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Anlagenotstand

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Unter Anlagenotstand versteht man einen Zustand, in dem Geldkapital zwar ausreichend vorhanden ist, aber mangels Möglichkeiten nicht mit attraktiver Rendite investiert werden kann. Im Bereich der Vermögensverwaltung durch Investmentfonds oder Versicherungen kann es zeitweise zu einem Anlagenotstand kommen, der zu wenig attraktiven Anlageentscheidungen zwingt. In der Wirtschaftspolitik wird der Begriff des Anlagenotstandes als politisches Schlagwort verwendet, unterschiedliche Wirtschaftsmodelle in den Wirtschaftswissenschaften analysieren das Phänomen unterschiedlich. Ein Anlagenotstand führt in der Auffassung einiger Wirtschaftstheorien oft zu Spekulationsblasen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Beispiel Lebensversicherungen

Kapitallebensversicherungen sind verpflichtet, eine vertraglich vereinbarte Mindestrendite auf die Sparanteile zu zahlen. Aufgrund der andauernden Niedrigzinsphase fielen die Renditen sicherer Staatsanleihen unter diese Mindestverzinsung. Da auf der anderen Seite eine Erhöhung der Rendite durch risikoreichere Anlagen gesetzlich nicht zulässig war, entstand ein existenzbedrohender Anlagenotstand. Der Gesetzgeber reagierte mit der Senkung der Mindestverzinsung von ursprünglich 4 % auf inzwischen 2,25 % für das Neugeschäft.

[Bearbeiten] Volkswirtschaftliche Betrachtungen

Auch wenn "Anlagenotstand" kein Fachbegriff der Volkswirtschaftslehre ist, kann die Frage nach der Möglichkeit eines gesamtwirtschaftlichen Anlagenotstandes diskutiert werden. Je nach volkswirtschaftlicher Schule kommt man hierbei zu unterschiedlichen Ergebnissen.

[Bearbeiten] Klassische und Neoklassische Theorie

Die Klassische Theorie kennt keine dem Anlagenotstand vergleichbare gesamtwirtschaftliche Situation, und geht davon aus, dass die Märkte sich von selbst wieder stabilisieren. Gemäß der Neoklassischen Theorie kann es in einem freien Markt keinen gesamtwirtschaftlichen Anlagenotstandes geben. Kapital stellt hier ein knappes Gut dar, dessen Preis (der Zins) sich auf dem Kapitalmarkt bildet. Übersteigt die Menge des (anlagesuchenden) Kapitals die Menge der Anlagemöglichkeiten zum Marktzins, so wird der Marktzins fallen, bis der markträumende Zins erreicht ist. Markträumend bedeutet hier, dass alle Anlagewünsche befriedigt werden können, es also keinen "Anlagenotstand" gibt. Aus Sicht des Anlegers bedeutet dies, dass er zwar sicher sein kann eine Anlage zum Marktzins zu finden, die Höhe dieses Martzinses jedoch seine Erwartung ggf. nicht erfüllt.

In einer reinen Marktwirtschaft kann es in der neoklassischen Auffassung nicht zu diesem Problem kommen, aber staatliche Eingriffe wie sie zum Beispiel vom Keynesianismus gefordert werden, können in der neoklassischen Auffassung den Markt soweit schädigen, dass es zu realem Marktversagen kommen kann. Ein Beispiel für einen staatlich induzierten "Anlagenotstand" würde z.B. die oben geschilderte gesetzlich vorgeschriebene Mindestverzinsung für Lebensversicherungen darstellen. Die Lösung für derartige Probleme, ist in der neoklassischen Auffassung also, staatliche Intervention zu eliminieren, Märkte zu deregulieren, Steuern zu senken, und staatliche Betriebe zu privatisieren.

[Bearbeiten] Marxismus

Marx prognostiziert mit dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate eine Situation die an den "Anlagenotstand" erinnert. Hier werden durch die dauernden Versuche, den Mehrwert zu erhöhen, immer weniger Arbeitskräfte eingestellt, wobei menschliche Arbeitskraft aber in der Marxistischen Theorie die einzige Quelle von Mehrwert darstellt. Als Resultat würden im Marxistischen Verständnis die Kapitalisten eine künstliche Knappheit bei den Produktionsmitteln, und damit den Arbeitsplätzen, erzeugen.

Eine Lösung sieht Marx lediglich in der revolutionären Umwandlung der Gesellschaft in einen Zustand des Kommunismus in der die Diktatur des Proletariats herrscht.

[Bearbeiten] Freiwirtschaftliche Analyse

In der Analyse von Silvio Gesell ist ein Zustand möglich, in dem der Markt in gewissen Situationen versagt und kein markträumendes Gleichgewicht mehr zustande kommt. Im Falle dieser "Geldhortung" genannten Situation, wird Geld bei sinkenden Zinssätzen nicht mehr für Investitionen angeboten, und somit dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Die Ursache hierfür sieht Gesell in tiefen Kapitalmarkt-Renditeraten nahe des Urzinses.

Die Wirkung dieser Situation kann als aus Anlegersicht als Anlagenotstand beschrieben werden. So werden oberflächlich betrachtet widersprüchliche Aussagen gemacht, nämlich beschweren sich Kapitalbesitzer über mangelnde Investitionsmöglichkeiten, auf der anderen Seite beschweren sich die Unternehmer über mangelndes Investitionskapital. Das Resultat ist vielfach eine Spekulationsblase, da das Anlagesuchende Kapital in Ermangelung von rentablen Investitionen zu Spekulationszwecken eingesetzt wird.

Die Lösungsstrategie für die Situation, die Gesell vorschlägt, ist, durch Steuererhöhungen, staatliche Arbeitsbeschaffungsmassnahmen, und expansionistische Geldpolitik die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zu erhöhen, und neue, vom Staat geschaffene Anlagen und Märkte mit garantierten, hohen Renditen zur Verfügung zu stellen, während versucht wird, der Gefahr einer durch dem Geldkreislauf entzogenes Geld verursachten Deflation vorzubeugen.

Als vorzuziehende, endgültigere Lösung sieht er Freigeld alternativ zur interventionistischen Politik vor, die den Anlagedruck durch eine Umlaufsicherung auf Geld erhöht, um so zu verhindern, dass das Geld dem Geldkreislauf entzogen wird.

[Bearbeiten] Keynesianische Theorie

Siehe auch: Liquiditätsfalle

In der Keynsianischen Theorie ist ein Zustand möglich, in dem der Markt in gewissen Situationen versagt und kein markträumendes Gleichgewicht mehr zustande kommt. Im Falle der sogenannten Liquiditätsfalle wird Geld bei sinkenden Zinssätzen nicht mehr für Investitionen angeboten und somit dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Die Ursache hierfür sieht Keynes in einer Erwartung auf steigende Renditeraten oder Renditeraten nahe der Liquiditätsprämie.

Die Wirkung dieses Effektes kann als aus Anlegersicht als Anlagenotstand beschrieben werden. So werden oberflächlich betrachtet widersprüchliche Aussagen gemacht, nämlich beschweren sich Kapitalbesitzer über mangelnde Investitionsmöglichkeiten, auf der anderen Seite beschweren sich die Unternehmer über mangelndes Investitionskapital. Das Resultat ist vielfach eine Spekulationsblase, da das Anlagesuchende Kapital in Ermangelung von rentablen Investitionen zu Spekulationszwecken eingesetzt wird.

Die Lösung für die Situation, die Keynes vorschlägt, ist, durch Steuererhöhungen, staatliche Arbeitsbeschaffungsmassnahmen, und expansionistische Geldpolitik die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zu erhöhen, und neue, vom Staat geschaffene Anlagen mit garantierten, hohen Renditen zur Verfügung zu stellen, während versucht wird, der Gefahr einer durch dem Geldkreislauf entzogenes Geld verursachten Deflation vorzubeugen.


[Bearbeiten] Kapitalismuskritik

Sinkende Investitionsneigung
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Sinkende Investitionsneigung

Obwohl der Begriff „Anlagenotstand“ von den Pressestellen und Volkswirtschaftslichen Abteilungen der Banken seinen Weg in die Wirtschaftspresse fand und heute auch noch verwendet wird, wird er inzwischen auch gern von Kapitalismuskritikern verwendet. Er soll als Gegenargument gegen angeblich zu geringe Gewinne, die über Lohnmäßigung und Sozialabbau wieder gesteigert werden müssten, dienen. Wenn anlagesuchende Gewinne und damit ausreichend Kapital da sind - „Geld ist genug da!“ - und trotzdem nicht investiert wird, kann es nicht – so das Argument – an zu hohen Löhnen oder zu hohen Arbeitskosten liegen, sondern muss andere Gründe haben, zu nennen wäre etwa beispielsweise Kapitalkonzentration oder „Verkrustung“ der Märkte durch Monopole und Oligopole.

[Bearbeiten] Weblinks

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