Spirou und Fantasio
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Spirou und Fantasio (im Original: Spirou et Fantasio) sind die beiden Hauptfiguren der gleichnamigen belgischen Comic-Serie. Die Abenteuer von Spirou und Fantasio gehören zu den erfolgreichsten humoristischen Abenteuer-Comics in Europa, vergleichbar mit Tim und Struppi und Asterix.
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[Bearbeiten] Spirou und seine Autoren
[Bearbeiten] Rob-Vel und Jijé
Spirou wurde 1938 von Robert Velter alias Rob-Vel für das gleichnamige Comicmagazin des Verlags Dupuis kreiert. Velter führte die Figur als Page im Moustic-Hotel (Hotel Mücke) ein, machte aus ihr aber sehr schnell einen Abenteurer. 1939 stellte er Spirou das Eichhörnchen Pips zur Seite, das fortan dessen treuer Begleiter wurde. 1940 wirkte auch Velters Ehefrau Davine (d.i. Blanche Dumoulin) an der Serie mit. 1943 beendete Rob-Vel seine Arbeit an Spirou und überließ die Rechte an der Serie Dupuis. Mit Szenarist Raoul Cauvin, der später noch einmal mit der Serie zu tun haben sollte, entstand 1970 noch der Sechsseiter 1938 - Spirou 1.
Kurzzeitig bereits 1940 und dann von 1943 bis 1946 führte Jijé (d.i. Joseph Gillain) die Serie weiter, die unter seinem Einfluss deutliche zeichnerische Fortschritte machte und mehr denn je den Humor betonte. Er gab Spirou mehr Dynamik, baute den Charakter von Pips aus und fügte als Krönung 1943 Fantasio hinzu. Der Name dieser Figur existierte bereits seit 1939 - er wurde vom damaligen Spirou-Chefredakteur Jean Doisy als Pseudonym für die verdrehte Rubrik „Voyez–vous les erreurs?“ im Spiele-Teil des Magazins benutzt. Seit seinem zweiten Auftritt war Jijés Fantasio unverzichtbarer Bestandteil der Serie.
[Bearbeiten] André Franquin
1946 übergab Jijé die Serie dem jungen André Franquin, der sie zunächst im Stil seines Vorgängers fortführte. Ab 1950 jedoch wichen die eher kürzeren, munter drauflos improvisierten Geschichten längeren Abenteuern mit komplexeren Handlungen. Fantasio, der bei Jijé noch ein ebenso exzentrischer wie trotteliger Lebenskünstler gewesen war, mutierte zu einem nervösen Reporter, der bei seinen Reportagen von Spirou begleitet wurde. Zudem führte Franquin eine größere Anzahl wiederkehrender Nebencharaktere ein, unter anderem den Grafen von Rummelsdorf, den schurkischen Zantafio, die Reporterin Steffani, den mad scientist Zyklotrop sowie diverse Bewohner des Städtchens Rummelsdorf. Die populärste Schöpfung Franquins für die Serie war jedoch das Fantasiewesen Marsupilami. Ab den späten Fünfziger Jahren erhielt der Künstler Hilfe von Greg (d.i. Michel Regnier) bei den Szenarios und Jidéhem (d.i. Jean de Mesmaeker) bei den Hintergründen.
André Franquin machte aus Spirou und Fantasio einen der großen Klassiker der frankobelgischen Comicliteratur. Obwohl die Titelhelden nicht von ihm stammen, wird er dennoch als der eigentliche „Vater“ der Serie gesehen, auf dessen Werk die diversen Nachfolger aufbauen konnten.
[Bearbeiten] Fournier, Nic & Cauvin, Tome & Janry, Chaland
Um sich voll seiner eigenen Serie Gaston widmen zu können, übergab Franquin Spirou an den Bretonen Jean-Claude Fournier. Zeichnerisch solide und durchaus experimentierfreudig, bewegten sich dessen von 1969 bis 1979 entstandenen Spirou-Abenteuer zwischen Poesie und Politik. Mit dem japanischen Zauberer Itoh Kata und der „exotischen“ Reporter-Schönheit Ororea fügte er dem Spirou-Universum zwei weitere erinnernswerte Figuren hinzu. 1979 gab Fournier die Serie aufgrund von Differenzen mit dem Verlag betreffs des Veröffentlichungsrhythmus der Geschichten auf. Sein begonnenes zehntes albenlanges Spirou-Abenteuer blieb ein Fragment.
Ab 1980/1981 wurde die Serie gleichzeitig von Nic & Cauvin sowie Tome & Janry übernommen. Da erstere mit drei wenig inspirierten albenlangen Geschichten auf wenig Gegenliebe bei den Fans stießen, blieb es beim Team Tome & Janry. Zeichner Nic (d.i. Nicolas Broca) kommt ursprünglich vom Trickfilm, ein Umstand, auf den sich die mangelnde Detailfreude in seinen Zeichnungen zurückführen lässt. Der sonst sehr erfolgreiche Comicautor Raoul Cauvin betrachtet seinen Anteil an der Serie rückblickend als „dunklen Punkt“ seiner Karriere und entschuldigt sich unter anderem damit, dass Dupuis ihm nicht erlaubt habe, die beliebten Nebenfiguren der Serie einzusetzen.
Dort ansetzend, wo Franquin 1968 aufgehört hatte, führten Tome & Janry (Philippe Vandevelde und Jean-Richard Geurts) Spirou in den Achtziger und Neunziger Jahren wieder zum Erfolg. Dabei setzten sie vor allem auf zeitgemäße Action, mehr Tempo und schwarzen Humor, und kreierten unter anderem den glücklosen Mafia-Boss Don Vito Cortizone. 1998 überraschten sie mit dem kontroversen Spirou-Abenteuer Machine qui rêve, in dem die Figuren in einem (vergleichsweise) realistischen Stil gehalten sind. Da Dupuis, wie schon bei Fournier, auch von ihnen eine größere Produktivität verlangte, sollte es ihr letzter Beitrag zur Serie bleiben. Zudem hatten Tome & Janry als Ableger zwischenzeitlich auch die Abenteuer vom Kleinen Spirou entwickelt, der den großen in den Neunziger Jahren an Erfolg überflügelte.
