Welfenschatz
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Welfenschatz ist der Reliquienschatz des Braunschweiger Domes. Er besteht ausschließlich aus kunsthandwerklichen Gegenständen, die in der Zeit zwischen dem 11. und dem 15. Jahrhundert gefertigt wurden, größtenteils handelt es sich dabei um Goldschmiedearbeiten. Als „Welfenschatz“ wird er allerdings erst seit Ende des 19. Jahrhunderts bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Wechselvolle Geschichte
Die brunonische Gräfin Gertrud I. († 1077, Gattin Liudolfs von Braunschweig) hatte bereits dem Vorgängerbau des Domes um 1030 verschiedene, wertvolle Ausstattungsgegenstände gestiftet. Von diesen befinden sich noch heute einige im Welfenschatz, darunter z.B. das Armreliquiar des Heiligen Blasius, des Namensgebers des Braunschweiger Domes. Es befindet sich heute in der Mittelaltersammlung des Herzog Anton Ulrich-Museum, in der Burg Dankwarderode.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Schatz durch Vermächtnisse und Stiftungen erheblich vermehrt, so enthält ein Inventar aus dem Jahre 1482 140 Gegenstände. 1545 kamen Teile des Kirchenschatzes des Braunschweiger Cyriakusstiftes hinzu.
1574 wird zum ersten Mal ein Diebstahl aus dem Schatz verzeichnet, es werden 20 Gegenstände, meist Monstranzen gestohlen, die seither verschollen sind. In den Jahren 1658 ff. entnahm Herzog Anton Ulrich zahlreiche Teile.
[Bearbeiten] Übergabe des Schatzes an die Welfen
Nachdem die protestantische Stadt Braunschweig am 12. Juni 1671 ihre Unabhängigkeit verloren hatte, wurde der Schatz – bis auf das Armreliquiar des Namenspatrons des Domes – an den 1651 zum Katholizismus übergetretenen Herzog Johann Friedrich ausgehändigt. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Schatzes am 16. Juli 1671 war der Schatz noch ungeteilt. Johann Friedrich ließ ihn zunächst in der Schlosskirche in Hannover bringen, wo der Schatz nur sehr selten und nur wenigen ausgewählten Personen präsentiert wurde.
Im Zuge der Napoleonischen Kriege wurde der Schatz zum Schutz vor den feindlichen Truppen nach England in Sicherheit gebracht, kehrte dann aber wieder nach Hannover zurück, wo er im, von König Georg V. 1861 gegründeten und 1862 eröffneten „Königlichen Welfenmuseum“ ausgestellt wurde.
Nachdem das Königreich Hannover 1866 von Preußen annektiert worden war, wurde der Schatz Georg V. als privates Eigentum zuerkannt, worauf hin er ihn mit in sein Exil nach Österreich nahm. Im Jahre 1891 erschien schließlich der erste wissenschaftliche Katalog, in dem alle verbliebenen Teile des Schatzes aufgelistet und beschrieben wurden.
[Bearbeiten] Verkauf und Zerschlagung des Schatzes
1928 schließlich bemühte sich ein Enkel Georgs V., Herzog Ernst-August von Braunschweig-Lüneburg, die verbliebenen 82 Stücke des Schatzes zu Geld zu machen. Ernst-August forderte 24 Millionen Reichsmark für den gesamten Schatz. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise fand sich jedoch zunächst kein potenter Käufer.
Zahlreiche deutsche Museen bemühten sich nun, den Reliquienschatz als Ganzes für Deutschland zu erhalten und einer drohenden Zerschlagung entgegenzuwirken. Aber selbst Eingaben beim Reichskanzler und der Preußischen Staatsregierung blieben aufgrund der nicht verhandelbaren Bedingungen seitens des Welfenherzogs vergeblich. Andererseits wurde ein Angebot Ernst-Augusts an die Stadt Hannover, den gesamten Welfenschatz zusammen mit den Herrenhäuser Gärten für 10 Millionen RM zu erwerben, aufgrund der desolaten Finanzlage am 30. Dezember 1929 von der Stadt abgelehnt.
Darauf hin erwarb ein Konsortium von drei Frankfurter Kunsthändlern die 82 verbliebenen Gegenstände im Januar 1930. Bei verschiedenen nachfolgenden Ausstellungen in Frankfurt, Berlin und den USA wurden schließlich große und bedeutende Teile des Kunstschatzes in die ganze Welt verkauft. Die meisten Stücke, darunter den Tragaltar der Gertrude, sicherte sich das Cleveland Museum of Art, aber auch das Art Institute of Chicago erhielt acht Teile.
1935 erwarben die Staatlichen Museen Berlin die restlichen 44 Stücke, darunter das „Welfenkreuz“, den Eilbertus Tragaltar, das Kuppelreliquiar sowie das Plenar Ottos des Milden. Diese Stücke gelten als die kunsthistorisch bedeutendsten Teile des (verbliebenen) Schatzes.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Gegenstände ausgelagert und konnten so vor Zerstörung oder Raub gerettet werden. Nach Kriegsende wurde sie von US-Truppen beschlagnahmt. Der Schatz wurde anschließend treuhänderisch an das Land Hessen und 1955 schließlich an Niedersachsen übergeben. 1957 ging der Welfenschatz in das Eigentum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz über. Von 1957 bis November 1963 war der Welfenschatz wieder in der Burg Dankwarderode zu besichtigen, bevor er – gegen großen Widerstand der Stadt Braunschweig, aber auch des Landes Niedersachsen – wieder nach Berlin in das dortige Kunstgewerbemuseum gesandt wurde, wo er seither ausgestellt wird.
In Braunschweig verblieben neben dem Armreliquiar nur noch drei weitere Teile, die nach 1945 vom Herzog Anton Ulrich-Museum erworben worden waren.
[Bearbeiten] Literatur
- Joachim Ehlers und Dietrich Kötzsche (Hrsg.): Der Welfenschatz und sein Umkreis, Philipp von Zabern Verlag 1998
- Dieter Kötzsche: Der Welfenschatz, in: Jochen Luckhardt und Franz Niehoff (Hrsg.): Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125-1235, Band 2: Essays, S. 511-528, München 1995
- Städelsches Kunstinstitut Frankfurt (Hrsg.): Der Welfenschatz – Katalog der Ausstellung 1930 – Berlin und im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt, Berlin und Frankfurt 1930
- Patrick M. de Winter: Der Welfenschatz, Hannover 1986
[Bearbeiten] Links
Commons: Welfenschatz – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |