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Heinrich Schütz

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Komponisten; für den KZ-Arzt siehe Heinrich Schütz (KZ-Arzt).
Heinrich Schütz portraitiert von Christoph Spetner um 1660
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Heinrich Schütz portraitiert von Christoph Spetner um 1660

Heinrich Schütz, latinisiert Henricus Sagittarius ( * 8. Oktober 1585 (JK) in Köstritz; † 6. November 1672 in Dresden) war ein Komponist des Frühbarock und der erste deutsche Komponist von europäischem Renommee.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Kindheit und Jugend

Schütz war das drittälteste von neun Geschwistern. Er verbrachte seine Kindheit in Weißenfels, wo seine Familie seit 1590 wohnte. 1598 wurde sein musikalisches Talent vom Landgraf Moritz von Hessen-Kassel entdeckt, mit dessen Förderung er nach einer Ausbildung zum Sängerknaben und dem Besuch der Kasseler Hofschule, des Collegium Mauritianums, ab 1608 Jura in Marburg studieren konnte. Gleichzeitig erlernte er das Orgelspiel und die Komposition. Von 1609 bis 1613 trat Schütz dank eines Stipendiums des Landgrafen in Venedig eine dreijährige Ausbildung bei Giovanni Gabrieli zum Musiker an, die er mit der 1611 veröffentlichten Madrigalsammlung Il Primo libro di Madrigali abschloss.

Als er 1612 wieder nach Kassel zurückkehrte, wurde er zum zweiten Organisten am Hofe des Landgrafen Moritz von Hessen berufen. Daraufhin begab er sich in den Dienst des sächsischen Kurfürsten und ging 1617 nach Dresden zur damals in Deutschland führenden Hofkapelle, wo er die Stelle des Kapellmeisters erhielt; diese hatte er bis zu seinem Lebensende inne. Sein Wechsel nach Dresden war bereits seit 1614 Gegenstand diplomatischer Auseinandersetzungen zwischen dem Landgrafen und dem Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen gewesen, die erst 1619 endeten, als sich der Kurfürst endgültig durchsetzen konnte. Im selben Jahr veröffentlichte er die von seinem Aufenthalt in Venedig geprägten Psalmen Davids und heiratete Magdalena Wildeck.

In Dresden war es Schützens Aufgabe, allen Arten von Ereignissen am Hofe einen musikalischen Rahmen zu geben. Neben geistlichen Werken entstanden so auch zahlreiche weltliche Werke, die allerdings aufgrund ihrer Stellung als „Gebrauchsmusik“ und mangelnder Veröffentlichung fast alle verlorengingen.

Heinrich Schütz 1627, im Jahr der Entstehung der Dafne
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Heinrich Schütz 1627, im Jahr der Entstehung der Dafne

[Bearbeiten] Dreißigjähriger Krieg

1618 brach der Dreißigjährige Krieg aus, dessen verheerende Auswirkungen nicht nur gut einem Drittel der deutschen Bevölkerung das Leben kosteten, sondern auch den fast völligen Zusammenbruch deutscher Kultur verursachten. Schütz schrieb selbst davon, wie „die löbliche Music von den anhaltenden gefährlichen Kriegs-Läufften in unserm lieben Vater-Lande Teutscher Nation nicht allein in grosses Abnehmen gerathen, sondern an manchem Ort gantz niedergeleget worden“. Er musste seine Ansprüche an Aufführungspraxis und Instrumentarien erheblich verringern, „damit mein von Gott verliehenes Talentum in solcher edlen Kunst nicht gantz ersitzen bleiben sondern nur etwas weniges schaffen und darreichen möchte“ (Widmungsvorrede des ersten Teils der Kleinen geistlichen Konzerte, Leipzig, 1636). Hinzu kam, dass die Pest sich wiederholt verbreitete. Nach dem frühen Tod Magdalenas im Jahr 1625 heiratete Schütz nie wieder. Innerhalb weniger Jahre verlor Schütz neben seiner jungen Ehefrau seine Eltern, seinen einzigen Bruder und beide Töchter.

Anlässlich der Hochzeit der ältesten Tochter des Kurfürsten in Torgau komponierte er 1627 auf einen durch Martin Opitz aus dem Italienischen entlehnten Text von Ottavio Rinuccini die Tragicomoedia von der Dafne, die als erste deutsche Oper gilt. Die Musik ist nicht überliefert, da die Partitur bei einem Brand zerstört wurde.

Um den Anschluss an das musikalische Leben nicht zu verlieren, besuchte Schütz 1628 zum zweiten Mal Italien, wo er über ein Jahr lang blieb und auch Claudio Monteverdi begegnete. Dort empfing er maßgebliche neue Impulse für sein Werk. Auch das erste Buch seiner Symphoniae sacrae, das er nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1629 veröffentlichte, zeugt von diesem Aufenthalt. Die Dresdner Kapelle sah sich jedoch mit so großen Schwierigkeiten bei der Einstellung von Musikern und Sängern konfrontiert, dass Schütz sich zeitweise in seiner Position gefährdet sah.

Die ungünstige Situation in Deutschland bewog ihn dazu, das Angebot des Königs Christian IV. von Dänemark und Norwegen anzunehmen. 1633 bis 1635, 1637 und von 1642 bis 1644 war er in Kopenhagen als dänischer Oberkapellmeister tätig, unternahm aber mehrmals Reisen nach Dresden. Neben seinen Ämtern als Kapellmeister war er auch musikalischer Ratgeber der Fürstenhöfe in Hannover, Wolfenbüttel, Gera, Weimar und Zeitz. 1636 veröffentlichte er in Leipzig den ersten Teil seiner Kleinen geistlichen Konzerte, die den Beginn der deutschen Kantate einläuteten. 1651 verfasste Schütz ein autobiographisches Memorial.

[Bearbeiten] Späte Jahre

In Wolfenbüttel wurde Schütz 1655, in Zeitz 1663 zum Hofkapellmeister ernannt. Dennoch schrieb er auch weiterhin für den Dresdner Hof. Seine seit 1645 immer wieder eingereichten Gesuche um die Versetzung in den Ruhestand wurden von Johann Georg I. allesamt abgelehnt; erst nach dessen Tod im Jahr 1657 gewährte sein Sohn Johann Georg II. von Sachsen Schütz einen weitgehenden Rückzug, nicht aber ohne ihn vorab noch zum Oberhofkapellmeister zu ernennen.

Den Lebensabend verbrachte Schütz in seinem Haus in Weißenfels, dem Ort seiner Kindheit. Aus dieser Zeit stammen seine drei Passionen Lukas- (um 1665), Matthäus- (1666) und Johannespassion (?1692-97) sowie sein Weihnachtsoratorium (1664). Sein letztes Werk ist der Schwanengesang (1671), eine Sammlung von 12 Motetten mit anschließendem Magnificat. Er starb im hohen Alter von 87 Jahren in Dresden an einem Schlaganfall, er wurde in der Vorhalle der alten Dresdner Frauenkirche beigesetzt. 1727 wurde diese abgerissen, seine Gebeine gingen dabei verloren.

[Bearbeiten] Musikalisches Schaffen

Titelseite derPsalmen Davids
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Titelseite der
Psalmen Davids

Heinrich Schütz gilt als der bedeutendste deutsche Komponist des Frühbarock. Er komponierte die erste deutsche Oper und das erste moderne deutsche Oratorium.

Die aus dem Zusammentreffen von Dreißigjährigem Krieg, Seuchen und sozialen Umwälzungen resultierenden schwierigen Lebensumstände trugen vermutlich dazu bei, dass Schütz sein Leben als „nahezu qualvolle Existenz“ beschrieb. Diese Schwermütigkeit spiegelt sich auch in Schütz’ Werk wieder. Die Gefühlsintensität und Tiefe, die er vielen seiner Kompositionen verlieh, trugen ebenfalls dazu bei, ihn zum ersten deutschen Komponisten von europäischem Ruf zu machen.

Schütz führte den italienischen monodischen Stil in Deutschland ein und vereinigte ihn mit den Ausdrucksformen der deutschen Tonkunst. Ein wesentlicher Aspekt in seinen Werken ist die „Übersetzung“ von Texten in Musik mittels musikalisch-rhetorischer Figuren. Dabei verwendete Schütz vor allem das unveränderte Bibelwort, während er gereimte oder gar strophische Texte eher selten vertonte.

Der Großteil von Schütz’ überlieferten Kompositionen ist geistlicher Natur; seine Madrigale sind die einzige weltliche Werksammlung, die von ihm erhalten geblieben ist. Obwohl er ein geschätzter Organist seiner Zeit war, ist kein Instrumentalwerk von ihm überliefert. Eine vollständige Auflistung von Schütz’ Werk findet sich im Schütz-Werke-Verzeichnis von Werner Bittinger.

[Bearbeiten] Rezeption

Zu Lebzeiten wurde Schütz als „parens nostrae musicae modernae“, also „Vater unserer (d. h. der deutschen) modernen Musik“ tituliert. Die erste deutsche Musikgeschichte 1650 nannte ihn „den allerbesten teutschen Componisten“, auf seinem Grabstein wurde er als „seines Jahrhunderts hervorragendster Musiker“ (saeculi sui musicus excellentissimus) bezeichnet. Zu Schütz’ Schülern zählen Weckmann, Theile, Krieger, Vierdanck und Bernhard. Trotz der Wertschätzung durch seine Zeitgenossen jedoch geriet er nach seinem Tod rund 200 Jahre lang in Vergessenheit. Nur eine einzige Erwähnung findet sich 1834 in einer Arbeit Carl von Winterfelds über Gabrieli.

Erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts dann wurde Schütz wieder zunehmend gewürdigt. 1885 veröffentlichte Philipp Spitta den ersten von 16 Bänden, die Schütz’ gesammeltes Werk enthielten und erste Neuaufführungen fanden statt (u.a. durch Johannes Brahms). 1922 wurde eine erste kurzlebige Heinrich-Schütz-Gesellschaft gegründet, 1930 dann eine Neue Schütz-Gesellschaft, die später umbenannt wurde und noch heute als Internationale Heinrich-Schütz-Gesellschaft (ISG) besteht. Einer ihrer Mitbegründer, Hans-Joachim Moser, legte 1936 eine erste Biographie über Schütz vor, nachdem Erich Müller bereits 1931 eine Sammlung von Schützens schriftlichem Nachlaß herausgegeben hatte. 1955 dann begann die ISG mit der Veröffentlichung einer Neuen Ausgabe sämtlicher Werke, die mittlerweile 34 Bände hat (Stand: Februar 2006) und voraussichtlich bis auf etwa 45 Bände anwachsen wird.

[Bearbeiten] Quellen

  • Irene Hempel, Heinrich Schütz. Biographische Briefe und Dokumente, Leipzig 1985
  • Michael Heinemann, Heinrich Schütz und seine Zeit, Laaber, 1993, ISBN 38-9007-116-3

[Bearbeiten] Weiterführende Literatur (Auswahl)

  • Erich H. Müller, Heinrich Schütz - Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg 1931
  • Hans Joachim Moser, Heinrich Schütz. Sein Leben und sein Werk, Kassel, 1936
  • Hans Heinrich Eggebrecht, Heinrich Schütz. Musicus Poeticus, Göttingen 1959, Wilhelmshafen 1984, ISBN 3-7959-0410-2
  • Otto Brodde, Heinrich Schütz. Weg und Werk, Kassel 1979, ISBN 37-6180-159-9
  • Martin Gregor-Dellin, Heinrich Schütz. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, München 1987, ISBN 34-9202-919-1
  • Mara R. Wade: Heinrich Schütz as Artistic Director of the Great Wedding, in: German Court Culture and Denmark. Wiesbaden: Harrassowitz 1997, S. 221-278, ISBN 3-447-03899-3
  • Michael Heinemann, Heinrich Schütz, Rowohlt, Hamburg 1994, ISBN 34-9950-490-1
  • Michael Heinemann, Heinrich Schütz in Kassel und Venedig, in: Heiner Borggrefe, Vera Lüpkes, Hans Ottomeyer (Hrsg.): Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa, 1997, S. 301ff., ISBN 39-3235-304-8

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Heinrich Schütz – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
Anmerkung: Doppelte Daten sind erstens gemäß julianischem Kalender angegeben, zweitens gemäß gregorianischem Kalender. Der Wechsel des Kalenders fand, je nach Staat, zwischen 1582 und 1812 statt, in einigen Staaten Osteuropas erst Anfang des 20. Jahrhunderts (beispielsweise in Russland zur Oktoberrevolution 1917).
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