Aus einer Straftat hervorgebrachte "Früchte", können in D eingezogen werden (§ 74 ff. StGB), so z.B. ein gefälschter Kfz-Brief (§ 267 StGB)
- Protestatio facto contraria
[Bearbeiten] Q
- Qui tacet consentire non videtur (Wer schweigt, scheint nicht zuzustimmen): Beschreibung eines allgemeinen Grundsatzes, wonach Schweigen eine Willenserklärung nicht ersetzen kann. Der Grundsatz erfährt Ausnahmen im Geschäftsverkehr der Kaufleute und nach den Regeln der Haftung für einen Rechtsschein, vgl. Willenserklärung.
- Quid pro quo: etwas für etwas - Was wird gegen Was getauscht?
- Quod non est in actis non est in mundo (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt): Was nicht vorgetragen ist und somit nicht zu den Akten gelangt ist, wird bei der richterlichen Entscheidung nicht berücksichtigt - gilt, wenn auch nur eingeschränkt, im Zivilprozess: Der Richter darf nicht selbst ermitteln, sondern muss dem Urteil nur das zugrunde legen, was die Parteien als Prozessstoff vortragen.
[Bearbeiten] R
- Ratio legis Sinn des Gesetzes
- Reformatio in peius Abänderung ins Schlechte, Änderung zu ungunsten.
- Rei vindicatio Vindikationsklage. Der Eigentümer kann gegenüber jedem Besitzer die Herausgabe der Sache mittels Vindikation verlangen.
- Res iudicata Abgeurteilte Sache; Der selbe Streitgegenstand darf nur einmal gerichtlich beurteilt werden (Ausnahme: Rechtsmittel). Ist eine Streitsache (materiell) rechtskräftig entschieden worden, steht dem Beklagten die Einrede der abgeurteilten Sache offen.
- Res nullius cedit occupanti (Herrenlose Sachen können angeeignet werden); siehe Aneignung, im deutschen BGB §§ 958-964 für bewegliche Sachen, § 928 II für Grundstücke.
- Res sacra heilige Sache
- Reservatio mentalis unbeachtlicher Willensmangel (Mentalreservation)
- Restitutio in integrum Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
[Bearbeiten] S
- Scire leges non hoc est verba earum tenere, sed vim ac potestatem
- Se ut dominum gerere: sich wie der Eigentümer aufführen - Mit einer Sache verfahren, als sei man der Eigentümer, ohne es zu sein.
- Societas delinquere non potest (Deliktsunfähigkeit juristischer Personen).
- Sui generis eigener Art
- Superficies solo cedit: Der Überbau folgt dem Boden (>ein Haus teilt das rechtliche Schicksal seines Grundstücks; Ausnahme (österreichisch): Superädifikate
[Bearbeiten] T
- Tantum devolutum, quantum appellatum: So weit abgewälzt, wie weit angefochten - bezeichnet den Devolutiveffekt von Rechtsbehelfen
- Testis non est iudicare: Der Zeuge hat nicht zu urteilen (er hat lediglich seine Wahrnehmungen mitzuteilen).
- Titulus und modus
- Tutor in rem suam auctor fieri non potest
- Tutor rem pupilli emere non potest: Der Vormund kann von seinem Mündel nichts kaufen - grundsätzliches Verbot des Insichgeschäfts (Selbstkontrahierungsverbot, vgl. § 181 BGB)
[Bearbeiten] U
- Ultima ratio "letzte (ultimative) Lösung"
- Ultra posse nemo obligatur: Niemand ist verpflichtet, mehr zu leisten, als er kann.
- Ultra vires in Überschreitung der Befugnisse
[Bearbeiten] V
- Venire contra factum proprium (handeln gegen frühere Tatsachen) - Verbot, sich zu seinem vorherigen Tun in Widerspruch zu setzen.
- Vis absoluta höhere Gewalt
- Vis compulsiva
- Volenti non fit iniuria (Dem Einwilligenden geschieht kein Unrecht): Der Grundsatz besagt, dass die Einwilligung des Verletzten im Strafrecht die Rechtswidrigkeit des tatbestandlichen und damit unrechtmäßigen Verhaltens beseitigt.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Liste der actiones des Römischen Privatrechts
- Liste der condictiones des Römischen Privatrechts
- Liste lateinischer Redewendungen
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Weblinks
- Lateinische Rechtsregeln und -begriffe (ZAP-Verlag)
- Juristenlatein (PDF-Format) via juratexte.de - Eine Auswahl häufig zitierter lateinischer Rechtsfloskeln.