Schuld (Justiz)
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Der Begriff Schuld stellt in der Justiz einen wichtigen Begriff dar.
[Bearbeiten] Strafrecht
Das Strafgesetzbuch definiert den Begriff der Schuld nicht näher. Heute allgemein anerkannt ist der normative Schuldbegriff, begründet durch Frank (Aufbau des Schuldbegriffs, 1907). In der normativen Schuldlehre liegt ihr Ursprung in der Vorwerfbarkeit der Willensbildung und Willensbetätigung. Aus heutiger Sicht wurde die Schuld um die Begriffe der Schuldfähigkeit, den speziellen Schuldmerkmalen und dem Unrechtsbewusstsein erweitert. Nach dem BGH ist Schuld die Vorwerfbarkeit der Tat. (BGHSt 2, 194, 200)
Im Gegensatz zum angelsächsischen Recht trennt das deutsche Strafrecht zwischen dem sog. Unrecht, der "Rechtswidrigkeit", und der Schuld. Dabei wird ein vorliegender Sachverhalt (also ein konkretes Geschehen) zunächst geprüft, ob er einen gesetzlichen "Tatbestand" trifft, der unter Strafe steht (Subsumtion), und ob der Beschuldigte an der Tat beteiligt war.
Ist das der Fall, wird geprüft, ob (und in welchem Maß) diese Tat dem Täter "vorwerfbar" ist. Die Schuld wird daher manchmal auch die Vorwerfbarkeit der Tat genannt. Gründe, die die Schuld vermindern oder erschweren, können in der Person des Täters liegen, aber auch in der Situation, die zur Tat geführt hat: Eine geringere Schuld kann beispielsweise bei Kindern und Heranwachsenden bestehen, bei psychischen Störungen (Krankheiten, Drogeneinfluss). Eine vorsätzliche Tat ist "vorwerfbarer" als eine fahrlässige, manche Tatmotive wiegen schwerer als andere.
Die Strafe richtet sich dabei sowohl nach dem Maß des Rechtsbruchs (z. B. schwerer Raub vs. einfacher Diebstahl) als auch nach dem Maß der Schuld.
Für Anfänger und Nichtjuristen ist der Begriff der Schuld mitunter nur schwer erfassbar. Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff der Schuld im Sinne von Verursachung benutzt wird. Dies ist aber ein grober Fehler! Ein Kind oder eine geisteskranker Mensch kann (noch) nicht einsehen, dass etwas, was es/er tut falsch, ja verwerflich ist. Ebenso können auch Tiere keine Einsicht in "gutes" oder "böses" Verhalten haben. Sie können daher keine Schuld haben. Dennoch sagen wir zum Beispiel, der Hund, der über die Straße lief, hatte "Schuld" an dem Unfall. Juristisch kann der Hund den Unfall verursacht haben. Schuld kann er aber niemals haben, denn schuldhaftes Handeln setzt die Fähigkeit zum Erkennen von Recht oder Unrecht voraus.
So ist es auch gemeint, wenn psychisch kranke Straftäter wegen Schuldunfähigkeit als "unschuldig" freigesprochen werden. Zu erwähnen ist, dass bei einem Freispruch wegen geistiger Unzurechnungsfähigkeit der Täter eines schweren Verbrechens gem. § 63 StGB regelmäßig in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses untergebracht wird. Dies hängt mit der Zweispurigkeit des Sanktionssystems zusammen: Strafen einerseits, die an die Schuld des Täters anknüpfen, Maßregeln des Besserung und Sicherung andererseits, die nicht an die Schuld, sondern an die Sozialgefährlichkeit des Täters anknüpfen.
[Bearbeiten] Zivilrecht
Im Zivilrecht versteht man unter "Schuld" das Verpflichtetsein zu einem Tun oder Unterlassen. Häufig korrespondiert mit dieser Verpflichtung ein Anspruch eines anderen als subjektives Recht, das heißt, die Erfüllung der Verpflichtung kann auch verlangt werden (beispielsweise schuldet A dem B Schadensersatz; B kann dann von A die Zahlung verlangen: er hat ein Recht darauf). Gegenbegriff zur Schuld in diesem Sinne ist die Haftung, die häufig zur Schuld hinzutritt, aber auch ohne sie bestehen kann.