Im Jahre 1982 war außerdem der unvollendete Spirou-Comic Les aventures de Spirou von Yves Chaland erschienen, auch bekannt als Cœurs d'acier. Das nostalgische, ursprünglich schwarz-weiße und im Stil von Zeitungsstrips gehaltene Abenteuer war eine Hommage an den Spirou der Vierziger Jahre. Die Geschichte wurde 1990 in Form eines Textes von Yann (d.i. Yannick Lepennetier) mit Illustrationen von Chaland abgeschlossen, wobei Spirou und Fantasio aus rechtlichen Gründen unter Leopardenfellen agierten.
[Bearbeiten] Aktuell: Morvan & Munuera vs. „One Shots“
Nach mehrjähriger Pause erscheinen seit 2004 neue, vom Team Morvan & Munuera gestaltete Abenteuer im traditionellen Semi-Funny-Stil, der allerdings - auf Anweisung von Dupuis - deutliche stilistische Anleihen bei den Mangas aufweist. Während einige alten Fans sich in der Serie seit 1998 nicht mehr „zu Hause“ fühlen, scheint das Konzept in kommerzieller Hinsicht aufzugehen: Die Alben des aktuellen Teams sind laut Dupuis die bestverkauften in der Geschichte der Serie. Im Gegensatz zu Tome & Janry würdigten Jean-David Morvan und José-Luis Munuera mit ihren Spirou-Geschichten nicht nur Franquin, sondern auch die anderen Autoren der Serie, indem sie beispielsweise auf die erste Spirou-Episode von Rob-Vel anspielten oder Fourniers Itoh Kata aus der Versenkung holten.
Seit 2005 dürfen sich - synchron zu den regulären Alben von Morvan & Munuera - im Auftrag von Verleger/Rechteinhaber Dupuis auch diverse andere Zeichner an den beiden Helden versuchen. Stilistisch sind ihnen dabei keinerlei Grenzen gesetzt, einzige Vorgabe ist, ein „authentisches“ Abenteuer von Spirou und Fantasio zu kreieren, und nicht etwa in die Parodie abzudriften. Die Idee dazu entstand, als man sich auf die Suche nach den Nachfolgern von Tome & Janry machte: Viele Künstler zeigten Interesse, ein Spirou und Fantasio-Abenteuer zu gestalten, jedoch keinesfalls mehrere, da durch den Zeitaufwand ihre eigenen Serien leiden würden. Das erste Album dieser unter dem Titel „One Shots“ laufenden Reihe lieferte das Team Yoann (d.i. Yoann Chivard) & Fabien Vehlmann, in Vorbereitung sind Geschichten von Yann & Fabrice Tarrin sowie Frank LeGall.
Im Gegensatz zu anderen Klassikern des frankobelgischen Comics, die nach dem Tod ihrer Schöpfer nicht fortgeführt wurden (Tim und Struppi, Gaston) oder nur noch ein Schatten ihrer selbst sind (Asterix, Die Schlümpfe), steckt in der Serie Spirou und Fantasio nach wie vor Leben, was wohl nicht zuletzt dem Umstand zuzuschreiben ist, dass die Zeichner- und Autorenschaft einem ständigen Wechsel unterworfen ist.
[Bearbeiten] Frühe Entwicklung der Serie bis zu ihrer Reife
Spirou wurde von Rob-Vel ursprünglich als Hotelpage geschaffen, der als Mädchen für alles den Alltag im Hotel Moustic auf den Kopf stellt, und gab sein Debüt auf dem Titelblatt der ersten Nummer des Journal de Spirou vom 21. April 1938: Der Besitzer des Hotels, Monsieur Papillon, ist auf der Suche nach einem perfekten Pagen. Rob-Vel selbst tritt als Künstler auf, malt Spirou und besprenkelt ihn mit Lebenswasser. Der Page entsteigt der Leinwand und ist zu Diensten. In seiner Eigenschaft als Hoteldiener erschien Spirou zunächst in Form von 27 Gag-Einseitern auf der Titelseite, wobei es bezeichnend war, dass sich seine Erlebnisse bereits ab der neunten Episode häufiger außerhalb des Hotels abspielten als innerhalb. Die einzige wichtige, wiederkehrende Nebenfigur zu der Zeit war der Chefportier Entresol.
Mit der 28. Folge begann die erste lange Fortsetzungsgeschichte, Spirou et l'héritage de Bill Money. Die ersten fünf Seiten spielen sich noch im Hotel ab: Spirou lernt Bill Money kennen, den Erben eines riesigen Vermögens, der allerdings eine Million Francs pro Monat ausgeben muss, um zu vermeiden, dass der Reichtum in die Hände seines unredlichen Vetters Jim Rascal übergeht. Zunächst kauft Money das Hotel Moustic auf, dann schlägt Spirou ihm eine gemeinsame Weltreise vor. Mit dieser Reise wandelte sich die Serie schon früh vom reinen Gag-Comic zu einer humoristischen Abenteuerserie. Wenig später bekommt Spirou es bei Rob-Vel mit dem teuflischen Sosthène Silly zu tun, dessen von Riesenrobotern geschütztes Unterwasserversteck unter anderem eine Folterkammer enthält, deren diverse Marterwerkzeuge von einem Eichhörnchen im Laufrad angetrieben werden. Spirou befreit es, tauft es spontan Pips, und hat mit ihm seinen ersten wichtigen Begleiter.
Nach Übernahme der Serie durch Jijé bekommt Spirou 1943 in der Geschichte Le pilote rouge erstmals Besuch von Fantasio, der sich, vom in Lektüre vertieften Spirou weitgehend unbemerkt, auf der ersten Seite kurz mit Pips unterhält und wieder verschwindet. Zu Beginn der nächsten Episode, Spirou et l'aventure, bezeichnet Spirou seinen künftigen Gefährten als „vieille branche“ (Altes Haus) und „vieux frère“ (Bruderherz) - es wird so getan, als ob Fantasio schon immer zur Serie dazugehört hat. In diesem ersten Abenteuer, in dem die beiden als Team auftreten, werden sie ein Opfer der schlecht funktionierenden Zeitmaschine des Professors Cosinus, mit der sie unfreiwillig in die Vergangenheit reisen. Der zweite Teil der Geschichte ist eine Reise in die Zukunft, allerdings nur in Spirous Traum, der dritte Teil, auch bekannt als Les noires têtes, dreht sich um die Entführung von Pips. In Jijés La jeep, auch bekannt als Fantasio et la voiture tout-terrain, redet Fantasio zum ersten Mal davon, eine Reportage für das „Journal“ machen zu wollen, übt bis 1950 aber noch diverse andere Berufe aus.
