Sozialistische Jugend Österreich
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Die SJÖ ist die Sozialistische Jugend Österreichs. Sie ist die größte linke Jugendorganisation mit einem Naheverhältnis zur Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ).
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[Bearbeiten] Geschichte der SJÖ
Die Geschichte der Sozialistischen Jugend geht bis in das Jahr 1894 zurück. Am 4. November 1894 wurde in Wien-Margareten der „Verein jugendlicher Arbeiter“ gegründet. Dieser Verein ging damals aus der Fusion der beiden im Vorjahr gegründeten Wiener Jugendgruppen „Jugendbund“ und „Bücherskorpion“ hervor. Es dauerte dann bis 1901, dass in Graz ein zweiter „Verein jugendlicher Arbeiter“ gegründet wurde. Im Folgejahr wurde dann erstmals ein landesweiter Verband der Arbeiterjugendvereine gegründet, der „Verband jugendlicher Arbeiter Österreichs“. Bis zum Ersten Weltkrieg wuchs er auf rund 16.000 Mitglieder an, ab 1912 konnten auch Mädchen und junge Frauen offizielle Mitglieder werden.
Nach dem Weltkrieg, den der Verein jugendlicher Arbeiter übrigens im Gegensatz zur Sozialdemokratischen Partei vehement bekämpft hatte, und der Abschaffung der Monarchie wurde der „Verband jugendlicher Arbeiter“ umbenannt in „Sozialistische Arbeiterjugend“ (SAJ). In den Jahren der Ersten Republik belief sich der Mitgliederhöchststand auf etwa 38.000 (1923). Höhepunkt der Tätigkeit der SAJ war im Jahre 1929 das Internationale Arbeiterjugendtreffen in Wien mit 50.000 Teilnehmern.
Als nach den Februarkämpfen 1934 die austrofaschistische Diktatur errichtet wurde, wurde auch die SAJ ebenso wie alle anderen Organisationen der linken Arbeiterbewegung verboten. Als „Revolutionäre Sozialistische Jugend“ (RSJ, gegründet am 19. Februar 1934) setzte sie im Untergrund den antifaschistischen Kampf bis 1938 fort. In dieser Zeit hatte auch die RSJ wie bereits zuvor in den Februarkämpfen 1934 eine Reihe von Opfern zu beklagen, so z.B. im Juli 1934, als zunächst eine Gedenkveranstaltung von bewaffneten Gendarmen überfallen wurde, und wenig später, als es zur Hinrichtung des jungen SAJ-Mitgliedes Josef Gerl kam, der das Opfer der austrofaschistischen Justiz und des neuen „Sprengstoffgesetzes“ wurde, das eigentlich gegen die damals ebenfalls illegalen österreichischen Nazis angewandt werden sollte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Organisation unter ihrem heutigen Namen als „Sozialistische Jugend Österreich“ (SJÖ) neu konstituiert, vom 7. bis zum 9. Dezember 1946 fand der erste Verbandstag (Bundeskonferenz) statt. Erster Vorsitzender der SJÖ wurde damals Peter Strasser, der diese Funktion bis 1954 innehatte. Viele SPÖ-Politiker haben eine Vergangenheit in der SJÖ bzw. SAJ und/oder RSJ, so z.B. auch der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky. Dies setzt sich bis heute fort, der gegenwärtige Parteivorsitzende der SPÖ, Alfred Gusenbauer, war von 1984 bis 1990 selbst Vorsitzender der SJÖ.
