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Rechtsextreme Netzwerke

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Unter Rechtsextreme Netzwerke versteht man die organisatorische und inhaltliche Verknüpfung von losen und gebundenen Vereinigungen im rechtsradikalen Bereich. Diese Verknüpfungen sind ständig wechselnd und nicht eindeutig strukturiert. Durch die nicht feste Form dieser Netzwerke wird sowohl die Beobachtung durch Polizei und Verfassungsschutz als auch die juristische Handhabe erheblich erschwert. Verbotsverfahren wie sonst gegen Vereine und Parteien sind kaum möglich.

Ein typisches Beispiel für die Vereinigungen stellen die Freien Kameradschaften dar. Die Vereinigungen haben meist geringe Mitgliederzahlen (ca. 10-50), sind oft nur regional tätig und in ihrer Existenz stark abhängig von der jeweiligen Führungsfigur.

Überregionale Strukturen werden durch Zusammenschlüsse von Kameradschaften bzw. der Strukturierung innerhalb Überregionaler Bündnisse (siehe unten) erreicht.

Trotz der meist losen, dezentralen Struktur der diversen Vereinigung kann davon ausgegangen werden, dass es den Versuch der rechtsradikalen Parteien gibt, im Hintergrund die Fäden in den Händen zu halten oder zumindest deren Potentiale zu nutzen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Hintergrund

Der Begriff der Kameradschaft wird im rechtsextremen Sprachgebrauch auch militärisch genutzt, es soll damit der kameradschaftliche Zusammenhalt (hier: wie bei der Wehrmacht) postuliert werden. Erste Netzwerke im kameradschaftlichen Sinne stellten die milizionären Wehrsportgruppen dar, in denen vorgeblich die körperliche Ertüchtigung für den Kampf im Vordergrund stand. Als Saalordner und Schlägertruppe wurden diese von den etablierten rechtsextremen Parteien genutzt. Nach mehreren Anschlägen und Gewaltakten mit Todesopfern wurde die Wehrsportgruppen als verfassungsfeindliche Organisationen verboten.

Auch eine Verbindung mit der inzwischen verbotenen FAP und anderer verbotener Parteien und Vereine kann gesehen werden, da nicht alle Mitglieder in die legalen Parteien NPD und Republikaner wechselten, sondern kleine Interessensgruppen bildeten. Ebenso bekamen die Interessengruppen Zulauf durch Unterstützer oder auch nach Streitigkeiten Ausgetretenen aus den Parteien.

Da sich nach Vorbild der Revolutionäre Zellen und Autonomen Antifa-Gruppen zeigte, dass kleine Interessensgruppen schwerer von den Staatsorganen zu beobachten und zu verfolgen sind als die öffentlichen Parteien, fanden sich in den neu gebildeten Gruppen immer mehr Anhänger rechtsextremer und -radikaler Gesinnung zusammen. Dieses Konzept der "Freien Nationalisten" wurde aber auch bewußt von den ehemaligen Kadern der verbotenen Parteien gefördert und umgesetzt. Die Verbindung der Gruppen untereinander zum Informationsaustausch sowie zur Planung von Demonstrationen erfolgt auf dem kurzen Dienstweg und erschwert somit die Reaktion der Behörden auf erzielte Erkenntnisse aus der Kommunikationsüberwachung. Das Internet stellt dabei eine bequeme Möglichkeit zur anonymisierten Kommunikation dar.

Eine Verbindung mit den soldatenkameradschaftlichen Vereinen allgemein ist kaum herzustellen. Diese Vereine haben in heutiger Zeit meist nur noch den Stellenwert eines Schützenvereins, rechtsextreme Ausrichtungen sind hier nur vereinzelt zu finden. Allerdings versuchen Mitglieder des rechtsextremen Spektrums, in der Bundeswehr Fuß zu fassen, um ihre Ideen zu verbreiten. Funktionäre neonazistischer Gruppierungen fordern mitunter dazu auf, mit einer Ausbildung bei der Bundeswehr auch Zugang zu Reservistenkameradschaften zu suchen. [1]

[Bearbeiten] Beschreibung und Auflistung der Netzwerke

Die rechtsradikalen Netzwerke sind sowohl horizontal als auch vertikal ausgerichtet. Eine zentralisierte Ausrichtung findet nur im Sinne der überregionalen Bündnisse statt. Trotz dieser Ausrichtungen ist eindeutig das Bestreben der einzelnen Gruppierungen nach Unabhängigkeit voneinander zu erkennen. Propagandistisch wird aber stets vordergründige Einigkeit kommuniziert.

[Bearbeiten] Überregionale Bündnisse

Die Freien Kameradschaften in Deutschland sind zum Großteil in vier überregionale Bündnisse organisiert:

(Die Verwendung des Terminus Mitteldeutschland für die neuen Bundesländer entspricht dem revisionistischen Verständnis im Bezug auf das frühere Deutsche Reich.)

Des Weiteren gibt es Bestrebungen, auf Länder und Regionalebene die Kameradschaften zu bündeln, so auch:

  • Aktionsbüro Rhein-Neckar (Rheinland-Pfalz)
  • Nationaler Widerstand Berlin-Brandenburg (kurz NWBB)
  • Selbstschutz Sachsen-Anhalt (kurz SS-SA)
  • Soziales und Nationales Bündnis Pommern

[Bearbeiten] Parteigesteuerte Netzwerke

Die rechtsextremen Parteien nutzen, wenn auch meist inoffiziell, die diversen Vereinigungen zur Unterstützung ihrer politischen Arbeit. Insbesonders die NPD hat in den neuen Bundesländern oft enge Kontakte zu den Kameradschaften und nutzt deren Mitglieder zur Unterstützung von Demonstrationen und als Anwerber bei Rechtsrock-Konzerten. Die Republikaner suchen auch den Anschluß zu diesen Netzwerken, werden aber meist als zu gemäßigt abgelehnt. Eine offizielle Steuerung durch die Parteien wird zwar stets bestritten, ist aber durch die Führung von Akteuren in Personalunion leicht nachzuvollziehen.

Innerhalb der diffusen Ausrichtungen der Gruppierungen gibt es aber auch Tendenzen, sich von diesen etablierten Parteien zu distanzieren, da sie das System aufgrund ihrer verfassungsgemäßen Beschränkungen nicht bekämpfen können. Es bestehen oft auch inhaltliche und persönliche Differenzen, die von den Seilschaften als Abspaltungsgründe genannt werden.

Zahlreiche Stiftungen und parteinahe Organisationen versuchen, ihre politische Arbeit nicht offensichtlich zu gestalten und wirken teilweise subtil. Auch wird hier oft versucht, eine Brücke zu den rechten Rändern der konservativen Parteien aufzubauen.

Zahlreiche rechtsorientierte Burschenschaften und anverwandte Studentenverbindungen werden durch parteinahe Organisationen unterstützt und finanziert. Über die so aufgebauten Beziehungsnetzwerke sind die Parteien, bzw. die ihnen nahe stehenden Organisationen, in der Lage, Nachwuchskräfte, die ihre politische Meinung teilen, gezielt zu fördern und zu beeinflussen. Auch steigen die Alten Herren meist innerhalb der Parteistrukturen auf, und unterstützen ihre ehemaligen Studentenkollegen direkt. Eine parteigesteuerte Öffentlichkeitsarbeit ist anzunehmen.

[Bearbeiten] Unabhängige Netzwerke

Da die Netzwerke in einer losen Organisationsform bestehen, ändern sich schnell Namen und Bezeichnungen je nach tagespolitischer Opportunität oder Ausweichnotwendigkeit aufgrund staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Eine grundsätzliche Gliederung ist jedoch möglich in:

  • regionale Ausrichtung
  • zeitliche Ausrichtung (nur für ein bestimmtes datumsgebundenes oder langfristig Ziel)
  • inhaltliche Ausrichtung

[Bearbeiten] Freie Kameradschaften

Durch ihre lose Struktur und Bezogenheit auf die Führungsperson sind die freien Kameradschaften (auch autonome Kameradschaften oder kurz KS) einem stetigen Wandel unterzogen. Die Bezeichnungen sind meist als geografischer Zuordnung gehalten. Die NPD hat als Kontaktmöglichkeit zur Kammeradschaftsszene eigens ein Referat Freie Kameradschaften eingerichtet. Nach einem Verbot werden die Kameradschaften oft unter einem anderen Namen weitergeführt. Eine laut bayerischem Innenminister Günther Beckstein gefährliche Symbiose von Neonazis und gewaltbereiten rechten Skinheads sind die „Kameradschaft München“ und die „Asgard Ratisbona“ im Raum Regensburg.

Weitere Beispiele sind:

  • Alternative Nationale Strausberger Dart-, Piercing und Tattoo-Offensive (kurz ANSDAPO)
  • Direkte Aktion/Mitteldeutschland (verboten 1995)
  • Freie Nationalisten Rhein/Main
  • Hamburger Sturm
  • Kameradschaft Eichsfeld (geführt von Thorsten Heise)
  • Kameradschaft Hauptvolk (verboten 2005)
  • Kameradschaft München
  • Kameradschaftsbund Hochfranken (bestehend aus Freie Kameradschaften Hof und Wunsiedel, Hrsg. Wunsiedler Feldpost)
  • KS Oberhavel (verboten 1997)
  • KS Langenlois
  • KS Salzburg
  • Nationaler Widerstand Pirna (kurz NWP)
  • Skinheads Sächsische Schweiz (verboten 2001)
  • Thüringer Heimatschutz, kurz THS (zuerst geführt vom später enttarnten Verfassungsschutzmitarbeiter Tino Brandt)

[Bearbeiten] Aktionsbündnisse

[Bearbeiten] Wehrsportgruppen

Unter dem Vorwand der körperlichen und geistigen Ertüchtigung wurden milizionäre Strukturen aufgebaut. Die Wehrsportgruppen wurden als verfassungsfeindlich eingestuft und gerichtlich verboten.

Um das Verbot der Wehrsportgruppen zu umgehen, wurden zum Teil Wandergruppen gegründet, bei deren "Ausflügen" die körperliche Ertüchtigung im Vordergrund steht.

[Bearbeiten] sonstige Vereinigungen

[Bearbeiten] Rechtsextreme Netzwerke im internationalen Vergleich

In Österreich herrscht eine mit Deutschland vergleichbare Situation. Dies basiert zum Teil auf der gemeinschaftlichen historischen Vergangenheit und Sprache sowie ähnlicher juristischer Verbote. Nach der Zerschlagung der neonazistischen VAPO (Volkstreue Außerparlamentarischen Opposition) Anfang der 1990er Jahre mussten sich rechtsextreme Organisationen zurückziehen und versuchten dezentrale Netzwerke aufzubauen. [2] Eine Verbindung der rechtsextremen Netzwerke mit der FPÖ wird vermutet. [3]

Die rechtsextremen Netzwerke in anderen Ländern sind meist organisierter und weniger verdeckt agierend als in Deutschland. Hier sind besonders Großbritannien und die USA hervorzuheben, deren liberale Verfassung politische Einschränkungen ablehnt. Die bekanntesten amerikanischen White Power-Organisationen sind National Alliance (NA) und Ku-Klux-Klan.

Als international agierend gelten das Skinhead-Netzwerk Blood & Honour (B&H) sowie die Hammerskins.

[Bearbeiten] Hauptakteure

Die Bedeutung der Hauptakteure wird kontrovers diskutiert. Auffallend ist jedoch, dass diese fast ausnahmslos in den 1970er Jahren geboren wurden. Viele Führungspersönlichkeiten agieren eher verdeckt, um ihre berufliche und nachbarschaftliche bzw. familiäre Situation nicht zu gefährden. Dies wird allerdings besonders gerne von Aktivisten der linksextremen Szene in Form von Outings mit Nennung von persönlichen Daten und gezielter Fotografie hintertrieben. Andere Akteure suchen geradezu die Öffentlichkeit, um durch eine verstärkte Medienpräsenz politisch zu wirken.

Bekannte Hauptakteure sind u.a.:

[Bearbeiten] Weitere Entwicklung

Die etablierten rechtsextremen Parteien nutzen zunehmend die rechtsextremen Netzwerke zur Verbreitung ihres Gedankengutes. Dabei kommt es zwar oft zu Unstimmigkeiten zwischen der zumindest vorgegebenen Verfassungstreue der Parteien und den radikalen Ansichten der Führungsakteure der Netzwerke, doch scheinen sich die neonazistischen Einflüsse aufgrund erhöhter Mitgliedseintritte zu verfestigen. Dabei ist eine Zunahme des Anteils weiblicher Akteure ebenfalls erkennbar. Der Verfassungsschutz beobachtet die Führungspersönlichkeiten sehr genau, auch wenn die dezentrale Struktur die Beobachtung erheblich erschwert. Die Beobachtungen dieser Personen ist meist auf wenige Jahre beschränkt, da diese ihre Führungsposition oftmals aus familiären Gründen oder auch Inhaftierung aufgeben.

Bei der Landtagswahl 2006 in Mecklenburg-Vorpommern zeigte sich das Zusammenspiel von NPD mit rechtsextremen Kameradschaften und anderen nationalistischen Netzwerken als erfolgreiches Konzept. In manchen Gegenden erreichte die NPD mit ihren Kandidaten aus der Kameradschafts-Szene über 30 Prozent der Stimmen. Auffallend dabei ist, dass die NPD die inhaltliche Führung den Kameradschaftskadern überlässt, die teilweise erst vor wenigen Monaten in die Partei eingetreten sind. [4]

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Quellen

  1. Antwort der Bundesregierung zu einer Kleinen Anfrage wegen der Zunahme von rechtsextremen Vorfällen in der Bundeswehr
  2. Rechtsextremismus in Österreich, Zeitung des Vereins Gedenkdienst
  3. Braune Netzwerke in Österreich, Rosa Antifa Wien
  4. Neonazi-Kameradschaften machen sich in der NPD breit bei Spiegel Online

[Bearbeiten] Weblinks

THIS WEB:

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