Christliches Brauchtum
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Christliches Brauchtum ist der Sammelbegriff für Bräuche (inklusive Rituale) und Sitten innerhalb der Religionsgemeinschaft des Christentums, insofern es von der Mehrheit der Christen (zumindest innerhalb einer Konfession) akzeptiert und tradiert wird. Es diente und dient historisch gesehen zur Ausbildung einer religiösen Identität. Alfred Läpple weist in seinem Buch auf diese Dimension des christlichen Brauchtums "in einer Welt der Unübersichtlichkeit" hin und auf die Gefahr der Nivellierung anstatt der kulturellen, in Jahrtausenden gewachsenen Vielfalt.
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[Bearbeiten] Konfessionelle Unterschiede
Aufgrund der unterschiedlichen Glaubensinhalte hat sich das christliche Brauchtum konfessionell unterschiedlich, zum Teil auch konkurrierend, ausgeprägt.
Dies lässt sich insbesondere für das christliche Brauchtum zu Advent, Weihnachten, Fastenzeit und Ostern aufzeigen.
Vor allem in der römisch-katholischen Kirche hat sich ein spezifisches Brauchtum in Bezug auf die Marienverehrung und Heiligenverehrung ausgeprägt, das viele protestantische Gemeinschaften nicht anerkennen. Die Katholiken sehen wiederum in der protestantischen Zurückhaltung eine problematische "Fastenzeit der christlichen Kultur" (Reinhard Raffalt).
[Bearbeiten] Theologisch-philosophisch-pädagogische Bedeutung
Die Existenz des Menschen - zumindest wenn er sich selbst als Schöpfung sieht - ist "auf Expressionismus" (Läpple) hin entworfen. Er ist nicht nur, indem er denkt, sondern auch indem er sich ausdrückt. Christliches Brauchtum ist daher ganz allgemein der gemeinschaftliche Ausdruck und die Praxis des Glaubens und als solches notwendig für einen sinnenhaften Nachvollzug der christlichen Heilsbotschaft. Christliches Brauchtum ist abhängig von der Weitergabe des Glaubens in den Familien von Generation zu Generation, so wie diese angewiesen sind auf Feste und Feiern, auf Rituale für die Alltagskultur.
[Bearbeiten] Kulturelle Bedeutung christlicher Bräuche
Die christlichen Bräuche und vor allem die europäische Kultur sind eng miteinander verbunden. Dies wird schon allein deutlich an der Sonntagskultur. Durch die zunehmende Verweltlichung (Säkularisierung) der Kultur sowie des Brauchtums gerät deren Zusammenhang immer mehr in Vergessenheit.
[Bearbeiten] Herkunft christlichen Brauchtums
Das heutige christliche Brauchtum wurzelt historisch gesehen in der Übernahme und Abwandlung jüdischer Bräuche, in der Verchristlichung heidnischer Bräuche, in mittelalterlichen Schul-, Zunft- und Ständefesten, die sich am Kirchenjahr orientierten. Nicht wenige sind aber unmittelbar aus kirchlichen Zusammenhängen selbst entstanden (z.B. Kirchweihfest, Missionsfest).
[Bearbeiten] Bereiche des christlichen Brauchtums
Christliche Grundbräuche:
- Gebet: Morgengebet, Abendgebet, Tischgebet, Amen,
- Segen: Gottessegen, Wettersegen
- Kreuz: Kreuzwegandacht, Kreuzzeichen
- Weihrauch, Glocken
Im Lauf eines Lebens:
- Taufe: Taufwasser, Taufkleid
- Geburtstag, Namenstag, Muttertag, Vatertag
- Junggesellenabschied, Polterabend
- Hochzeit: Ringsegen, Hochzeitsjubiläum
- Krankenpflege: Krankensalbung
- Sterbekultur/Bestattungskultur: Totengottesdienst, Friedhof, Leichenmal, Sterbebilder, Traueranzeigen
Im Lauf eines Kirchenjahres:
- Advent: Adventskalender, Adventskranz, Herbergssuche
- Weihnachten: Christbaum, Christkind, Christmette, Fatschenkind, Krippe, Krippenlegung, Paradiesbaum/Paradeisl, Stille Nacht, heilige Nacht
- Silvester
- Dreikönigsfest, Dreikönigswasser, Sternsingen Lichtmess
- Fasching/Karneval/Fastnacht: Rosenmontag, Rosensonntag
- Fastenzeit
- Karwoche: Palmsonntag, Palmesel, Gründonnerstag, Ölbergandacht, Ölbergspiel, Karfreitag, Passionsgeschichte, Passionsspiel
- Ostern: Osterei, Osterfeuer, Osterhase, Osterkerze, Osterlamm, Osterwasser, Osterbrunnen, Speisenweihe
- Pfingsten
- Fronleichnam
- Erntedankfest, Kirchweihfest
- Allerseelen: Allerseelen-Gedenken
Schwerpunktmäßig katholisch:
- Herz-Jesu-Verehrung, Reliquienverehrung, Rosenkranz, Schutzengel, Devotionalien, Ewige Anbetung, Prozessionen
- Maria: Frauendreißiger, Kräutersegnung, Maiandacht, Marienplatz, Mariensäule, Novene
- Heiligenverehrung: Barbarazweig, Bartholomäustag, Blasius-Segen, Eisheilige: Bonifatius, Pankratius, Servatius, Florian, Georgiritt, Leonhardifahrt, Luzia, Martinstag, Nikolaus, Sophie, Valentinstag
- Bruderschaften: Gut-Tod-Bruderschaften
- Wallfahrt, Votivbilder, Votivgaben
- Teufelsspuk zur Abwehr des Teufels
Brauchtum und Musik:
In Haus, Hof und Flur:
- Bildstock, Marterl
- Hausaltar, Herrgottswinkel, Weihwasserbehälter
In der Gemeinde:
[Bearbeiten] Christliche Ethik
Ein enger Zusammenhang besteht auch zwischen Christlichem Brauchtum und Christlicher Ethik.
[Bearbeiten] Literatur
- Läpple, Alfred: Kleines Lexikon des christlichen Brauchtums, 1996
[Bearbeiten] Siehe auch
Christliche Feste, Christliche Kultur, Orthodoxes Brauchtum