Antirassismus
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Antirassismus bezeichnet alle Ansätze, die zur Bekämpfung, Überwindung oder Dekonstruktion von Rassismus beitragen. Seine Ziele sind die Freiheit und Gleichberechtigung aller Menschen, und das Verhindern jeder Diskriminierung und Apartheid.
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[Bearbeiten] Formen
Es lassen sich viele verschiedene Argumentationslinien im Antirassismus unterscheiden:
- die humanistische besteht auf dem Gleichheitsgrundsatz, wie er beispielsweise in pluralistisch-demokratischen Gesellschaftssystemen und deren staatlichen Verfassungen postuliert ist, der durch Rassismus verletzt wird;
- die christliche verweist auf den biblischen gemeinsamen Ursprung der Menschheit und die Gleichheit der Gläubigen;
- die liberale wird in erster Linie wirtschaftlich begründet, nach der Rassismus den Produktions- oder Konsumptionsprozess stört, bzw. auch den Standort gefährdet;
- die interkulturelle betont den Zugewinn durch das gemeinsame Leben von Menschen unterschiedlicher Herkunft;
- die antifaschistische wendet sich gegen den (neo-)faschistischen Rassismus
- die anti-imperialistische, die sich mit den Auswirkungen von Imperialismus und Kolonialismus befasst,
- die autonome, die aus der Kritik an Staat und Herrschaft, gesellschaftlich institutionalisierte Formen des Rassismus angreift.
Dabei sind diese Formen keineswegs getrennt zu verstehen, häufig ergänzen sie sich auch gegenseitig, wobei sie sich auch teilweise widersprechen.
[Bearbeiten] Widersprüche des Antirassismus
So zeigen seit den 1990er Jahren immer wieder Wissenschaftler die Probleme eines falsch fokussierten Antirassismus auf: häufig konzentrieren sich die Gegenansätze auf Argumentationen, die im Neo-Rassismus so gar nicht mehr vorkommen. So hat sich mit dem Kulturalismus ein Rassismus ohne Rassen entwickelt und neu-rechte Rassentheorien versuchen inzwischen, Differenz zu fundamentieren anstatt sie zu vernichten. Weiterhin birgt ein farbenblinder Ansatz die Gefahr, dass die Machtverhältnisse auch unter antirassistischen Vorzeichen bestehen bleiben.
[Bearbeiten] Geschichte
Widerspruch und Widerstand gegen Rassismus gab es schon immer, z.B. in der Anti-Sklavereibewegung, dem Schutz vor Vertreibung von Minderheiten oder der Anti-Antisemitischen Bewegung im späten 19. Jahrhundert.
Als Begriff taucht Antirassismus erstmals nach der Befreiung Europas vom Faschismus auf, genauer in Sartres Vorwort Schwarzer Orpheus zu einer Anthologie von Leopold Senghor 1948. 1969 verabschiedete der Ökumenische Rat der Kirchen ein Antirassismus-Programm gegen die Unterdrückung von Minderheiten und vor allem die Apartheid in Südafrika. Anti-Rassismus-Programm der EKD.
Ein Widerspruch zwischen Antirassismus und Anti-Antisemitismus ist spätestens seit 1975 offenkundig, als arabische Staaten in der UN-Resolution 3379 versuchen den Zionismus als Rassismus verurteilen zu lassen. Ähnliche Bestrebungen haben die Durchführung der Anti-Rassismus-Konferenz in Durban gefährdet. Dort konnten sich auch die vor allem afrikanischen und afro-amerikanischen Gruppierungen nicht mit ihrer Forderung durchsetzen, den Kolonialismus und die Sklaverei als Verbrechen gegen die Menschheit zu verurteilen.
Mit den Anschlägen von Rostock, Solingen und Mölln Anfang der 1990er entstand in der BRD eine antirassistische Bewegung. Die Initiative "kein mensch ist illegal" ist daraus erwachsen. Von 1998 bis 2003 fanden jährlich antirassistische Grenzcamps statt, die staatlichen Rassismus zum Thema zahlreicher Aktivitäten an der deutschen Ostgrenze, an Flughäfen und im Hamburger Hafen machte.
