Abitur
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Das Abitur (von lateinisch abire = davongehen; daraus neulateinisch abiturire = abgehen werden, abituriens = Abiturient, abiturium = Abitur) ist der höchste erreichbare Schulabschluss in Deutschland. Das Abitur bezeichnet die Hochschulreife bzw. die erworbene Reife und Befähigung (Reifezeugnis, Abiturzeugnis) zu einem Studium an einer Hochschule bzw. Universität. Dem Abitur voraus geht eine höhere Schulausbildung. Dieser höchste allgemeinbildende Schulabschluss wird in großen Teilen des übrigen deutschen Sprachraums (Österreich, Liechtenstein, Schweiz, Südtirol) auch als Matura bezeichnet.
Zu unterscheiden ist das Abitur als allgemeine Hochschulreife (uneingeschränkte Studienberechtigung) vom Abitur als fachgebundene Hochschulreife (eingeschränkte Studienberechtigung für bestimmte Fächer).
Neben der allgemeinen und der fachgebundenen Hochschulreife gibt es noch die Fachhochschulreife, ugs. Fachabitur genannt, für ein Studium an einer Fachhochschule oder dem entsprechenden Studiengang an einer Gesamthochschule.
Die Reifeprüfungen werden aufgrund der Kulturhoheit der Bundesländer durch Landesrecht geregelt, werden aber bundesweit als Hochschulzugangsberechtigungen anerkannt (siehe auch Kultusministerkonferenz).
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[Bearbeiten] Wege zum Abitur
[Bearbeiten] Allgemeinbildende Schulen
Gymnasium und Gesamtschule bereiten mit ihrer zwei oder drei Jahre dauernden Oberstufe auf das Abitur vor. Die gesamte Schulzeit beträgt damit 12 oder 13 Jahre: Primarstufe Klasse 1–4, Sekundarstufe I Kl. 5–10 und Sekundarstufe II Kl. 11–12 oder 11–13 (siehe Abschluss der gymnasialen Oberstufe). In vielen Bundesländern mit bislang dreijähriger Sekundarstufe II erfolgte in den letzten Jahren eine Verkürzung auf zwei Jahre, oder eine Kürzung ist für zukünftige Abschlussklassen geplant.
[Bearbeiten] Berufsbildende Schulen
Das Abitur kann auch an bestimmten berufsbildenden Schulen z.B. an einem Fachgymnasium bzw. Berufskollegs mit gymnasialer Oberstufe (Höhere Berufsfachschule) erworben werden. Die Jahrgangsstufe 13 der Fachoberschule, in manchen Ländern auch als Berufsoberschule bezeichnet, führt ebenfalls zur Allgemeinen Hochschulreife; ohne eine zweite Fremdsprache führt die Schulausbildung zur Fachgebundenen Hochschulreife.
[Bearbeiten] Zweiter Bildungsweg und Abitur (online)
Ein weiterer Weg zum Abitur führt über staatliche und private Schulen des Zweiten Bildungsweges.
Erwachsene mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder gleichzusetzenden Tätigkeiten und Zeiten können an Abendgymnasien oder an Kollegs, in einigen Regionen auch an Volkshochschulen, ihr Abitur nachholen und dort auch direkt die staatliche Prüfung ablegen.
In diesem Zusammenhang wird in einigen Bundesländern an ausgesuchten Schulen das sogenannte Abitur (online) angeboten. Bei dieser Art der Lehrstoffvermittlung besucht der Schüler nur an zwei Abenden die Schule und wird an den übrigen Abenden per Internet (online) unterrichtet. Tagsüber geht er seinen üblichen beruflichen Tätigkeiten nach.
[Bearbeiten] Privatschulen
Waldorfschulen führen in 12 Schuljahren zu einem eigenen Abschluss, dem Waldorfschulabschluss, mit starkem Gewicht auf künstlerischen Fächern und sozialen Kompetenzen. Der Waldorfabschluss kann als gleichwertig mit einem staatlichen Hauptschulabschluss oder Realschulabschluss anerkannt werden. Auf das Abitur bereiten die Waldorfschulen in einem zusätzlichen 13. Schuljahr vor, auf das Fachabitur (Fachhochschulreife) wird in der 12. Klasse vorbereitet, wobei dann der künstlerische Abschluss wegfällt; an einigen Waldorfschulen kann dies mit einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf verbunden werden.
