Michel Onfray

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Michel Onfray (* 1. Januar, 1959, in Argentan/Normandie) ist französischer Philosoph.

Onfray unterrichtete seit 1983 an einer höheren berufsbildenden Schule in Caen philosophische Fächer. 1989 begann er mit der Veröffentlichung philosophischer Bücher, die ihn bald so populär und finanziell unabhängig machten, dass er 2002 aus dem Staatsdienst ausscheiden und in Caen die „Université populaire“, eine freie Volkshochschule, gründen konnte. Onfray gibt dort mehrjährige Studiengänge, die die Geschichte der Philosophie seit ihren Anfängen einmal ganz anders als im normalen akademischen Betrieb darstellen, nämlich unter hedonistischem und libertärem Aspekt. Das Resultat des ersten Studiengangs wird in einer 8-bändigen Contre-histoire de la philosophie veröffentlicht (Bände 1 und 2 sind 2006 erschienen).

[Bearbeiten] Leben

Onfray stammt aus sehr einfachen Verhältnissen. Er schildert seine Herkunft und seinen Werdegang ausführlich in dem 1997 erschienenen Buch Politique du rebelle. Traité de résistance et d'insoumission, das auch ins Deutsche übersetzt erschienen ist (Der Rebell).

[Bearbeiten] Werk

Onfray begann seine publizistische Tätigkeit 1989 mit seiner Entdeckung des vergessenen französischen Philosophen Georges Palante. Palante (1862-1925) war, wie Onfray, Philosophielehrer und trat Anfang des 20. Jahrhunderts in diversen Schriften als einer der weltweit ersten Linksnietzscheaner hervor. Onfray gab die wichtigsten Schriften Palantes neu heraus und schrieb eine Monographie über ihn.

Onfray sah sich als Fortsetzer des Denkens Palantes und wollte einen zeitgemässen Linksnietzscheanismus begründen. Er schrieb zahlreiche Bücher – bis heute, 2006, ca. 30 Titel – in diesem Geiste, von denen einige sowohl in Frankreich als auch im Ausland große Beachtung fanden. Sein größter Bucherfolg bisher war 2005 der Traité d'athéologie. Physique de la métaphysique (dt. 2006: Wir brauchen keinen Gott), von dem in wenigen Monaten mehr als 200'000 Exemplare verkauft wurden und bereits Übersetzungen in mehrere Sprachen erschienen sind.

Onfrays 8-bändige Contre histoire der Philosophie soll bis 2008 erschienen sein.

[Bearbeiten] Philosophie

Michel Onfrays Denken schließt an die epikureische und hedonistische Philosophie an. Diese ist bei ihm analytische Theorie des Immanenten, damit zunächst implizit und mittlerweile auch deutlich formuliert Kritik an Konzepten der Transzendenz bzw. der Religionen, insbesondere der monotheistischen. Dagegen setzt Onfray eine Philosophie der Problemlösungskompetenz.

Einige Rezensenten loben Schärfe und Stil seiner Schriften, einige kritisieren, dass er im Grunde nichts Neues bringt ("Onfray rennt zumindest mit Teilen seines Buches offene Türen ein", schreibt Peter Hölzle), vor allem aber, dass seine Polemik zu wenig differenziert ist.

Politisch ist Onfray Laizist. Bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2002 votierte Onfray öffentlich für den Kandidaten der trotzkistischen Ligue communiste révolutionnaire.

[Bearbeiten] Schriften

[Bearbeiten] Französisch (Auswahl)

Le ventre des philosophes, critique de la raison diététique (1989)
Physiologie de Georges Palante, portrait d’un nietzschéen de gauche (1989)
Cynismes, portrait du philosophe en chien (1990)
L’art de jouir : pour un matérialisme hédoniste (1991)
La raison gourmande, philosophie du goût (1995)
Les formes du temps : théorie du Sauternes (1996)
Politique du rebelle : traité de résistance et d’insoumission (1997)
Théorie du corps amoureux : pour une érotique solaire (2000)
Antimanuel de philosophie : leçons socratiques et alternatives (2001)
Célébration du génie colérique : tombeau de Pierre Bourdieu (2002)
L’invention du plaisir : fragments cyrénaïques (2002)
Féeries anatomiques (2003)
La philosophie féroce (2004)
La communauté philosophique : manifest pour l'Université populaire (2004)
Traité d’athéologie : physique de la métaphysique (2005)
La sagesse tragique : du bon usage de Nietzsche (2006)
Journal hédoniste (bisher 3 Bände: 1996, 1998, 2001)
Contre-histoire de la philosophie :
- 1. Les sagesses antiques - de Leucippe à Diogène d'Oenanda (2006)
- 2. Le christianisme hédoniste - de Simon le magicien à Montaigne (2006)
- (6 weitere Bände angekündigt)
La puissance d'exister (2006)

[Bearbeiten] Deutsch

Der Bauch der Philosophen. Kritik der diätetischen Vernunft. Übers.: Eva Moldenhauer. Frankfurt/M: Campus 1990 ISBN 3-593-34293-6
Der Philosoph als Hund. Vom Ursprung des subversiven Denkens bei den Kynikern. Übers.: Eva Moldenhauer. Frankfurt/M: Campus 1991 ISBN 3-593-34417-3
Der sinnliche Philosoph. Über die Kunst des Geniessens. Übers.: Eva Moldenhauer. Frankfurt/M: Campus 1992 ISBN 3-593-34711-3
Philosophie der Ekstase. Frankfurt/M: Campus 1993 ISBN 3-593-34832-2
Die genießerische Vernunft. Die Philosophie des guten Geschmacks. Baden-Baden: Elster 1996 ISBN 3-89151-241-4
Die Formen der Zeit. Theorie des Sauternes. Berlin: Merve 1999 ISBN 3-88396-148-5
Der Rebell. Plädoyer für Widerstand und Lebenslust. Stuttgart: Klett-Cotta 2001 ISBN 3-608-91937-6
Theorie des verliebten Körpers. Für eine solare Erotik. Übers.: Ronald Voullié. Berlin: Merve 2001 ISBN 3-88396-167-1
Wir brauchen keinen Gott. Warum man jetzt Atheist sein muß. Übers: Bertold Galli. München: Piper 2006 ISBN 3-492-04852-8

[Bearbeiten] Sekundärliteratur

Martin A. Hainz: Reine Wollust? Michel Onfrays Theorie der Autoerotik mangelt es an Stringenz. In: literaturkritik.de, Nr 8, August 2006
Kai Köhler: Philosophischer Atheismus. Michel Onfray verkennt die Funktionalität von Religion. In: literaturkritik.de, Nr 10, Oktober 2006
Peter Hölzle: Manifest gegen den Glauben. In: Deutschlandfunk, 13.03.2006
Martin A. Hainz: "Abrakadabra-Theologien". In: literaturkritik.de, Nr 10, Oktober 2006