Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Kaste - Wikipedia

Kaste

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel erläutert den Begriff Kaste als soziologisches und ethnologisches Phänomen; für Kasten in Tierstaaten siehe Kaste (Biologie)

Der Begriff Kaste (portugiesisch casta – Rasse, von lateinisch castus – rein) wird in der Völkerkunde und der Soziologie in erster Linie mit einem aus Indien bekannten sozialen Phänomen assoziiert. Er wird aber auch umgangssprachlich oder soziologisch allgemein benutzt und auf einzelne Gruppierungen anderer und sogar moderner Gesellschaften angewandt.

Das Kastenwesen im eigentlichen Sinne ist insbesondere in Indien, auf Sri Lanka, in Nepal, auf Bali und bei den kurdischen Jesiden, verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Indien

Die Kastenzugehörigkeit hatte auf dem indischen Subkontinent bis vor einigen Jahrzehnten Auswirkungen auf das gesamte Leben eines Individuums. Noch heute bestimmt sie weitgehend, wenn auch längst nicht mehr ausschließlich unter anderem die Partnerwahl (vgl. Endogamie) und die Berufswahl. Waren früher grundsätzlich keine gemeinsamen Mahlzeiten erlaubt, weil Hochkastige das gemeinsame Mahl mit Niedrigkastigen als verunreinigend empfanden, ist heute besonders in urbaner Umwelt die traditionelle Trennung zwischen den einzelnen Gesellschaftsgruppen auch in diesem Bereich großteils aufgehoben. In ländlichen Gegenden dagegen findet man die alten Strukturen noch fester verankert, obwohl ihnen auch hier nicht mehr absolute Gültigkeit zukommt.


Trotzdem hat diese traditionelle Gesellschaftsordnung im täglichen Leben oft noch heute Einfluss auf alles, was „roti aur beti“ (Hindi) betrifft: „Brot und Tochter“. Die arrangierten Hochzeiten werden meist innerhalb der Kaste organisiert.

Das Kastensystem ist eine sehr differenzierte Gesellschaftsordnung, die auch eine gewisse Dynamik aufweist. Die Kriterien werden regional recht unterschiedlich gehandhabt, darum wäre es richtiger von „Kastenwesen“ zu sprechen statt von einem „Kastensystem“.

Auch die christlichen und muslimischen Inder, zum Beispiel in Kerala, haben sich ein ausgeprägtes Bewusstsein ihrer Kastenzugehörigkeit bewahrt. Die vier Hauptkasten der indischen Muslime lauten Shekh, Khan, Beg und Saiyad (auch Säyäd oder Sayid).

Die Zuordnung zu einer Kaste sagt nichts über „wohlhabend“ oder „arm“ aus. Es handelt sich weitgehend um eine Einteilung nach ritueller Reinheit und Aufgabenbereich, nicht jedoch um „Oberschicht“ oder Unterschicht“, die sich nach finanziellen Kriterien richtet. Durch jahrhundertelange Ausbeutung findet sich Armut jedoch tendenziell mehr bei Shudras und Unberührbaren, obwohl auch brahmanische Familien, Angehörige der obersten Kaste, wirtschaftlich sehr schlecht gestellt sein können.

Beim „Kastensystem“ sind zwei sich ergänzende Aspekte zu berücksichtigen:

  1. die Zugehörigkeit zur Varna und
  2. die Zugehörigkeit zur Jati

[Bearbeiten] Varna

Varna (वर्ण) ist Sanskrit und bedeutet wörtlich „Klasse, Stand, Farbe“. Traditionell nimmt man an, dass damit die Hautfarbe gemeint war: je höher die Kaste, desto heller die Haut, worin sich die Rassenzugehörigkeit verschiedener Einwanderer- bzw. Erobererwellen widerspiegelte. Diese Theorie ist jedoch umstritten. Andere stellen den Begriff in Zusammenhang mit den „geistigen“ Farben der Gunas, den Qualitäten und Eigenschaften in Mensch und Natur. Diese Ansicht weist jeder Kaste eine bestimmte Farbe zu.

