Diskussion:Rosenstraße-Protest
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[Bearbeiten] Neutralität
Strittig sind nach Gruner ( ISBN 3-596-16883-X ) einige Passagen, die ich hier zitiere:
- "...obwohl die Polizei immer wieder mit dem Einsatz von Waffengewalt drohte und einige der Demonstrantinnen verhaftet wurden." --- Gruner bestreitet ausdrücklich diese beiden Behauptungen.
- Am 6. März allerdings befahl Joseph Goebbels in seiner Funktion als Gauleiter von Berlin angesichts der fortdauernden Unruhen, die inhaftierten Juden aus Mischehen, "Geltungsjuden" und "Mischlinge 1. Grades" freizulassen. --- Gruner belegt, schon vor der Aktion vom RSHA in einem Befehl niedergelegt war, die aussortierten und überprüften "Mischlinge" freizugeben, dass also Goebbels und die Demonstationen nichts mit der Freilassung zu tun hatten. Holgerjan 16:39, 21. Dez 2005 (CET)
Ich habe den Artikel nun geändert und dabei versucht, die verschiedenen Sichtweisen neutral wiederzugeben. Holgerjan 09:27, 22. Dez 2005 (CET)
Nachtrag: Leider habe ich keinen Einblick in die vollständigen Tagebucheintragungen Goebbels vom März 1943. Mir ist jedoch ein Eintrag vom 11. März 1943 ( in der Ausgabe ISBN 3-492-21415-0 ) aufgefallen:
- "Die Evakuierung der Juden aus Berlin hat doch zu manchen Mißhelligkeiten geführt. Leider sind dabei auch die Juden und Jüdinnen aus privilegierten Ehen zuerst mit verhaftet worden, was zu großer Angst und Verwirrung geführt hat..." --- Die Wörter "zuerst mit verhaftet" lassen sich IMO kaum anders deuten, als das auch Goebbels nichts Anderes im Sinn gehabt hatte, als die "privilegierten Mischehen" überprüfen zu lassen (Ehe nicht geschieden/überprüfte gemeinsame Wohnanschrift/keine Mitglied der jüd. Kultusgemeinde/Kinder) und dann freizulassen. Holgerjan 19:33, 13. Feb 2006 (CET)
[Bearbeiten] Die Tagebucheintragungen
- Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil II, Band 7 (Januar bis März 1943) Berlin u.a. 1993 ISBN 3-598-22138-X
A: “Leider hat sich auch hier wieder herausgestellt, dass die besseren Kreise, insbesondere die Intellektuellen, unsere Judenpolitik nicht verstehen und sich zum Teil auf die Seite der Juden stellen. Infolgedessen ist unsere Aktion vorzeitig verraten worden, so dass uns eine Menge von Juden durch die Hände gewischt sind. Aber wir werden ihrer doch noch habhaft werden.“ (Tagebucheintrag vom 2. März 1943)
B: „Gerade in diesem Augenblick (i.e. nach schweren Zerstörungen durch Bombenangriffe) hält der SD es für günstig, in der Judenevakuierung fortzufahren. Es haben sich da leider etwas unliebsame Szenen vor einem jüdischen Altersheim abgespielt, wo die Bevölkerung sich in größerer Menge ansammelte und zum Teil sogar für die Juden Partei ergriff. Ich gebe dem SD Auftrag, die Judenevakuierung nicht ausgerechnet in einer so kritischen Zeit fortzusetzen. Wir wollen uns das lieber noch einige Wochen aufsparen; dann können wir es umso gründlicher durchführen.“ (Tagebucheintrag vom 6.März 1943)
C:„In der Judenfrage billigt er (i.e. Hitler) mein Vorgehen und gibt mir ausdrücklich den Auftrag, Berlin gänzlich judenfrei zu machen.“ (9. März 1943)