André Franquins erster wichtiger Beitrag zur Serie war Onkel Ottos Testament, die erste Geschichte, in der Spirou und Fantasio sich gemeinsam auf eine Abenteuer-Reise begeben, um in diesem Fall in Afrika nach dem Schatz von Spirous Onkel zu suchen. Spirou bei den Pygmäen stellte 1949/50 den Beginn einer bis heute andauernden Kontinuität in der Serie dar. Hier taucht bereits dieselbe Mietwohnung auf, die von Spirou auch noch in den ersten albenlangen Abenteuern bewohnt wird, ferner wird am Ende der Geschichte deutlich, dass er und Fantasio für Dupuis (bzw. Carlsen) arbeiten: sie werden nach Hause bestellt, um eine Reportage zu machen, die sie dann in der nächsten Episode in den „Wilden Westen“ jener Zeit verschlägt. Der Beruf des Journalisten bzw. Redakteurs sollte fortan ihr einziger bleiben.
In der ersten albenlangen Geschichte schließlich machen die Helden Urlaub im Städtchen Rummelsdorf, das von einem geheimnisvollen „Zauberer“ heimgesucht wird, der der heimischen Flora und Fauna übel mitspielt. Dieser entpuppt sich ausgerechnet als der respektierte Aristokrat und Schlossbewohner des Ortes, der Graf von Rummelsdorf, der zu allem Überfluss auch noch mit einem narkotisierten Fantasio herumexperimentiert. Spätestens im letzten Teil der Geschichte, als der Graf sich bemüht, den von ihm angerichteten Schaden wieder gut zu machen, freunden sich die Helden mit dem trotz seiner verqueren Methoden sympathischen 70-jährigen Wissenschaftler an und kehren später regelmäßig nach Rummelsdorf zurück. Im nächsten Abenteuer/Album muss Fantasio drei von seinem verstorbenen Onkel gestellte Aufgaben erfüllen, um dessen Erbe antreten zu können. Eine davon besteht darin, nach Palumbien zu reisen und dort ein Marsupilami einzufangen - Anfang 1952 waren so die Hauptfiguren der Serie endlich komplett.
[Bearbeiten] Charaktere der Serie
[Bearbeiten] Hauptfiguren
[Bearbeiten] Spirou
ist die eigentliche Hauptfigur der Serie. Anfangs kurzzeitig als Hotelpage und Lausbub eingesetzt, entwickelte er sich schnell zum Abenteurer und war spätestens in den Fünfziger Jahren zu einem typischen Helden mit den entsprechenden Eigenschaften herangereift: Er ist intelligent, couragiert, unbestechlich, loyal seinen Freunden gegenüber, agiert voller Dynamik und trotzdem mit Bedacht, kurz: er steht immer auf der Siegerseite. Seine aufregenden Erlebnisse resultieren aus dem Journalisten-Beruf seines Freundes Fantasio, aus Abenteuerlust oder auch aus reinem Zufall. Die Abenteuer des unzertrennlichen Trios Spirou, Fantasio und Pips spielen sich oft im treffend betitelten Ort Rummelsdorf ab, in der Großstadt, im europäischen Ausland, in Afrika, Südamerika, Asien, im ewigen Eis, zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Spirous Wohnsitz ist nicht klar definiert: Bei Franquin lebte er in Brüssel (zu erkennen u.a. am Stadtpark und den Autokennzeichen), bei den Nachfolgern anscheinend in Paris (bei Fournier ist das UNESCO-Gebäude nur eine Taxifahrt von Spirou entfernt, bei Tome & Janry kommt die Trikolore vor), auf jeden Fall aber befindet sich in der Stadt ein Sitz des real existierenden Verlags Dupuis. Anfangs wohnte Spirou noch zur Untermiete bei einer garstigen Hauswirtin in der Innenstadt, zog aber bald mit Fantasio in ein eigenes, außerhalb der Stadt gelegenes schmuckes Haus, das erstmalig in Tiefschlaf für die ganze Stadt zu sehen war. Obwohl er seine erste Tätigkeit als Hotelpage 1938 nur für ca. sieben Monate ausgeübt hatte, lief der eigenwillige Spirou noch bis 1967 in voller Livree herum. In der Geschichte Schnuller und Zyklostrahlen ersetzte er zunächst das Oberteil durch eine normale, rote Jacke und verzichtet seit Mitte der Neunziger Jahre gänzlich darauf, auf seine Jugendsünden hinzuweisen. Während Spirou in seiner Kindheit laut Tome & Janry nichts anbrennen ließ (siehe Der kleine Spirou), wurde er später zum zölibatären Junggesellen, der sich der Weiblichkeit gegenüber eher unbeholfen verhält. Erstauftritt in La naissance de Spirou (Spirou 1/38 vom 21. April 1938).