Es gibt vier Varnas: die Brahmanas, die Kshatriyas, die Vaishyas und die Shudras. Das System der Varnas lässt sich als die geistig ideologische Ebene des Kastensystems beschreiben, da es eine Legitimation für die gesellschaftliche Hierarchie bietet. Es ist eine ideale, rein theoretische Ordnung, im täglichen Leben geht es eher um die Jatis. Die Frage nach dem Ursprung ist ungeklärt, keine Institution und keine Schrift hat die Kastenordnung geschaffen oder verordnet. Historisch ist sie wahrscheinlich durch das Zusammenwachsen verschiedener Stämme entstanden, die nun ein Gesamtsystem bilden. Oft wird sie auf den Mythos des Purusha zurückgeführt, dem göttlichen Urmenschen, aus dessen Körperteilen die ersten Kasten entstanden sein sollen (die erste aus dem Kopf, die zweite aus den Armen, die dritte aus den Schenkeln, die vierte aus den Füßen).

मुखं किमस्य कौ बाहू का ऊरू पादा उच्येते ||
ब्राह्मणो अस्य मुखमासीद बाहू राजन्यः कर्तः |
ऊरूतदस्य यद वैश्यः पद्भ्यां शूद्रो अजायत || (Rig Veda 10,90,11:12)
Als sie den Purusa (Urmensch) zerlegten, in wie viele Teile teilten sie ihn? Wie nannten sie seinen Mund, wie seine Arme, wie seine Schenkel, wie seine Füße? Sein Mund wurde zum Brahmanen, seine beiden Arme zum Krieger (Rajanya), seine beiden Schenkel zum Vaishya, aus seinen Füßen entstand der Shudra.

Das Purushasukta ist die einzige Hymne im Rig Veda, in der die vier Varnas erwähnt werden. In den drei anderen Vedas und den Upanishaden finden die Varnas nur selten Erwähnung.

Demnach unterscheidet man in der Sozialordnung von oben nach unten den

  • Brahmanen (Priester, Gelehrter)
  • Kshatriya (König, Prinz, Krieger, höherer Beamter)
  • Vaishya (Landwirt, Kaufmann, Händler)
  • Shudra (Knecht, Dienstleistender)

Wirklich ausformuliert wurden die Regeln des Kastensystems jedoch erst in der Manusmriti (200 v. Chr. und 200 n. Chr.). Alle anderen Hindu-Schriften nehmen das System als erstrebenswerte Tatsache, setzen sich aber auch immer wieder kritisch damit auseinander. Besonders das Mahabharata stellt es einerseits an unzähligen Stellen als wünschenswerte Institution dar, andererseits lehnen andere Aussagen im selben Epos die erbliche Gesellschaftshierarchie eindeutig ab. Nach hinduistischer Vorstellung sind mit der Kastenzugehörigkeit bestimmte kosmische und soziale Pflichten (Dharma) verbunden. Die traditionelle Pflicht eines Kshatriya ist, die Gesellschaft zu führen, zu kämpfen und in den Krieg zu ziehen (vgl. Bhagavadgita), wogegen Brahmanen die Schriften studieren, lehren sowie den Vollzug der Riten sicher stellen sollen.

In der frühen vedischen Zeit war die Restriktion in Bezug auf Beruf und soziale Mobilität deutlich geringer. Eine Hymne des Rig Veda lautet:

कारुरहं ततो भिषगुपलप्रक्षिणी नना | (Rig Veda 9,112,3)
Ich bin Poet, mein Vater ist Arzt, meine Mutter füllt den Mahlstein auf.

[Bearbeiten] Jati

Die Varnas gliedern sich in hunderte von Jatis (जाति) auf. Der Begriff leitet sich ab aus der Sanskritwurzel jan für geboren werden. Dies weist auf die Hauptbedeutung von Jati hin: Geburtsgruppe. Dies ist durchaus auch im Sinne von Großfamilie oder Clan zu verstehen. Die Jatis sind somit die soziale und familiäre Dimension des Kastensystems und erinnern in gewissem Maße an die mittelalterliche Ständeordnung. Dumont geht von etwa 2000 bis 3000 Jatis aus.