Dennoch war das Verhältnis zwischen SJÖ und der „Mutterpartei“ SPÖ bisweilen ein gespanntes, da die SJÖ – etwa im Gegensatz zu den deutschen Jusos in der SPD – immer seine organisatorische Eigenständigkeit verteidigte und diese auch bis heute ausübt. Dies führte dazu, dass heute als Gegenstruktur zur allzu eigenständigen SJÖ auch ein eigenes Parteireferat der SPÖ mit dem Namen „Junge Generation“ (JG) besteht, das 1952 als „Jungwählerreferat“ gegründet worden war. War dies zunächst der Versuch, einen Übergang, eine alterstrukturelle Brücke zwischen der SJÖ und der SPÖ herzustellen, so wurde die JG mehr oder minder zur parteihörigen Parallelstruktur zur SJÖ, wenngleich das obere Alterslimit für die SJÖ 35 Jahre beträgt, während jedes Mitglied der SPÖ, das bis zu 38 Jahre alt ist, automatisch Mitglied der JG ist.
Die Eigenständigkeit der SJÖ gegenüber der SPÖ – sowohl in organisatorischer als auch politischer Hinsicht – äußerte sich auch 1991, als der Schritt der SPÖ, die sich damals von „Sozialistische Partei“ in „Sozialdemokratische Partei“ umbenannte, sehr bewusst nicht nachvollzogen wurde und von der überwältigenden Mehrheit der SJÖ-Mitglieder auch bis heute konsequent abgelehnt wird.
[Bearbeiten] Struktur der SJÖ
Auf der untersten Ebene ist die Sozialistische Jugend in Ortsgruppen organisiert, d.h. in einer räumlichen Grundstruktur innerhalb einer Stadt, einer Gemeinde oder auch nur eines Dorfes. Früher gab es auch Betriebsgruppen, die sich über Betriebsstandorte definierten. Die Mitglieder dieser Ortgruppen wählen jährlich einen Gruppenvorsitzenden sowie einen Vorstand analog zum Vorstand eines Vereins (also z.B. mit den Funktionen Kassier, Schriftführer, etc.). Gibt es in politischen Bezirken, die zumeist den Verwaltungsbezirken der einzelnen österreichischen Bundesländer entsprechen, mehrere Ortsgruppen, so können sich diese auch als Bezirksorganisation konstituieren und einen Bezirksvorsitzenden sowie einen Bezirksvorstand wählen.
Auf der Ebene darüber gibt es neun Landesorganisationen, die gemäß den neun österreichischen Bundesländern organisiert sind. Der oder die jeweilige Landesvorsitzende sowie die anderen Mitglieder des jeweiligen Landesvorstandes werden alle zwei Jahre auf einer Landeskonferenz gewählt. Auf dieser Landeskonferenz diskutieren und beschließen die Delegierten, die alle Ortgruppen und Bezirksorganisationen gemäß ihrer Mitgliederstärke zur Landeskonferenz entsenden, auch die politischen Positionen, Vorgaben und Zielsetzungen der Landesorganisation. Diese Vorgaben sind in den kommenden zwei Jahren, bis zur nächsten Landeskonferenz, die politischen Leitlinien für die Arbeit des gewählten Landesvorstandes, der regelmäßig tagt.
Eine gewisse Ausnahme in der SJÖ-Struktur stellt Wien dar, da die größte Stadt Österreichs zugleich ein eigenes Bundesland ist. Das bedeutet, dass die Sozialistische Jugend dieser Stadt als Landesorganisation konstituiert ist, sie setzt sich zusammen aus Bezirksorganisationen, die den einzelnen Wiener Gemeindebezirken entsprechen.
Die bundesweite SJÖ-Struktur ist der „Verband der SJÖ“ mit Sitz in Wien. Verbandsvorsitzender (Bundesvorsitzender) der SJÖ ist seit dem Jahr 2006 Torsten Engelage aus Niederösterreich. Der Verbandsvorsitzende sowie die anderen Mitglieder des Verbandsvorstandes werden alle zwei Jahre auf dem Verbandstag gewählt. Auf dem Verbandstag werden auch politische Positionen der SJÖ von den Delegierten, die jede Landesorganisation gemäß ihrer Mitgliederstärke zum Verbandstag entsendet, beschlossen.
Anzumerken ist noch, dass nicht alle Landesorganisationen unter dem Namen „Sozialistische Jugend“ (SJ) konstituiert sind. Die Landesorganisationen von Tirol und Salzburg nennen sich „Jusos“ („Junge SozialistInnen“), die Landesorganisation von Kärnten nennt sich „SJG – Die junge Sozialdemokratie“. Der Begriff „SJG“ entstand durch die Zusammenlegung der beiden Jugendorganisationen „SJ“ und „JG“ in Kärnten. Die SJG-Kärnten ist als eigenständiger Verein bei der Vereinspolizei registriert. Ähnlich war es von 1995 bis 2002 im Burgenland, wo auf Betreiben der SPÖ SJ und JG zur „Juso Burgenland“ („Junge Sozialdemokratie“) zusammengelegt wurden. Seit 2002 heißt die Landesorganisation wieder SJ Burgenland, die burgenländische JG gibt es nicht mehr. Auch in der Steiermark erfolgte im Zuge der Landeskonferenz 2005 die Rückbennung in "Sozialistische Jugend Steiermark" .
Die Sozialistische Jugend gründete darüber hinaus eine eigene Schülerorganisation, die AKS („Aktion kritischer SchülerInnen“). Die AKS tritt zwar selbständig auf, ist aber technisch gesehen ein Teil der SJ, da die AKS zwar als Verein organisiert ist, das einzige ordentliche Vereinsmitglied ist jedoch die SJ. Anders ist dies im Universitäts- und Hochschulbereich. Der VSStÖ („Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs“) ist tatsächlich eine eigenständige Organisation und neben der SJÖ eine ebensolche, gleichrangige politische Vorfeldorganisation im Bereich der österreichischen Sozialdemokratie.
Die Sozialistische Jugend verfügt über einen eigenen Verlag, den „Trotzdem-Verlag“, in dem auch das Zentralorgan der SJÖ, die Zeitung „Trotzdem“, seit 1948 erscheint. Neben der Publikation der Bundesorganisation geben auch die einzelnen Landesorganisationen ihrerseits Printmedien heraus, so z.B. die SJ Niederösterreich das „Direkt“, die SJ Oberösterreich den "Extradienst", die Salzburger JUSOS die "Rotschrift" oder die SJ Wien den „Faktor“. Neben dem „Trotzdem-Verlag“ befindet sich im Besitz der SJÖ sowie der SJ Oberösterreich das „Europacamp“ in Weißenbach am Attersee, wo größere Freizeitveranstaltungen und Seminare der SJÖ abgehalten werden, ansonsten aber ein normaler Campingplatz- und Jugendherbergs-Betrieb herrscht.
Auf nationaler Ebene ist die SJÖ Mitglied der Österreichischen Bundesjugendvertretung (1953 noch als „Bundesjugendring“ gegründet), in der 40 demokratische Kinder- und Jugendverbände Mitglieder sind. Auf internationaler Ebene ist die SJÖ Mitglied der Sozialistischen Jugendinternationale IUSY sowie der Europäischen Sozialistischen Jugend ECOSY.
[Bearbeiten] Politische Ausrichtung
Die Eigenständigkeit der SJÖ gegenüber der SPÖ hat eine wesentliche politische Komponente. Die SJÖ bekennt sich explizit zum Marxismus und tritt daher für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus mit dem Ziel des Sozialismus ein, was die SPÖ und eigentlich fast alle sozialdemokratischen Organisationen heute hingegen nicht mehr tun, sondern für eine soziale Marktwirtschaft im Rahmen des Kapitalismus eintreten. Die SJÖ ist aber nicht nur eine klar antikapitalistische Organisation, sondern auch wesentlich antifaschistisch, antirassistisch, antiimperialistisch, antimilitaristisch und antipatriarchal geprägt.