Franquin:
- [Spirou war anfangs] „einfach nur so da, um Abenteuer zu erleben. Nicht mehr. [...] [Die ungewöhnliche Pagenkleidung] hat mich nicht weiter beschäftigt. [...] Das Kostüm gab der Figur ein phantastisches Flair; seine berufliche Bedeutung war nebensächlich. [...] Stimmt, das ist ein ziemlich anonymes Gesicht. Bei Gillain [d.i. Jijé], glaube ich, war Spirou markanter, hatte mehr Charakter. Ich habe ihn ‚ausgeglichener‘ dargestellt, weil es eine gewisse Unregelmäßigkeit in der Karikatur von Jijé gab... [...] Während meiner gesamten Karriere als Spirou-Zeichner hatte ich es schwer mit der Animation von Spirou. Seine Persönlichkeit war stets ein Problem für mich, und ich habe mir nie klargemacht, dass ein Held wie er gar keine Persönlichkeit besitzt. Er hat keine Persönlichkeit, weil er da anstelle des Lesers ist. Deshalb muss er ‚leer‘ sein. Das konnte ich nie akzeptieren, und ich habe mir darüber die ganze Zeit den Kopf zerbrochen, wie ich Spirou, in Ermangelung seiner Art zu sein, eine Art des Tuns geben kann... Das ist mir nie gelungen. Er war immer diese kleine Marionettenfigur, mehr oder weniger aktiv, aber ohne Persönlichkeit. [...] Ich habe nur die eine Methode gefunden, ihn sehr mobil zu zeigen, scharfsinnig und ständig in Bewegung.“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Fantasio
ist der beste Freund von Spirou, mit dem er ein durch zahlreiche gefährliche Abenteuer zusammengeschweißtes und aufeinander eingespieltes Duo bildet. Er wurde 1943 von Jijé als schräger und tollpatschiger Phantast und Lebenskünstler eingeführt, leicht blasiert, mit der dazu passenden, etwas versnobten Kleidung. Anfangs versuchte er sich in diversen Kurzzeitjobs, z.B. als Privatdetektiv, Vertreter von Fertighäusern oder Abbruchunternehmer, und frönte exklusiven Hobbys wie dem Jeep-Fahren oder Herrenreiten. Erst seit 1950 ist er, unterstützt von Spirou, regelmäßig als rasender Reporter für Carlsen unterwegs (im Original für „Le Moustique“ und „Le Journal de Spirou“ von Dupuis). Anfangs bewohnte er ein eigenes Haus mit Garten, später zog er mit Spirou zusammen. Mit der Zeit wurde Fantasio etwas ernsthafter, behielt aber seine Impulsivität. Da Spirou sich ab etwa 1953 zu einem sehr bedächtigen, überlegen agierenden Charakter entwickelte, kam Fantasios Hauptschwäche, seine Neigung zu Jähzorn, nun wesentlich deutlicher zum Vorschein und brachte die Helden ein ums andere mal in Verlegenheit. Wie der ebenso unbeherrschte Kapitän Haddock aus Tim und Struppi, dessen Einfluss unverkennbar ist, ist auch Fantasio Pfeifenraucher. In seiner Eigenschaft als Journalist spezialisierte er sich auf Fotoreportagen, bei denen er recht eigenwillige Methoden anwendet: beispielsweise bricht er nachts in Kaufhäuser ein, benutzt Gadgets wie als Uhr bzw. Pfeife getarnte Minikameras oder geht im Gorillakostüm auf Fotojagd. Im Laufe der Sechziger Jahre verkam er allerdings - sehr zu seinem Leidwesen - zum Schreibtischtäter in der Carlsen-Redaktion. Fantasios Steckenpferd sind technische Basteleien, für die er ein außerordentliches Talent hat. Die von ihm konstruierten Einmann-Fluggeräte namens Fantaschrauber sind nicht weniger als bemerkenswert, oft genug ließ er als Konstrukteur jedoch den nötigen Ernst vermissen, etwa als er einen Dion Bouton 1912 mit James Bond-Finessen ausstattete. Überhaupt gehören Autos zu seinen speziellen Vorlieben, so dass er in den Fünfziger Jahren voller Stolz am Steuer zweier außergewöhnlicher Sportwagen saß, dem Turbot sowie dessen Nachfolger Turbot 2, deren Mitbesitzer Spirou war. Um ihrer fortschreitenden Verbürgerlichung zu entgehen, sattelten die Helden ab den späten Sechzigern dann allerdings auf Kleinwagen um, zunächst einen Honda S800 Sport, später einen Renault R5. Keine andere Figur der Serie hat eine solche Wandlung durchgemacht wie Fantasio. Der Charakter, den Franquin 1968 seinen Nachfolgern überließ, hatte, auch in visueller Hinsicht, fast nichts mehr mit dem gemein, den er 1946 von Jijé übernommen hatte. Lediglich sein von Beginn an erkennbares Talent, ins Fettnäpfchen zu treten, hat Fantasio bis heute behalten. Ähnlich wie Obelix bei Asterix war Spirous ungleicher Partner von Anfang an entscheidend für den großen Erfolg der Serie. Erstauftritt in Le pilote rouge (im Album L'Espiègle au Grand-Coeur, Ende September 1943).
Franquin:
- [Eine Comicfigur als Reporter] „lag damals in der Luft. Zudem war es eine gute Möglichkeit, meine Figuren auf Reisen in verschiedene Länder zu schicken. Unglücklicherweise wusste ich rein gar nichts über den Beruf eines Journalisten. [...] Du willst wohl wissen, weshalb Fantasio Pfeife raucht? Ich weiß es selbst nicht genau. Es sieht malerisch aus, und seit Maigret macht das einen guten Eindruck... Bei einem Reporter hebt das wahrscheinlich seinen Ruf... [...] [Franquins später Fantasio] ist völlig mit den Nerven fertig, ausgelaugt von seiner Büroarbeit. Er hat jeglichen Humor verloren und wird schnell jähzornig. [...] Ich hoffe, dass er eines Tages diese Phantasie zurückerhält, die er bei Gillain [d.i. Jijé] besaß, denn ich habe vieles an dieser Figur zerstört. Man muss aber auch sagen, dass die Phantasie, die Gillain Fantasio zubilligte, in den Augen der Leser wenig plausibel erschien. Ich finde, Fantasio wirkte nahezu bekloppt, war verrückt angezogen und verhielt sich wie ein Clown. Diesen Aspekt wollte ich nicht beibehalten.“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Pips
(frz. Spip) ist Spirous Eichhörnchen und ständiger Begleiter. Er kommentiert die Aktionen der beiden Titelhelden, wobei er sich zumeist in der Rolle des Griesgrams gefällt. Trotz seiner Abneigung Abenteuern gegenüber hilft er Spirou und Fantasio immer aus der Patsche, wenn es gilt, Fesseln durchzuknabbern oder Elefanten ein Bein zu stellen. Seinen Erstauftritt hatte Pips bei Rob-Vel in der Geschichte Le robot géant, in der Spirou ihn aus den Fängen des wahnsinnigen Sosthène Silly befreite. Bereits in seiner Debüt-Geschichte wurde Pips als Joker eingesetzt, der überraschend ins Geschehen eingreift. Auf der allerersten von Jijé gestalteten Seite (der vorletzten von Le fils du milliardaire, 1940) erweist er sich dann erstmals als Retter in der Not, indem er sich ins Gesäß eines Gangsters verbeißt, der daraufhin seine Waffe fallen lässt. Auf derselben Seite nimmt der Leser, was noch viel wichtiger ist, auch erstmals an Pips' Gedanken teil. Mit der völligen Übernahme der Serie durch Jijé kam auf diese Weise ab 1943 verstärkt der kapriziöse Charakter des Eichhorns zum Vorschein. Allerdings gab es immer wieder Phasen (bei Franquin Mitte der Fünfziger, bei Tome & Janry in den Neunziger Jahren), in denen Pips wenig bis gar nichts von sich gab. Kein Wunder also, dass er gelegentlich übersehen wird, eine Tatsache, die sein Selbstwertgefühl regelmäßig erschüttert. Andere Running Gags mit der Figur sind Pips' Vorliebe für Nüsse, seine Angewohnheit, Spirou und Fantasio die im Eifer des Gefechts verlorenen Kopfbedeckungen hinterherzutragen, sowie sein oft gefasster, aber nie ausgeführter Plan, die Helden endgültig zu verlassen. Erstauftritt in Spirou contre le robot géant in der Episode La chambre des tortures (Spirou 23/39 vom 8. Juni 1939).