[Bearbeiten] Zitat
- "Wenn man in einer Gesellschaft ohne antirassistische Politik lebt, ist man dazu verurteilt, in einer rassistischen Gesellschaft zu leben, und weder irgendein ehernes historisches Gesetz noch der letzte Flug der Eule der Minerva wird uns davor bewahren." Stuart Hall
[Bearbeiten] Literatur
- U. Bielefeld [Hrsg.]: Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?. Junius, Hamburg 1991.
- L. Bratic' [Hrsg.]: Landschaften der Tat. Vermessung, Transformationen und Ambivalenzen des Antirassismus in Europa. SozAKTIV, St. Pölten 2002, ISBN 3-901847-06-5
- T. Geisen: Antirassistisches Geschichtsbuch. Quellen des Rassismus im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. IKO, Frankfurt am Main 1996.
- I. Geiss: Geschichte des Rassismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988.
- Kien Nghi Ha: Ethnizität und Migration Reloaded. Kulturelle Identität, Differenz und Hybridität im postkolonialen Diskurs. Überarb. und erw. Neuauflage, [Westfälisches Dampfboot/WVB] 1999/2004, ISBN 3-86573-009-4
- W.-F. Haug: Politisch richtig oder richtig politisch, Linke Politik im transnationalen High-Tech-Kapitalismus. Argument, Hamburg 1999.
- M. Heinemann, A. Schobert, C. Wahjudi: Handbuch Antirassismus. Projekte und Initiativen gegen Rassismus und Antisemitismus in Deutschland. Kokerei Zollverein, Essen 2002
- S. Hess, A. Linder: Antirassistische Identitäten in Bewegung. edition diskord, Tübingen 1997.
- Interface (Hrsg.): Widerstandsbewegungen. Antirassismus zwischen Alltag und Aktion. Assoziation A, Berlin 2005, ISBN 3-935936-34-6
- S. Jäger [Hrsg.]: Aus der Werkstatt: Antirassistische Praxen. Konzepte - Erfahrungen - Forschung, DISS, Duisburg 1994, ISBN 3-927388-45-9
- A. Kalpaka, N. Räthzel [Hrsg]: Die Schwierigkeit nicht rassistisch zu sein. 2. Auflage. Mundo, Leer 1990
- M. Lange, M. Weber-Becker: Rassismus, Antirassismus und interkulturelle Kompetenz. Institut für berufliche Bildung und Weiterbildung, Göttingen 1998.
- P.-A. Taguieff: Die Macht des Vorurteils. Der Rassismus und sein Double. Hamburger Edition, Hamburg 2000.
- Bettina Roß (Hrsg.): Migration, Geschlecht und Staatsbürgerschaft. Perspektiven für eine antirassistische und feministische Politik und Politikwissenschaft. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004
- jour fixe initiative berlin (Hg.) : Wie wird man fremd? Unrast Verlag, ISBN 3-89771-405-1
- Angelika Magiros: Kritik der Identität. 'Bio-Macht' und 'Dialektik der Aufklärung' - Werkzeuge gegen Fremdenabwehr und (Neo-)Rassismus. Unrast Verlag, 2004 ISBN 3-89771-734-4
- Hito Steyerl, Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Hg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Unrast Verlag, 2003, ISBN 3-89771-425-6
[Bearbeiten] Siehe auch
Rassismus, Antisemitismus, Stammtischparole, Rassismus ohne Rassen, antirassistische Erziehung, bell hooks, Montgomery Bus Boycott, Plattform für eine Welt ohne Rassismus, Aktion Zivilcourage, Trait d'union, UNITED against racism, Ethnisierung, Weißsein, Eidgenössische Kommission gegen Rassismus
[Bearbeiten] Weblinks
- Antirassistisches Archiv
- Dokumentations- und Informationszentrum für Rassismusforschung
- Anti-Rassismus-Informations-Zentrum
- Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit
- Eidgenössische Fachstelle für Rassismusbekämpfung
- ZARA - Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit
- Für eine Welt ohne Rassismus
- Hamburger Land-In-Sicht-Grenzcamp
- Internationale Multimedia-Schülerzeitung "trait d'union"