Die Kastenzugehörigkeit des Individuums wird durch die Geburt bestimmt, wobei Ein- oder Austritt theoretisch nicht möglich sind. Die Jati dient neben der beruflichen auch der ethnischen, sozioökonomischen und kulturellen Differenzierung; sie verbindet eine Volksgruppe durch besondere, gemeinsame, sittliche Normen. Früher war damit eine strenge Heiratsordnung verbunden, bei mehr oder weniger strenger Abschließung gegenüber anderen Jatis. In Indien sind heute jede durch das Kastenwesen bedingten Benachteiligungen gesetzlich verboten. Trotzdem ist das Kastenwesen aus dem praktischen Leben nicht völlig verschwunden, besonders da es noch heute wichtige soziale Aufgaben erfüllt. Die Jatis etwa haben in gewisser Weise auch die Funktion eines Sozialversicherungssystems, das in der kulturellen und sozialen Tradition verankert ist. So bieten sie etwa in den Millionenstädten für Arbeitsuchende aus anderen Gegenden des Landes oft die einzige Zuflucht, die einzige Möglichkeit, Aufnahme, Nahrung und Hilfe zu finden, oder garantieren ein Überleben der Familie bei Arbeitslosigkeit und Krankheit.

Die soziale Mobilität innerhalb der Jati ist nicht sehr groß; jedoch können bestimmte Jatis als ganze sozial aufsteigen, wie dies im 19. und 20. Jahrhundert unter dem Einfluss der britischen Kolonialherrschaft vor allem den Kaufmanns- und Schreiber-Jatis gelungen ist. In der Praxis kommen auch Abspaltungen sozial höher oder niedriger rangierender Teilpopulationen mit Bildung neuer Jatis vor. Die Jatis gliedern sich in Subjatis auf.

Den Aufstieg ganzer Jatis hat der indische Soziologe M. N. Srinivas als „Sanskritierung“ bezeichnet. Jatis von niedrigem Rang übernehmen den Lebensstil, die Rituale und die Symbole höherer Jatis und steigen dadurch langfristig auf. Dabei werden nicht nur die Elemente der klassischen indischen Kultur übernommen, sondern parallel dazu auch westliche Symbole. Als Vorbilder dienen meist Jatis mit hohem wirtschaftlichen Status.

Wenn ein Inder wissen möchte, zu welcher Kaste ein anderer gehört, fragt man in Hindi nach der Jati oder im Englischen nach der community (nie nach der caste, da dieser Begriff zu viele unangenehme Konnotationen hat und die gesellschaftliche Relevanz eher in der Jati liegt). Den Begriff Varna würde man dafür ebenso nicht verwenden.

Neben orthodoxen Hindus, die das Kastensystem noch heute als wünschenswerte Form des Zusammenlebens propagieren und jenen, die Privilegien und Ausbeutung mit dem alten System legitimieren, hat es zu allen Zeiten auch hinduistische Bewegungen gegeben, die Auswüchse und Ungerechtigkeiten angeprangert und eine Überwindung der strikten Kastenschranken gefordert haben. Besonders wichtig waren dabei die Bhakti-Bewegungen, die schon seit einigen Jahrhunderten die indische Gesellschaft beeinflusst haben. Heute lehnen es moderne Hindus vielfach ab, die grundsätzliche Gebundenheit an Kasten aufrechtzuerhalten.

[Bearbeiten] Veda-Studium

Einige Brahmanen betrachten sich als die einzige „reine“ Varna und alle anderen als „vermischt“. Die ersten beiden Varnas machen ca. 10 % der Bevölkerung Indiens aus. Die ersten drei Varnas betrachten sich als „Zweimalgeborene“ (dvija). Damit ist gemeint, dass es nach der natürlichen Geburt noch eine „kulturelle/geistige“ Geburt gibt, die in Form eines Initiationsritus (Upanayana) für Männer vollzogen wird. Früher berechtigte nur diese „zweite Geburt“ zum Studium der heiligen Texte (Veda), heute steht dies jedem offen, im privaten und akademischen Bereich oder bei einem Guru.