Franquin:
- „Das ist eine Figur, für die ich immer viel Sympathie empfand. Pip erlaubte es mir, kleine Überlegungen anzustellen, eine gegensätzliche Meinung zu transportieren. Und für den Fall einer ausweglosen Situation blieb er so etwas wie ein letzter Helfer in der Not. Obwohl ich Pip sehr gerne hatte, trat er mit dem Erscheinen des Marsupilamis etwas in den Hintergrund. Aber ich habe mich seiner Verhaltensweisen bedient, um kritischen Abstand zur Aktion zu halten. Pip ist nämlich sehr häuslich und äußerst skeptisch gegenüber Abenteuern. [...] ...ich glaube, dass er nie ein Gespräch mit den Helden der Serie führte. Er redet und denkt für sich. [...] Ich hatte immer Probleme damit, für Pip eine Rolle zu finden. Er meckert zwar öfters, aber das reicht nicht aus. Das ist gar nicht so leicht, ein Eichhörnchen zu animieren. Manchmal hätte ich ihn sogar fast vergessen.“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Pankratius Hieronymus Ladislaus Adalbert Graf von Rummelsdorf
(frz. Pâcome Hégésippe Adélard Ladislas, comte de Champignac) ist ein genialer und etwas verschrobener Wissenschaftler und Erfinder. Eingeführt als Gegenspieler, wurde er der väterliche Freund von Spirou und Fantasio, die ihn immer wieder in seinem Schloss im beschaulichen Rummelsdorf besuchen kommen. Der Graf, dessen Aussehen an Einstein erinnert, ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Mykologie, so dass seine Erfindungen in aller Regel mit Substanzen zu tun haben, die er aus den verschiedensten Pilzen gewinnt. Das Metomol, mit dem man alle Metalle weich werden lassen kann, ist ebenso seine Leistung wie die Superkräfte verleihende Substanz X1 oder ein mit Zucker angetriebenes Auto. Allerdings pflegen seine Erfindungen regelmäßig in die falschen Hände zu geraten, wodurch die Ruhe im Städtchen empfindlich gestört wird. Dass auch die technischen Fertigkeiten des Grafen bemerkenswert sind, stellte er unter anderem mit der Konstruktion eines Mini-U-Boots unter Beweis. Zudem beschäftigt er sich mit der Astronomie, wobei ihm einmal sogar das Kunststück gelang, Kontakt mit Außerirdischen aufzunehmen. In den Siebziger Jahren war er stolzer Besitzer eines Nobel-Oldtimers der Marke Düsenberg, ein Unikat also, wie der Fachmann weiß. Das Lieblingswort des über 70-jährigen, von dem auch bekannt ist, dass er früher einmal verheiratet war, ist „Sapperlot!“ (im Original: „Sabre de bois!“). Erstauftritt in Der Zauberer von Rummelsdorf.
Franquin:
- „Wenn man Comics macht oder Bücher schreibt, entstehen Figuren, die sich geradezu aufdrängen. Die werden dann auch instinktiv wieder benutzt, weil man spürt, dass das so sein muss. [...] Sein Äußeres entstand über viele Skizzen. Ich glaube, ich habe davon an die fünfzig Stück gemacht, ehe ich ihn so weit hatte. So verfahre ich immer, wenn ich eine neue Figur entwickle... [...] Meine Frau erinnert sich, dass wir unter viel Gelächter [seine Vor]Namen mit Hilfe eines Namenskalenders zusammengetragen haben. [...] Allerdings existiert das Schloss von Rummelsdorf tatsächlich. Es liegt in Natoye, in der Provinz Namur. Ich ging dort öfters hin und ließ mich anregen [...] Mit Liliane [d.i. Franquins Frau] war ich mehrmals da und habe Fotos gemacht.“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Das Marsupilami
ist ein ungefähr ein Meter großes, gelb-schwarzes Wundertier aus dem Urwald Palumbiens, dessen Unberechenbarkeit für Spirou und Fantasio Segen und Fluch zugleich war. Einerseits brachte es die beiden oft in unangenehme Situationen, andererseits boxte es sie ebenso oft aus der Bredouille. Spirou und Fantasio hatten das Tier zunächst aufgrund einer Erbschaftsangelegenheit dem palumbianischen Urwald entrissen und anschließend dem Zoo geschenkt. Als sie es später reumütig in seine Heimat zurückbringen wollten, kehrte es aus freien Stücken zu ihnen zurück. Das Marsupilami ist ein eierlegendes, vermutlich säugendes Beuteltier mit amphibischen Eigenschaften, das auch kurze Sätze zu wiederholen in der Lage ist. Zudem verfügt es über einen außergewöhnlichen Orientierungssinn, der es ihm z.B. ermöglichte, seine Freunde im fernen Bretzelburg aufzuspüren. Sein ca. 8 Meter langer Schwanz dient als Greif-, Fortbewegungs-, Kommunikations- und vor allem Verteidigungsmittel. Es ernährt sich unter anderem von Obst, Flöhen und Piranhas. Der Name „Marsupilami“ ist eine Verbindung der Wörter „Marsupialia“ (zool. Bezeichnung für Beuteltiere), „Pilou-Pilou“ (frz. Name der Comicfigur Jeep von Elzie Segar) und „ami“ (frz.: Freund). Mit der Abgabe von Spirou und Fantasio an Fournier verschwand das Tier bedauerlicherweise aus der Serie, da Franquin die Rechte für sich beanspruchte. Erstauftritt in Eine aufregende Erbschaft.
