Rotes Waldvöglein
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Rotes Waldvöglein | ||||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||
Cephalanthera rubra | ||||||||||||||
(L.) Rich. 1817 |
Das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Waldvöglein (Cephalanthera) in der Familie der Orchideengewächse (Orchideaceae) und zählt zu den auffälligsten Orchideen unserer Regionen. Sie wurde zur Blume des Jahres 1982 gewählt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Name
Die Art Cephalanthera rubra wurde im Jahr 1817 von dem französischen Botaniker Professor Louis Claude Marie Richard aufgestellt.
Der Name setzt sich aus dem griechischen κεφαλή cephalae = Kopf, ανθηρός antheros = blühend und dem lateinischen ruber = rot zusammen und weist darauf hin, dass die Anthere der Columna wie ein Kopf aufsitzt.
Der deutsche Name Rotes Waldvöglein, auch Rotes Waldvögelein oder Rote Waldlilie, nimmt Bezug auf Form und Farbe der Blütengestalt.
[Bearbeiten] Beschreibung
[Bearbeiten] Habitus und Blätter
Das Rote Waldvöglein ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die eine durchschnittliche Wuchshöhe von 20 bis 70 Zentimeter erreicht. Dieser Geophyt bildet kräftige, kurze, kriechende Rhizome als Überdauerungsorgane, die meist verzweigt sind und durch Adventivsprosse zur Büschelbildung der Pflanzen beitragen.
Der zierliche Stängel ist im unteren Teil kahl und im oberen Teil drüsig behaart. Am Grunde des Stängels entstehen einige Schuppenblätter. Die zwei bis acht schmalen, lanzettlichen bis lineal–lanzettlichen Laubblätter sind 5 bis 14 Zentimeter lang und 1 bis 3 Zentimeter breit und werden zum Blütenstand hin kleiner. Auch die Tragblätter werden zur Stängelspitze hin kleiner.
[Bearbeiten] Blütenstand und Blüten
Der lockere Blütenstand ist langgestreckt und besteht aus einigen wenigen bis zu über 20 Blüten. Die rosaroten bis fast violetten und selten weißen Blüten werden bis 5 Zentimeter groß. Die kahlen, 15 bis 20 Millimeter langen und 7 bis 10 Millimeter breiten Kronblätter (Petalen) sind oval–lanzettlich. Die Kelchblätter (Sepalen) sind länglich–lanzettlich, 16 bis 23 Millimeter lang, 6 bis 7 Millimeter breit und außen behaart. Die 15 bis 20 Millimeter lange Lippe (Labellum) ist zweigliedrig und im vorderen Teil dreieckig zugespitzt mit gelblichen Leisten. Der Fruchtknoten ist kurz, aufrecht und behaart.
Die Bütezeit beginnt Ende Mai und erstreckt sich bis Ende Juli, gelegentlich bis Anfang August. Die Hauptblütezeit ist Mitte Juni bis Anfang Juli. Die Reifezeit der Früchte beginnt ab Oktober.
[Bearbeiten] Genetik und Entwicklung
Das Rote Waldvöglein hat einen Karyotyp von zwei Chromosomensätzen und jeweils 18 Chromosomen (Zytologie: 2n = 36).
Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza). Die Dauer von der Keimung bis zur Entwicklung der blühfähigen Pflanze konnte noch nicht hinreichend bestimmt werden.
[Bearbeiten] Ökologie
Das Rote Waldvöglein bevorzugt lichte, trockene Laubwälder (besonders Buchenwälder), Kiefern- und Fichtenwälder, Waldränder und Gebüsche bis 2600 Meter und ist seltener auf Halbtrockenrasen zu finden. Es liebt kalkhaltige Böden mit einem pH-Wert von 5,9 bis 8,2; kommt jedoch auch auf Sand- und Lehmböden vor (z.B. in Rheinland-Pfalz).
Das Rote Waldvöglein findet sich in den Pflanzengesellschaften: V Cephalanthero-Fagion, V Cytiso ruthenici-Pinion, V Erico-Pinion (Aufschlüsselung siehe: Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer).
[Bearbeiten] Verbreitung
Das Verbreitungsareal des Roten Waldvögleins erstreckt sich von Nordafrika über ganz Europa bis zur Krim und zum Kaukasus. Es wird in seiner Verbreitung als subatlantisch-zentraleuropäisch eingeordnet.
Nach dem Orchideenkundler Karl-Peter Buttler ist es ein Florenelement der meridional/montanen, submeridionalen und temperaten Florenzone.
In Deutschland ist das Rote Waldvöglein in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen anzutreffen.
[Bearbeiten] Naturschutz und Gefährdung
Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch das Rote Waldvöglein unter strengem Schutz europäischer und nationaler Gesetze.