Die Zugehörigkeit zu den oberen Varnas war eng gekoppelt mit Kenntnissen des Veda, der heiligen indischen Texte. Man unterschied zwischen Chaturvedi (jene, die – theoretisch – alle vier Veden studiert hatten), Trivedi (drei Veden) und Dvivedi (zwei Veden). Dies sind heute noch häufige Familiennamen. Das Wissen und das Privileg zu dessen Weitergabe waren ein wichtiges Abgrenzungskriterium der ersten zu den übrigen Varnas: Das Studium der Veden betrachteten sie nicht nur als ihre Pflicht, sondern auch als ihr (Vor-)Recht, die Weitergabe dieses Wissens an Außenstehende (ausgenommen „Zweimalgeborene“) war lange Zeit tabuisiert.

[Bearbeiten] Beruf

Die ursprünglichen Berufszuordnungen in den Jatis sind heute weitgehend theoretischer Natur, theoretisch kann jeder jeden Beruf ausüben. Lediglich ein Bruchteil der Brahmanen ist heute Priester (beliebt sind die Brahmanen dagegen als Köche in besseren Restaurants, da Höherkastige keine von Niederkastigen zubereiteten Speisen essen würden), wogegen ihre traditionellen Aufgaben, selbst das Priesteramt, in fortschrittlichen Gesellschaftsschichten heute verstärkt auch von Angehörigen anderer Varnas ausgeübt werden. Nur wenige Kshatriyas sind Soldaten (die meisten Berufsoffiziere wurden – jedenfalls bis zur Ermordung Indira Gandhis 1984 – von den Sikhs gestellt). Der vormalige Präsident Kocheril Raman Narayanan (im Amt 1997-2002) war ein ehemals „Unberührbarer“; Mahatma Gandhi, der Indien in die Unabhängigkeit geführt hat, sowie der wichtige religiöse Führer Swami Vivekananda waren Vaishya.

[Bearbeiten] Heirat

Die Jatis dienen nicht allein der beruflichen Zuordnung, sondern auch der sozialen und ethnischen. Sie unterschieden sich innerhalb Indiens je nach Region erheblich. Auf indischen Websites zur Partnersuche finden sich sehr oft Suchfunktionen nach Kastenkriterien, sowohl in Bezug auf die Varna als auch Jati. Auch wenn es im modernen Indien starke Tendenzen zur Liebesheirat gibt und selbst arrangierte Ehen Kastenschranken überwinden, so haben doch die traditionellen Regeln ihre Bedeutung keineswegs verloren. Auch wenn es offiziell kein Kastensystem mehr gibt, ist es heutzutage immer noch so, wie in anderen Gesellschaften, dass sozial höherrangige nicht unter ihrem Stand heiraten sollten.

[Bearbeiten] Reinheit und Unreinheit

Für die Hierarchie zwischen verschiedenen Jatis spielen die Vorstellungen von Reinheit und Unreinheit eine große Rolle. Als besonders rein gelten die Brahmanen, die Priesterkaste. Als besonders unrein gelten hingegen jene Jatis, die mit unreinen Berufen zu tun haben, wie zum Beispiel die Wäscher, Friseure und Müllbeseitiger. Die reinen Kasten sind bestrebt, sich möglichst von den unreinen Kasten fernzuhalten, wobei in diesem Zusammenhang auch körperliche Reinheit oder Unreinheit ein Kriterium ist. Aus diesem Grund wird heute noch Unberührbaren oftmals der Zugang zu Tempeln verwehrt. Allerdings ist strikte Separation nur in ländlichen Bereichen möglich, da man im städtischen Umfeld über die Kaste einer anderen Person nur informiert ist, wenn man sie persönlich oder wenigstens den Namen, ein wichtiges Kriterium der Jati, kennt. Außerdem folgt das Zusammenleben in Städten anderen Regeln als auf dem Lande, und das tägliche Leben dort macht eine stete räumliche Trennung fast unmöglich. Für das gemeinsame Essen in Betriebskantinen beispielsweise sind Kriterien wie rituelle Reinheit völlig irrelevant. Trennung findet man in Städten eher, wie überall in der Welt, nach wirtschaftlichem Status: wer reich ist, geht mit Reichen in die Schule; wer arm ist, lebt in Armenvierteln, besucht schlechtere Schulen und bekommt dann die elenden Jobs.

[Bearbeiten] Unberührbare Kasten

Die westlichen Vorstellungen von „Kastenlosen“ (Paria) beruhen weitgehend auf veralteten Beschreibungen. Dabei ist in erster Linie das Indienbuch des französischen Abbé Dubois zu nennen, das bis heute immer wieder kritiklos abgeschrieben wird, wiewohl es schon bei seiner Entstehung vor rund zwei Jahrhunderten überholt war. (Der französische Geistliche betrachtete das indische Kastenwesen als Teufelswerk und bemühte sich nicht ernsthaft, ihm gerecht zu werden.) Echte „Kastenlose“ gibt es kaum. Die so genannten „Unberührbaren“ sind meist Angehörige der niedrigsten Kasten beziehungsweise Unterkasten, wovon über 3000 existieren.

Seit der indischen Unabhängigkeit werden den Angehörigen unberührbarer Kasten und der Stammesbevölkerung ("Scheduled Castes" und "Scheduled Tribes") bestimmte Quoten bei der Besetzung von Stellen in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungswesen zugestanden. Dies hat dazu geführt, dass in diesem Bereich Unberührbare nicht mehr benachteiligt, sondern bewusst gefördert werden. Auch in der Politik hat sich einiges verändert: Der letzte Staatspräsident K. R. Narayanan (im Amt 1997-2002) ist Angehöriger einer unberührbaren Kaste. Es hat sich aber gezeigt, dass die formale Emanzipierung von Mitgliedern niedriger Kasten noch nicht überall in dem Maße zu einer Emanzipierung im sozialen Leben beitrug, wie es wünschenswert wäre.

Der in Indien auch gebräuchliche Begriff Harijan für Unberührbare stammt von Mahatma Gandhi. Er bedeutet wörtlich in etwa „Kind Gottes“ oder präziser „Vishnu-geboren“. Die offizielle Bezeichnung für Unberührbare ist scheduled castes. Der von B. R. Ambedkar geprägte Begriff Dalit für Unberührbare hat eine eher kämpferische Konnotation und bedeutet „Unterdrückte, Ausgebeutete“.

Die von B. R. Ambedkar gegründete neo-buddhistische Bewegung der Dalits ist klar gegen das Kastensystem ausgerichtet. Die meisten Angehörigen des Neo-Buddhismus sind ehemalige Angehörige unberührbarer Kasten. Auch das Christentum ist bei vielen Dalits und der so genannten Stammesbevölkerung relativ stark vertreten.

[Bearbeiten] "Other Backward Classes"

1953 wurde eine Kommission eingesetzt, die neben den "scheduled tribes" (ST) und den "scheduled castes" (SC) weitere benachteiligte Gruppen (other backward classes - OBC) identifizieren sollte. Die Liste von 2399 "other backward classes", die diese Kommission 1955 vorlegte, fand jedoch damals nicht den Zuspruch der Regierung. 1979 wurde eine zweite Kommission beauftragt, die unter dem Namen Mandal-Kommission bekannt wurde. Sie legte 1980 ihren Bericht vor, der 3743 "other backward classes" auflistete und Vorschläge zur Förderung dieser Gruppen beinhaltete. Diese Vorschläge wurden 1982 vom Parlament angenommen. 1990 wurde ein Memorandum erlassen, das die Reservierung von Stellen im öffentlichen Dienst für die ST, SC- und OBC-Kategorie auf insgesamt 49,5 % erhöhte (ST 7,5 %, SC 15 %). Der Versuch, die Vorschläge der Mandal-Kommission bundesweit in die Tat umzusetzen, führte jedoch zu massiven Protesten vor allem im Nordindien. Studenten der Mittelschicht demonstrierten, verbrannten sich öffentlich und zündeten Busse an. In Südindien hingegen (vor allem in Tamil Nadu) wurden die Regelungen weitgehend umgesetzt.

2006 lösten Bestrebungen, diese Regelungen auch auf die indischen Eliteuniversitäten - die IITs (Indian Institute of Technology), die IIMs (Indian Institute of Management) und die AIIMS (All India Institute of Medical Studies) - anzuwenden, zu massiven Protesten und Hungerstreiks.

