Pankreaskarzinom
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Das Pankreaskarzinom ist eine bösartige (maligne) Erkrankung (Krebs) der Bauchspeicheldrüse. Im Jahr erkranken ca. 10.000 Patienten in Deutschland an Pankreaskarzinom. Es zählt zu den selteneren Krebserkrankungen. Aufgrund unspezifischer oder fehlender Symptome wird der Tumor allerdings häufig erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium entdeckt, häufig bestehen bei der Diagnosestellung bereits Metastasen. Erschwert wird die Früherkennung zudem wegen der ungünstigen Lage der Bauchspeicheldrüse für bilderkennende Verfahren. Auf Grund seiner schweren Erkennbarkeit im Frühstadium und seiner Resistenz gegenüber Tumormedikamenten und Bestrahlung zählt das Pankreaskarzinom zu einer der bösartigsten Krebserkrankungen mit einer 5-Jahresüberlebensrate von unter 5 % (fünfthäufigste Krebstodesursache in Deutschland). Die einzige heilende Therapiemöglichkeit ist die Operation, die jedoch nur bei kleinen Tumoren ohne Hinweis auf Metastasen Erfolg verspricht.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Epidemiologie
Die Inzidenz des Pankreaskarzinoms beträgt 12 Fälle pro 100.000 Einwohner in Westeuropa. Das Pankreaskarzinom ist die vierthäufigste Todesursache aufgrund eines bösartigen Tumors beim Mann und die fünfthäufigste bei der Frau. 30.000 Menschen sterben pro Jahr in den USA an dieser Erkrankung. Das Pankreaskarzinom ist der dritthäufigstes bösartige Tumor des Magen-Darm-Traktes nach Dickdarm und Magen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen mit einem Verhältnis von etwa 2 zu 1. Der Altersgipfel dieser Erkrankung liegt im 6. bis 8. Lebensjahrzehnt. Aus epidemiologischen Studien ist bekannt, dass Pankreaskarzinome im Zunehmen begriffen sind.
[Bearbeiten] Ätiologie
Die Ätiologie des Pankreaskarzinoms ist unbekannt. Bei einem kleinen Teil der Patienten findet sich ein familiäres Pankreaskarzinom vor.
Bisher bekannte Risikofaktoren für die Entstehung eines Pankreaskarzinoms sind :
[Bearbeiten] Demographische Risikofaktoren
- Alter (zuverlässigster und wichtigster Risikofaktor)
- Geschlecht (Männer häufiger betroffen als Frauen)
- ethnische Herkunft (höchste Mortalität in der schwarzen Bevölkerung)
[Bearbeiten] Genetische Risikofaktoren und Grunderkrankungen
- familiäres Auftreten von Pankreaskarzinomen
- erbliche Pankreatitis
- hereditäres non-polypöses kolorektales Karzinom
- Ataxia-Teleangiektasie-Syndrom
- familiäres Mammakarzinom
- familiäres atypisches Nävi-Syndrom
- chronische Pankreatitis
- Diabetes mellitus
- Zustand nach operativer Magenentfernung
[Bearbeiten] Umwelt- und andere Risikofaktoren
- Alkoholabusus (Alkoholismus)
- Nikotinabusus (Rauchen): 2-3 fach erhöhtes Risiko
- Exposition gegenüber aromatischen Aminen (Nitrosamine)
- berufliche Exposition (nur geringe Evidenz hierfür vorhanden)
- Erhöhtes Risiko bei häufigem Zuckergenuss: 2 Softdrinks täglich erhöhen das Risiko um 90%, täglicher Genuss von Marmelade um 50% (Fizzy drinks...)
[Bearbeiten] Pathogenese
Die aktuelle medizinische Forschung geht davon aus, dass beim Pankreaskarzinom eine multi-step-Tumorgenese vorliegt. Zunächst entwickelt sich über mehrere Mutationen eine so genannte pankreatisch-intraepitheliale Neoplasie (sog. PanIN I-III), aus der sich über mehrere weitere Mutationsschritte dann das invasive Karzinom entwickelt.
[Bearbeiten] Pathologie
[Bearbeiten] Pathologische Klassifikation
Histologisch werden unterschiedliche Formen von Pankreaskarzinomen unterschieden. 90% der Pankreastumore sind duktalen Adenokarzinome am häufigsten.
- duktale Adenokarzinom der kleinen Pankreasgänge (90%)
Seltenere histologische Formen:
- azinäre Pankreaskarzinom entwickelt sich vorwiegend im Pankreasschwanz
- muzinöse Adenokarzinom Gallertkarzinom
- Siegelringkarzinom
- adenosquamöse Karzinom mit verhornenden Plattenepithelanteilen
- pleomorph-riesenzellige Karzinom.
- endokrine Tumoren des Pankreas (1-2%)
Endokrine Pankreastumoren gehören definitionsgemäß nicht zu den Pankreaskarzinomen, weil sich nicht vom Epithel (= Karzinom) ausgehen sondern von hormonproduzierenden (= endokrinen) Zellen abstammen.
