Weiße Folter
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Unter dem Begriff Weiße Folter werden solche Foltermethoden zusammengefasst, die zwar „in ihrer Anwendung und ihrer unmittelbaren Wirkung unsichtbar“ sind, jedoch die Psyche des betroffenen Menschen angreifen und mitunter dauerhaft erheblich schädigen oder sogar zerstören (Margrit Schiller, 2001, Seite 138). Synonym wird der Ausdruck Saubere Folter (torture propre) verwendet.
[Bearbeiten] Wirkung
Weiße Folter arbeitet nicht mit explizit physischer Gewaltanwendung (z.B. Schläge, Elektroschocks, Verstümmelung), sondern mit Mitteln, die in erster Linie Wirkung auf die Psyche des Opfers haben, wobei hier Übergänge zur Gewalt gegen den Körper der gefolterten Person mitunter fließend sind und sich psychische Folterungen in psychosomatischen Auswirkungen zeigen können. „Weiße Folter arbeitet nicht mit physischer Gewalt, nicht mit Schlägen oder Elektroschocks“, sondern es „stirbt dabei ein Mensch in seiner seelischen Substanz, während die äußere Hülle unversehrt bleibt“ (ebd.).
[Bearbeiten] Methoden
Die bekannteste Methode der Weißen Folter ist die sogenannte Isolationshaft, bei der das Opfer innerhalb eines Gefängnisses oder einer ähnlichen Einrichtung durch Methoden und Formen der sozialen Deprivation und der sensorischen Deprivation weitgehend von sozialen Bedürfnissen (u.a. zwischenmenschliche Kommunikation, Zeitungslektüre, Radio-, Fernsehkonsum) und von substanziell notwendigen organisch-sensorischen Sinneseindrücken (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten) abgeschnitten (depriviert) wird. Sie bewirkt u.a. erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des vegetativen Nervensystems, sowie der Wahrnehmung und der kognitiven Leistungsfähigkeit und zielt auf die Zerstörung des psychischen Gleichgewichts ab, um den Gefangenen z.B. zu einem Geständnis, zur Zusammenarbeit mit seinen Folterern zu zwingen oder ihn psychisch zu zerstören.
Weitere Methoden der Weißen Folter sind z.B. der strafend eingesetzte Schlafentzug, Reizentzug (z.B. Dunkelhaft oder langer Aufenthalt in einer Camera silens), Sauerstoffmangel-Folter, Scheinhinrichtungen, Kitzeln, Erregen von Übelkeit bei Menschen mit Kinetose sowie allgemein entwürdigende und entmündigende Behandlung (Nacktheit, Verwahrlosung, Verlangen totaler Unterordnung, Behandlung als "krank" oder "gestört" mit z. B. Schocktherapien (Insulinschocktherapie, Elektrokrampftherapie) gegen den Willen des Betroffenen). Eine andere Art nennt man Waterboarding.
Als frühe Form der Weißen Folter gilt der sogenannte Nürnberger Teller, bei dem durch eine spezielle Drehvorrichtung, auf die man die Menschen für die Folterung spannte, Fliehkraft erzeugt wurde und es dadurch bei den Betroffenen zu Gleichgewichts- und Durchblutungstörungen sowie zu heftigem Erbrechen kam.
[Bearbeiten] Literatur
- A. Birck, C. Pross, J. Lansen (Hrsg.): Das Unsagbare - Die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin. Berlin 2002
- Peter Nowak, Gülten Sesen, Martin Beckmann (Hrsg.): Bei lebendigem Leib - Von Stammheim zu den F-Typ-Zellen. Gefängnissystem und Gefangenenwiderstand in der Türkei. ISBN 3-89771-008-0
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