Salpeterfahrt
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Als Salpeterfahrten wird der Transport von Salpeter (Natriumnitrat) auf dem Schiffsweg bezeichnet. Der Begriff wird vor allem für die Segelschiff-Fahrten zwischen Europa und Chile vom 19. bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts verwendet. Salpeter war in dieser Zeit ein wertvoller Rohstoff für die Herstellung von Dünger und Sprengstoff. Seine Bedeutung ging vor allem durch die Einführung von Kunstdünger zurück.
In den 1860er Jahren hatte der Abbau von Salpeter in der Atacamawüste (heutiges Nordchile) begonnen. Die einander überschneidenden Interessen Chiles, Perus und Boliviens führten 1879 zum Salpeterkrieg, der 1884 mit dem Vertrag von Valparaíso beendet wurde. Das „weiße Gold“, jetzt im Besitz Chiles, wurde mit britischem, amerikanischem und deutschem Kapital geschürft und brachte der Region beträchtlichen wirtschaftlichen Aufschwung.
Der südamerikanische Salpeter war vor allem für den Export bestimmt. Um von Europa aus die chilenischen Häfen zu erreichen, mussten die Schiffe Kap Hoorn von Ost nach West gegen die vorherrschenden Westwinde umrunden. Danach ging die Fahrt entlang der chilenischen Küste nordwärts. Wenn die Schiffe Stückgut nach Valparaíso mit sich führten, wurde dort eine Zwischenstation eingelegt. Ansonsten fuhren sie unter Ballast direkt bis Iquique oder Antofagasta, wo der Ballast gelöscht und Salpeter übernommen wurde. Um 1890 lagen oft bis zu hundert Schiffe vor Iquique gleichzeitig auf Reede, um auf ihre Ladung zu warten. Mit Südkurs ging es dann wieder zum Kap Hoorn, und zurück nach Europa.
Die Routen führten damit durch die Roaring Forties (dt.: Brüllende Vierziger, Region zwischen dem 40. und dem 50. Breitengrad) sowie die Furious Fifties (dt. meist Rasende Fünfziger, Region zwischen dem 50. und dem 60. Breitengrad), die ihre Namen von den häufigen Weststürmen in diesen Gegenden tragen. Der Begriff "Salpeterfahrt" ist daher auch mit der Härte und Gefährlichkeit dieser Fahrten verbunden.
Dazu kommt eine gewisse Nostalgie für eine Zeit, in der die letzten großen Frachtsegler eingesetzt wurden. Denn die Salpeterfahrt war bis in die 20er bzw. 30er Jahre des 20. Jahrhunderts neben den Weizenfahrten nach Australien der letzte Einsatzbereich, in dem Windjammer gewinnbringender als Dampfschiffe betrieben werden konnten: Der Salpeter war als billiges Massengut verfügbar und in der Anlieferung nicht zeitkritisch; denn obgleich viele Großsegler auf langen Strecken noch schneller als die damaligen Dampfschiffe sein konnten, war ihre Geschwindigkeit von den Wetterbedingungen abhängig und damit nicht vorausplanbar. Wegen der unsicheren Reisezeiten der Frachtsegler wurde daher bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein Großteil des übrigen weltweiten Handels von Dampfschiffen abgewickelt.
1930 führte die Weltwirtschaftskrise binnen weniger Monate fast zur Einstellung des Handels und brachte auch den Abbau von Salpeter weitgehend zum Erliegen.
- siehe auch: Salpeterkrieg, Kaphoornier