Angebotspolitik
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Die Angebotspolitik (oder Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik) wurde von Wirtschaftswissenschaftlern in den 1930er-Jahren entwickelt und in den 1970er-Jahren neu aufgegriffen. Sie basiert im Wesentlichen auf der Annahme, dass Unternehmen (Anbieter) auf der Grundlage ihrer Gewinn- bzw. Renditeerwartungen über Investitionen und damit auch über die Schaffung von Arbeitsplätzen entscheiden. Im Vordergrund steht die Verbesserung der Investitionsbedingungen. Durch den Anreiz für die Unternehmen zu investieren soll ein angemessenes Wachstum und dadurch ein hoher Beschäftigungsstand erreicht werden. Auf Eingriffe des Staates soll weitestgehend verzichtet werden.
Erreicht werden sollen diese Ziele durch
- Bürokratieabbau und Deregulierung
- die Verringerung der Produktionskosten, insbesondere der Lohnnebenkosten
- die Verringerung der Sozialleistungen auf ein notwendiges Mindestmaß
- ein einfaches Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen
- den Abbau der Staatsverschuldung
- Sicherung des Wettbewerbes, Abbau von Subventionen
- Privatisierung öffentlicher Unternehmen
- potenzialorientierte Geldpolitik (=Orientierung der Geldmengenentwicklung am Wirtschaftspotenzial)
Die Angebotspolitik ist neben der so genannten Nachfragepolitik (Keynesianismus) eine der zwei maßgeblichen Politikempfehlungen der Wirtschaftswissenschaften zur Förderung von Konjunktur und Beschäftigung. Die große Mehrheit der Ökonomen neigt allerdings der Angebotspolitik zu.
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik (nicht die Angebotspolitik) erlaubt auch staatliche Ausgaben zur Verbesserung der Situation der Angebotsseite (Unternehmen), z. B. Investitionen in die Infrastruktur oder andere Ausgaben die der Wirtschaft direkt zugute kommen, während die nachfrageorientierte Variante versucht, durch höhere Löhne, beschäftigungsintensive Maßnahmen und dergleichen die Nachfrageseite (Arbeitnehmer, Kaufkraft) zu stärken. In der Praxis hat ersteres durchaus Erfolge gebracht, während letzteres eher als Mittel zur Umverteilung und damit als Sozialpolitik dienlich war, wenn auch oft mit unerwünschten Konsequenzen wie steigende Arbeitslosigkeit oder Schulden.
Im Kern geht die Angebotstheorie auf das saysche Theorem zurück, benannt nach Jean-Baptiste Say (1767-1832). Es beruht auf der Annahme, dass das Angebot selbst für optimale Bedingungen sorgt, um Nachfrage zu schaffen.
Eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik wurde (teilweise) z.B. in den USA unter Ronald Reagan praktiziert(Reaganomics), in Großbritannien unter Margaret Thatcher (Thatcherismus) und in jüngster Zeit z.B. in Irland und Neuseeland. In allen diesen Ländern sank in der Folgezeit die Arbeitslosigkeit erheblich, allerdings ist ein kausaler Zusammenhang nicht direkt beweisbar.
Insgesamt setzte sich eine mehr oder weniger angebotsorientierte Wirtschaftspolitik in den Industrieländern weitestgehend durch. Bemerkbar macht sich dies auch in der wirtschaftspolitischen Wende der großen sozialdemokratischen Parteien in Europa.