Der Bau

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Der Bau ist eine 1923–1924 entstandene, unvollendete Erzählung von Franz Kafka, die posthum veröffentlicht wurde. Sie schildert den vergeblichen Kampf eines Tieres um die Perfektionierung seines riesigen Erdbaues zum Schutz vor Feinden.

[Bearbeiten] Inhalt

Das Tier und der Bau

Ein nicht näher bestimmtes Wesen, offensichtlich ein Tier, hat sich einen vielfältig gestalteten unterirdischen Bau errichtet. Er dient als Schutz und gut bestückte Vorratsräumlichkeit. Das Tier wird beherrscht von der Vorstellung, sich gegen einen wie auch immer gearteten Feind durch eine Optimierung des Baues schützen zu können. Zunächst ist das Tier sehr zufrieden in seinem Bau. Es schlummert häufig friedlich darin und frisst von seinen Vorräten, aber auch vom Kleingetier, das mit im Bau haust. Besonders die Stille ist wohltuend für das Tier.

Allerdings gibt es zwei Bereiche das Baues, die ihm Sorgen machen. Da ist der einzelne große Platz, der „Burgplatz“, wo die Hauptmengen der Vorräte gelagert werden. Deren Verteilung scheint ihm aber ungünstig. Es sollten mehrere Burgplätze zur Verteilung der Vorräte vorhanden sein, aber das Tier sieht sich von der erforderlichen Bauarbeit überfordert. Seine besondere Sorge gilt dem mit Moos bedeckten Eingang, weil ein unbemerktes Ein- und Aussteigen nicht möglich ist. Das Tier vollführt verschiedenste Prozeduren, wie Anlegen von Forschungsgräben und Zusatzgängen, tagelanges Beobachten des Eingangs von außerhalb des Baues. Er findet keine Lösung, die sein Sicherheitsbedürfnis befriedigen würde.

Das Geräusch

Nach einer der häufigen Schlafphasen erwacht das Tier und bemerkt ein Geräusch, ein kaum hörbares Zischen. Von nun an wendet das Tier seine ganze Energie und Aufmerksamkeit auf dieses Geräusch. Anfangs meint es noch, die Ursache schnell zu finden und abzustellen. Diese Hoffnung trügt.

Das Tier bemerkt, dass das Geräusch nicht zu orten ist, vielmehr ist es an jedem Ort des Baus gleich laut zu hören. Das Tier kann dieses Geräusch nicht einem konkreten Feind zuordnen, dennoch ist es besessen davon. Es schläft nicht mehr und isst kaum noch. Wie unter Zwang versucht es, Näheres über das Geräusch heraus zufinden. Aber das Geräusch entzieht sich hartnäckig jedem Zugriff. Der letzte Satz, mit dem die Geschichte abbricht, lautet: „Aber alles blieb unverändert“.

[Bearbeiten] Eine Deutung

Bereits die ersten Sätze umreißen die ganze Erzählung und den Zustand des Tieres: „Ich habe den Bau eingerichtet und er scheint wohlgelungen. .... Freilich manche List ist so fein, dass sie sich selbst umbringt, das weiß ich besser als irgendwer sonst...“.

Ein Tier, dessen Streben Absicherung, Nahrungsüberfluss und Behaglichkeit ist (Assoziation an Biedermeier und Kleinbürgertum), hat sich einen labyrinthischen Erdbau geschaffen, der diese Bedürfnisse zunächst zu befriedigen scheint. Gewisse Mängel des Baues beunruhigen zwar, trotzdem fühlt sich das Tier symbiotisch mit ihm verbunden. Das Tier wird tatsächlich nie - wie es immer befürchtet- wirklich angegriffen, weder beim Ein-/Aussteigen, noch aus dem Innern seines Baues heraus.

Auch das gerade noch wahrnehmbare Zischen nähert sich ihm nicht, sondern ist sozusagen ubiquitär vorhanden ohne Bezug zu ihm. Gerade dieser Mangel an Kausalität, die die Beobachtung des Geräusches kennzeichnet, steigert sich bei dem Tier zu einer tiefen paranoiden Panik. Seine bisherigen Mechanismen der rational-technischen Überlegungen zur Verbesserung des Baues gehen nun ins Leere. Das Tier verirrt sich im Labyrinth seiner panischen Gedanken so, wie sich der Feind durch das von ihm geschaffene Labyrinth verirren sollte. Das Tier beobachtet und reflektiert das Geräusch (=den Feind) mit seiner ganzen übersteigerten Aufmerksamkeit. Hier zeigen sich nun wieder die Kafkaschen Themen Vergeblichkeit und das Scheitern eines intensiven Strebens. Keine Aktion des Tieres bewirkt eine Veränderung, alles bleibt unverändert.

Unabhängig davon, welches tatsächliche Ende Kafka vorgeschwebt haben mag, wird dieser Ausklang als abschließend empfunden.

[Bearbeiten] Bezüge zu anderen Werken Kafkas

Man kann den „Bau“ als ein Spätwerk Kafkas bezeichnen. Hier finden sich verschiedene Motive aus seinem anderen Schaffen. Das große grabende Tier taucht bereits im Riesenmaulwurf aus der Erzählung Der Dorfschullehrer auf. Die Beschreibung der Irritation durch Geräusche wird in Großer Lärm dargestellt. Der innere Ablauf des „Baues“, nämlich ganz positiv gestimmter Beginn, schnelles Auftauchen von Zweifeln und am Ende Panik und Selbstverlust erinnert stark an den Aufbau der Erzählung Das Urteil.

[Bearbeiten] Literatur

Paul Raabe: Franz Kafka: Sämtliche Erzählungen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1970, ISBN 3-596-21078-X.
Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4