Private Schulen mit einem Oberstufenzweig bereiten ebenfalls - in Tages- oder Abendform - auf das Abitur vor, das dann allerdings erst nach einer externen staatlichen Prüfung (so genannte „Nichtschülerabiturprüfung“, „Schulfremdenreifeprüfung“ oder auch „Schulfremdenprüfung“) zuerkannt wird. Einige Privatschulen sind nicht nur staatlich zugelassen, sondern auch staatlich anerkannt, so dass es möglich ist, die Hochschulreife regulär im Rahmen interner Prüfungen zu erlangen.
Weiterhin ist es möglich, sich nach selbst organisierter Vorbereitung für eine 'Nichtschülerreifeprüfung' anzumelden, um das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife zu erwerben.
[Bearbeiten] Fernlehrgänge
Auch Fernschulen (wie zum Beispiel ILS, SGD oder HAF) bereiten in ca. 30 bis 42 Monaten - je nach Vorkenntnissen - auf die staatliche Externenprüfung zum Abitur vor. Dieser Weg wird vor allem von Erwachsenen genutzt, die parallel zu ihrem Berufsalltag ihr Abitur nachholen möchten.
[Bearbeiten] Hochschulabschluss
Mit einem Hochschulabschluss an einer allgemeinen Fachhochschule (FH) - ohne im Besitz der allgemeinen Hochschulreife zu sein - wird ebenfalls die Allgemeine Hochschulreife zuerkannt.
Mit einem staatlichen Abschluss an einer besonderen Fachhochschule des öffentlichen Dienstes (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung) bzw. der bestandenen Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Dienst wird - bei vorhergender Fachhochschulreife - die Fachgebundene Hochschulreife zuerkannt.
[Bearbeiten] Nichtschülerprüfung
Bei einer Nichtschülerprüfung, auch Nichtschülerabitur oder Außerschulisches Abitur genannt, kann man sein Abitur außerhalb der Schule (extern) erwerben. Dabei muss man sich autodidaktisch oder mit Hilfe externer Anbieter, etwa einer Fernschule, vorbereiten und nur zu den Prüfungen erscheinen.
Da die Abiturprüfung extern geprüft wird, ist diese Prüfung, im Vergleich zu einem normalen Abitur, erheblich schwieriger. In Nordrhein-Westfalen z. B. werden die Nichtschüler in 8 Fächern geprüft: 4 davon schriftlich und 4 davon mündlich. Erfahrungsgemäß sind die Nichtschülerabiturienten nicht in der Lage, mit normalen Abiturienten bei NC-Verfahren zu konkurrieren.
[Bearbeiten] Abiturprüfung
In den sogenannten Abitur- oder Reifeprüfungen wird das vermittelte Schulwissen der Oberstufe nur in bestimmten Fächern geprüft. Die Prüfungsnoten fließen in die Abschlussnoten des Reifezeugnisses mit ein. In neun von 16 Bundesländern wird ein sogenanntes Zentralabitur abgelegt, in weiteren fünf ist die Einführung bereits beschlossen.
Die Abiturprüfungen werden in schriftlicher und mündlicher Form abgehalten, das Verfahren unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland deutlich.
Die schriftlichen Abschlussarbeiten werden von einem Erst- und einem Zweitkorrektor bewertet. Bei minimalen Abweichungen wird der gerundete Mittelwert als Endnote festgesetzt. Bei stark abweichenden Benotungen führt ein Drittkorrektor eine weitere Korrektur durch und legt dann die Note fest.
Die Prüfungsvornote wird durch die gemittelten und gerundeten Kurssemesterleistungen bestimmt.
In welchen und wie vielen Fächern eine mündliche Prüfung abgelegt werden muss, wird in Deutschland unterschiedlich geregelt. Auf Wunsch des Schülers kann teilweise in einzelnen Fächern eine zusätzliche mündliche Prüfung stattfinden. In Sachsen sind zusätzliche mündliche Prüfungen Pflicht, wenn die Prüfungsnote und die Semesterleistung sich um 2 Noten unterscheiden. Mit diesem gegebenenfalls optionalen mündlichen Prüfungsergebnis wird meist in einzahligen Verhältnissen zu der Prüfungs- und Vornote das arithmetische Mittel gebildet. Die mündliche Prüfung wird von einer staatlich eingesetzten Prüfungskommission, bestehend aus drei Lehrern, abgenommen.
Meistens wird nicht in allen schriftlichen Prüfungsfächern und insbesondere in den nichtschriftlichen Prüfungsfächern eine Benotungsentscheidung über eine zusätzliche mündliche Prüfung geregelt, da die Anzahl der mündlichen Prüfungsversuche meist kleiner der Anzahl der den NC (Numerus Clausus) bildenden Fächer ist. Daher haben die Lehrkräfte die Möglichkeit die Unterrichtsleistungen des Schülers bei der Bildung der fachlichen Gesamtnote zu berücksichtigen.
Besondere Lernleistungen, beispielsweise die Teilnahme an einem Bundeswettbewerb, Seminarkurs oder eine Facharbeit (Jahresarbeit) werden meistens in die jeweilige Fachabschlussnote mit einbezogen. In Baden-Württemberg können solche Leistungen je nach Schulart das vierte oder fünfte Prüfungsfach ersetzen; in Hessen ausschließlich das fünfte.
Für die Numerus-Clausus-Bildung wird nun der arithmetische Mittelwert aller schriftlichen und mündlichen Prüfungsfächer gebildet.
[Bearbeiten] Geschichte
Im 18. Jahrhundert bestimmten die Universitäten noch alleine über die Aufnahme von Studenten. Als erster deutscher Staat regelte Preußen die Hochschulzugangsberechtigung mit dem Abiturreglement von 1788. Johann Wilhelm Süvern versuchte die Vereinheitlichung der allgemeinverbindlichen Reifeprüfung, diese konnte in Preußen jedoch noch bis 1834 durch Eingangsprüfungen der Universitäten umgangen werden.
[Bearbeiten] Abitur-Bräuche
Das Abitur (kurz Abi) geht seit Jahrzehnten einher mit diversen Bräuchen, die zum Teil regional unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Oft erfolgt etwa die Übergabe der Zeugnisse im Rahmen eines festlichen Abi-Balls.
- Siehe Abitur-Bräuche
[Bearbeiten] Abiturientenzahl
2005 erwarben knapp 400.000 Schüler in Deutschland die Hochschul- oder Fachhochschulreife, verglichen mit 2000 fast 15 Prozent mehr. (3,2 plus seit 2004). (Statistisches Bundesamt, Wiesbaden).
[Bearbeiten] Unterschiede im Abitur in den Bundesländern
Da die Bildung in Deutschland im Kompetenzbereich der Länder liegt, gibt es von Bundesland zu Bundesland Unterschiede im Abitur.
Siehe auch:
Baden-Württemberg | Bayern | Berlin | Brandenburg | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen |
Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
[Bearbeiten] Literatur
- Wolter, Andrä, Das Abitur : e. bildungssoziolog. Unters. zur Entstehung u. Funktion d. Reifeprüfung, Oldenburg : Holzberg, 1987
[Bearbeiten] Siehe auch
- Advanced Level
- Deutsch-französisches Abitur
- Europäisches Abitur
- Internationales Abitur
- Notabitur
- Schule, Schulzeugnis, Leistungsbeurteilung (Schule), Qualifizierungsparadox
- Sternchenthema
- Die Reifeprüfung (Film)
Zum Abitur als Motiv in der Literatur, siehe auch Mobbing in der Schule.
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Abitur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Abituraufgaben aus verschiedenen Bundesländern
- Abi Forum Aufgaben und allgemeine Fragen zum Abitur
- unabhängige Informationsplattform zum Fernabitur
- Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz (KMK) in Deutschland