Volksempfänger
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Der Volksempfänger war ein Radioapparat, der von Otto Griessing bei der Firma Seibt auf Geheiß von Joseph Goebbels entwickelt wurde. Erstmals vorgestellt wurde das Gerät mit dem Modell VE301 am 18. August 1933 auf der Berliner Funkausstellung. Der (vorgeschriebene) Preis der Wechselstromversion betrug 76 Reichsmark. Die Batterieversion sollte 65 RM kosten.
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[Bearbeiten] Ökonomische Aspekte
Der Volksempfänger sollte es auch den armen Bevölkerungsschichten ermöglichen, „Rundfunk“, wie der Hörfunk damals noch genannt wurde, zu hören und so für die nationalsozialistische Propaganda erreichbar zu sein. Die Herstellerfirmen waren ursprünglich sehr skeptisch, da sie befürchteten, der Absatz der bisher verkauften, mindestens doppelt so teuren Markenempfangsgeräte würde stark zurückgehen.
Diese Befürchtungen bewahrheiteten sich jedoch nicht, vielmehr stagnierten die Absatzzahlen für die teuren Markengeräte. Da die Industrie bei der Herstellung des Volksempfängers mit extrem kleinen Gewinnspannen arbeitete, die in hohem Maße von der Preisentwicklung der verwendeten Röhren abhingen, blieben die ökonomischen Konsequenzen des Volksempfängers ambivalent. Einerseits waren einige kleine Rundfunkfirmen nicht in der Lage, die staatlich auferlegten Preisgrenzen zu halten, so dass mehrere dieser Firmen in Konkurs gingen oder von größeren Konkurrenten übernommen wurden. Andererseits stiegen die Teilnehmerzahlen des Rundfunks mit einer geringen Verlangsamung 1935/36 steil an. Diese Entwicklung ist ohne Zweifel der Einführung der günstigen Einsteigermodelle VE 301 beziehungsweise ab 1938 des „Deutschen Kleinempfängers“ DKE38 – im Volksmund auch „Goebbelsschnauze“ genannt – geschuldet. Für den DKE38 wurde sogar eine spezielle Verbundröhre (zwei elektrische Systeme in einem gemeinsamen Kolben) entwickelt, mit deren Hilfe der Gerätepreis auf 36 RM gedrückt werden konnte.
Schon auf der Funkausstellung 1933 wurden die ersten 100.000 Geräte verkauft. Insgesamt wurden in den verschiedenen Varianten mehrere Millionen Exemplare der Volksempfänger verkauft. Signifikante Zunahmen der Hörerzahlen waren 1937 als Ergebnis intensiver Hörerwerbung durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und ab 1939 zu verzeichnen. In letzterem Fall spielte vor allem eine Rolle, dass die deutsche Bevölkerung bei Kriegsausbruch einen besonderen „Nachrichtenhunger“ entwickelte, den man am besten mittels des Radios stillen zu können glaubte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der NS-Rundfunkpolitik war jedoch, dass durch die massenhafte Verbreitung des Mediums „Rundfunk“ mit Hilfe der kostengünstigen „Volks-“ bzw. „Deutschen Kleinempfänger“ auch die Zahl der gebührenzahlenden Rundfunkhörer im Reich sukzessive stieg. Ihre Zahl belief sich zum Höchststand 1943 auf rund 16 Mio. Personen, die pro Monat 2.- Reichmark zu zahlen hatten. Von diesen Gebühreneinnahmen ging ein kleinerer Teil an die Deutsche Reichspost, der Rest floss an die Reichsrundfunkgesellschaft (RRG) und vor allem das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, das mittels der Gebühreneinnahmen den Löwenanteil seines Haushaltes bestritt.
[Bearbeiten] Propagandistische Aspekte
Die Bezeichnung VE301 entstand aus der Abkürzung VE für Volksempfänger sowie der 301 als Erinnerung an den 30. Januar 1933, den Tag der Machtergreifung Hitlers.
Der Volksempfänger war ein technisch sehr einfach ausgeführtes Gerät für Mittelwelle und Langwelle. Er sollte nur den Empfang des Deutschlandsenders und eines weiteren Programms in ganz Deutschland ermöglichen. De facto war die Empfangsleistung des Gerätes aber dazu geeignet, in den Nachtstunden „Fernempfang“ (Europa) zu ermöglichen. Dies kann auch an noch heute funktionsfähigen Geräten nachgewiesen werden. Aus diesem Grunde wurden von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in einer Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen drakonische Strafandrohungen bis hin zur Todesstrafe für das Abhören von „Feindsendern“ durchgesetzt (Lit.: Latour).
Der Volksempfänger wurde zu einem der wichtigsten Propagandainstrumente der Nazis, in dem Reden des Führers übertragen und nach der Wende im Zweiten Weltkrieg Verluste und Niederlagen in Siege umgedeutet und der Opferwille des deutschen Volkes beschworen wurde. Je mehr jedoch die Realität von Bombenkrieg und hohen militärischen Verlusten insbesondere an der Ostfront nicht mehr mit den Sendeinhalten konform ging, nahm jedoch auch die Persuasionswirkung des Mediums Rundfunk sukzessive ab.
[Bearbeiten] Technische Aspekte
Der Volksempfänger des Modells VE301W war mit drei Röhren bestückt: Triode REN904 als Audion mit Rückkopplung, Endröhre RES164 und dem Netzgleichrichter RGN354. Durch die Rückkopplung in der HF-Stufe wurde die notwendige Empfindlichkeit erreicht. Der Lautsprecher war ein hochohmiger Freischwinger mit gutem Wirkungsgrad, aber mäßigem Klang.
Später kamen zur Familie der Volksempfänger noch weitere Geräte hinzu: Der Arbeitsfrontempfänger DAF1011, zwei Olympiakoffer (DOK36 und DOK37), der deutsche Kleinempfänger DKE38, sowie 1938 auch eine aktualisierte Version des eigentlichen Volksempfängers – der VE301 Dyn. Dieser enthielt neben einer empfindlicheren HF-Röhre auch schon einen elektrodynamischen Lautsprecher. Schon etwas früher – nämlich 1937 – wurde das ursprüngliche Modell (VE301) leicht überarbeitet und dann unter der Bezeichnung VE301 Wn (Wn für „Wechselstrom neu“) angeboten. Im Gegensatz zum Urmodell besaß dieses Gerät eine variabel einstellbare Abstimmspule und eine bessere Audionstufe (AF7), die die Empfindlichkeit verbesserte. Äußerlich veränderte sich das Gerät kaum. Lediglich die Antennenanschlüsse (3x Antenne, 1x Erde) befanden sich nun nicht mehr seitlich am Bakelitgehäuse, sondern auf der Geräterückseite.
Siehe auch: Geschichte des Hörfunks
[Bearbeiten] Literatur
- Ansgar Diller: Der Volksempfänger. Propaganda- und Wirtschaftsfaktor. In: Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte 9/1983, S. 140-157
- Michael P. Hensle: Rundfunkverbrechen. Das Hören von "Feindsendern" im Nationalsozialismus, Metropol: Berlin 2003, ISBN 3-936411-05-0
- Wolfgang König: Der Volksempfänger und die Radioindustrie. Ein Beitrag zum Verhältnis von Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus. In: Vierteljahreshefte für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 90/2003, S. 269-289
- Wolfgang König: Mythen um den Volksempfänger. Revisionistische Untersuchungen zur nationalsozialistischen Rundfunkpolitik. In: Technikgeschichte 70/2003, S. 73-102
- Wolfgang König: Volkswagen, Volksempfänger, Volksgemeinschaft. "Volksprodukte" im Dritten Reich: Vom Scheitern einer nationalsozialistischen Konsumgesellschaft, Ferdinand Schöningh: Paderborn et al. 2004, ISBN 3-506-71733-2
- Conrad F. Latour: Goebbels' "außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" 1939-1942. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 11/1963, S. 418-435.
- Daniel Mühlenfeld: Joseph Goebbels und die Grundlagen der NS-Rundfunkpolitik. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 54/2006, S. 442–467.
- Uta C. Schmidt: Der Volksempfänger. Tabernakel moderner Massenkultur. In: Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hg.): Radiozeiten. Herrschaft, Alltag, Gesellschaft (1924-1960), Vlg. f. Berlin-Brandenburg: Potsdam 1999, S. 136-159, ISBN 3-932981-44-8
- Kilian J. L. Steiner: Ortsempfänger, Volksfernseher und Optaphon. Entwicklung der deutschen Radio- und Fernsehindustrie und das Unternehmen Loewe 1923-1962, Essen: Klartext Vlg. 2005, ISBN 3-89861-492-1
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Volksempfänger – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |