Solange I

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Im Solange-I-Beschluss legte das Bundesverfassungsgericht 1974 erstmals Kriterien fest, nach denen ein Verfahren über Widersprüche zwischen Rechtsnormen der Europäischen Gemeinschaften und deutschem Verfassungsrecht beurteilt wird. Im Ergebnis behielt sich das BVerfG vor, die Vereinbarkeit von europäischem mit deutschem Recht selbst in jedem Einzelfall zu überprüfen.

[Bearbeiten] Das Verfahren

1974 fasste das BVerfG den sog. Solange I - Beschluss (BVerfGE 37, 271 ff. = NJW 1974, 1697 ff.). Anlass war die Vorlage eines Gerichts in einem konkreten Normenkontrollverfahren nach Art. 100 GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfG. Das Gericht hielt eine Gemeinschaftsverordnung für unanwendbar, weil sie gegen Grundrechte des Grundgesetzes verstoße. Der EuGH hatte zuvor auf Vorlage des Gerichts nach Art. 234 EG die Gültigkeit der Verordnung bestätigt.

Das BVerfG bejahte die Zulässigkeit, obwohl nach Art. 100 GG nur deutsche, formelle, nachkonstitutionelle Gesetze überprüft werden können. Als Begründung wurde dafür aufgeführt, dass das Gemeinschaftsrecht keine Unterscheidung zwischen formellen Gesetzen und Verordnungen kennt. Die Wirkungsweise von Verordnungen ist gleich wie von formellen Gesetzen. Das Problem des deutschen Gesetzes wurde mit der Ausübung der Bestimmungen gelöst. Das BVerfG wies darauf hin, dass die deutsche Staatsgewalt die Gemeinschaftsverordnungen auszuführen haben und dabei auch an die Grundrechte gebunden sind (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG). Die Konzentrierung dieser Überprüfung auf das BVerfG sei nach dem Grundgedanken des Art. 100 GG geboten und liege auch im Interesse der Gemeinschaft und ihres Rechts.

[Bearbeiten] Verfassungsrechtliche Aspekte

Es wurde zwar vom BVerfG ausgeführt, dass es nicht über die Gültigkeit oder Ungültigkeit sekundären Gemeinschaftsrecht entscheiden könne, denn diese Befugnis habe allein der EuGH, aber es könne entscheiden, ob ein Gemeinschaftsrechtsakt von den deutschen Behörden und Gerichten nicht angewendet werden dürfe und im deutschen Rechtsraum keine Wirkung entfalte, soweit er mit deutschen Grundrechten kollidiert. Voraussetzung ist aber eine zuvorige Vorlage an den EuGH nach Art. 234 EG.

Aufgrund der Übertragung von Hoheitsrechten nach Art. 24 Abs. 1 GG, muss das Gemeinschaftsrecht einen dem Grundrechten entsprechenden eigenen Grundrechtskatalog besitzen, damit eine zuverlässige Gewähr der Rechte des einzelnen beachtet bzw. geschützt werden können.

"Solange der Integrationsprozess der Gemeinschaft nicht so weit fortgeschritten ist, dass das Gemeinschaftsrecht auch einen von einem Parlament beschlossenen und in Geltung stehenden formulierten Grundrechtskatalog enthält, der dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes adäquat ist, ist nach Einholung der in Art. 234 EG geforderten Entscheidung des EuGH die Vorlage eines Gerichtes der Bundesrepublik Deutschland an das BVerfG im Normenkontrollverfahren zulässig und geboten, wenn das Gericht die für es entscheidungserhebliche Vorschrift des Gemeinschaftsrechts in der vom EuGH gegebenen Auslegung für unanwendbar hält, weil und soweit sie mit einem der Grundrechte des Grundgesetzes kollidiert."

Der Vorrang sekundären Gemeinschaftsrechts fand damit nach Rechtsprechung des BVerfG seine Grenzen in den Grundrechten des GG.

Die Rspr. änderte sich dann aber mit dem Solange II - Beschluss