Strategic Defense Initiative
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Strategic Defense Initiative (SDI) ist eine von US-Präsident Ronald Reagan zu Zeiten des Kalten Krieges ins Leben gerufene und am 23. März 1983 offiziell angeordnete Initiative zum Aufbau eines Abwehrschirms gegen Interkontinentalraketen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Umfang
Zu SDI gehörten eine Reihe umfangreicher Forschungsprojekte und Mittelfreigaben für den Einsatz der Waffen. SDI sah die Errichtung eines Gürtels moderner, teils boden-, teils satellitengestützter Waffen vor, der sowjetische Interkontinentalraketen abfangen sollte. Die Initiative wurde in der Öffentlichkeit auch "Star Wars-Programm" genannt.
Bis 1988 investierte die US-Regierung rund 29 Milliarden US-Dollar in das Vorhaben. Als zu diesem Zeitpunkt die Ergebnisse weit hinter den Erwartungen zurück blieben, strich das US-Parlament die Finanzmittel deutlich zusammen.
[Bearbeiten] Politische Wirkungen
Eine Reihe politischer Beobachter führten die Auflösung der Sowjetunion wesentlich auf die SDI-Initiative zurück, die der UdSSR ihren technologischen und wirtschaftlichen Rückstand aufgezeigt habe. Demnach konnte die Sowjetunion ein Wettrüsten im Weltraum wirtschaftlich nicht mehr durchhalten, zusätzlich wäre die Gefahr eines globalen Atomkrieges erheblich gestiegen, hätte einer der beiden Blöcke sich "sicher" gewähnt. Die Mehrzahl der Experten führt das Ende der Sowjetunion jedoch auf den inneren, politischen Prozeß in der SU zurück, der durch Michail Gorbatschow in Gang gesetzt wurde.
Kritiker des SDI-Programms wiesen darauf hin, dass es verschiedenen Abrüstungsverträgen widerspreche. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde auch der strategische Nutzen zunehmend in Frage gestellt.
[Bearbeiten] Ergebnisse
Trotz aller Anstrengungen und der Entwicklung neuer Waffen, die angeblich im Rahmen der SDI und der BMD entwickelt wurden, gilt das Projekt heute in Kritikerkreisen als gescheitert, da die bisherigen Raketenabwehrtests wenig erfolgreich waren. Zudem wurden auch auf sowjetischer bzw. russischer Seite die Systeme weiterentwickelt (so die SS-27), sodass ein zuverlässiger Abschuss aller Sprengköpfe unwahrscheinlicher wird. Einem Angriff mit Hunderten von Raketen hätten die USA nach wie vor wenig entgegen zu setzen.
[Bearbeiten] Status
Unter Reagans Nachfolger Bill Clinton wurde 1993 SDI reduziert und in das Nachfolge-Programm Ballistic Missile Defense (BMD) überführt, seit einiger Zeit National Missile Defense genannt (NMD, Nationale Raketenabwehr). Damit verbunden war die Abkehr von weltraumgestützten Energiewaffen und die Konzentration auf Anti-Raketen-Raketen. Das Projekt einer "Abwehr gegen einen begrenzten Angriff mit ballistischen Raketen" wurde noch unter Bill Clinton 1999 per Gesetz beschlossen.
Es wird vom derzeitigen Präsidenten George W. Bush weiterverfolgt, der die Vereinigten Staaten von einem möglichen Raketenangriff bedroht sieht. Als "Schurkenstaaten" (en:rogue states), die solche Angriffe ausführen könnten, wurde u. a. Nordkorea genannt, bis zum Frühjahr 2003 auch der Irak. Weiterentwicklungen des Patriot Flugabwehrraketen-Systems zur Abwehr ballistischer Kurz- und Mittelstreckenraketen wurden in dem THAAD Projekt zusammengefasst und verliefen vielversprechend. Die Verteidigung gegen eine ganze Flotte von Interkontinentalraketen – und somit der vielbeschworene "Schutzschild" – gilt jedoch vielen unabhängigen Wissenschaftlern weiterhin als technisch nicht möglich.
[Bearbeiten] Die Bundesrepublik Deutschland und SDI 1986
Am 18. April 1985 gab Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in einer Regierungserklärung die grundsätzliche Zustimmung zum US-amerikanischen Rüstungsforschungsprogramm SDI bekannt, machte aber eine bundesdeutsche Beteiligung von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte sich bereits am 2. April 1985 auf ein bedingungsloses "Nein" zu SDI festgelegt.
In einem offenen Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl lehnten am 3. Juli 1985 über 350 bundesdeutsche Wissenschaftler ihre Mitarbeit am SDI-Programm ab, weil die Stationierung von Waffensystemen im Weltall die letzten Hoffnungen auf Abrüstung zunichte machen würde.
Am 11. Januar 1986 reiste Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann (FDP) im Auftrag des Bundeskabinetts von Bundeskanzler Helmut Kohl in die USA, um dort Verhandlungen über einen Technologieaustausch sowie Bedingungen für eine Beteiligung deutscher Firmen und Institutionen an der SDI-Forschung aufzunehmen. Bangemann erklärte nach Abschluss der Verhandlungen, dass die Bundesregierung das SDI-Programm "politisch unterstütze", jedoch nicht die Absicht habe, sich daran zu beteiligen oder Geld dafür zur Verfügung zu stellen.
Am 19. März 1986 erzielten Bundeskanzler Helmut Kohl und der amerikanische Verteidigungsminister Caspar Weinberger bei einem Treffen auf dem Stützpunkt Grafenwöhr grundsätzliche Übereinstimmung über die Abkommen zur strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) und zum Technologietransfer.
Am 28. März 1986 würden die beiden geheimen Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik von Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann in Washington (D.C.) unterzeichnet.
Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 und der Selbstauflösung der Sowjetunion am 31. Dezember 1991 wurde die Umsetzung des Abkommens nicht weiter verfolgt.
Siehe auch: National Space Policy, Weltraumwaffe
[Bearbeiten] Literatur
- John O'Sullivan: The President, the Pope, and the Prime Minister: Three Who Changed the World. Regnery Publishing, Inc., November 2006. - ISBN 1-59698-016-8 (vgl. Taylor Dinerman, SDI and the end of the Cold War)
- Frances Fitzgerald: Way Out There in the Blue: Reagan, Star Wars and the End of the Cold War. - 592 S. - New York: Simon & Schuster, März 2001. - ISBN 0-74320-023-3 (vgl. [1])
- Peter Althainz et al.; Forum "Wissenschaftler für Frieden und Abrüstung"/Bund demokratischer Wissenschaftler e. V. (Hrsg.): Militarisierung des Weltraums. - Schriftenreihe: Wissenschaft und Frieden, Band 2. - 96 Seiten. - Marburg: BdWi-Verlag, Juli 1984. - ISBN 3-924684-01-4 (Bezugsquelle: [2])
[Bearbeiten] Weblinks
- Air Force Seeks Bush's Approval for Space Weapons Programs ("New York Times", 18. Mai 2005 - Teil der Serie "Arsenal of the Future")
- Florian Rötzer, Das künftige Hightech-System der US-Armee gerät ins Trudeln (Telepolis, 30. März 2005)
- Mike Moore, Space cops ("Bulletin of the Atomic Scientists", November/Dezember 2003, Vol. 59, Nr. 06 -
Sehr ausführliche und kompetente Analyse) - Aussagen des Stellvertretenden Verteidigungsministers Paul Wolfowitz zur Raketenabwehr
(Dokumentation der HSFK - siehe auch Arbeitskreis Raketenabwehr) - Strategic Defense Initiative News continually updated from thousands of sources around the net
- Strategic Defense Initiative - Nuclear Thermal Propulsion (Federation of American Scientists)
- Ronald Reagan, "Keine Offensivwaffen aus dem Weltraum" ("Welt am Sonntag", 13. Juni 2004 - (Brief des US-Präsidenten an den damaligen Generalsekretär der KPdSU Michail Gorbatschow vom 28. November 1985)
- Appeal by American Scientists to Ban Space Weapons (Union of Concerned Scientists, 1985)