Großhesseloher Brücke
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Die Großhesseloher Brücke ist eine Eisenbahnbrücke der Eisenbahnstrecke München - Holzkirchen. Bei ihrer Eröffnung 1857 war sie die höchste Eisenbahnbrücke der Welt.
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[Bearbeiten] Lage
Die Großhesseloher Brücke überquert die Isar im Süden Münchens bei Großhesselohe, einem Ortsteil Pullachs. Das Isarhochufer bietet an dieser Stelle einen Blick auf München, der durch Zeichnungen, Bilder und Filmaufnahmen berühmt ist
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Die erste Brücke: 1857-1983
Die Großhesseloher Brücke wurde im Zuge des Baus der Bahnstrecke München - Holzkirchen von 1851 bis 1857 errichtet. Architekt war Friedrich August von Pauli, damals Rektor der Technischen Hochschule München, der heutigen Technischen Universität München, ausführende Firma war die Maschinenfabrik Kramer&Klett Nürnberg. Die Eröffnung fand am 31. Oktober 1857 statt. Zu diesem Zeitpunkt war sie die höchste Eisenbahnbrücke der Welt.
Bereits zur Eröffnung war die Großhesseloher Brücke zweigleisig ausgelegt. Für diesen doppelgleisigen Betrieb wurde sie mit zwei getrennten Tragkonstruktionen ausgebaut. Daneben war sie von Anfang an mit zwei Fußwegen ausgestattet, die jeweils außen parallel zu den Gleisen geführt wurden.
Das immer höhere Gewicht der Lokomotiven schränkte die Verwendung der Brücke immer mehr ein. Nachdem die Bahnstrecke München - Deisenhofen auf ganzer Länge zweigleisig ausgebaut war, wurden 1908/09 die Linsenfachwerkträger durch acht genietete Halbparabelfachwerkträger (sog. Pauli-Träger) ersetzt. Da sich das Gewicht von 630 t auf 960 t steigerte, mussten die Nagelfluh-Brückenköpfe durch Betonauflagerbänke ersetzt werden. Weitere Renovierungen erfolgten 1936, 1941 und in den 1960er Jahren.
1945 sollte die Großhesseloher Brücke gesprengt werden, um den Vormarsch der Alliierten auf München zu verhinderten. Ein Bürger konnte jedoch mit Hilfe eines Wehrmachtsoldaten eine der Sprengladungen entfernen, so dass die Großhesseloher Brücke der Sprengung standhielt.
Ein Modell der Großhesseloher Brücke befindet sich im Deutschen Museum.
[Bearbeiten] Technische Daten der ersten Brücke
Höhe | 31 m über Isar-Niedrigwasser (Brückenplanier) |
Länge | 258,30 m mit 4 Öffnungen, zwei Hauptöffnungen je 52,54 m, zwei Nebenöffnungen von je 26,56 m |
Breite | k.A. |
Konstruktion Brücke | ursprünglich Linsenfachwerk, ab 1909 genietete Halbparabelträger, jeweils mit oben aufliegender Fahrbahn |
Gesamtgewicht Brücke | 630 t, ab 1909 960 t |
Konstruktion Pfeiler- und Widerlagersockel | Nagelfluhquader, je 2-3 m³ |
Konstruktion Pfeiler | Ziegelwerk, durchsetzt mit Querschichten aus Quadern |
Gesamtumfang des Mauerwerks | k.A. |
Baukosten | k.A. |
[Bearbeiten] Selbstmörderbrücke
Von der Großhesseloher Brücke sprangen von 1857 bis 1983 etwa 280 Menschen in den Tod. Nicht nur die Höhe, sondern auch die Kiesbänke der Isar garantierten einen tödlichen Ausgang des Sprunges. Insofern wurde die Großhessloher Brücke lokalsprachlich ein Synonym für Selbstmord: man "sprang" nicht von irgend einer "Brücke", sondern immer von der "Großhesseloher'". Aufwändige Stacheldrahtabsicherungen reduzierten die Zahl der Selbstmordversuche, konnten sie aber nicht vollständig verhindern.
[Bearbeiten] Neubau 1983-1985
Ende der 1970er Jahre sah sich die Bundesbahndirektion München außerstande, die Großhesseloher Brücke in einer weiteren Generalsanierung für den modernen Eisenbahnverkehr zu ertüchtigen. Sie favorisierte einen Neubau der Brücke, mit dem alle Probleme, einschließlich der Sicherheit gelöst werden sollten.
Die öffentliche Meinung war großenteils gegen einen Neubau. Neben emotionalen Gründen - schließlich war sie fast jeden Münchner von Ausflügen her bekannt - die Waldwirtschaft Großhesselohe z.B. befindet sich in der Nähe - sprachen vor allem denkmalschützerische Gründe gegen einen Neubau. Da die Kosten durch eine Generalsanierung aber für die Deutsche Bundesbahn in nicht mehr finanzierbarer Höhe anwuchsen (so hätten für die historische Fachwerkkonstruktion Fachleute aus dem Ausland geholt werden müssen), kam nur noch ein Neubau in Frage.
1983/84 wurde die alte Brücke abgerissen; 1983-1985 wurde die neue Brücke an gleicher Stelle errichtet. Der Verkehr lief während der Bauzeit auf einer Behelfsbrücke. Eröffnet wurde die Brücke Oktober 1985 mit der Überfahrt des Nachbaus des Adlers.
Die neue Brücke ist eine Fachwerkbrücke mit oben aufliegender Fahrbahn in rund 42 m Höhe. Pfeiler und Widerlager sind aus Stahlbeton. Ein großzügiger Rad- und Fußweg läuft innerhalb der Fachwerkkonstruktion.
[Bearbeiten] Beteiligte Personen
[Bearbeiten] Erste Brücke 1857-1983
- Friedrich August von Pauli, München, Architekt;
- Heinrich Gerber, Kramer&Klett Nürnberg, Bauausführung;
- Oberregierungsrat Ebert, Vorstand des Baukonstruktionsamtes der K. Bay. Staatseisenbahnen, Entwurf Halbparabelträger 1908/09;
[Bearbeiten] Kuriosa
Ein Ausflug zur alten Großhesseloher Brücke gehörte zum Pflichtprogramm des Heimat-und Sachkundeunterrichts an Grundschulen. Ältere Münchner erinnern sich, dass unten an der Kiesbank, an dem die meisten Menschen nach ihren Sprung aufprallten, die Lehrkraft immer von einer jungen Frau erzählten, die den Suizidversuch als einzige schwerverletzt überlebt habe. Sie käme nämlich vom Lande und hatte unter ihrem Dirndl die vorgeschriebene Anzahl an Unterröcken. Diese öffneten sich, so dass die Frau durch ihren Dirndl wie ein Fallschirm zu Boden kam. Ein Nachweis für die Historizität dieser Geschichte wurde bisher nicht gefunden.
[Bearbeiten] Literatur
- Lutz Eckardt: Wunderwerk der Brückenbaukunst - die Großhesseloher Brücke. In: Vielfalt im Landkreis München. Landratsamt München, Kreissparkasse München Starnberg, eds. München: Heller & Partner 2004 (ISBN 3-88863-022-3), S. 244-251;
- München und seine Bauten. Bayerischer Architekten- und Ingenieur-Verband e.V., ed. 2. originalgetreue Auflage der Erstausgabe 1913. München: F. Bruckmann 1978. ISBN 3-7654-1747-5
Koordinaten: 48° 4' 28" N, 11° 32' 24" O