Wilhelm Genazino
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Wilhelm Genazino (* 22. Januar 1943 in Mannheim) ist ein renommierter deutscher Schriftsteller, der u. a. mit dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, ausgezeichnet wurde.
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[Bearbeiten] Leben
Wilhelm Genazino wuchs in einfachen Verhältnissen in seiner Heimatstadt Mannheim auf. Nach dem Abitur und einem Volontariat bei der Rhein-Neckar-Zeitung studierte Genazino Germanistik, Philosophie und Soziologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Nach Abschluss arbeitete er als freier Journalist und Redakteur. Er war u. a. bis 1971 Redakteur bei der Frankfurter Satire-Zeitschrift Pardon und von 1980 bis 1986 Mitherausgeber der Zeitschrift Lesezeichen. Seit Anfang der 1970er Jahre erwirbt er seinen Lebensunterhalt als freiberuflicher Schriftsteller.
Von 1970 bis 1998 lebte er in Frankfurt am Main. 1997/98 hatte Genazino eine poetologische Gastdozentur an der Universität Paderborn inne. Seit 1998 lebte er dann in Heidelberg. Er erhielt u. a. 1990 für seinen Roman Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz den Literaturpreis der Stadt Bremen, 1995 den Solothurner Literaturpreis, 1996 den Berliner Literaturpreis und den Stadtschreiber-Preis von Bergen, 1998 den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 2001 den Kranichsteiner Literaturpreis für sein Gesamtwerk und 2003 den Kunstpreis Berlin. 2004 erhielt er den bedeutendsten deutschen Literaturpreis, den mit 40.000 Euro dotierten Georg-Büchner-Preis von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, in der er seit 1990 Mitglied ist. Im Wintersemester 2005/06 hielt er an der Frankfurter Universität die Poetik-Vorlesungen unter dem Titel „Die Belebung der toten Winkel“.
Genazino wurde in den späten 1970er Jahren bekannt durch seine Abschaffel-Trilogie über das Innenleben eines isoliert lebenden kleinen Angestellten. In seinen Erzählungen und Essays greift er einzelne Bilder aus dem unscheinbaren Alltag heraus und beschreibt sie minutiös. Seine Beschreibungen resultieren aus einer zeitlich gedehnten Betrachtung von konkreten Einzelheiten. Auf diese intensive Art der Wahrnehmung bezieht sich der Titel seines Essays Der gedehnte Blick. Neben seinen Romanen hat er auch zahlreiche Hörspiele verfasst.
[Bearbeiten] Werke
- Laslinstrasse, Köln 1965
- Abschaffel-Trilogie:
- Abschaffel, Reinbek bei Hamburg 1977
- Die Vernichtung der Sorgen, Reinbek bei Hamburg 1978
- Falsche Jahre, Reinbek bei Hamburg 1979
- Die Ausschweifung, Reinbek bei Hamburg 1981
- Fremde Kämpfe, Reinbek bei Hamburg 1984
- Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz, Reinbek bei Hamburg 1989
- Vom Ufer aus, Göttingen 1990
- Die Liebe zur Einfalt, Reinbek bei Hamburg 1990
- Leise singende Frauen, Reinbek bei Hamburg 1992
- Aus der Ferne, Reinbek bei Hamburg 1993
- Das Bild des Autors ist der Roman des Lesers, Münster 1994
- Die Obdachlosigkeit der Fische, Reinbek bei Hamburg 1994
- Das Licht brennt ein Loch in den Tag, Reinbek bei Hamburg 1996
- Mitteilungen an die Freunde, Frankfurt am Main 1996
- Achtung Baustelle, Frankfurt am Main 1998
- Die Kassiererinnen, Reinbek bei Hamburg 1998
- Über das Komische: der außengeleitete Humor, Paderborner Universitätsreden, Paderborn 1998
- Der gedehnte Blick, Frankfurt am Main 1999
- Auf der Kippe, Reinbek bei Hamburg 2000
- Ein Regenschirm für diesen Tag, München u.a. 2001
- Karnickel und Fliederbüsche, violett, Kiel 2001
- Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman, München u.a. 2003
- Der gedehnte Blick, Essays, München u. a. 2004
- Die Liebesblödigkeit, München 2005
- Lieber Gott mach mich blind (UA Staatstheater Darmstadt, Oktober 2005), Frankfurt 2003
- Die Belebung der toten Winkel, Publikation zur Frankfurter Poetik-Dozentur, München 2006
[Bearbeiten] Werkbeschreibung
Das dichterische Werk Genazinos ist vom Gehalt her der resignativen Literaturrichtung zuzurechnen. Der resignative Grundzug wird allerdings durch den offenen Schluss jedes Werkes abgemildert.