[Bearbeiten] Lokalisation
Pankreaskarzinome betreffen in 60 % der Fälle den Pankreaskopf, in 10 % der Fälle den Corpusbereich, in weiteren 10 % der Fälle den Pankreasschwanz. 20 % der Pankreaskarzinome betreffen diffus das gesamte Organ. Molekularbiologisch und prognostisch verhalten sich Papillenkarzinome anders als die übrigen Pankreaskarzinome.
[Bearbeiten] Metastasierung
Beim Pankreaskarzinom kommt es zu einer sehr frühen lymphogenen Metastasierung in die regionalen Lymphknoten (ca.50% im Stadium pT2,3) sowie zu einer frühen hämatogenen Metastasierung über das Blut in die Leber(65%), Lunge(40%), Knochen(20%), Nebennieren (15%)
[Bearbeiten] TNM-Klassifikation
Primärtumor:
- T X = Tumor kann nicht beurteilt werden;
- T 1 = Tumor < 2 cm, auf das Pankreas beschränkt;
- T 2 = Tumor > 2 cm, auf das Pankreas beschränkt;
- T 3 = Tumor wächst invasiv in umgebende große Blutgefäße oder Organe außer Duodenum;
- T 4 = Tumor erstreckt sich direkt in Magen, Milz, Grimmdarm oder benachbarte große Gefäße
Lymphknoten:
- N X = regionale Lymphknoten können nicht beurteilt werden;
- N 0 = keine regionalen Lymphknotenmetastasen;
- N 1 = regionale Lymphknotenmetastasen
Fernmetastasen:
- M 0 = keine Fernmetastasen;
- M 1 = Fernmetastasen
[Bearbeiten] Molekularpathologie
Mutierte Onkogene, die beim Pankreaskarzinom eine Rolle spielen, sind:
- K-ras (Biologie) Codon12 (Häufigkeit 75–100 %)
- p53 (30-50%)
- HER2/neu (Häufigkeit 65–70 %)
- Akt 2 (Häufigkeit 10–20 %)
- MYB (Häufigkeit 10 %)
- Smad 4 (ca. 50 %)
- DCC (40-70 %)
[Bearbeiten] Symptome
- oft keine
- Typisch ist ein schmerzloser Ikterus, wobei dieses Symptom erst ein Spätsymptom ist und Folge eines Einwachsens oder Komprimierens des Ductus choledochus (Gallengang) ist.
- Gewichtsverlust
- diffuse Oberbauchschmerzen, zunächst nach dem Essen, später unabhängig von der Nahrungsaufnahme
- Inappetenz
- körperliche Schwäche
- Übelkeit und Erbrechen
- Steatorrhoe (Fettstühle)
- Phlebothrombose der unteren Extremität
- Rückenschmerzen
- neu aufgetretener Diabetes mellitus
- Symptome einer akuten Pankreatitis
[Bearbeiten] Diagnostik
[Bearbeiten] Anamnese u. körperliche Untersuchung
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung findet sich eventuell eine vergrößert tastbare Leber infolge von Metastasen. Ein weiterer typischer klinischer Untersuchungsbefund ist bei einem Teil der Patienten ein positives Courvoisier-Zeichen
[Bearbeiten] Labor
- eventuell Anämie
- eventuell Cholestaseparameter erhöht (alkalische Phospatase, Cholinesterase, Gamma-GT, direktes Bilirubin)
- Tumormarker CA 19-9 / CA 50 (Diese beiden Parameter eignen sich nicht zur Frühdiagnose, sind aber gut geeignet zur postoperativen Kontrolle auf Rezidivfreiheit.)
[Bearbeiten] Bildgebende Diagnostik
[Bearbeiten] Sonographie des Abdomens
- Nachweis einer Raumforderung im Pankreas (Jede hypodenese Struktur im Pankreas ist karzinomverdächtig.)
- eventuell Vergrößerung der Gallenblase und Erweiterung der Gallengänge nachweisbar
- eventuell Erweiterung des Pankreasgangs (Ductus wirsungianus)
- eventuell Nachweis von Lymphknotenmetastasen im Ligamentum hepatoduodenale
- Darstellung von Lebermetastasen
Häufig wird der Sonographie des Abdomens die Ausdehnung des Primärtumors unterschätzt, da das Pankreas sonographisch vor allem bei adipösen Menschen nur schlecht dargestellt werden kann.
[Bearbeiten] Computertomographie mit Kontrastmittel
Die Computertomographie ermöglicht eine genaue Lokalisationsdiagnostik des Tumors, insbesondere kann mit dieser Methode festgestellt werden, ob der Tumor in Gefäße einwächst oder diese komprimiert. Die Nachweisgröße für Pankreaskarzinome schwankt zwischen 1 und 2 cm, abhängig vom Gerät und Untersucher. Lymphknotenmetastasen können in der Regel ab einer Größe von 1 cm in der Computertomographie nachgewiesen werden. Lebermetastasen können mit gleicher hoher Sensitivität in der Computertomographie nachgewiesen werden wie in der Sonographie des Abdomens.