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- Rote Liste Deutschland: 3
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- Rote Liste Bundesländer: Baden-Württemberg: V, Bayern: *, Berlin: 1, Brandenburg: 2, Bremen: 2, Hamburg: -, Hessen: 3, Mecklenburg-Vorpommern: 2, Niedersachsen: 2, Nordrhein-Westfalen: 3, Rheinland-Pfalz: 3, Saarland: 2, Sachsen-Anhalt: 2, Sachsen: 0, Schleswig-Holstein: -, Thüringen: *.
- Rote Liste Schweiz: LC (Least Concern – nicht gefährdet)
- Rote Liste Österreich: keine Angabe verfügbar.
Die Bestandsentwickling in Deutschland ist rückläufig. Es existieren nur noch zerstreute Vorkommen mit kleinen Beständen.
Der Arbeitskreis Heimischer Orchideen (AHO) in Deutschland, der sich in allen Bundesländern den Schutz, die Pflegemaßnahmen der Biotope, die Kartierung und wissenschaftliche Betreuung der heimischen Orchideenflora zur Aufgabe gemacht hat, wählte das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra) zur „Orchidee des Jahres“ 2000, da die Bestände des Roten Waldvögleins in Deutschland in den letzten 100 Jahren überdurchschnittliche Rückgangstendenzen zeigen. Entscheidender Faktor dafür ist die Nutzungsänderung der Lebensräume dieser attraktiven Pflanze zu Monokulturen.
[Bearbeiten] Varietäten und Hybriden
Unterarten sind von dieser Art nicht bekannt.
Als Varietät treten sehr selten Pflanzen mit reinweißen Blüten auf:
- Cephalanthera rubra var. alba
Sehr selten entstehen Hybriden mit anderen Cephalantera - Arten:
- Cephalanthera × mayeri (Zimm.) Cam. 1929 (Cephalanthera rubra × Cephalanthera damasonium)
- Cephalanthera × otto-hechtii Keller 1930 (Cephalanthera rubra × Cephalanthera longifolia)
[Bearbeiten] Systematik
Der gültige botanische Name des Roten Waldvöglein lautet: Cephalanthera rubra (L.) L. C. M. Richard 1817
Die Beschreibung des Basionyms Serapias rubra L. stammt von Carl von Linné aus dem Jahre 1767.
Weitere Botaniker haben das Rote Waldvöglein beschrieben; folgende Artnamen werden heute als Synonyme geführt:
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[Bearbeiten] Bildergalerie
Cephalanthera rubra |
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[Bearbeiten] Literatur
- Standardwerke
- AHO (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands. Verlag AHO Thüringen, Uhlstädt - Kirchhasel 2005, ISBN 3-00-014853-1
- H. Baumann, S. Künkele:Die wildwachsenden Orchideen Europas. Frankh, 1982, ISBN 3-440-05068-8
- Karl-Peter Buttler: Orchideen, die wildwachsenden Arten und Unterarten Europas, Vorderasiens und Nordafrikas. Mosaik Verlag 1986, ISBN 3-5700-4403-3
- Fritz Füller: Epipactis und Cephalanthera (Orchideen Mitteleuropas, 5. Teil). 4. Auflage (unveränderter Nachdruck der 3. Auflage von 1986). Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2005 (Die Neue Brehm-Bücherei, Band 329), ISBN 3-89432-310-8
- Hans Sundermann: Europäische und mediterrane Orchideen. Brücke-Verlag; 2. Auflage. 1975, ISBN 3-871-05010-5
- J. G. Williams. u.a.: Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien. BLV Verlag, ISBN 3-405-11901-4
- Zeitschriftenaufsätze
- A. Baum u. H. Baum (2000): Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra (L.) L. C. M. RICHARD), Orchidee des Jahres 2000. - Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 17 (1): 4-14.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Rotes Waldvöglein (Cephalanthera rubra) – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Verbreitungskarten
- Regionales / Spezielles
- Die Orchideen der Rhön: Cephalanthera rubra, Rotes Waldvöglein
- orchis.de: Cephalanthera rubra
- AGEO (Schweiz): Cephalanthera rubra
- Die Orchideen Deutschlands: Cephalanthera rubra
- Guenther Blaich: Cephalanthera rubra
- Siehe auch
Breitblättriges Knabenkraut (1989) | Pyramiden-Hundswurz (1990) | Kleines Knabenkraut (1991) | Großes Zweiblatt (1992) | Helm-Knabenkraut (1993) | Sumpf-Glanzkraut (1994) | Bienen-Ragwurz (1995) | Gelber Frauenschuh (1996) | Wanzen-Knabenkraut (1997) | Sumpf-Stendelwurz (1998) | Bocks-Riemenzunge (1999) | Rotes Waldvöglein (2000) | Herbst-Drehwurz (2001) | Vogel-Nestwurz (2002) | Fliegen-Ragwurz (2003) | Grüne Hohlzunge (2004) | Brand-Knabenkraut (2005) | Breitblättrige Stendelwurz (2006) | Gewöhnliches Kohlröschen (2007)