Nachbild
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Als Nachbild des Auges werden verschiedene Phantombilder bezeichnet, die man nach dem Blick auf helle Flächen empfindet. Am deutlichsten sind sie als helle Flecken, wenn man versehentlich in die Sonne oder in eine Glühlampe geschaut hat. Man kann sie jedoch auch nach schwächeren Lichteindrücken sehen, wenn man danach die Augen schließt.
[Bearbeiten] Positive und negative Nachbilder
Die Wahrnehmungsphysiologie spricht von einem entoptischen Eindruck, der sich als Nachwirkung des Netzhautbildes ergibt, nachdem ein Reizmuster (Objekt) längere Zeit fixiert worden ist. In positiven Nachbildern (wenn man in eine helle Lichtquelle geblickt hat) entsprechen die Helligkeits- und Farbwerte denen des Reizmusters. Bei den negativen Nachbildern kehren sich diese Werte um: hell wird zu dunkel, und die Farben des Reizmusters erscheinen in ihren Komplementärfarben.
Negative Nachbilder entstehen auf Grund der "Ermüdung" der Fotorezeptoren der Netzhaut, der Stäbchen und Zapfen. Werden diese über etwa 30 Sekunden und mehr dem gleichen Reiz ausgesetzt, ist ihr Potential erschöpft, sie "erblinden" vorübergehend und senden keine Signale mehr ans Gehirn.
Unter Alltagsbedingungen werden negative Nachbilder nur selten wahrgenommen. Durch häufigen, auch unbewussten, Wechsel der Blickrichtung, verbunden mit einer meist kleinteilig strukturierten Umgebung, werden die einzelnen Rezeptoren ständig sich ändernden Reizen ausgesetzt, was ihre Ermüdung verhindert. Zusätzlich vibrieren die Augen mit hoher Frequenz in kleinsten und unbemerkten Bewegungen ("Nystagmus"), was selbst bei längerem Betrachten eines Objekts den gleichen Effekt ständigen Wechsel der Reize pro Rezeptor bedingt. Ein Nachbild ist daher um so deutlicher, je größer die homogenen Flächen des Objekts sind, je schärfer die Helligkeits- und/oder Farbkontraste an ihren Konturen sind, und je länger und je starrer das Objekt fixiert worden ist, und das heißt: je mehr es gelungen ist, die "verwischende" Wirkung der nie ganz auszuschaltenden nystagmischen Zitterbewegungen zu vermindern und so für ein paar Sekunden die Reizung der einzelnen Rezeptoren nahezu konstant zu halten.
[Bearbeiten] Zwei einfache Tests
Am folgenden Bildpaar kann jedermann ein Hell-Dunkel-Nachbild erzeugen. Wenn man zunächst links den Punkt in der Mitte für etwa 30 Sekunden fixiert und sofort danach den rechten Punkt, erscheint das schwarze Quadrat hell auf dunklem Grund, während das kleine weiße Quadrat dunkel auf dem hellen Quadrat erscheint.
Negative Nachbilder von Sinnesperzepten machen nicht nur Helligkeits- und Farbveränderungen durch, sondern auch Formveränderungen - und zwar genau die gleichen wie die Sinnesperzepte selbst, wenn diese reiz- bzw. erregungsverstärkenden oder - vermindernden Bedingungen ausgesetzt sind. Diese Veränderungen sind als Aktualgenesen bzw. Aktuallysen bekannt. Eine Aktuallyse kann jedermann beispielsweise beim Nachbild des obigen Schwarz-Weiß-Musters erleben. Meist wird zunächst ein "scharfes" Nachbild erlebt, das alle vier rechtwinklig aufeinander stoßende Konturen enthält. Dann löst sich allmählich die Form des Binnenquadrats auf, das heißt: es verschwinden seine Rechtwinkligkeit, Geradheit und Konturen-Vierheit, so dass es nur noch als Kreisscheibe und damit als eine formlose "Figur in ihrem Umfeld" erlebt wird. Dann wird auch das Perzept "Figur im Umfeld" abgebaut, indem sich die bisher "scharfe" Grenze zwischen Figur und Umfeld allmählich auflöst, und das Dunkle der Scheibe sich mit dem Hellen des großen Quadrats vermischt, und also schließlich der frühere große Helligkeitsunterschied zwischen der Figur "kleines Quadrat" und ihrem/seinem Umfeld, dem großen Quadrat ganz verschwindet. Erst danach löst sich auch das große Quadrat auf, das selber ebenfalls eine Figur in Bezug auf sein eigenes Umfeld ist: den Rahmen des Bildes.
Fixiert man den linken Punkt im zweiten Bildpaar ebensolange und wechselt dann zum rechten, erscheint das Wort "Rot" in blassroter Farbe. Die farbempfindlichen Zapfen reagieren ähnlich wie die Stäbchen, wobei sich allerdings der Farbeindruck ändert. Nach längerem Fixieren eines z. B. blaugrünen Objekts sind die Zapfen für die Blau- und Grünwahrnehmung im korrespondierenden Bereich der Netzhaut unempfindlicher geworden, die für Rot nicht. Beim anschließenden Blick auf eine weiße Fläche, die aus der additiven Farbmischung von Rot, Blau und Grün besteht, wird daher der betreffende Bereich als rot wahrgenommen.
[Bearbeiten] Besonderheiten
Der Nystagmus infolge der Betrachtung eines bewegten Streifenmusters kann auch als eine Form des Nachbildes verstanden werden. Allerdings beruht hier der Effekt nicht auf einer Erschöpfung der Netzhaut, sondern hängt mit der Verarbeitung der visuellen Reize im Gehirn zusammen.
Während sich bei Tageslicht die Nachbilder laufend überlagern und kaum bemerkt werden, können sie bei astronomischen Beobachtungen störend sein. Wenn man z.B. vom Fernrohr auf- und in eine Straßenlampe blickt, kann das Nachbild 10-20 Sekunden bestehen bleiben. Wandert der Blick über helle Himmelskörper (Mond, große Planeten), so können ihre Konturen für einige Sekunden als leichte Schatten nachwirken. Auch bei manchen Messungen in der Geodäsie - etwa zu Stangensignalen oder Kirchtürmen im Gegenlicht - ist eine kurzfristige Störung des Zielvorgangs möglich.
Im Zusammenhang mit hellen Flächen kann das Nachbild auch seine Helligkeit wechseln. So erscheint z.B. ein negatives (dunkles) Nachbild einer Leuchtstoffröhre, wenn man die Augen schließt. Hält man sich jedoch zusätzlich die Hand vor die Augen, wird es plötzlich positiv. Ähnliches tritt beim Umspringen von hellen Farben in ihre Komplementärfarben auf.
Einen verwandten Effekt durch Sonnenlicht kann man zur Entspannung der Augen nützen. Lässt man sich einige Zeit auf die geschlossenen Lider scheinen, entsteht durch die dünne Haut ein angenehm warmer, orange-roter Seh-Eindruck. Deckt man nach etwa 1 Minute die Augen mit den Handflächen ab ("Palmieren", engl. palm = Handfläche), so wandelt er sich bald in ein gleichmäßiges Blau. Der Wechsel zwischen beiden Zuständen hat eine beruhigende Wirkung auf Augen und Stirn, der sich durch bewußtes Atmen noch verstärken lässt. Bei religiös ausgerichteter Meditation lässt sich diese angenehme Wahrnehmung mit der Vorstellung von Geliebt sein verbinden. Die Überlagerung der Nachbilder kann ferner unter intensiver Besonnung den Eindruck erwecken, dass sich die Netzhaut wie eine unruhige Wasseroberfläche bewegt.