Stadtbahnfarbe
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Als Stadtbahnfarbe wird in Deutschland ein besonderer Farbanstrich für Nahverkehrszeuge in rot-weiß bezeichnet, die vorwiegend auf Stadtbahnstrecken zum Einsatz kommen. Diese neue Lackierungsvariante wurde in den 1960er Jahren eingeführt und war bei vielen Verkehrsbetrieben verbreitet. Heute ist dieses Anstrichkonzept auf dem Rückzug.
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[Bearbeiten] Der Anstrichaufbau
Nach dem zweiten Weltkrieg waren die meisten Straßenbahnwagen in der Bundesrepublik Deutschland in einem creme- bis beigefarbenen Ton gehalten, der mehr oder weniger - je nach Betrieb - in Richtung weiß oder gelb tendierte. Damit ergab sich ein ziemlich einheitliches Bild der deutschen Verkehrslandschaft, das nur von wenigen Städten wie München (blau-weiß), Stuttgart (gelb-weiß), Heidelberg (hellblau-weiß) und Hamburg (rot-weiß) durchbrochen wurde.
Mit der Eröffnung neuer Stadtbahnbetriebe sollte auch der Farbanstrich der in den 1960er und 1970er Jahren eröffneten Stadtbahnbetriebe die herausgehobene Stellung der Stadtbahn und deren Fahrzeuge gegenüber der herkömmlichen Straßenbahn nach außen hin verdeutlichen. Der Stadtbahnanstrich geht auf eine VÖV (heute VDV) – Empfehlung zurück. Diese sieht folgendes Anstrichschema vor: Der untere Schürzenbereich wird in rot lackiert. Dem folgt bis zur Fensterkante eine weiße Bauchbinde, die auch eine bessere visuelle Wahrnehmung von Außenwerbung an den Stadtbahnwagen ermöglichen sollte. Der Bereich der Fenster sowie die Fahrzeugdecke ist wieder im gleichen roten Farbton gehalten wie die Schürze. Jedoch trennt in den meisten Fällen ein weißer Begleitstreifen den Übergang vom Fensterband zum Dach ab.
[Bearbeiten] Fahrzeuge in Stadtbahnfarbe
[Bearbeiten] Frankfurt am Main
Der erste Betrieb der Stadtbahnwagen im neuen rot-weißen Anstrich einsetzte war Frankfurt (Main). Die neuen U2-Triebwagen von 1968 waren dem Stadtbahnfarbenschema entsprechend in feuerrot (RAL 3000) und reinweiß (RAL 9010) lackiert. Jedoch wurde dieses Konzept ab 1972 mit der Lieferung der neuen Stadtbahnwagend der Typen Pt und P abgeändert. Der Schürzenbereich war nunmehr in umbragrau (RAL 7022), die Bauchbinde in hellelfenbein (RAL 1015) und der Fensterbereich in reinorange (RAL 2004) lackiert. Der Dachbereich wiederum in umbragrau, aber mit einem Begleitstreifen in der Bauchbinde-Farbe abgetrennt. In diesem Farbschema wurden auch die herkömmlichen Straßenbahnwagen sowie die Busse umgespritzt. Die neue U-Bahnwagenbauart U3 von 1980 erhielt ebenso diesen neuen Anstrich. Die U2-Wagen wurden anlässlich von Hauptuntersuchungen ebenfalls im neuen Farbton orange-elfenbein-umbragrau ausgeführt. Im Jahr 1994 führte Frankfurt eine neue Lackierung ein, die einen vollständig türkisen Außenanstrich („subaru vista blue“) vorsieht.
[Bearbeiten] Hannover
Ein kurzes Leben hatten die Stadtbahnfarben in Hannover. Die beiden Prototypfahrzeuge, sechsachisge Zweirichtungs-Gelenktriebwagen, die in 2,50 Meter Breite, ausgeführt waren, erhielten ebenfalls den rot-weißen Anstrich wie in Frankfurt. Mit der Serienlieferung der achtachsigen und nur noch 2,40 breiten Serienstadtbahnwagen in lindgrün mit weißen Bauchbereich für Werbung, wurde das Konzept in der Leinestadt nicht mehr verfolgt.