Auch neben dieser grundsätzlichen Ausrichtungsfrage positioniert sich die SJÖ in konkreten Fragen zumeist „links“ von der Mutterpartei. Das bedeutet, dass nicht nur alle reformerischen Forderungen der SPÖ seitens der SJÖ radikaler formuliert werden, sondern dass mitunter SPÖ-Vorschläge und die SPÖ-Politik scharf kritisiert und auch direkt abgelehnt werden. Dies war zum Beispiel 1978 so, als der damalige SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky das Kernkraftwerk Zwentendorf in Betrieb nehmen wollte, was durch eine Volksabstimmung verhindert wurde. Als 1994 in Österreich unter dem SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky über den Beitritt zur EU abgestimmt wurde, stand die SJÖ diesem Beitritt äußerst kritisch gegenüber, von großen Teilen (z.B. von der heute größten Landesorganisation, der SJ Niederösterreich) wurde der Eu- Beitritt abgelehnt. Ebenfalls zu nennen wäre diesbezüglich die bereits von SPÖ-geführten Regierungen begonnene neoliberale Privatisierungspolitik, die die SJÖ in aller Klarheit ablehnt. Auch in anderen Fragen kann die SPÖ freilich nicht mit der Radikalität der SJÖ mit, so fordert die SJÖ z.B. die Abschaffung des österreichischen Bundesheeres oder die Legalisierung weicher Drogen (Cannabis).
Natürlich ist die SJÖ aber keine zu 100 % homogene, sondern eine durchaus pluralistische Organisation. Die grundsätzlich marxistisch-revolutionäre Ausrichtung hat erst im Jahr 2000 wieder die Oberhand gewonnen gegen jene Organisationsteile, die den Marxismus für nicht zeitgemäß halten und in diesem Sinne für eine „Modernisierung“, d.h. eine „Sozialdemokratisierung“ der SJÖ eintraten. Gegenwärtig hat sich das klare Übergewicht der Linken, das sich vor allem als Bündnis der großen Landesorganisationen Niederösterreich, Oberösterreich, Wien, Steiermark und Burgenland präsentiert, in der SJÖ anscheinend stabilisiert. Beim Verbandstag im Herbst 2004 hat sich die SJÖ ein neues Grundsatzprogramm gegeben, das sich am wissenschaftlichen Sozialismus im Sinne von Karl Marx und Friedrich Engels orientiert.
Wenngleich die marxistische Linke in der SJÖ gegenwärtig klar die Hegemonie innehat und vermutlich nicht so bald verlieren wird, so ist auch diese Linke durchaus heterogen. Neben der marxistischen Mehrheit in der SJÖ gibt es noch zwei weitere kleinere Strömungen: Dies ist einerseits eine trotzkistische Fraktion, die sich rund um die Zeitschrift „Der Funke“ gruppiert, sowie andererseits eine marxistisch-leninistische Strömung, die sich an der Stamokap-Theorie orientiert.
Unter der linken Führung unter Andreas Kollross ging es mit der SJÖ nach langer Zeit wieder bergauf. Dutzende Neugründungen von Orts- und Bezirksgruppen in fast allen Bundesländern und die stärkere Politisierung der Organisation zeugen vom weiteren Erstarken der Sozialistischen Jugend.
[Bearbeiten] Vorsitzende der SJÖ seit 1945
1946-1954: Peter Strasser (Wien) 1954-1964: Heinz Nittel (Wien) 1964-1972: Peter Schieder (Wien) 1972-1976: Johann Hatzl (Wien) 1976-1978: Josef Ackerl (Oberösterreich) 1978-1984: Josef Cap (Wien) 1984-1990: Alfred Gusenbauer (Niederösterreich) 1990-1992: Martin Winkler (Oberösterreich) 1992-1996: Karl Delfs (Burgenland) 1996-2000: Robert Pichler (Steiermark) 2000-2004: Andreas Kollross (Niederösterreich) 2004-2006: Ludwig Dvorak (Wien) 2006-: Torsten Engelage (Niederösterreich)
[Bearbeiten] Weblinks
- Sozialistische Jugend Österreich: http://www.sjoe.at