Universität Helmstedt
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Die Universität Helmstedt (Academia Julia oder Academia Julia Carolina oder "academia helmstadiensis") war die erste protestantische Universität in Norddeutschland und bestand von 1576 bis 1810.
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[Bearbeiten] Überblick
Die Academia Julia wurde am 15. Oktober 1576 von Herzog Julius, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, in Helmstedt als erste protestantische Universität Norddeutschlands gegründet. Rektoren wurden aus Tradition immer die Herzöge und Fürsten von Braunschweig-Wolfenbüttel. Den Anfang machte der zwölfjährige Sohn des Gründers, der spätere Herzog Heinrich Julius.
Durch zahlreiche berühmte Persönlichkeiten verbreitete sich der Ruf der neuen Hochschule. Im Jahre 1625 war die Universität Helmstedt die drittgrößte Universität des deutschen Sprachraums. Im Jahre 1592 wurde mit dem Bau des späteren Hauptgebäudes, des Juleums, begonnen.
Der Lehrbetrieb der Universität gliederte sich in die drei berufsbezogenen Fakultäten Theologie, Jura und Medizin sowie der grundlegenden Fakultät Philosophie mit den Sieben Freien Künsten.
Die Universität Rinteln, Universität Rostock ("Alma Mater Rostochiensis") und die Universität Wittenberg ("Leucorea") waren führende gutachterliche Universitäten während der Hexenprozesse. Die Spruchpraxis an den allgemeinen deutschen juristischen Fakultäten war recht unterschiedlich. Die juristischen Fakultäten der Universität Helmstedt und Rinteln galten als "hardliner" in Sachen Hexenverfolgung.
Durch die Errichtung weiterer Hochschulen in Norddeutschland, z.B. die Universität Kiel, begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Attraktivität Helmstedts nachzulassen. Im Jahre 1795 studierten nur noch 97 junge Männer in Helmstedt.
Während der Zeit der französischen Besetzung wurde die Universität Helmstedt zum Ende des Wintersemester 1809/1810 zugunsten der anderen welfischen Hochschulgründung, der Universität Göttingen, von Jérôme Bonaparte, dem Halbbruder Napoleons, aufgelöst.
Die Studenten der Universität Helmstedt waren für ihre ausgeprägte Neigung zu Duellen bekannt. Ein zeitgenössisches Sprichwort der deutschen Studentenschaft lautete:
- „Wer von Jena kommt ohne Weib,
- Von Wittenberg mit heilem Leib,
- Von Helmstedt ungeschlagen,
- Der hat von Glück zu sagen.“
Der Schriftsteller Wilhelm Raabe machte ein bekanntes Helmstedter Studentenduell aus dem Jahr 1584 zum Gegenstand seiner Erzählung "Die alte Universität" (1858).
Die ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt besitzt noch heute einen bedeutenden Buchbestand von ca. 35.000 Titeln, vorwiegend aus der Zeit von 1490 - 1810. Ein weiterer Teil der Bestände befindet sich in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.
[Bearbeiten] Bekannte Persönlichkeiten
An der Helmstedter Universität lehrten oder studierten unter anderem folgende Personen (nach chronologischer Sortierung):
- Johannes Caselius (1533-1613), Philosoph und Humanist
- Giordano Bruno (1548-1600), Philosoph und Dichter
- Johann Arndt (1555-1621), Theologe
- Leopold Hackelmann (1563-1619), Rechtsgelehrter
- Otto von Guericke (1602-1686), Jurist und Naturwissenschaftler
- Sethus Calvisius (1556-1615), Komponist
- Georg Calixt (1586-1656), Theologe
- Johann Stucke (1587-1653), Jurist
- Hermann Conring (1606-1681), Universalgelehrter
- Justus Georg Schottelius (1612-1676), Sprachgelehrter
- Johannes Henichius (1616-1671), Theologe
- Peter Axen (1635-1707), Jurist, Philologe, Humanist und Diplomat
- Heinrich Meibom (1638-1700), Mediziner und Dichter
- Johann Fabricius (1644-1729), Theologe
- Konrad Barthold Behrens (1660-1736), Arzt und Historiker
- Hermann von der Hardt (1660-1746) Orientalist und Historiker
- Lorenz Heister (1683-1758), Mediziner
- Augustin Leyser (1683-1752), Jurist
- Johann Lorenz von Mosheim (1693-1755), Theologe
- Paul Gottlieb Werlhof (1699-1767), Mediziner
- Anton Wilhelm Amo (1700-1754), Philosoph; erster schwarzafrikanischer Student Europas
- Johann Christian Wernsdorf I. (1723-1793), Schriftsteller, Dichter und Rhetoriker
- Gottfried Christoph Beireis (1730-1809), Mediziner und Chemiker
- Wilhelm Abraham Teller (1734-1804), Theologe
- Johann Georg Jacobi (1740-1814), Dichter
- Heinrich Philipp Sextro (1746-1838), Theologe
- Joachim Heinrich Campe (1746-1818), Schriftsteller und Verleger
- Heinrich Philipp Konrad Henke (1752-1809), Theologe
- Johann Friedrich Pfaff (1765-1825), Mathematiker
- Carl Friedrich Gauß (1777-1855), Mathematiker und Astronom
- Wilhelm Gesenius (1786-1842), Theologe
[Bearbeiten] Literatur
- Academia Julia. Die Universität Helmstedt (1576–1810). Ausstellung des Landkreises zur EXPO 2000. 2 Bände. Helmstedt 2000.
- Academia Julia, Universität Helmstedt – Tradition, Zukunft. Landkreis Helmstedt, Helmstedt 2002 (Beiträge zur Geschichte des Landkreises und der ehemaligen Universität Helmstedt, 15).
- Uwe Alschner: Universitätsbesuch in Helmstedt 1576–1810. Modell einer Matrikelanalyse am Beispiel einer norddeutschen Universität. Braunschweigischer Geschichtsverein, Wolfenbüttel 1998 (Beihefte zum Braunschweigischen Jahrbuch, 15), ISBN 3-928009-14-1.
- Sabine Ahrens: Die Lehrkräfte der Universität Helmstedt (1576–1810). Landkreis Helmstedt, Helmstedt 2004 (Veröffentlichungen der Kreismuseen Helmstedt, 7), ISBN 3-937733-70-1.
- Peter Baumgart und Ernst Pitz: Die Statuten der Universität Helmstedt. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1963 (Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung, 15).
- Alois Schikora: Die Spruchpraxis an der Juristenfakultät zu Helmstedt. Hansen-Schmidt Verlagsgesellschaft 1973, ISBN 3-78811-811-3.
- Gerd Biegel: „Dieser Professor ist ganz unnütz für die Universität“. Die braunschweigische Landesuniversität Helmstedt im Bericht des „Universitätsbereisers“ Friedrich Gedike aus dem Jahr 1789. Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig 2002 (Braunschweiger Museumsvorträge, 4), ISBN 3-927939-61-7.
- Hans Haase: Die Universität Helmstedt 1576–1810. Jacobi, Bremen/Wolfenbüttel 1976, ISBN 3-87447-052-0.
- Alberto Jori, Hermann Conring (1606-1681): Der Begründer der deutschen Rechtsgeschichte, mit einer Grußadresse von Kristian Kühl, Tübingen, 2006 ISBN 3935625596.
- Hans-Ehrhard Müller: Helmstedt – die Geschichte einer deutschen Stadt. 2. Aufl. Helmstedt 2004, S. 360–433.
- Wiebke Kloth: Die Universität Helmstedt und ihre Bedeutung für die Stadt Helmstedt. Landkreis Helmstedt, Helmstedt 2003 (Beiträge zur Geschichte des Landkreises und der ehemaligen Universität Helmstedt, 16).