[Bearbeiten] Köln
Nächster Verkehrsbetrieb mit Fahrzeugen in Stadtbahnfarbe waren die KVB. Der erstmals 1973 gelieferte Stadtbahnwagen B präsentierte sich im gleichen Anstrichschema wie die U-Bahnwagen in Frankfurt. Nur die Nachbarstadt Bonn führte einen eigenen Zweifarbton in blaßgrün/moosgrün ein, den ebenso Neunkirchen (Saar) für seine Busflotte verwendete. Dafür trugen auch die an die Köln-Bonner Eisenbahn gelieferten B-Wagen das Stadtbahnfarbenkleid.
Köln dehnte den Stadtbahnanstrich Ende der 1970er Jahre auch auf seine Straßenbahnflotte und Omnibuspark aus. Ab den späten 1980er Jahren wurden die Türen mit weißem Anstrich deutlicher erkennbar gemacht. Bei der 1993/4 gelieferten Bauserie 2300 kam ein geänderter Rotton zum Einsatz. Bei den ab 1995 gelieferten Niederflurwagen K4000 wurde das Farbkonzept mit Türen und Fensterband in anthrazit abgewandelt. Mit der Lieferung der Stadtbahnwagen K5000 ab 2002 wurde ein neues Farbkonzept mit verkehrsroten Köpfen an ansonsten vollständig weißen Fahrzeugen eingeführt („Streichholz“). Bei Hauptuntersuchungen werden ältere Fahrzeuge entsprechend umlackiert. Das gleiche Farbkonzept wurde auch von den Stadtwerken Bonn übernommen.
[Bearbeiten] Essen/Bochum/Mülheim
Die ab 1975 nach Bochum und Essen gelieferten Stadtbahnwagen Typ M der ersten Serie wurden ebenfalls im Stadtbahnfarbschema ausgeführt. Während Essen bei der ab 1979 gelieferten zweiten Serie M 8 C einen neuen gelben Farbton einführte, behielt Bochum vorerst den Anstrich in rot-weiß nicht nur bei, sondern dehnte diesen auch auf den herkömmliche Straßenbahnpark aus. Das betraf vor allem Wagen, die auf der Stadtbahnstrecke in Gelsenkirchen eingesetzt werden sollten. In den 1980er Jahren wurde der VRR-Einheitsanstrich in grau-weiß mit diversen Farbbänder eingeführt.
Die ab 1977 nach Essen und Mülheim gelieferten Stadtbahnwagen vom Typ B waren im Kölner Stadtbahnfarben ausgeführt. Dieser Anstrich wurde bis Ende der 1990er Jahre behalten und dann durch gelben Lack in den Hausfarben der jeweiligen Verkehrsbetriebe (Mülheim: sonnengelb, Essen: ginstergelb mit blauen Applikationen) ersetzt.
[Bearbeiten] Bielefeld
Eine eigene Variante der Stadtbahnfarbe führte Bielefeld mit den M-Wagen ein. Statt verkehrsrot wurde ein Farbton in verkehrsorange gewählt, der im Schürzenbereich sowie unterhalb der Fensterreihe einen schmalen weißen Begleitstreifen erhielt. Diese Lackierungsvariante erhielten danach alle Straßenbahnwagen und Busse. Mit der in den 1980er Jahren ausgelieferten Serie der M-Wagen mit Klappstufen wurden die Schürzenflächen als auch der unmittelbare Bereich um die Fenster in antrazith gehalten.
[Bearbeiten] Düsseldorf/Duisburg
Zu den Verkehrbetrieben, die den Stadtbahnanstrich wählten, gehört die Rheinbahn in Düsseldorf. Die neuen Stadtbahnwagen von 1973, Typ GT 8 S (nach Umbau ab 1981 GT 8 SU), die auf dem Typ Mannheim basieren, erhielten zwar das bekannte Schema, jedoch wurde statt verkehrsrot eine Variante in weinrot (RAL 3005) gewählt. Der Dachbereich erhielt einen grauen Anstrich. In gleicher Farbgebung, aber mit dem Stadtbahnschema entsprechenden rotem Dachbereich, waren schließlich auch die neuen B-Wagen von 1981 ausgeführt. Wenig später wurde diese Farbvariante für neu gelieferte Omnibusse verbindlich. Die bisherigen Wagen wurden aber nicht umlackiert. Wie in anderen Städten wurde der Stadtbahnanstrich mit der Lieferung von Niederflurfahrzeugen aufgegeben. Die Fahrzeuge werden bei Hauptuntersuchungen umlackiert.
Dagegen hat sich in Duisburg der Stadtbahnanstrich bis heute gehalten. Mitte der 1980er Jahre erhielt auch Duisburg Stadtbahnwagen des Typs B. Das Anstrichschema entsprach dem der Rheinbahn in Düsseldorf, nur die Türen wurden weiß lackiert. Dieser Anstrich wurde sofort für alle Straßenbahnwagen verbindlich. Deshalb tragen auch die 1988 gelieferten und ab 1994 mit Niederflur-Mittelteil versehenen Straßenbahnwagen der Type GT 10 C NF-DU (ex GT 8 NC-DU) die Stadtbahnfarbe.
[Bearbeiten] Nürnberg
Nürnberg erhielt 1976 eine kleine Serie des Stadtbahnwagen N 8, der Normalspurvariante des Typs M. Der Antrich folgte dem Stadtbahnschema, allerdings wurde der Schürzenbereich in grau lackiert. Weiter wurde in Nürnberg nicht mit Stadtbahnfarben experimentiert.
[Bearbeiten] Freiburg
Einer der letzten Städte, die den Stadtbahnfarbanstrich verwendeten, war Freiburg im Breisgau. Dieser wurde verbindlich mit der Lieferung von neuen Straßenbahnwagen GT 8 des Typs Freiburg (auf dem Typ Mannheim fußend, aber mit Allachsantrieb) ab 1981. Diese Fahrzeuge bekamen die Düsseldorfer Variante in weinrot. Gleichzeitig wurden die Farbanstriche der übrigen Straßenbahn- und Busflotte umgestellt.
[Bearbeiten] Weitere Varianten
Kurzfristig führte auch Leipzig eine Variante des Stadtbahnanstrichs für seine Tatra-Wagenflotte ein. Allerdings in himmelblau-weiß. Mannheim lackierte seine durch Umbau aus Düwag-GT 6 entstandenen Niederflurwagen vom neuen Typ GT 8 NF im Stadtbahnschema. Allerdings wählte man dort einen grünen statt des roten Anstrichs. Dem Stadtbahnschema ähnliche Varianten in orange und beige trugen auch die Straßenbahnen und Busse in Mainz und Darmstadt.
[Bearbeiten] Fazit
Der Anstrich von Stadtbahn-Fahrzeugen in einem bundesweit einheitlichen Farbschema hat viel zur Popularität des neuen Verkehrsmittel Stadtbahn beigetragen, die damit aus dem cremefarbenen Einerlei bundesdeutscher Straßenbahnwagen herausragte und neue Akzente setze. Die neue Lackierungsvariante erwies sich für den Öffentlichen Personennahverkehr so werbewirksam, dass die meisten Verkehrsbetriebe vom Einheitsbeige Abschied nahmen und ihren Fahrzeugen neue Farben spendierten. Auch wenn nicht immer das Stadtbahnfarbenschema oder ähnliche Ausführungen gewählt wurden. Creme- oder beigefarbene Nahverkehrsfahrzeuge sind heute sehr selten geworden. Aber auch der markante, überwiegend rot-weiße Stadtbahnanstrich befindet sich inzwischen auf dem Rückzug.
[Bearbeiten] Literatrur
Wolfgang Fiegenbaum, Straßenbahn-Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland, Edition Kohlhammer, 1981, ISBN 3-17-007070-3