Wolf Singer
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Wolf Singer (* 9. März 1943 in München) ist Physiologe und einer der führenden Hirnforscher Deutschlands.
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[Bearbeiten] Werdegang
Wolf Singer studierte ab 1962 (von 1965 an als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes) Medizin an der Universität in München sowie 1965/66 zwei Semester in Paris. Während seiner Weiterbildung in Neurophysiologie verbrachte er 1971 auch einen Ausbildungsaufenthalt an der University of Sussex in England.
1975 konnte er sich an der medizinischen Fakultät der Technischen Universität München für das Fach Physiologie habilitieren. 1981 wurde er zum Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Direktor der Abteilung für Neurophysiologie am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main berufen. Hier gründete er zusammen mit Walter Greiner und Horst Stöcker im Jahre 2004 auch das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS).
Außerdem gehört Singer dem wissenschaftlichen Beirat der Giordano Bruno Stiftung, einer Gesellschaft zur Förderung des evolutionären Humanismus, an.
[Bearbeiten] Freiheit und Schuld
Singer rückt, genauso wie sein Bremer Kollege Gerhard Roth, mit seinen Aufsätzen und Interviews immer wieder ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Dabei werden Singers Äußerungen zu den weltanschaulichen Konsequenzen der neurowissenschaftlichen Forschung von Philosophen und Theologen oft als Provokation empfunden.
Besonders kontrovers erörtert werden Singers Thesen zur Willensfreiheit. Singer lehnt die Konzeption eines freien Willens ab, die Argumentationslinie zeigt sich schon in der Überschrift eines FAZ-Artikels aus dem Jahre 2004: Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören von Freiheit zu reden[1]. Singer argumentiert, die empirische Forschung habe gezeigt, dass jeder Willensakt und jede Handlung neuronal determiniert sei, was Freiheit ausschließe. Befürworter des Freiheitsbegriffs wie Peter Bieri wenden allerdings ein, dass der Begriff der Willensfreiheit nur unter bestimmten Voraussetzungen im Gegensatz zum Determinismus stehe und dass diese Voraussetzungen keinesfalls akzeptiert werden müssten. Singer erklärt hingegen, dass unser alltäglicher Begriff der Willensfreiheit entscheidend sei und dass dieser im Konflikt mit dem Determinismus stehe.
Zudem argumentiert Singer, dass das Fehlen von Willensfreiheit Konsequenzen für unsere Konzeptionen von Schuld und Strafe haben müsse. In einem gewissen Sinne könne man Personen nicht als verantwortlich für ihr Handeln ansehen. Ein Gewaltverbrecher etwa führe seine abscheulichen Taten nur aus, weil er mit einer bestimmten neuronalen Architektur geboren wurde, die sich im Laufe seiner ontogenetischen Entwicklung in bestimmter Weise ausgeprägt habe. Für dies sei er jedoch nicht verantwortlich, da er selbst keine Kontrolle darüber habe. Diese Erkenntnisse führen nach Singer zwar nicht dazu, dass man Strafen und Justiz abschaffen müsse. Sie zeigen nach Ansicht Singers jedoch, dass Strafe durch Schutz der Mitmenschen und nicht durch Schuld oder Verantwortung begründet werden müssen.
[Bearbeiten] Forschungsthemen
Das Ziel der Arbeiten seiner Neurophysiologischen Abteilung ist es, die neuronalen Prozesse bei so genannten höheren kognitiven Leistungen wie etwa bei der visuellen Wahrnehmung, beim Erinnern oder bei Aufmerksamkeits- und Denkleistungen aufzuklären. Erforscht wird in seinem Institut u.a. auch das Entstehen der Sehstörung Amblyopie.
In diesem Rahmen vertritt Singer eine von vielen Seiten kritisierte naturalistische Deutung neurophysiologischer Daten und bemüht sich, die Ergebnisse der Hirnforschung in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und zu vertreten.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
Wolf Singer erhielt für wissenschaftliche Arbeiten und sein darüber hinaus gehendes Engagement zahlreiche Ehrungen, so u. a. den Ernst Jung Preis für Wissenschaft und Forschung, den Max Planck Preis für Öffentlichkeitsarbeit, den Hessischen Kulturpreis, den Communicator-Preis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, die Ehrendoktorwürde der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg und La Medaille de la Ville de Paris. Außerdem wurde er in Frankreich als Chevalier de la Legion d'Honneur ausgezeichnet. 1992 wurde Singer außerdem zum lebenslangen Mitglied der päpstlichen Akademie der Wissenschaften in Rom ernannt (s.). 2002 erhielt er den Ernst-Hellmut-Vits-Preis der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen).
[Bearbeiten] Publikationen
- 2002 Der Beobachter im Gehirn. Essays zur Hirnforschung. Frankfurt: Suhrkamp (stw 1571) ISBN 3-518-29196-3
- 2002 Ein Frontalangriff auf unsere Menschenwürde. Interview. Gehirn&Geist 4/2002 S. 32-35; ern. in: Angriff auf das Menschenbild. Hirnforscher suchen neue Antworten auf alte philosophische Fragen. Gehirn&Geist Dossier 1/2003, S. 68-71
- 2003 Ein neues Menschenbild? Gespräche über Hirnforschung. Frankfurt: Suhrkamp 2003 (stw 1596) ISBN 3-518-29171-8
- 2004 Keiner kann anders als er ist. Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören von Freiheit zu reden. FAZ Nr. vom 8. Januar 2004 S. 33; gekürzte Fassung der Arbeit: Selbsterfahrung und neurobiologische Fremdbeschreibung. DZPhil 52, 2, 2004: 235-255, die m.d.T. Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen. ern. abgedruckt wurde in: Geyer, Chr. (Hrsg.): Hirnforschung und Willensfreiheit. Zur Deutung der neuesten Experimente. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2004 (es 2387) S. 30-65
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ In: Christian Geyer: Hirnforschung und Willensfreiheit. Suhrkamp, Frankfurt 2004.
[Bearbeiten] Weblinks
- Wolf Singers Homepage mit Bibliographie (z.T. Texte online abrufbar)
- FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies)
- Literatur von und über Wolf Singer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Streitgespräch: Ist der freie Wille bloß eine Illusion? zwischen W. Singer und J. Nida-Rümelin
Personendaten | |
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NAME | Singer, Wolf |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Hirnforscher |
GEBURTSDATUM | 9. März 1943 |
GEBURTSORT | München |