[Bearbeiten] Endosonographie
Die Endosonographie ermöglicht eine sonographische Darstellung des Pankreas von der Magenhinterwand aus. Im Rahmen einer solchen Untersuchung kann eine Feinnadelpunktion durchgeführt werden, um Gewebe meist nur einzelne Zellen (Zytologie) für eine feingewebliche Untersuchung zu gewinnen.
[Bearbeiten] ERCP und MRCP
Der Begriff ERCP ist die Abkürzung für eine endoskopische Methode zur Darstellung der Gallengänge und Pankreasgänge. Der Name ERCP bedeutet endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie. Bei Patienten mit Pankreaskarzinom findet man häufig eine Verengung (Stenose) oder einen Abbruch des Ductus pancreaticus. Eventuell zeigt sich vor dem Tumor eine Erweiterung des Pankreasganges, eine sogenannte prästenotische Gangdilatation. Seit einigen Jahren gibt es als alternative Methode zur ERCP die nicht-invasive MRCP (Magnetresonanzcholangiopankreatikographie). Im Rahmen einer ERCP-Untersuchung kann interventionell eine Verengung des Gallengangs infolge Tumorkompression behoben werden mittels Einlegen eines DHC-Stents, dies ist bei einer MRCP nicht möglich.
[Bearbeiten] Therapieoptionen
[Bearbeiten] Konservative Therapie
Bei Verengung oder Verschluss des Gallengangs sollte bei Verschlussikterus interventionell endoskopisch eine Endoprothese in den Gallengang gelegt werden (DHC-Stent). Bei Inoperabilität wird eine palliative Chemotherapie auch in Kombination mit Strahlentherapie mit Gemcitabin oder Oxaliplatin und 5-FU durchgeführt. Bisher gelingt mit einer Chemotherapie in der meisten Zahl der Fälle nur eine Verbesserung der Symptomatik (Schmerzen, Gewichtsabnahme usw.), eine Überlebenszeitverlängerung ist beim inoperablen Pankreaskarzinom und palliativer Chemotherapie möglich. Bei bildgebend fraglich operablen Tumoren kann durch eine präoperative (=neoadjuvante) Radiochemotherapie ein operables Stadium und somit eine Prognoseverbesserung für den Patienten erreicht werden. Die Strahlentherapie ist auch als palliative Maßnahme mit oder ohne Chemotherapie immer zu diskutieren, da eine Überlebenszeitverlängerung nachgewiesen ist.
[Bearbeiten] Operative Therapie
[Bearbeiten] Kurative operative Therapie
Indikation : Stadium I (eventuell Stadium II und III)
Die klassische Operation beim Pankreaskopfkarzinom, die in der Regel palliativen Charakter hat, ist die Operation nach Whipple-Kausch. Bei dieser Operation wird chirurgisch der Pankreaskopf, der gesamte Zwölffingerdarm, die Gallenblase, der Gallengang, die distalen 2/3 des Magens sowie alle umgebenden Lymphknoten entfernt. Zur Rekonstruktion werden der Rest des Pankreas, der Ductus hepaticus communis und das Jejunum als Roux-Y mit dem Magen adaptiert (Gastro-hepatico-pancreatico-jejunostomie). Die Operation nach Whipple-Kausch ist eine der kompliziertesten viszeralchirurgischen (bauchchirurgischen) Eingriffe und vor allem in Zentren mit niedrigen Operationsrate im Jahr kommt es häufig zum Auftreten von Komplikationen, daher sollte die Operation nach Möglichkeit nur in speziellen Zentren mit mehr als 15 bis 20 Operationen pro Jahr durchgeführt werden. In der größten Zahl der Fälle ist heute bei Patienten mit resektablem Pankreaskopftumor alternativ zur Whipple-Operation die pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion möglich, bei dieser Art der Operation werden keine Anteile des Magens chirurgisch entfernt.
[Bearbeiten] Palliative Operationen bei Pankreaskarzinom
Bei konservativ nicht therapierbarem Ikterus wird eine Choledochojejunostomie angelegt, dass heißt eine Jejunumschlinge wird auf den Ductus choledochus aufgenäht, um einen Abfluss der Galle zu gewährleisten. Bei Magenausgangsstenose oder Zwölffingerdarmstenose kann eine Gastrojejunostomie durchgeführt werden, um die orale Nahrungsaufnahme wieder zu ermöglichen.
[Bearbeiten] Prognose
Die Gesamt-5-Jahresüberlebensrate aller Pankreaskarzinome liegt unter fünf Prozent, nach kurativer chirurgischer Resektion des Tumors erhöht sich diese auf etwa 20%. Das mittlere Überleben ohne jegliche Therapie liegt im Schnitt bei drei Monaten. Trotz eines enormen Zugewinns des Wissens über die Molekularbiologie des Pankreaskarzinoms in den letzten 20 Jahren hat sich die Prognose bisher nicht verbessert.
[Bearbeiten] Weblinks
- www.wissenschaft.de: Mit Gemüse gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs - Ein hoher Gemüsekonsum senkt das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs um 50 Prozent
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