Im Mittelpunkt seiner Prosa steht stets eine labile, leicht verletzliche Person, fast durchgehend männlich, in etwas fortgeschrittenem Alter, ohne geregelte Arbeit oder zumindest beruflich stark desinteressiert, den gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber feindlich gesonnen.
Nachdem sie obendrein den Glauben an erfüllende Partnerschaften verloren oder diese nie besessen haben, sind sie stark auf sich selbst zurückgeworfen, versuchen aber, sich auf Streifzügen durch die Stadt in positive Stimmung zu bringen.
Seltsamerweise sind ihnen alte Bekannte bei zufälligen Zusammentreffen immer wohlgesinnt, so dass es durchaus auch zu gelegentlichen, lockeren Beziehungen kommen kann. Kontakte mit Frauen schließen dabei sexuelle Begegnungen durchaus mit ein, was aber nie zu einer echten Beglückung führt.
Am auffälligsten ist aber die ungeheuere Beobachtungsgabe dieser Personen, die immer wieder zu detailliertesten Beschreibungen scheinbarer Banalitäten führt, die dann aber in eigenwillige, teils hochskurrile Einsichten münden.
Diese inhaltlichen Tendenzen bei Genazino mussten sich natürlich auf die Struktur seiner Prosa auswirken:
Ein Handlungsstrang ist in seinen frühen Werken zwar ansatzweise noch vorhanden, in späteren Werken aber vollständig eliminiert. Die Handlung ist durch Schilderung, Kulturkritik und Selbstreflexion ersetzt. Die anfangs noch vorliegenden Dialoge gehen zunehmend in den reinen Monolog über.
Genazino benutzt eine sehr charakteristische Sprache. Er verzichtet völlig auf artifizielles, effektheischendes Formulieren. Wo er neue Wörter schafft, bildet er meist nur neue Zusammensetzungen. Genazino bescheidet sich im Wortschatz, hat aber trotzdem die wohl gründlichsten und originellsten Beschreibungen und Schilderungen der neueren Literatur geschaffen.
[Bearbeiten] Übersetzungen
Englisch
- The Shoe Tester of Frankfurt, 2006
Französisch
- Un parapluie pour ce jour-là , 2002, französisch für Ein Regenschirm für diesen Tag
- Un appartement, une femme, un roman , 2004, französischer Titel von Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman
Griechisch
- Mia omprela gia t¯e mera : mythistor¯ema, 2005
Italienisch
- Il collaudatore di scarpe, 2003, ISBN: 8882464911
- La stupidità dell'amore, 2006
Litauisch
- Sk·etis siai dienai : romanas, 2005
Russisch
- Zenscina, kvartira, roman, 2004
- Zontik na ·etot den' , 2004
Slowenisch
- Dežnik za ta dan, 2005
Spanisch
- El amor a la simplicidad , 1993
- Un paraguas para este día, 2002
- Mujeres cantando suavemente, 2003
- Una mujer, una casa, una novela, 2004
[Bearbeiten] Herausgeberschaft
- Beruf: Künstler, Frankfurt am Main 1983
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1986 Westermanns Literaturpreis
- 1990 Bremer Literaturpreis für Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz
- 1996-1997 Stadtschreiber von Bergen
- 1998 Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste für Das Licht brennt ein Loch in den Tag
- 2001 Kranichsteiner Literaturpreis des Deutschen Literaturfonds e.V. für sein Gesamtwerk
- 2003 Kunstpreis Berlin („Fontane-Preis“ der Berliner Akademie der Künste - Literatur)
- 2003 Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster
- 2004 Autorenpreis der deutschsprachigen Theaterverlage beim Heidelberger Stückemarkt für Lieber Gott mach mich blind
- 2004 Georg-Büchner-Preis
[Bearbeiten] Literatur
- Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Wilhelm Genazino. Edition Text + Kritik, München 2004, ISBN 3-88377-755-2
- Anja Hirsch: Schwebeglück der Literatur. Der Erzähler Wilhelm Genazino. Synchron Wissenschaftsverlag der Autoren, Heidelberg 2006, ISBN 3-935025-88-2
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Genazino im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Buchwurm.info Rezensionen zu Die Liebesblödigkeit
- http://www.verlag-der-autoren.de
- Linksammlung
Personendaten | |
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NAME | Genazino, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 22. Januar 1943 |
GEBURTSORT | Mannheim, Deutschland |