Kap Hoornier
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein „Kaphoornier“ (engl.: „Cape-Horner“; frz.: „Cap Hornier“) ist ein Seemann, der nachweislich auf einem Segelschiff ohne Hilfsmotor zu kommerziellen Zwecken das Kap Hoorn umsegelte. So legen es die Statuten der 1936/37 in Saint Malo (Frankreich) gegründeten internationalen Vereinigung „Amicale Internationale des Capitaines au Long Cours, Cap Horniers“ fest.
Hintergrund der Bezeichnung ist, dass die südliche Umfahrung von Kap Hoorn unter Seeleuten als eine der gefährlichsten Schiffahrtsrouten der Welt berüchtigt war. Kap Horn (nach der engl. und span. Schreibweise) liegt bei 55º 59' Südl. Breite und 67º 16' Westl. Länge und bildet die Südspitze von Amerika. Chile ist das Anrainerland. In der Kapregion herrschen oft Weststürme, was die Passage vor allem in Ost-West-Richtung langwierig und äußerst schwierig macht.
Die Kaphoorniers sind im Begriff, mangels Nachwuchs auszusterben: Der letzte Windjammer, der das Kap auf Frachtfahrt ohne Motorenhilfe umrundete, war am 11. Juli 1949 die Pamir. Es existieren zwar noch Großsegelschiffe, doch sie transportieren seit Jahren auf dieser Strecke fast keine Fracht mehr. Zunächst waren dies und ein Kapitänspatent Voraussetzung zur Aufnahme. Später konnten auch andere Mannschaftsmitglieder aufgenommen werden. Der Großteil des Frachtaufkommens durchfährt heute den Panama-Kanal.
Die letzten unter deutscher Flagge segelnden, Fracht gewerblich auch um das Horn transportierenden Schiffe waren die Pamir, die 1957 unterging, und die Passat, die 1958 als Segelschulschiff der dt. Handelsmarine außer Dienst gestellt wurde. Aufgrund der Altersstruktur wurde die deutsche Sektion der Kaphoorniers 2004 aufgegeben. Mit 84 starb 2005 Heiner Sumfleth, ein wichtiger deutscher Repräsentant der Vereinigung, an Land. In den Niederlanden und Chile sind noch zwei nationale Sektionen aktiv.
Darüber hinaus benutzen heute die meisten Segelschiffe während der Kap-Umsegelung aus Sicherheitsgründen einen Hilfsmotor. So sagt man den heute noch das Kap Hoorn touristisch umfahrenden Großseglern aus Russland und der Ukraine nach, dass nur die wenigsten Umsegelungen vollständig unter Segeln stattfinden: Die ungeübten Crews, großenteils aus Amateuren, könnten die Segelmanöver unter den oft herrschenden Sturm-Bedingungen nicht ausführen. Das trifft insbesondere auf Rahsegler zu, für deren Segelwechsel Besatzungsmitglieder hinauf in die Takelage klettern müssen. Einigen Großseglern gelingt jedoch auch heute noch die Passage ohne Motorkraft. Dazu gehört die deutsche Bark „Alexander von Humboldt“, die am 13. Januar 2006 Kap Hoorn unter Segeln umrundete. Mit einer Besatzung, die mit Ausnahme des Schiffsführers aus Amateuren bestand, passierte sie das Kap in Ost-West-Richtung, trotz einer Windstärke von 10 Beaufort, in Böen 11 Beaufort, aus West.
Das Symbol der Kaphoorniers ist der Albatros, ein Seevogel, der vor allem über den Ozeanen der Südhalbkugel lebt und als besonders in Stürmen wendiger Flieger die meiste Zeit seines Lebens über dem Meer verbringt. Er gilt zugleich auch als die Verkörperung der Seele eines verstorbenen Seemannes. Doch Albatros durften sich in der Bruderschaft nur die Kapitäne von Schiffen nennen, die Kap Hoorn als solche umrundeten. Von ihnen lebt heute keiner mehr. Der letzte, Gottfried Clausen von der „Kommodore Johnsen“, starb 1989. Alle anderen „Cap Horniers“ heißen nach einem kleineren Vogel aus der Albatrosfamilie „Malamok“ (engl. Mollyhawk).
Nach dem Hauptmast hießen die Präsidenten der Bruderschaft: Grands Mâts. Es waren bis 2004 Louis Allaire, Charles Fourchon, Léon Gautier, Marcel Legros, Raymond Lemaire, Yves Menguy, Jean Perdraut, Verner Ojst, Heiner Sumfleth.
Ein Kaphoornier, egal ob ehemaliger Kapitän oder Schiffsjunge, ist in Zeiten von technologisch hochmodernen Schiffen Symbol einer untergegangenen Zeit – einerseits zwar romantisch in der Erinnerung, andererseits hat er jedoch eine oft extrem gefährliche Arbeitswelt mit hartem Einsatz und hohem beruflichen Können manches Mal nur mit Glück überlebt. Sie alle sind die überlebenden Zeugen all der Toten, die für den Profit ihrer Reederei und den technologischen Fortschritt ihres Landes im Meer ihr Grab fanden. Ein Anliegen Ihrer Gemeinschaft war es, den auf See gebliebenen Fischern und Seeleuten eine angemessene Gedenkstätte an herausragender Stelle zu errichten. In den vorangegangenen hundert Jahren starben aus Deutschland fast 26 000 Seeleute in der Fischerei und bei der Handelsmarine auf See.
In Saint Malo gibt es im Tour Solidor ein Museum für Langstrecken-Seefahrt und insbesondere die Geschichte der Passagen von Kap Horn (egal in welcher Richtung und in welcher Sprache).
[Bearbeiten] Siehe auch
Kap Hoorn, Salpeterfahrten, Segelschulschiff, Weizenregatta
[Bearbeiten] Medien
- Peter Lohmeyer - Auf Windjammern ums Kap. VHS ~ ASIN
- NDR: Rollin' Home - Die letzte Fahrt der Kap Horniers - Aus der Reihe Zeugen einer vergangenen Epoche. Filmbericht, NDR - TV, 2003.
[Bearbeiten] Weblinks
- Amicale Internationale des Capitaines au Long Cours Cap-Horniers (A.I.C.H.) / International Brotherhood Captains Cap-Horners (offizielle Webseite der Vereinigung, engl. und frz.)
- Niederländische Kaphornier-Vereinigung (span.)
- Chilenische Kaphornier-Vereinigung (niederländisch)
- La tour Solidor, St. Malo (engl. und frz.)
- Zum Tod von Kapitän Heiner Sumfleth, im Oktober 2005 84-jährig verstorben. War erster und letzter deutscher Chef der intern. Bruderschaft.
- Oskar Beyer, Interview, 2003, Evangelische Zeitung - online.
- Clipper-Route auf WP-engl. (Als Yacht-Rennen neu entdeckt unter der Bezeichnung Clipper Round the World Race)