Irving Thalberg
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Irving Thalberg (* 30. Mai 1899 in Brooklyn, New York; † 14. September 1936 in Santa Monica, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Filmproduzent.
[Bearbeiten] Leben
Thalberg wurde im New Yorker Stadtteil Brooklyn als Sohn deutscher Einwanderer geboren. Sein Leben war geprägt durch eine früh festgestellte Herzschwäche.
Er brach ein College-Studium früh ab und ging nach Hollywood, wo er bereits im Alter von 20 Jahren zum Executive Producer bei Carl Laemmles Universal Studios aufstieg. Unter seiner Aufsicht wurden die beiden Erich von Stroheim Filme Foolish Wives und Merry-Go-Round fertiggestellt.
Thalberg verließ das Studio aus persönlichen Gründen, nachdem er den Heiratsantrag der Tochter des Studiochefs abgelehnt hatte und ging 1924 als Stellvertreter von Louis B. Mayer zur neu gegründeten Firma MGM. Interessanterweise war das erste Problem, das er zu lösen hatte, ein bekanntes: er musste die Arbeitswut und das Genie von Erich von Stroheim kanalisieren. Die endgültige Fassung von Greed geht auf Thalberg zurück.
Es war Thalberg, der verantwortlich war für die großen Prestigeproduktionen von MGM: He Who Gets Slapped, The Big Parade, The Merry Widow und andere. Er schaffte es auch, den Augiasstall namens Ben Hur, der seit einigen Jahren in Produktion war und dessen explodierenden Kosten die Existenz des Studios gefährdete, in den Griff zu kriegen und fertigzustellen.
Thalberg war ein großer Perfektionist, der den Erfolg eines Streifens durch sog. Previews, also Testvorführungen, untersuchen ließ. Fiel die Resonanz nicht gut aus, wurden teilweise ganze Passagen völlig neu gedreht, so die Marie Dressler-Komödie Reducing oder der Joan Crawford-Streifen Laughing Sinners. Der bisherige Hauptdarsteller John Mac Brown wurde ausgewechselt und durch Clark Gable ersetzt. Die Methode führte zu dem berühmten Satz: At MGM they don't make pictures, they remake them.
Thalberg war sehr erfolgreich im Entdecken bzw. auch im Wiedererwecken von Stars. Lon Chaney, Norma Shearer, Jean Harlow und Myrna Loy verdankten ihm größtenteils ihre Karrieren bzw. deren Revitalisierung.
1932 zog er sich aufgrund chronischer Herzprobleme mehr als ein Jahr völlig zurück und kehrte Anfang 1934 zurück, wobei er nur noch die Produktion einzelner Streifen übernahm. Er kümmerte sich vor allem um die Produktionen seiner Ehefrau Norma Shearer, die er 1927 geheiratet hatte. Diese Bevorzugung war besonders Joan Crawford ein ständiges Ärgernis, da sie fand, nur mit zweitklassigen Melodramen und abgelehnten Shearer-Projekten abgefunden zu werden. Auf die Frage, warum Norma denn so erfolgreich sei, obwohl sie schiele, kurze Beine habe und fast keine Taille, antwortete die Crawford: She sleeps with the boss. She rides the studio on his balls.
1936 starb er im Alter von 37 Jahren an einer Lungenentzündung. Böse Zungen behaupten, bei dem prunkvollen Begräbnis seien Mayer und Crawford die fröhlichsten Trauergäste gewesen. Das Verhältnis zu Mayer war seit Jahren angespannt. Mayer war zu einen eher kostenorientiert und hatte einen ganz anderen Geschmack bei Filmen als Thalberg. Man kann das sehr schön erkennen, dass nach 1936 vor allem heitere Familienserien à la Andy Hardy, leichte Musicals und Operetten mit Jeanette MacDonald oder Eleanor Powell und sentimentale Geschichten wie z.B. The Human Comedy oder White Cliffs of Dover im Vordergrund der Produktion standen.
Daher kam es fast zwangsläufig nach dessen Tod zu heftigen Streitereien zwischen seiner Witwe Norma Shearer und Louis B. Mayer um die Auslegung des Testaments, das Norma prozentuale Erträge von Thalbergs letzten Streifen garantieren sollte. Nach vielen öffentlichen Attacken, die in Norma dramatischem Radioappell an die Nation gipfelten: I have to go to the poorhouse!, einigten sich beide Parteien auf einen Kompromiss.
Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences widmete einem ihrer 36 Gründer nach seinem Tode einen Preis, den Irving G. Thalberg Memorial Award, der in unregelmäßigen Abständen für besondere Verdienste für die Filmindustrie verliehen wird und während der jeweiligen Oscarverleihung an die Preisträger überreicht wird.
[Bearbeiten] Filme
Im Laufe von nur 14 Jahren war Irving Thalberg an der Produktion von 83 Filmen direkt oder indirekt beteiligt. Hier eine Auswahl:
Stummfilme
- 1922: Törichte Frauen (Foolish Wives) - Regie: Erich von Stroheim
- 1923: Merry-Go-Round - Regie: Erich von Stroheim/Rupert Julian
- 1923: Der Glöckner von Notre-Dame (The Hunchback of Notre-Dame) - Regie: Wallace Worsley
- 1924: Der Mann, der die Ohrfeigen bekam (He Who Gets Slapped) - Regie: Victor Sjöström
- 1925: Ben Hur (Ben-Hur) - Regie: Fred Niblo
- 1926: La Bohème - Regie: King Vidor
- 1926: Dämon Weib/Totentanz der Liebe (The Temptress) - Regie: Fred Niblo, Mauritz Stiller
- 1927: Alt-Heidelberg (The Student Prince in Old Heidelberg) - Regie: Ernst Lubitsch
- 1928: The Crowd - Regie: King Vidor
- 1928: Laugh, Clown, Laugh - Regie: Herbert Brenon
- 1928: Show People - Regie: King Vidor
Tonfilme
- The Broadwaymelodie (1929) - All Talking, All Singing, All Dancing mit Bessie Love
- The Hollywood Revue of 1929 (1929) Regie: Charles Reisner - eine Nummernrevue mit dem fast kompletten Staraufgebot der MGM - alle außer Chaney, Garbo und dem Garagenwächter
- Anna Christie (1930) Regie: Clarence Brown- Garbo talks
- Redemption (1930) Regie: Fred Niblo - eigentlich der erste Tonfilm von John Gilbert, jedoch nahezu komplett neugedreht und nach His Glorious Night in den Verleih gebracht
- The Divorcee (1930) - Norma Shearer erhielt für die Darstellung einer sexuell aktiven Frau den Oscar
- Billy the Kid (1930) Regie: King Vidor - Western
- Trader Horn (1931) Regie: W. S. Van Dyke - problembeladene Produktion, die on location in Afrika gedreht wurde. Die Hauptdarstellerin Miss Booth wurde krank und verklagte MGM erfolgreich auf Schadensersatz.
- A Free Soul (1931) Regie: Clarence Brown - Clark Gable schlägt in diesem Streifen Norma Shearer und vergewaltigt sie danach beinahe
- The Champ (1931) Regie: King Vidor - mit Kinderstar Jackie Cooper
- Mata Hari (1931) - mit Greta Garbo
- Tarzan the Ape Man (1932) Regie: W.S. Van Dyke - mit Johnny Weissmuller
- Grand Hotel (1932) Regie: Edmund Goulding - Umsetzung des Romans von Vicki Baum mit großer Starbesetzung
- Red Dust (1932) - mit Jean Harlow und Clark Gable
- Strange Interlude (1932) - Norma Shearer in einer originellen und für die Zeit gewagten Verfilmung des Theaterstücks
- Rasputin and the Empress (1932) - alle drei Barrymoregeschwister (Ethel, John und Lionel) gemeinsam vor der Kamera. MGM wurde erfolgreich von einem der noch lebenden Beteiligten an der Ermordung Rasputions auf Schandensersatz wegen Falschdarstellung bestimmter Fakten verklagt.
- Riptide (1934) Regie: Edmund Goulding - mit Norma Shearer und Robert Montgomery
- The Merry Widow (1934) Regie: Ernst Lubitsch - Operette mit Maurice Chevalier und Jeanette MacDonald
- Mutiny on the Bounty (1935) Regie: Frank Lloyd - mit Charles Laughton und Clark Gable
- Biography of a Bachelor Girl (1935) - mit Ann Harding
- A Night at the Opera (1935) Regie: Sam Wood - erster Film der Marx-Brothers nach ihrem Wechsel von Paramount
- Romeo and Juliet (1936) Regie: George Cukor - der 43-jährige Leslie Howard spielt den Romeo gegenüber der 35-jährigen Norma Shearer
- Camille (1936) Regie: George Cukor - mit Greta Garbo. Garbo war sich der Bedeutung und der Qualität des Streifens so bewusst, dass sie zu Ehren von Thalberg zum ersten und einzigen Mal überhaupt bei der Uraufführung eines ihrer Filme persönlich anwesend war.
- The Good Earth / Die gute Erde (1937)
[Bearbeiten] Weblinks
- Irving Thalberg in der Internet Movie Database
- Irving G. Thalberg Memorial Award (engl.)
- Infos über die Verfilmung des Klassikers "Menschen im Hotel" mit Greta Garbo
Personendaten | |
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NAME | Thalberg, Irving |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Filmproduzent |
GEBURTSDATUM | 30. Mai 1899 |
GEBURTSORT | Brooklyn, New York, USA |
STERBEDATUM | 14. September 1936 |
STERBEORT | Santa Monica, Kalifornien, USA |