Franquin:
- „'Ami' sollte die sympathische Seite des Marsupilamis widerspiegeln, 'Pilou-Pilou' war als Hommage an Segars köstliche Figur gedacht, die ich als Kind kennenlernte. [...] Mein Tier wollte ich der Gattung Beuteltier zuordnen, habe dabei aber einen kleinen Fehler gemacht. Seinen Lebensraum gab ich mit Südamerika an, obwohl die Beuteltiere, wie jeder weiß, in Australien leben... [...] [Die Figur] ist gut, gleichzeitig ist sie aber auch sehr begrenzt. Da das Marsupilami stumm ist, bleibt sein Tun nur eine Ergänzung zu den Handlungen der Helden. Zudem sind seine Eigenschaften nicht gerade vielfältig. Das Marsupilami kann mit seinem Schwanz zwar kräftige Schläge austeilen, es kann damit auch diverse Kraftakte verbringen, aber eine tiefsinnige Philosophie darf man von ihm nicht erwarten...“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Die wichtigsten Nebenfiguren
[Bearbeiten] Zantafio
ist der missratene Cousin von Fantasio. Er begann als gewöhnlicher Lügner und Betrüger, strebte aber nach Höherem. So sah man ihn wechselweise als Diktator über Palumbien, der unter dem Alias General Zantas aus Geldgier einen Krieg entfesselt, als rechte Hand von Zyklotrop (s.u.), die heimlich ihre eigenen kriminellen Pläne verfolgt, als Oberhaupt der Triangel, einer geheimnisvollen Verbrecherorganisation, sowie als Chef der Russenmafia mit dem Bestreben, neuer Zar zu werden. Zantafio ist völlig skrupellos und geht für seine Ziele notfalls über Leichen, jedoch wurden seine schändlichen Machenschaften bisher immer von Spirou und Fantasio durchkreuzt. Erstauftritt in Eine aufregende Erbschaft.
Franquin:
- „Vetter Zantafio ist genauso boshaft, wie Fantasio gut ist. Ich kam auf das Wortspiel mit dem Namen und gab ihm das gleiche Aussehen. Nur ist er dunkelhaarig und der andere blond. [...] Zantafio wollte ich ähnlich gestalten, aber eben mit einem starken Kontrast. Es blieb mir gar nichts anderes übrig, als ihm diesen üppigen Haarwuchs in einer anderen Farbe zu geben. Aber es gibt einen interessanten Fakt im Zusammenhang mit Zantafio. Er erinnert in seinem Aussehen an den jungen Greg. Obwohl ich Greg zu der Zeit noch nicht kannte.“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Steffani
(frz. Seccotine) ist eine Reporter-Kollegin und -Konkurrentin von Fantasio und war der erste wichtige weibliche Charakter in der Serie. In ihrem Metier ist sie dem frustrierten Fantasio im allgemeinen immer eine Nasenlänge voraus, wobei sie gelegentlich durchaus auch etwas unfair agiert. Kein Wunder, dass Fantasio dazu tendiert, in ihrer Gegenwart sarkastisch oder gar misogyn zu werden. Letztendlich aber respektieren sie einander und ziehen im Notfall am selben Strang. Auf ihrem Motorroller stellt die Journalistin eine Gefahr für den Straßenverkehr dar. Ihr Meisterstück ist der Dokumentarfilm „Familienleben in Palumbien“ über wildlebende Marsupilamis. Laut eigener Aussage ist ihr wirklicher Vorname Sophie. Erstauftritt in Aktion Nashorn.
Franquin:
- „Ich halte sie eher für intelligent [als unerträglich]. Du hast dich zu sehr mit den Helden identifiziert, deshalb nervt sie dich! [...] [In „Das Nest im Urwald“] demonstriert Steffani ihre Fahrkünste auf einem Roller. Natürlich hat man mir das als Chauvinismus ausgelegt! [...] ...ich glaube, ich habe Ibn-Mah-Zaud in dem Turbot weitaus schlimmer dargestellt. Aber da sagte niemand etwas!“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Zyklotrop
(frz. Zorglub) war ein größenwahnsinniger Wissenschaftler, der die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Mittels des von ihm entwickelten Zyklostrahls konnte der ehemalige Studienkollege des Grafen von Rummelsdorf Menschen zu willenlosen Arbeitssklaven machen. Seine Armeen von Zyklomännern verständigten sich in der Zyklosprache: rückwärts gesprochene Wörter, die im Satzbau jedoch ihre Stelle beibehalten. Zyklotrops eigener Name spricht sich in der Originalversion auf diese Weise „Bulgroz“ aus (bulle grosse = große Seifenblase), ein Gag, der in der deutschen Version verlorengeht. Nachdem Spirou, Fantasio und der Graf von Rummelsdorf ihm das Handwerk gelegt und ihm ins Gewissen geredet hatten (wobei sich herausstellte, dass Zyklotrop unter einem Minderwertigkeitskomplex leidet, da ihm nie genug Liebe entgegengebracht wurde) wandelte er sich vom Feind zum Freund. Erstauftritt in Der Plan des Zyklotrop.
Franquin:
- „Zyklotrop ist in erster Linie ein Dussel. In all seinen Unternehmen macht er immer einen kapitalen Fehler. [...] Und jedesmal, wenn ihm etwas danebengeht, wird er noch wütender und sinnt erneut auf Rache. Er ist auf kindliche Art ehrgeizig. [...] [Prinzipiell ist er nicht schlecht], aber er bemerkt es auch nicht, wenn er Unannehmlichkeiten provoziert. Er hat eine Tendenz zur Herrschsucht, ist im Geist ein Diktator.“
(Sadoul, Numa: Das große André Franquin Buch, Carlsen, Reinbek bei Hamburg 1989)
[Bearbeiten] Itoh Kata
ist ein japanischer Mykologe und Zauberkünstler, ein Freund des Grafen von Rummelsdorf. Unter seiner Melone verbirgt er ganze Scharen weißer Kaninchen und Tauben. Er stand Spirou und Fantasio bei diversen Abenteuern zur Seite, wobei sich seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als hilfreich erwiesen - Handschellen und Fesseln sind für ihn ein leicht zu lösendes Problem. Der enigmatische Japaner ist eine Kreation Fourniers und wurde jüngst wieder aufgegriffen. Erstauftritt in der Geschichte Der japanische Champignon in dem Band Die Goldmacher (die sechs Seiten umfassende Geschichte bildet die Einleitung zum Folgeband Zucker im Tank).
[Bearbeiten] Ororea
übernahm in den von Fournier gezeichneten Abenteuern die Rolle, die bei Franquin Steffani inne hatte. Sie ist die Tochter eines polynesischen Häuptlings, hat aber in Europa studiert. Sie überzeugt als Journalistin und harte Konkurrentin von Fantasio, der ihren weiblichen Reizen nicht ganz so zu widerstehen vermag, wie denen von Steffani. Das aktuelle Spirou-Team Morvan & Munuera plant, auch diese Figur wiederzubeleben. Erstauftritt in Tora Torapa.
[Bearbeiten] Don Vito Cortizone
ist ein Mafiaboss in New York, ein ehemaliger Pizzabäcker, dessen wahres Imperium sich hinter der Firma „Lucky Pizza“ verbirgt. Seine finsteren Pläne wurden von Spirou und Fantasio mehrfach vereitelt. Dabei war nicht zuletzt der Umstand hilfreich, dass Cortizone, wie sein Beiname „der Pechvogel“ diskret andeutet, von nachgerade unwahrscheinlicher Glücklosigkeit befallen ist. Cortizone ist eine Schöpfung von Tome & Janry und ist Marlon Brando als Don Vito Corleone im Film Der Pate nachempfunden. Erstauftritt in Abenteuer in New York.
[Bearbeiten] Die Rummelsdorfer
Das mal mehr, mal weniger idyllische Städtchen Rummelsdorf (im Original Champignac bzw. Champignac-en-Cambrousse) ist Schauplatz vieler Spirou-Abenteuer. Seine Bewohner tragen mit ihren zahlreichen, zumeist kürzeren Auftritten zum Facettenreichtum wie zum Wiedererkennungswert der Serie gleichermaßen stark bei. Ähnlich wie bei Spirous Metropole wird auch bei Rummelsdorf nicht klar, ob es sich in Belgien oder Frankreich befindet.
Der Bürgermeister von Rummelsdorf
(frz. Gustave Labarbe, le maire de Champignac) ist die Karikatur eines Provinzpolitikers. Er schwingt hochtönende, aber sinnentleerte Reden voller Worthülsen, die sein Gemeinderat meist nur schlafend erträgt. Argwöhnisch beäugt er den Grafen, dessen wissenschaftliche Forschungen und Experimente er als pure Anarchie und Gefahr für die Öffentlichkeit empfindet. Der eitle Schnurrbart- und Melonenträger lässt in seinem Städtchen zahllose ihn selbst darstellende Statuen errichten, die jedoch allesamt durch unglückliche Fügungen des Schicksals zerstört oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Erstauftritt in Der Zauberer von Rummelsdorf.
Federkiel
(frz. Duplumier) ist als Beamter der Gemeinde Rummelsdorf seinem Bürgermeister treu ergeben. Auch er ist eine Karikatur seines Berufsstands, jedoch weit liebevoller gezeichnet als der Bürgermeister. Federkiels Missgeschicke mit diversen fahrbaren Untersätzen sind ein weiterer Running Gag der in Rummelsdorf angesiedelten Episoden. Erstauftritt in Der Zauberer von Rummelsdorf.
Salberich
(frz. Dupilon) ist der frühere Apotheker von Rummelsdorf, den man nur und ausschließlich im betrunkenen Zustand antrifft. Seine teilweise wichtigen Informationen, die er im Suff von sich gibt, werden meistens als alkoholisiertes Gewäsch ignoriert. Erstauftritt in Ein eisgekühlter Gast taut auf.
Der kleine Nicki
(frz. Le petit Noël) ist eine eigenständige Franquin-Figur, die in Spirou und Fantasio gastierte. Der liebenswerte kleine Junge aus dem Rummelsdorfer Armenviertel ist ein Außenseiter, der von seinen Altersgenossen belächelt wird. Zum Glück fand er im Marsupilami einen guten Freund und stand ihm in dessen Solo-Gags als Partner zur Seite.
Weitere bekannte Rummelsdorfer sind der Bauer Gustav, Wachtmeister Wastl, Fotograf Knipser, ein Schreibwarenhändler, ein Apotheker, ein Briefträger, ein Tankwart und ein unter Schlaflosigkeit leidender Baskenmützenträger.
[Bearbeiten] Sonstige
Martin und Rennhart
(frz. Martin et Roulebille) sind Renn- und Testfahrer der Turbot-Automilwerke, die Fantasio und Zantafio das Rennfahren beibrachten. Später wurde ihnen von Gangstern übel mitgespielt, die an den Plänen für den Turbot interessiert waren. Spirou und Fantasio griffen ins Geschehen ein und bekamen zum Dank für ihre Mühen von der Firma ein Exemplar des revolutionären Autos geschenkt. Rennhart tauchte später noch einmal solo auf und präsentierte den Helden den Turbot 2 (siehe Eine aufregende Erbschaft, Aktion Nashorn und Ferienfahrt mit Hindernissen).
John Helena, genannt „Die Muräne“
ist Kapitän, Taucher, Schmuggler, Ausbrecher und Arktisforscher. Das Wrack des von ihm als Kapitän absichtlich versenkten Schiffes „Diskret“ funktionierte er zusammen mit seinem Adjutanten Marco in ein Unterwasserlager für den Rauschgiftschmuggel um. Nach einem Gefängnisaufenthalt mit anschließendem Ausbruch versuchte er vergeblich, sich das ebenfalls im Wrack verborgene Gold seines Reeders anzueignen. Schließlich warnte er, selbst infiziert, vor einem neuen, künstlich in einer arktischen Forschungsstation erschaffenen Teufelsvirus und arbeitet seit seiner Heilung dortselbst als Fremdenführer (siehe Das Versteck der Muräne, Tiefenrausch und Virus).
Der Biologe
ist ein Forscherkollege des Grafen. Der Wissenschaftler mit dem markanten Rauschebart unterstützte seinen Freund bei den Untersuchungen an einem Dinosaurier, war helfend zugegen, als der Graf nach der versehentlichen Einnahme ausfiltrierter Substanzen „des Wahnsinns fette Beute“ wurde, und bewahrte mit Hilfe von Spirou und Fantasio einen Affen vor militärischen Tierversuchen (siehe Ein eisgekühlter Gast taut auf, Am anderen Ende Angst, Eine Stimme versagt den Dienst und Ein Dorf sieht schwarz).
Gaston
(frz. Gaston Lagaffe) ist ein wenig anpassungsfähiger Bürobote im Carlsen-Verlag. In der Serie Gaston war Fantasio lange Zeit sein leidender Vorgesetzter. Umgekehrt hat der sympathische Chaot auch einige Gastauftritte in Spirou und Fantasio, vor allem in der Geschichte Die Bravo Brothers, die über weite Strecken an die Gags seiner eigenen Serie erinnert.
Miss Flanner
ist eine alte Freundin des Grafen von Rummelsdorf, die ganz Paris unter Wasser setzte. Die Beweggründe der von Morvan & Munuera eingeführten todkranken Megalomanin blieben eher im Dunkeln und sollen anscheinend bei ihrem nächsten Erscheinen aufgeklärt werden. Erstauftritt in Flut über Paris.
[Bearbeiten] Veröffentlichungsgeschichte im deutschsprachigen Raum
Die erste deutsche Übersetzung von Spirou et Fantasio erschien von Dezember 1958 bis Januar 1961 als titelgebende Story in der Heftchenserie Der heitere Fridolin des Hamburger Semrau Verlags. Dort betrat man mit der ausschließlichen Konzentration auf frankobelgische Serien Neuland, wofür allerdings die Zeit noch nicht reif war: „Fridolin und Ferdinand“ (wie die Figuren damals hießen) war zunächst nur eine kurze Karriere von knapp über zwei Jahren beschieden. Die erste gelungene Markteinführung gelang ab 1964 dem Kauka-Verlag, in dessen diversen Publikationen die Serie unter dem Titel „Pit und Pikkolo“ bis 1977 Dauergast war (Fantasio war Pit, Spirou Pikkolo, und das Marsupilami hörte auf den Namen Kokomiko). Seit 1981 gibt der Carlsen Verlag die Serie unter dem Titel „Spirou und Fantasio“ in immer neuen Aufmachungen als Comic-Alben heraus. In jüngster Zeit fügte der Verlag noch die Nebenreihe „Spirou und Fantasio Spezial“ hinzu, in der Kurzgeschichtensammlungen, Spirou-Material aus den Vierziger Jahren sowie die aktuellen „One Shots“ erscheinen.
[Bearbeiten] Comic-Bände
[Bearbeiten] Franquin
- 1. Der Zauberer von Rummelsdorf Il y a un sorcier à Champignac (1951)
- 2. Eine aufregende Erbschaft Spirou et les héritiers (1952)
- 3. Die Entführung des Marsupilami Les voleurs du Marsupilami (1952)
- 4. Aktion Nashorn La corne de rhinocéros (1953)
- 5. Champignons für den Diktator Le dictateur et le champignon (1953)
- 6. Der doppelte Fantasio La mauvaise tête (1954)
- 7. Das Versteck der Muräne Le repaire de la murène (1955)
- 8. Tiefschlaf für die ganze Stadt Les pirates du silence (1956)
- 9. Goldminen und Gorillas Le gorille a bonne mine (1956)
- 10. Das Nest im Urwald Le nid des Marsupilamis (1957)
- 11. Ein eisgekühlter Gast taut auf Le voyageur du Mézozoique (1957)
- 12. Gefangen im Tal der Buddhas Le prisonnier du Bouddha (1959)
- 13. Der Plan des Zyklotrop Z comme Zorglub (1960)
- 14. Im Banne des Z L'ombre du Z (1960)
- 15. Tiefenrausch Spirou et les hommes-bulles (1961)
- 16. QRN ruft Bretzelburg QRN sur Bretzelburg(1963/Album 1966)
- 17. Schnuller und Zyklostrahlen Panade à Champignac (1968)
(Die angegebenen Jahreszahlen beziehen sich auf die französische Originalversion)
[Bearbeiten] Fournier
- 18. Die Goldmacher Le faiseur d'or(1976)
- 19. Zucker im Tank Du glucose pour Noémie (1976)
- 20. Zauberei in der Abtei L'Abbaye truquée (1976)
- 21. Tora Torapa Tora Torapa (1976)
- 22. Im Reich der roten Elefanten Tembo Tabou (1977) (wurde von Franquin gezeichnet, aber in der deutschen Ausgabe später veröffentlicht)
- 23. Fauler Zauber in Afrika Le Gri-Gri du Niokolo-Koba (1976)
- 24. Apfelwein für Xorien Du cidre pour les étoiles (1977)
- 25. Alles wie verhext L'Ankou (1977)
- 26. Kodo der Tyrann Kodo le tyran (1979)
- 27. Nichts als Bohnen Des haricots partout (1980)
[Bearbeiten] Nic & Cauvin
- 28. Die Eiszeit-Maschine La ceinture du grand froid (1983)
- 29. Die Büchse der Pandora La boîte noire (1983)
- 30. Der Lärmschlucker Les faiseurs de silence (1984)
[Bearbeiten] Tome & Janry
- 31. Das geheimnisvolle Virus Virus (1984)
- 32. Abenteuer in Australien Aventure en Australie (1985)
- 33. Marilyn ist nicht zu stoppen Qui arrêtera Cyanure? (1989)
- 34. Die Ruck-Zuck-Zeitmaschine L'Horloger de la comète (1986)
- 35. Die Rückkehr des Z Le réveil du Z (1986)
- 36. Jugendsünden La jeunesse de Spirou (1987)
- 37. Abenteuer in New York Spirou et Fantasio à New York (1989)
- 38. Die Angst im Nacken La frousse aux trousses (1988)
- 39. Das Tal der Verbannten La vallée des bannis (1989)
- 40. Abenteuer in Moskau Spirou à Moscou (1990)
- 41. Vito, der Pechvogel Vito la déveine (1991)
- 42. Ein Dorf sieht schwarz Le rayon noir (1993)
- 43. Mafia, Mädchen und Moneten Luna fatale (1995)
- 44. Jagd auf Spirou Machine qui reve (1998)
[Bearbeiten] Morvan & Munuera
- 45. Flut über Paris Paris-sous-Seine (2005)
- 46. Der Mann der nicht sterben wollte L'homme qui ne voulait pas mourir (2006)
- 47. Spirou und Fantasio in Tokyo Spirou et Fantasio à Tokyo (voraussichtlich April 2007)
[Bearbeiten] One Shots
- 1. Die steinernen Riesen Les géants pétrifiés (2006) Yoann und Vehlmann
- 2. Die Sümpfe der Zeit Les marais du temps (April 2007 in F) Frank LeGall
- 3. Wahrscheinlich: Das Grab von Rummelsdorf Le tombeau des Champignac (September 2007 in F) Tarrin und Yann
[Bearbeiten] Weblinks
- Spirou und Fantasio bei Carlsen Comics
- Rezension zur neusten dt. Spirou und Fantasio Ausgabe: Nummer 46
- Spirou im Journal de Spirou (frz.)
- Spirou-Originalalben (frz.)
- Deutschsprachige Erstveröffentlichungen/Liste aller Spirou und Fantasio-Comics in der Kaukapedia
Kategorien: Comics | Comicfigur | Duo