Wassili Semjonowitsch Grossmann
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Wassili Semjonowitsch Grossmann (auch Vassily, Wassilij, russisch Василий Семёнович Гроссман; * 12. Dezember 1905; † 14. September 1964) war ein prominenter sowjetischer Schriftsteller und Journalist.
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[Bearbeiten] Biografie
Als Josif Solomonowitsch Grossmann in Berdytschiw, Ukraine in eine aufgeklärte jüdische Familie geboren, erhielt Grossmann keine traditionelle jüdische Erziehung und kannte nur ein paar Worte Jiddisch. Ein russisches Kindermädchen wandelte seinen Namen Jossja in das russische Wassja (ein Diminutiv von Wassilij), der von der ganzen Familie akzeptiert wurde. Sein Vater war Sozialdemokrat und schloß sich den Menschewiki an. Der junge Wassilij Grossmann unterstützte idealistisch die russische Revolution von 1917.
Während seines Studiums an der Moskauer Universität begann Grossmann Kurzgeschichten zu schreiben und setzte seine literarischen Aktivitäten fort als er später als Ingenieur im Donbass arbeitete. Eine seiner ersten Kurzgeschichten, In der Stadt Berdytschiw (В городе Бердичеве), führte dazu, dass Maxim Gorki und Michail Bulgakow auf Grossmann aufmerksam wurden und ihn ermutigten. Der berühmte Film Die Komissarin (Regie Alexander Askoldow), 1967, vom KGB unterdrückt und erst im Oktober 1990 heraus gekommen, basiert auf dieser vierseitigen Geschichte.
Mitte der 1930er gab Grossmann seinen Beruf als Ingenieur auf und widmete sich ganz dem Schreiben. Bis 1936 hatte er zwei Sammlungen von Geschichten veröffentlicht und 1937 wurde er Mitglied des Schriftstellerverbandes der UdSSR. Während der Großen Säuberung wurden einige seiner Freunde und nahen Verwandten verhaftet, darunter seine Frau. Monatelang schrieb er Eingaben an die Behörden, um ihre Freilassung zu erreichen, was ihm 1938 gelang.
Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941, blieb seine Mutter in Berdytschiw und wurde mit mehr als 20.000 bis 30.000 anderen Juden ermordet. Grossmann wurde vom Einsatz in der Armee freigestellt aber meldete sich freiwillig zur Front, wo er mehr als 1000 Tage verbrachte. Er wurde Kriegsreporter für die populäre Zeitung der Roten Armee Krasnaja Swesda (Roter Stern). Er schilderte die großen Ereignisse des Krieges, darunter die Schlacht um Moskau, die Schlacht von Stalingrad, die Schlacht um Kursk und die Schlacht um Berlin. Außer seinen Kriegsreportagen wurden seine Romane (wie Das Volk ist unsterblich (Народ бессмертен)) veröffentlicht und er wurde als Kriegsheld angesehen. Der Roman Stalingrad (1950), später in Die gerechte Sache (За правое дело) umbenannt, beruht auf seinen Erfahrungen während der Belagerung.
Grossmanns dokumentarische Beschreibungen der ethnisch gesäuberten Ukraine und Polens, des Vernichtungslager Treblinka und des KZ Majdanek gehörten zu den ersten Augenzeugenberichten - schon 1943 - dessen, was später als der Holocaust bekannt wurde. Sein Artikel Die Hölle von Treblinka (Треблинский ад, 1944) wurde während der Nürnberger Prozesse als Dokument der Anklage verbreitet.
Die Unterdrückung des vom Jüdischen Antifaschistischen Komitees erarbeiteten Schwarzbuchs erschütterte ihn zutiefst und stellte seine Loyalität gegenüber der Staatsmacht in Frage. Zunächst ordneten die Zensoren Änderungen im Text an, um den spezifisch antijüdischen Charakter der Massenmorde zu verbergen und die Rolle der Ukrainer, die als Polizisten für die Nazis gearbeitet hatten, herunter zu spielen. Die 1948 erschiene sowjetische Ausgabe des Buches wurde komplett eingestampft. Der Dichter Semjon Lipkin, ein Freund Grossmanns, glaubt, dass es Stalins antisemitische Kampagne war, die Grossmanns Glauben an das sowjetische System zerstörte.
- „1946... traf ich einige enge Freunde, darunter einen Inguschen und einen Balkaren, deren Familien während des Krieges nach Kasachstan deportiert worden waren. Ich erzählte dies Grossmann und er sagte: „Vielleicht war es aus militärischen Gründen notwendig.“ Ich sagte: „...Würdest Du das auch sagen, wenn sie das mit Juden machen würden?“ Er sagte das könne niemals passieren. Einige Jahre später erschien ein aggressiver Artikel gegen die wurzellosen Kosmopoliten in der Prawda. Grossmann sandte mir eine Notiz, dass ich schließlich recht gehabt habe. Lange hatte Grossmann sich nicht als sehr jüdisch empfunden. Die Kampagne gegen den Kosmopolitismus ließ seine Beziehung zum Judentum wieder aufleben.“
Aufgrund der Verfolgung durch den Staat wurden zu Lebzeiten Grossmanns nur wenige seiner Nachkriegswerke veröffentlicht. Nachdem er sein opus magnum, den Roman Leben und Schicksal (Жизнь и судьба, 1959), zur Veröffentlichung vorgelegt hatte, durchsuchte der KGB seine Wohnung. Die Manuskripte, die Durchschläge, seine Notizbücher wie auch die maschinengeschriebenen Kopien und sogar die Schreibmaschinenbänder wurden beschlagnahmt.
Während der poststalinististischen „Tauwetter-Periode“ schrieb Grossmann an Chruschtschow:
- „Was nützt es mir, wenn ich physisch frei bin und das Buch, dem ich mein Leben gewidmet habe, verhaftet ist ... Ich verzichte nicht ... Ich verlange Freiheit für mein Buch.“
Michail Andrejewitsch Suslow, der Chefideologe des Politbüros sagte dem Autor sein Buch werde frühestens in 200 Jahren veröffentlicht.
Leben und Tage, sowie sein letzter Roman Alles fließt (Все течет, 1961) wurden als Bedrohung für die kommunistische Herrschaft angesehen, und der Dissident wurde zur Unperson. Grossmann starb 1964, ohne zu wissen, ob sein Werk je vom Publikum würde gelesen werden können.
Leben und Tage wurde dank anderer Dissidenten 1980 in der Schweiz veröffentlicht: Sacharow photographierte heimlich Seiten des Entwurfs, die Semjon Lipkin aufbewahrt hatte, und dem Schriftsteller Wladimir Nikolajewitsch Woinowitsch gelang es, die Filme ins Ausland zu schmuggeln. Als die Glasnost-Politik von Gorbatschow initiiert wurde, wurde das Buch endlich 1988 in Rußland veröffentlicht. Alles fließt erschien 1989 in der Sowjetunion.
Einige Kritiker verglichen Grossmanns Romane mit Lew Tolstois monumentaler Prosa. 1998 drückte Solschenizyn seinen „grossen Respekt“ für Grossmanns „geduldige, beharrliche, weitreichende Arbeit“ aus. [1] [2]
Zu den Bewunderern von Leben und Schicksal gehörte auch der Philosoph Emmanuel Levinas [3] .
[Bearbeiten] Siehe auch
- Geschichte der Sowjetunion
- Geschichte der Juden in Rußland und der Sowjetunion
- Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg
- Warlam Schalamow
- Solomon Michoels
- Jüdisches Antifaschistisches Komitee
- Ärzteverschwörung
- Gulag
- Samisdat
[Bearbeiten] Werke
deutsch
- Die Hölle von Treblinka, Moskau : Verl. f. Fremdsprachige Literatur, 1946, Faksimile: Köln : Wilhelm-Kammeier-Inst., 2004.
- Dies Volk ist unsterblich, Moskau : Verl. f. Fremdsprachige Literatur, 1946
- Wende an der Wolga,Roman - Berlin : Dietz, 1958
- Alles fliesst, Frankfurt (am Main) : Possev-Verlag, 1972
- Leben und Schicksal, Roman, München ; Hamburg : Knaus, 1984, ISBN 3-8135-0187-6 (vergriffen), Taschenbuchausgabe: Frankfurt/M ; Berlin : Ullstein, 1987
- Die Kommissarin : Erzählung, Mit zahlr. Fotos aus d. gleichnamigen Film von Aleksandr Askoldov. - Kiel : Neuer Malik-Verl., 1989.
englisch
- Life and Fate (ISBN 1860460194)
- Forever Flowing (European Classics - ISBN 0810115034)
- Black Book: The Ruthless Murder of Jews by German-Fascist Invaders Throughout the Temporarily-Occupied Regions of the Soviet Union and in the Death Camps of Poland von Wassilij Grossman und Ilja Ehrenburg (ISBN 0896040313)
- Commissar (ISBN 6301884345)
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- The Bones of Berdichev: The Life and Fate of Vasily Grossman von John Gordon Garrard, Carol Garrard (ISBN 0684822954)
- Vasiliy Grossman: The Genesis and Evolution of a Russian Heretic von Frank Ellis (ISBN 085496830X)
- A Writer at War: Vasily Grossman with the Red Army, 1941-1945 von Anthony Beevor und Luba Winogradowa (Pantheon, 2006 - ISBN 0375424075 ) - Basiert auf Grossmanns Notizbüchern, Kriegstagebüchern, persönlichen Briefen und Artikeln.
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ Tolstoy Studies Journal: Ellis, Frank. "Concepts of War in L.N. Tolstoy and V.S. Grossman." Volume II, 1989, pp. 101-108.)
- ↑ Biography of Grossman (PDF) by Gregory Freidin, Stanford University
- ↑ Salomon Malka, Emmanuel Lévinas. Eine Biographie, München 2003, S. 132
[Bearbeiten] Weblinks
- Grossmanns Werke auf russisch
- Gespräch mit Grossmanns Tochter, Jekaterina Korotkowa, anlässlich des 100. Geburtstags des Schriftstellers (russisch)
- "Under Siege" Artikel in The New Yorker, 6. März 2006. (englisch)
- "Einer, der die verbotenen Worte sagte. Zum 100. Geburtstag von Wassilij Grossmann.", ein Artikel in Serkalo Nedeli, Kiew, auf russisch und auf ukrainisch.
Personendaten | |
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NAME | Grossmann, Wassilij Semjonowitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Василий Семёнович Гроссман, Josif Solomonowitsch Grossman |
KURZBESCHREIBUNG | sowjetischer Schriftsteller und Journalist |
GEBURTSDATUM | 12. Dezember 1905 |
GEBURTSORT | Berdytschiw, Ukraine |
STERBEDATUM | 14. September 1964 |
Kategorien: Autor | Russe | Geboren 1905 | Gestorben 1964 | Mann