Titanic (Magazin)
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Titanic ist ein deutsches Satiremagazin mit redaktionellem Sitz in Frankfurt am Main.
Die Titanic wurde 1979 von ehemaligen Mitarbeitern der Satirezeitschrift pardon gegründet. Die Gründerväter Robert Gernhardt, F.K. Waechter, Hans Traxler und Chlodwig Poth waren und sind neben F.W. Bernstein, Eckhard Henscheid, Peter Knorr und Bernd Eilert die Vertreter der Neuen Frankfurter Schule.
Zur ersten Redaktion gehörten Lionel van der Meulen (Chefredakteur) und Elsemarie Maletzke. 1983 wurde Bernd Eilert kommissarischer Chefredakteur, und die Satiriker Richard Kähler, Achim Szymanski und Jörg Metes sowie der Grafiker Hans-Werner Saalfeld bildeten die neue Redaktion. Später stieß noch Hans Kantereit dazu, mit dem zusammen Kähler und Saalfeld in Hamburg die Zeitschrift "Mark & Bein" herausgegeben hatten. Kähler und Kantereit gingen schließlich wieder nach Hamburg und gründeten dort die Satirezeitschrift Kowalski, Szymanski ging in die Werbung, Bernd Fritz wurde Chefredakteur.
Ihr erster Verleger hieß Gerhard Sondermann, heute erscheint sie monatlich im Titanic-Verlag in Berlin. Chefredakteure waren, nach Bernd Fritz, Hans Zippert (bis 1995), Oliver Maria Schmitt (bis 2000), Martin Sonneborn (bis 2005) und ist seit Oktober 2005 Thomas Gsella, zur Redaktion gehören derzeit außerdem Stefan Gärtner, Thomas Hintner, Oliver Nagel, Stephan Rürup, Mark-Stefan Tietze und Martina Werner. Titanic – das endgültige Satiremagazin ist mit einer Druckauflage von rund 88.000 Exemplaren (November 2006)[1] nach Eulenspiegel die zweitgrößte Satirezeitschrift Deutschlands. Neben Karikaturen (Katz und Goldt, Greser&Lenz, Kamagurka, Rattelschneck, bis Heft Nr. 8/2004 Bernd Pfarr) sind aktuelle Themen zur Tagespolitik ebenso wie die Rubrik Briefe an die Leser (die seit der Gründung des Magazins von Hilke Raddatz illustriert werden) und die Humorkritik ein fester Bestandteil der Zeitschrift, in den Anfangsjahren auch die Rubrik Die sieben peinlichsten Persönlichkeiten.
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[Bearbeiten] Aktionen
Die Titanic wurde auch dafür bekannt, die inhaltlichen und rechtlichen Grenzen von Satire durch spektakuläre Beiträge und Aktionen auszuloten:
- So erlangte die Zeitschrift 1988 erstmals bundesweite Aufmerksamkeit, als sie den damaligen Chefredakteur Bernd Fritz in die ZDF-Sendung Wetten, dass..? einschleuste, der behauptete, die Farbe von Buntstiften allein am Geschmack erkennen zu können und dies dank einer selbst mitgebrachten Augenabdeckung, unter deren Rändern er unbemerkt hindurchsehen konnte, auch schaffte. Noch vor laufenden Kameras wurde der verdutzte Moderator Thomas Gottschalk aufgeklärt.
- Im Jahre 2000 manipulierten Titanic-Redakteure durch eine Fax-Aktion mit einem offensichtlich dilettantischen Bestechungsversuch die Entscheidung des Weltfußballverbandes über den Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2006: Die Enthaltung des neuseeländischen FIFA-Vertreters Charles Dempsey, die auf die „Bestechungsfaxe“ zurückgeführt wurde, führte womöglich dazu, dass Deutschland den Zuschlag erhielt. Es war allerdings wohl weniger die angebotene Kuckucksuhr nebst echtem Schwarzwälder Schinken, die Dempsey dazu bewogen hatte, seine Meinung zu ändern. Er selbst begründete seine Enthaltung damit, dass ihm der ständige Druck von allen Seiten am Ende zuviel wurde („This final fax broke my neck“). Die Bild-Zeitung (Schlagzeile: Böses Spiel gegen Franz) rief daraufhin ihre Leser auf, ihrer Empörung über eine Telefonnummer der Titanic-Redaktion Ausdruck zu verschaffen, wovon diese reichlich Gebrauch machten. [2] Die Beschimpfungen als „Vaterlandsverräter“ und „Nestbeschmutzer“ wurden von Titanic anschließend als Realsatire auf einer CD veröffentlicht. Die Aktion fand ein weltweites Presseecho. Der DFB drohte mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 600 Millionen DM, der damalige Chefredakteur Sonneborn musste eine Unterlassungserklärung unterschreiben, diese Aktion niemals zu wiederholen - was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, denn ein zweites Mal wird in absehbarer Zeit wohl kaum die Entscheidung für oder gegen Deutschland als Austragungsort der Fußball-WM zu manipulieren sein. Im Jahre 2006 fand zu der Aktion eine Ausstellung namens Wie Titanic einmal die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte in Frankfurt am Main statt.
- 2002 wollte eine gewisse Edmunda Zlep dem damaligen baden-württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring in ihrem Testament ihr gesamtes Vermögen in Höhe von mehreren Millionen Euro vermachen. Dahinter steckte die Titanic-Redaktion mit ihrem Mitarbeiter Edmund Pelz. Auch diese Erbschafts-Affäre fand in der Presse großen Widerhall; dass Döring dem Schwindel zunächst aufgesessen war, wurde ihm noch lange während seiner restlichen Amtszeit angelastet.
- 2002 fingierte die Titanic einen Wahlkampfstand der FDP mit Plakaten, auf denen unter anderem "FDP - Spa-SS-Partei" und "Gib doch endlich Friedmann - Judenfrei und Spass dabei" zu lesen war.
- Im Landtagswahlkampf 2004 fingierte die Titanic eine Wahlveranstaltung der SPD in Aschaffenburg und erklärte, stellvertretend für die bayerische Landes-SPD: "Wir geben auf".
- Im vorgezogenen Bundestagswahlkampf 2005 trat die PARTEI in Dresden mit der Forderung an: "Abriss der Frauenkirche - Steine für die neue Mauer"
Durch eine Postkartenaktion mit dem Titel „Birne muß Kanzler bleiben“ prägte Titanic außerdem den landläufigen Spitznamen des früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl.
Das jahrzehntelang im Impressum der Bildzeitung verwendete Zitat Axel Springers „Die Einheit des Vaterlandes in Freiheit, das ist unser Auftrag“ kontert Titanic in ihrem eigenen Impressum mit „Die endgültige Teilung Deutschlands – das ist unser Auftrag.“ (Zitat von Chlodwig Poth). Dieses Ziel versucht Titanic seit 2004 auch mit Hilfe der von ihr gegründeten PARTEI zu erreichen, die an der Bundestagswahl 2005 teilnahm.
[Bearbeiten] Rechtsstreitigkeiten
Jedes Heft wird vor der Veröffentlichung von der Rechtsanwältin Gabriele Rittig überprüft. Dennoch zogen zahlreiche Titanic-Scherze Strafanzeigen und Unterlassungsklagen der zumeist prominenten Opfer nach sich. Von 1979 bis 2001 wurden insgesamt 40 Gerichtsverfahren gegen Titanic angestrengt und 28 Ausgaben verboten. Erfolgreich klagten unter anderem Apple Deutschland, Johannes Rau, Friedrich Merz, Benjamin von Stuckrad-Barre, Gerhard Zwerenz, Evelyn Künneke, Hans-Joachim Kulenkampff und Björn Engholm (die von Engholm erstrittene Schadenersatzzahlung in Höhe von 40.000 DM brachte Titanic zusammen mit den mehr als 190.000 DM Anwalts- und Gerichtskosten an den Rand der Insolvenz).
Helmut Markwort scheiterte dagegen vor Gericht gegen Titanic, ebenso wie achtmal die Katholische Kirche: Viermal wegen Verunglimpfung des Papstes, dreimal wegen Religionsbeschimpfung, und einmal fühlte sich der Bischof von Fulda, Johannes Dyba, beleidigt.
Der langjährige Mitarbeiter Eckhard Henscheid fasste die Rezeptions-Erfahrungen der Titanic-Redaktion in seinem Buch Erledigte Fälle (Zürich 1991, S. 201) so zusammen:
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- „Wie ständige Mitarbeiter seit der Gründung des Satire-Journals im Jahr 1979 zur Genüge wissen, rennt da Kritik, Polemik nach rechts fast immer offene Türen ein – solche nach links (oder was immer sich dafür hält) hat dagegen und trotz aller bisherigen didaktischen Übungen der Redaktion mit Blindheit, Unverstand, Vorwürfen bis hin zum Verrats-Verdikt zu rechnen.“
Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen das Titelblatt der Ausgabe vom Juli 2006 [1]. Hier war sein Konterfei mit dem Untertitel „Problembär außer Rand und Band: Knallt die Bestie ab!“ abgebildet in Anspielung auf den zu dieser Zeit im Alpenraum gejagten „Problembären Bruno“. Nach dem Erlass des Hamburger Landgerichts darf diese Ausgabe nicht mehr nachgedruckt, jedoch noch verkauft werden, bis alle bereits ausgelieferten Bestände vergriffen sind.
[Bearbeiten] Titelbilder
Einige Titelkollagen sind weit über den Leserkreis der TITANIC hinaus bekannt geworden und zieren heute Poster bzw. Postkarten oder sind sogar in den allgemeinen Sprachschatz eingeflossen. Zu ersteren gehören z. B. das Bild des statt Uwe Barschel in einer Badewanne liegenden Björn Engholm oder das in ein Saddam-Hussein-Foto hineinmontierte Gesicht von Helmut Kohl (Mai 1991; „Endlich Ruhe in der Zone: Kohl setzt Giftgas ein" [2]), zu letzteren insbesondere das Foto einer stolz eine halb geschälte Gemüsegurke präsentierenden jungen Frau (November 1989; „Zonen-Gaby (17) im Glück (BRD): Meine erste Banane“) [3].
Helmut Kohl war über 60 Mal auf dem Titel der Zeitschrift, 1992 sogar fünfmal hintereinander. Einen Prozess führte er allerdings gegen die Titanic kein einziges Mal.
[Bearbeiten] Verwandte Themen
- Die PARTEI, eine 2004 von Titanic-Redakteuren gegründete Partei.
- Stulli, das Pausenbrot, eine Comicserie der Titanic, siehe Rattelschneck.
- Wie Titanic einmal die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte, Ausstellung zur damaligen Bestechungs-Aktion und detailliertere Infos zur Aktion
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.media-daten.com/index.php;do=show_tarif/id=104816/type=p (Zugriff: 26.11.2006)
- ↑ Auszüge aus den Bild-Leser-Anrufen
[Bearbeiten] Weblinks
- titanic-magazin.de
- Käpt’n, wir sinken brand eins 2001, 8. Detaillierte Reportage über TITANIC-Redaktion und -Verlag