[Bearbeiten] Sri Lanka

In Sri Lanka wird die Kastenzugehörigkeit nicht nur von der tamilischen Bevölkerungsgruppe beachtet, sondern auch von den buddhistischen Singhalesen. Der Buddhismus bietet jedoch keine religiöse Legitimation des Kastensystems, wie dies beim Hinduismus der Fall ist. Es gibt aber auch keine klare Offensive gegen das Kastensystem. In den Jatakas (Heiligengeschichten aus dem Leben Buddhas) finden sich durchaus noch Details, die den alten Geist des Kastensystems widerspiegeln.

[Bearbeiten] Bali

In Bali wurde zwar das vierteilige Varnasystem übernommen, dennoch gibt es eklatante Unterschiede zum indischen Kastensystem. In Bali gibt es die Brahmana, Satria, Wesia und Sudra. Die Zweimalgeborenen heißen in Bali Triwangsa. In Bezug auf gesellschaftlichen Status spielt die Majapahit-Einwanderungslegende eine gewichtige Rolle (und nicht der indische Dharma-Begriff). Das Pendant zu der indischen Jati bildet die Dadia, die Titelgruppe. Diese Titel haben jedoch im Gegensatz zu Indien nichts mit Berufen zu tun. Im Wettbewerb um Prestige wird der relative Status einer Titelgruppe durch Zeremonien signalisiert und etabliert. In Bali gibt es keine Unberührbarkeit, eingeschränkte Kommensalität (zusammen essen) gibt es nur in den höheren Rängen.

[Bearbeiten] Lateinamerika

Analog zum indischen Kastensystem bezeichnete man auch im kolonialen und nachkolonialen Lateinamerika die Angehörigen verschiedener Hautfarben und dementsprechender sozialer Differenzierung als Kasten.

[Bearbeiten] Sonstige

Vorwiegend durch Kasten geprägte Gesellschaften sind bei einigen Stämmen im übertragenen Sinne anzunehmen, in der Neuzeit sonst nicht mehr vorhanden. Doch können in nach sozialen Schichten und Funktionen reich untergliederten und sehr durchlässigen (mobilen) Gesellschaften einzelne Gruppierungen ausgeprägte „Kasten-Züge“ aufweisen (zum Beispiel im Klerus, im Offiziersstand, als Kader einer Diktatur). Sie werden dann meistens als andere soziale Muster ausgedeutet.

[Bearbeiten] Literatur

  • Monika Böck, Aparna Rao: Aspekte der Gesellschaftsstruktur Indiens: Kasten und Stämme in Dietmar Rothermund (Hrsg.): Indien, Verlag C.H. Beck, 1995 S.112-131
  • Susan Bayly: Caste, Society and Politics in India from the Eighteenth Century to the Modern Age. Paperback Edition, Cambridge University Press, 2001
  • Christophe Jaffrelot: India's Silent Revolution: The Rise of the Lower Castes. C. Hurst & Co, 2003
  • M.N. Srinivas, Caste in Modern India and Other Essays. Bombay, 1962

[Bearbeiten] Weblinks

THIS WEB:

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - be - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - closed_zh_tw - co - cr - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - haw - he - hi - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - ms - mt - mus - my - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - ru_sib - rw - sa - sc - scn - sco - sd - se - searchcom - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sq - sr - ss - st - su - sv - sw - ta - te - test - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tokipona - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu

Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -

Static Wikipedia 2007:

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - be - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - closed_zh_tw - co - cr - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - haw - he - hi - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - ms - mt - mus - my - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - ru_sib - rw - sa - sc - scn - sco - sd - se - searchcom - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sq - sr - ss - st - su - sv - sw - ta - te - test - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tokipona - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu

Static Wikipedia 2006:

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - be - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - closed_zh_tw - co - cr - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - haw - he - hi - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - ms - mt - mus - my - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - ru_sib - rw - sa - sc - scn - sco - sd - se - searchcom - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sq - sr - ss - st - su - sv - sw - ta - te - test - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tokipona - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu