Autofrei
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter Autofrei versteht man umgangssprachlich das zeitlich oder räumlich begrenzte Nicht-Vorhandensein bzw. das Verbot des Betreibens bestimmter (meist privater) Kraftfahrzeuge (des MIV) beispielsweise in ökologisch oder touristisch empfindlichen Gebieten. Geregelt wird dies durch Gesetze oder örtliche behördliche Bestimmungen. Rechtlich ist es gleichbedeutend mit dem Verkehrszeichen: Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge nach StVO. Ausnahmen sind für z.B.: Notarzt oder Polizei zugelassen.
Die Autofreiheit kann hierbei für einen bestimmten Zeitraum, eine bestimmte Strecke oder auch für ganze Ortschaften gelten. Beispielsweise ist Zermatt generell autofrei und nur mit der Eisenbahn zu erreichen; ebenso ist die Ostsee-Insel Hiddensee nur mit der Fähre von Schaprode oder Stralsund aus zu erreichen.
In § 50 der deutschen Straßenverkehrsordnung ist dies für die Insel Helgoland festgeschrieben: "Auf der Insel Helgoland sind der Verkehr mit Kraftfahrzeugen und das Radfahren verboten."
Anlass können zum Beispiel Straßenfeste, Demonstrationen oder andere Veranstaltungen sein oder auch die regelmäßig wiederkehrende Freigabe der Fahrbahn für nichtmotorisierte Fortbewegung, etwa Inline-Skates.
Erstmals wurde der Begriff allgemein verwendet und auch in ganz Deutschland bekannt durch den ersten autofreien Sonntag am 25. November 1973 während der so genannten 1. Ölkrise 1973.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Autofreies Wohnen
In einigen deutschen Städten sind autofreie Stadtquartiere realisiert worden, z.B. in Hamburg, Münster, Freiburg, im Ausland z.B. in Amsterdam und Edinburgh. Daneben gibt es viele kleinere realisierte Projekte, deren autofreier Vorteil insbesondere in der Kostenersparnis durch nicht gebaute Tiefgaragen besteht (z.B. Bremen). Daneben gibt es auch Bestrebungen verschiedener Gruppierungen, ganze Stadtviertel autofrei umzugestalten. Sie begründen dies u.a. mit der größeren Sicherheit für die dort lebenden Kinder. Andererseits solle damit auch gezeigt werden, dass ein modernes Leben auch ohne Auto vor der Haustür möglich sei, unter der Voraussetzung eines gut ausgebauten Netzes des öffentlichen Verkehrs (ÖPNV) oder/und guter Möglichkeiten für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr.
[Bearbeiten] Autofreie Menschen
Weiterhin bezeichnen sich Personen, die freiwillig ohne eigenes Auto leben, als autofrei – im Gegensatz zu unfreiwillig (z.B. aus finanziellen Gründen) autolosen Personen. Autofreie Menschen begründen ihre Entscheidung oft mit den massiven Nachteilen des Autos für die Gesellschaft, beispielsweise:
- Unfallhäufigkeit: Laut WHO sterben jährlich mehr als 1,2 Millionen Menschen an den Folgen von Verkehrsunfällen, in denen Automobile verwickelt sind.
- Schadstoffemission und Toxizität: In Deutschland sterben nach Schätzung des Umweltbundesamtes jährlich mindestens 14.000 Menschen infolge von Diesel-Abgasen.
- Klimaerwärmung: Mit fossiler Energie betriebene Automobile produzieren große Mengen des Treibhausgases CO2.
- Flächenverbrauch für Straßen, Autobahnen und Parkplätze.
- Lärmemission: Nach Studien des Umweltbundesamtes gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Verkehrslärm an Straßen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Rohstoffverbrauch: Bei der Herstellung eines Automobils werden beispielsweise mehrere hunderttausend Liter Wasser verbraucht.
- Kriegsgefahr: Wegen des enormen Ölverbrauchs des Autos wird Öl immer knapper und umkämpfter.
- Welthunger: Die meisten Entwicklungsländer geben mehr Devisen für Öl und Autos aus als für alle anderen lebenswichtigen Importe. Weiterhin wird bereits damit begonnen, landwirtschaftliche Flächen zur Erzeugung von Autotreibstoffen wie Methanol und Biodiesel zu verwenden, während die Menschen noch zu Tausenden verhungern – z.B. in Brasilien. (Siehe dazu auch unter Nachwachsender Rohstoff.)
Daher fordern viele autofreie Menschen auch eine autofreie Gesellschaft – üblicherweise mit Ausnahmen (Krankentransport, Feuerwehr, usw.), da sie anerkennen, dass nicht in jedem Fall adequate Alternativen existieren.
Siehe auch: Straßenverkehr, Mobilität, sanfter Tourismus, Umweltbewusstsein, Umweltbewegung
[Bearbeiten] "autofrei" in der deutschen Politik
Die Alternative Liste in Berlin forderte Anfang der 80er Jahre ein autofreies Berlin. Der Politikwissenschaftler Winfried Wolf legte 1993 ein Konzept für ein autofreies Marburg vor.
[Bearbeiten] Situation in der Schweiz
In der Schweiz kam es bereits zu zwei Volksabstimmungen betreffend regelmäßigen autofreien Sonntagen:
- 18. Mai 2003 - Volksinitiative 'für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit - ein Versuch für vier Jahre (Sonntags-Initiative)' ([1])
- 28. Mai 1978 - Eidgenössische Volksinitiative 'für 12 motorfahrzeugfreie Sonntage pro Jahr' ([2])
Beide Volksinitiativen wurden vom Schweizer Volk abgelehnt, 2003 mit 62.4% Nein-Stimmen und 1978 mit 63.7% Nein-Stimmen.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Winfried Wolf: Sackgasse Autogesellschaft. Köln 1993, ISBN 3-929008-52-1
- Michael Hartmann: Der AutoGeher. AutoBiografie eines AutoGegners. ISBN 3-928300-81-4
- Markus Schmidt: Eingebaute Vorfahrt. ISBN 3-9803508-8-6
- Winfried Wolf: Berlin - Weltstadt ohne Auto? Verkehrsgeschichte 1848 - 2015. Köln 1994, ISBN 3-929008-74-2
- Winfried Wolf: Die autofreie Stadt: der Autowahn am Beispiel der Stadt Marburg an der Lahn; Geschichte, Perspektive und Alternative. Köln 1993, ISBN 3-929008-41-6
- Nikolaus Huhn, Matthias Lemke (Hrsg.): "ÜberLeben ohne Auto: ein Lesebuch", München 2000, ISBN 3-928244-60-4
[Bearbeiten] Weblinks
In Deutschland: