Soll und Haben
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Soll und Haben ist ein 1855 erschienener Roman in sechs Büchern von Gustav Freytag. Er gehört zu den meistgelesenen Romanen im 19. Jahrhundert und ist ein Vertreter des bürgerlichen Realismus. Im Jahr 1977 sollte Soll und Haben durch Rainer Werner Fassbinder verfilmt werden, doch wurde dieses Projekt nach einer langen Debatte bezüglich des Antisemitismus des Stoffes aufgegeben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Inhalt
Der junge Anton Wohlfart beginnt nach dem Tod seiner Eltern eine Lehre im Kontor des Kaufmanns T. O. Schröter. Anton gelingt es, durch sein rechtschaffenes und tugendhaftes Tun, sich bürgerliches Glück und Ansehen zu verschaffen. Der zunächst scheinbar in einer Traumwelt lebende Anton wird durch seine Erfahrungen und Prägungen, die er zum einen aus der bürgerlichen Familie Schröter, zum anderen aus der adeligen Familie Rothsattel erhält, geprägt und orientiert sich zur bürgerlichen Ordnungswelt hin. Er wird u.a. mit der Liquidation des Vermögens der Familie Rothsattel beauftragt. Immer wieder stößt er auf den jüdischen Veitel Itzig, den er noch aus seinem Geburtsort kennt.
[Bearbeiten] Bedeutung
Die Figuren des Romans werden von Gustav Freytag in drei Bezugsgruppen unterteilt. Dies sind auf der einen Seite die bürgerliche Welt, auf der anderen Seite die adelige Welt und die Juden.
- Die bürgerliche Kaufmannsfamilie Schröter repräsentiert Freytags Ansicht nach den idealen Typen der bürgerlichen Schicht. Sie zeichnet sich durch Ordnung, Ehrlichkeit und bürgerliche Tugenden aus.
- Die jüdische Kaufmannsfamilie Ehrenthal stellt die unangepasste, nach materiellem Reichtum strebende und unehrliche Gruppe dar.
- Den Adel präsentiert die Familie Rothsattel. Sie lebt abgeschottet vom Bürgertum und fordert für sich Privilegien. Beispielhaft für das Leben über ihren Verhältnissen ist der finanzielle Ruin, der droht.
Der Held des Romans ist Anton Wohlfart. Sein Lebensweg verläuft über mehrere Stationen hin zu einem Ziel. In diesem, den ganzen Roman andauernden Prozess, entwickelt sich Anton von seinen träumerischen Illusionen zu der bürgerlichen Welt, die Freytag vertritt. Dieser vertritt die Überzeugung „dass die freie Arbeit allein das Leben der Völker groß und sicher und dauerhaft macht.“
[Bearbeiten] Kritik
Gustav Freytag verwendet in Soll und Haben rassistische Stereotype über Juden. Sie stellen für ihn die Gruppe dar, die von Natur aus einzig auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Er gibt ihnen abwertende Namen (z.B. Veitel Itzig, Hirsch Ehrenthal). Zudem zeigt Freytag eine stark antislawische Haltung. Er beschuldigt die Polen der Kulturlosigkeit und spricht ihnen deshalb ihre Tüchtigkeit bei der Arbeit ab. Als Lösung sieht er eine Anpassung an das deutsche Bürgertum aus, was für ihn der Inbegriff an Tüchtigkeit bei der Arbeit ist.
Daneben lässt Freytag allerdings auch jüdische und polnische Charaktere auftreten die sich entgegen einem klischeehaften Bild verhalten, wie etwa Bernhard, der intellektuelle Sohn Hirsch Ehrenthals und Antons Freund, der die Geldgier und die skrupellosen Geschäfte seines Vaters aufs schärfste verurteilt. Oder ein gewisser polnischer Offizier, der Anton und dessen Kontor mehrmals vor dem polnischen Pöbel schützt. Allerdings befinden sich diese Figuren in der Minderheit.
[Bearbeiten] Verfilmungen
Soll und Haben (D, 1924), unter der Regie von Carl Wilhelm, mit Hans Brausewetter, Mady Christians, Ernst Deutsch, Hugo Döblin, Karl Etlinger, Heinrich George, Olga Tschechowa u.a.