Tabaksteuer (Deutschland)
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[Bearbeiten] Übersicht
Die Tabaksteuer wird in Deutschland auf Tabakwaren aller Art erhoben (seit 1993 nicht mehr auf Schnupf- und Kautabak). Sie ist eine indirekte Steuer – vergleichbar mit der Mehrwertsteuer, eine Verbrauchsteuer wie z.B. die Mineralölsteuer und eine Mischform aus Mengensteuer und Wertsteuer.
In den letzten Jahren wurde die Tabaksteuer deutlich angehoben. Beispielsweise wurde in den Jahren 2002 und 2003 die Steuer jeweils um 1 Cent pro Zigarette erhöht, um das erste Anti-Terror-Paket zu finanzieren. Mit Einnahmen von rund 14 Mrd. Euro im Jahr 2003 (1970 waren es 6,5 Mrd. Euro) ist die Tabaksteuer nach der Mineralölsteuer die ertragreichste besondere Verbrauchsteuer. Mit ca. 13,3 Mrd. Euro stellt die Fertigzigarette den Hauptanteil. Die von der Zollverwaltung eingenommene Tabaksteuer fließt ausschließlich dem Bundeshaushalt zu.
[Bearbeiten] Gesundheitspolitik
Die Tabaksteuer soll, wie z.B. die Ökosteuer auch, eine Senkung des Konsums durch die so genannte Lenkungssteuer bewirken. Dieses Konzept ist eigentlich zwiespältig, weil der Gesetzgeber dabei zwei widersprüchliche Ziele zugleich vertritt. Einerseits hat er Interesse an möglichst hohen Steuereinnahmen zur Deckung des Staatshaushalts, andererseits verursacht eine wirkungsvolle Lenkungssteuer eine Verringerung des Steueraufkommens. Die derzeitige Politik ist nach eigener Darstellung aber hauptsächlich an der gesundheitspolitischen Lenkungswirkung orientiert.
In der Bundesrepublik Deutschland scheint die drastische Erhöhung der Tabaksteuer zusammen mit der verstärkten Information der Raucher und zunehmenden Rauchverboten an Arbeitsplätzen erfolgreich zu sein. Der Tabakkonsum ging stark zurück und viele Raucher hörten mit dem Rauchen auf.
Die Vermutung einer erfolgreichen Lenkungswirkung der Tabaksteuererhöhung ist aber auch umstritten und steht in der Kritik: Kritiker argumentieren, dass der nach den letzten Steuererhöhungen verzeichnete geringfügige Rückgang des Steueraufkommens (im Jahr 2003 ein Rückgang um 400 Millionen Euro oder 15,8 % gegenüber 2002) womöglich nicht einen reduzierten Tabakkonsum anzeige, sondern lediglich eine verstärkte Verlagerung des Erwerbs der Tabakwaren in die an Deutschland angrenzenden Nachbarstaaten mit ihren zum Teil erheblich niedrigeren Preisen, insbesondere in Moldavien, Polen und Tschechien, in Form des persönlichen 'Eigenimport' im Rahmen der zollrechtlich erlaubten Mengen sowie in den enorm lukrativen Zigarettenschmuggel. In Moldavien kosten beispielsweise 200 Zigaretten der Marke "WEST" (Verkaufsform "Stange" aus 10 Einzelpackungen a 20 Zigaretten) umgerechnet rund 8,50 Euro. Mit diesem Problem kämpfen auch Dänemark, Norwegen und Schweden, da dort die Tabaksteuer noch deutlich höher ist.
Viele Raucher fertigen sich ihre Zigaretten durch das sogenannte Drehen aus losem Tabak und sogenanntem Zigarettenpapier selbst an. Bis zum 31. März 2006 gab es des Weiteren in Deutschland sogenannte Tabak-Sticks, die aus getrennt zu kaufenden Papierhülsen und den vorgefertigten Tabak-sticks selbst eine alternative Möglichkeit für Raucher bot, sich Zigaretten selbst anzufertigen. Diese Tabak-Sticks fielen als "Rauchtabak als Feinschnitt" deklariert unter die geringere Besteuerung. Am 10. November 2005 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg jedoch, das diese Einordnung unzulässig ist, da es sich nicht wirklich um Tabak-Feinschnitt handelt und entsprechend der höhere Steuersatz für Zigaretten anzuwenden ist. Nach einer Übergangsfrist wurde am 31. März 2006 der höhere Steuersatz angewendet und entsprechend fiel die Marktgrundlage für industriell vorgefertigten Zigaretten weg, woraufhin die Herstellung vollständig aufgegeben wurde.
Weiter beobachtete man durch die Steuererhöhungen eine Änderung bei dem Konsumverhalten dergestalt, dass gleichzeitig mit dem stark rückläufigen Absatz von Zigaretten eine deutliche Zunahme des Absatzes von Zigarren (+16,7 %), Tabakspfeifentabak (+1,6 %) und insbesondere von Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten (+30,4 %) beobachtet wurde. Alle diese Tabakprodukte sind relativ mit einem deutlich niedrigeren Steueranteil am Warenwert belastet als Zigaretten, wie die folgende Tabelle zeigt.
Produkt | spezifischer Anteil
(Cent je Stück/Euro je kg) |
Wertanteil
(Prozent des Kleinverkaufspreises) |
Zigaretten | 6,17 Cent/Stück | 24,23 % |
Zigarren/Zigarillos | 1,3 Cent/Stück | ca. 1 % |
Rauchtabak als Feinschnitt | 21,40 Euro/kg | 18,32 % |
Rauchtabak als Pfeifentabak | 10,70 Euro/kg | 13,5 % |
Produkt | spezifischer Anteil
(Cent je Stück/Euro je kg) |
Wertanteil
(Prozent des Kleinverkaufspreises) |
Zigaretten | 8,27 Cent/Stück | 25,29 % |
Zigarren/Zigarillos | 1,4 Cent/Stück | ca. 1.5 % |
Rauchtabak als Feinschnitt | 34,06 Euro/kg | 19,04 % |
Rauchtabak als Pfeifentabak | 15,66 Euro/kg | 13,46 % |
Hinzu kommt 16% Mehrwertsteuer.
[Bearbeiten] Vergleich von Steuereinnahmen und gesellschaftlichen Kosten
Im Jahr 1995 veröffentlichte der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V. (ÄARG) eine Berechnung [1], die den Schaden am Bruttosozialprodukt durch das Rauchen betrachtet. Nach dieser Kalkulation belief sich der Schaden 1991 auf:
- 12,1 Milliarden Euro durch Arbeitsunfähigkeit,
- 6,4 Milliarden Euro durch Übersterblichkeit,
- 23,1 Milliarden Euro durch Frühinvalidität.
(Originalzahlen in DM, hier umgerechnet auf Euro)
Durch das entgangene BSP von 41,6 Mrd. Euro gingen Steuereinnahmen in der Höhe von 25,3 Prozent, also 10,5 Mrd. Euro, verloren. Dem standen Einnahmen aus der Tabaksteuer in Höhe von 10 Mrd. Euro gegenüber. Der ÄARG kommt deshalb zu dem Schluss, dass der Staat unter dem Strich am Rauchen nicht verdient.
Allerdings bezieht sich die Berechnung auf das BSP der alten Bundesländer, während sie in anderen Tabellen auch Daten aus den neuen Bundesländern verwendet. Die Berechnung kann daher nur eine grobe Abschätzung geben.
Bezüglich der Kosten für das Gesundheitssystem argumentiert die Studie "The Health Care Costs of Smoking": "Raucher haben mehr Krankheiten als Nichtraucher, aber Nichtraucher leben länger und können in höherem Alter höhere Gesundheitskosten auf sich laden." Unter Berücksichtigung der durchschnittlich längeren Lebenserwartung von Nichtrauchern und der in den 'zusätzlichen' Jahren entstehenden Gesundheitskosten lautet das Ergebnis: "Falls alle Raucher aufhören würden, würden die Gesundheitskosten zuerst niedriger sein, aber nach 15 Jahren würden sie höher sein als in der Gegenwart." Andere Studien kommen jedoch zu dem gegenteiligen Ergebnis. [2]
Siehe auch: Tabaksteuer (Schweiz)