Inszenierung
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Generell versteht man unter Inszenierung ein, meist öffentliches, zur Schau stellen von Werken, Taten oder Handlungen.
Der Begriff Inszenierung kommt aus dem Theater, dort bedeutete er gemäß der von August Lewald im 19. Jahrhundert geprägten Sichtweise: „`In die Szene zu setzen´ heißt, ein dramatisches Werk vollständig zur Anschauung bringen, um durch äußere Mittel die Intention des Dichters zu ergänzen und die Wirkung des Dramas zu verstärken." In der in den letzten Jahrzehnten entstandenen Forschung zu Performance und dem so genannten postdramatischen Theater, zur Selbstinszenierung im Alltag und der Wirtschaft hat man erkannt, dass es nicht eine einzige 'richtige' Interpretation eines Werkes gibt und symbolische und emotionale Kommunikation als ästhetisch organisierte Interaktion mehr bedeutet als ein bloßes Bebildern. Heute wird Inszenierung so verstanden, dass sie nicht nur Schaufunktion hat, die etwas ausdrückt, was anderorts schon besteht, sondern als Bündel von Strategien, die etwas völlig Neues schaffen - z.B. eine Situation des Auftritts, eine bestimmte Atmosphäre. Dieser Umstand hat auch Eingang in die Rechtsprechung gefunden, die dem Schöpfer einer Inszenierung, unabhängig vom inszenierten Werk, Urheberrechte zugesteht. Die szenische Umsetzung eines dramatischen Werkes (Theaterstücks) findet in der Regel auf einer Bühne vor Publikum statt und unterliegt der Leitung eines Regisseurs oder Regieteams. Auch die Performance ist eine Inszenierung, obgleich hierbei meist der klar abgetrennte Bühnenraum fehlt; aber eine Regie ist vorhanden. Wichtig ist hier nicht mehr die Geschichte des dramatischen Werks, sondern das Gesamte der Situation, in der sich Musik, Bewegung, Sprache, Licht, zu einem Gesamtkunstwerk vereinigen.
Auch in der Filmkunst und im Hörspiel spricht man von der Inszenierung unter der Leitung eines Regisseurs. Der Stoff einer Geschichte, eine Figur wird inszeniert.
In der Kunst versteht man unter Inszenierung, dass der Künstler seine Sichtweise darstellt. Er wählt z.B. eine Perspektive, inszeniert Objekte, Orte, Personen, oder Situationen. Er lenkt den Blick des Betrachters.
Die Inszenierung nimmt Einfluss darauf, wie etwas wahrgenommen wird.
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[Bearbeiten] Selbstinszenierung
Bei der Selbstinszenierung nimmt jemand eine bewusste Pose vor Zuschauern oder der Kamera ein oder übt (allgemeiner) Kontrolle über das Bild aus, das (sich) von ihm gemacht wird.
[Bearbeiten] Selbstinszenierung/ Inszenierung in der Kunst
Selbstinszenierungen findet man häufig in der Kunst (Portrait, Selbstportrait, etwa Cindy Sherman).
Der Ausdruck des Menschen findet im Handeln seine konkrete Form. Aus diesem Grund kann die Inszenierung als Manifestation gedanklicher Strukturen begriffen werden und das Inszenieren als jene Handlung, die die Inszenierung hervorbringt.
[Bearbeiten] Selbstinszenierung in der Politik
Selbstinszenierungen findet man auch in Wirtschaft (Corporate Identity, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung) oder aber auch in der Politik (zum Beispiel die bekannten Bilder von Politikern mit Kindern auf dem Arm, Gerhard Schröders und Edmund Stoibers Auftritte bei der Oderflut, oder George W. Bush bei seiner Landung mit einem Kampfflugzeug auf einem Flugzeugträger im Irak-Krieg). Berater nehmen dabei Einfluss auf die Inszenierung bis in Bereiche wie Körpersprache, Kleidung, Frisur, oder Farbigkeit und Art des Bildhintergrunds. Der Film "Wag the Dog" schildert die Inszenierung von Politik. Ein weiteres Beispiel der "Inszenierung von Politik" war beispielsweise das "legitime Theater" (Peter Müller) der Unions-Ministerpräsidenten im deutschen Bundesrat nach dem Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes.
[Bearbeiten] Selbstinszenierung in der Wirtschaft
Die Inszenierung hat auch die Welt der Wirtschaft erreicht, besonders wenn es darum geht, ein Image aufzubauen und zu überzeugen; auch Top-Manager versuchen bei Auftritten vor Aktionären bei Hauptversammlungen sowie vor Analysten und der Presse mit dem Einsatz theatraler Mittel, mit hohen Bühnen, grellen Lichtern, firmenfarbenen Krawatten und schwungvoller Rhetorik von der "überstandenen Ertragsdelle" möglichst kompetent zu erscheinen und dabei echt zu wirken. Sie wollen ein Vertrauen der Anleger, Presse und Öffentlichkeit aufbauen in die Firma und ihre Führung aufzubauen. Das Paradox dabei besteht darin, mit medialen Mitteln den Anschein größtmöglicher Authentizität und Vertrauenswürdigkeit herzustellen. Das gelingt nicht immer, denn gerade bei paratheatralen Live-Veranstaltungen nutzt auch das Publikum die Möglichkeit, sich selbst zu inszenieren. Das sind Aktionärsschützer und Aktionärsvertreter, die oftmals sehr kritische und andere Perspektiven über die Geschäftsentwicklung vertreten und so manche zukunftsweisende Strategie in einem anderen Licht erscheinen lassen. Auch Fondsmanager monieren bei Hauptversammlungen öffentlich schlechte Ergebnisse. Auch auf Unternehmensseite gibt es Pannen: verwirrende Symbolik auf den Bühnenbildern (vgl. Biehl 2003), heruntergeleierte langatmige Reden und Antworten von Spitzenmanagern (vgl. Wachtel 2003), Vorstände und Aufsichtsräte, die sich während der Hauptversammlungsrede des Chefs offensichtlich langweilen.
[Bearbeiten] Selbstinszenierung im Alltag
Mehr oder weniger bewusst inszeniert sich jeder Mensch durch sein Auftreten, durch Kleidung, Frisur, Stil, Sprache. Sehr bewusst geschieht dies etwa bei einem Vorstellungsgespräch oder gegenüber potentiellen Sexualpartnern. Diese Arten, sich zu differenzieren, sind u.a. Thema der Soziologie, siehe dazu auch Soziale Rolle.
[Bearbeiten] Der inszenierte Skandal
Ein inszenierter Skandal ist ein geplanter Skandal, bei dem entweder durch kalkulierte Provokation Aufmerksamkeit erregt werden soll, oder es wird in bigotter oder kalkulierter Weise übertriebene Empörung über einen Sachverhalt geschürt, siehe auch Populismus.
[Bearbeiten] Literatur
- Thomas Knieper / Marion G. Müller (Hrsg.): Authentizität und Inszenierung von Bilderwelten. Köln: Herbert von Halem Verlag, 2003.
- Axel Balzer, Marvin Geilich, Shamim Rafat (Hg.): Politik als Marke - Politikvermittlung zwischen Kommunikation und Inszenierung, (Lit-Verlag) Münster 2005.
- Artikel zum Thema (Download): Politische Kommunikation in der Gegenwartsgesellschaft - Politikvermittlung zwischen Kommunikation und Inszenierung
- Lehmann, Hans-Thies: Postdramatisches Theater. Essay. Frankfurt am Main 1999.
- Brigitte Biehl: Die Jahreshauptversammlung als Inszenierung. Eine Untersuchung der Performance zwischen Theater und Management. In: Bentele, Günter/ Piwinger, Manfred/ Schönborn, Gregor (Hg.): Kommunikationsmanagement. Nr. 4/2003. Neuwied und Kriftel 2001ff. (Wolters-Kluwer Deutschland)
- Biehl, Brigitte: Business is Show-Business. Analyse der Auftritte von Topmanagern bei Hauptversammlungen, Bilanzpresse- und Analystenkonferenzen, in: prmagazin 6/2006, S. 51-58.
- Repräsentanz Expert (Hrg.); Corporate Speaking. Auftritte des Spitzenmanagements. Bonn und London 2006
- Wachtel, Stefan, Rhetorik und Public Relations. München 2003
[Bearbeiten] Siehe auch
Kategorien: Theater | Film | Hörspiel | Medien | Darstellende Kunst