D: „Die Evakuierung der Juden aus Berlin hat doch zu manchen Misshelligkeiten geführt. Leider sind dabei auch die Juden und Jüdinnen aus privilegierten Ehen zuerst mit verhaftet worden, was zu großer Angst und Verwirrung geführt hat. Dass die Juden an einem Tag verhaftet werden sollten, hat sich infolge des kurzsichtigen Verhaltens von Industriellen, die die Juden rechtzeitig warnten, als Schlag in Wasser herausgestellt. Im ganzen sind wir 4000 Juden dabei nicht habhaft geworden. Sie treiben sich jetzt wohnungs- und anmeldungslos in Berlin herum und bilden natürlich für die Öffentlichkeit eine große Gefahr. Ich ordne an, dass Polizei, Wehrmacht und Partei alles daransetzen, diese Juden möglichst schnall dingfest zu machen. Die Verhaftung von Juden und Jüdinnen aus privilegierten Ehen hat besonders in Künstlerkreisen stark sensationell gewirkt. [...] Aber darauf kann ich im Augenblick nicht übermäßig viel Rücksicht nehmen.“ (11. März 1943)
Kommentar: Aus dem Quellentext B scheint hervorzugehen, dass G. am 5. März den SD aufforderte, die Aktion einzustellen. Wir kennen nicht die mögliche Einlassung des SD, die ja offenbar einen Befehl des RSHA ausführte. Tatsache ist, dass am 6. März eine Transportzug abging (siehe Fabrikaktion) Die Aktion wurde offenbar nicht abgebrochen (vergl. Eintrag D.) Wie oben schon erwähnt deute ich den Satz "Leider sind ... zuerst mit verhaftet worden" so, als ob die Gleichzeitigkeit von Deportation und Überprüfung der zurückzustellenden Mischehen etc. der Kritikpunkt von G. ist. Ich kann nicht erkennen, dass die Proteste der Angehörigen oder eine Intervention von G. irgendeine Änderung bei der Durchführung der bekannten Pläne des RSHA bewirkt hätte. Holgerjan 21:48, 27. Feb 2006 (CET)
[Bearbeiten] Verlinkung
Den Artikel halte ich für viel zu dürftig verlinkt (obwohl er eine ganze Reihe überflüssiger Links enthält). Irgendwie fehlt die Verbindung zu Widerstand - wo sich aber kaum was Einschlägiges finden lässt, allenfalls bei den Weblinks. - Was tun? -- Peter Steinberg 02:19, 24. Apr 2006 (CEST)
- Daran hatte ich gar nicht gedacht. Aber ich weiß auch keine Möglichkeit.Holgerjan
[Bearbeiten] "Ergebnis" und "Hintergrund"
Diese Zwischentitel hab ich mal eingeführt, vielleicht sind sie nicht besonders treffend. Wichtiger aber ist, dass jemand (z.B. Holgerjan) überprüft, ob ich den Inhalt in diesen Abschnitten richtig verstanden habe.
Außerdem: Was bitte meint an dieser Stelle "jüdische Einrichtungen"???
-- Peter Steinberg 00:10, 26. Apr 2006 (CEST)
- Danke, Peter! Deine Gliederung ist gelungen. "Ergebnis" gefällt mir auch nicht, aber ich finde nichts Besseres. Du hast Recht: "jüdische Einrichtungen" muss genauer "Reichsvereinigung" heißen. Dazu gehört Verwaltung, Fürsorge- und Gesundheitswesen und die zum Dienst ins RSHA abgeordneten: Vor der Fabrikaktion über 1000 Leute. - Ob man besser den vollen Titel der "Reichsvereinigung" als Link einfügt?
- Einen Satz habe ich geändert. Er begann: Wo es keine Proteste gegeben hatte... - Mir klingt dabei leicht mit, dass die Deportation ursächlich mit dem Protest / Nicht-Protest zusammenhängen könnte. Verändert habe ich auch: "Die „Fabrikaktion“ hatte offenbar diese Anweisung ignoriert". Denn: Die Gestapo verfuhr genau nach Plan, deportierte und "sortierte", machte sich aber die Arbeit leicht, indem sie die zu verschonende Gruppe tagelang festhielt.
Herzlichen Gruß und Dank dein Holgerjan 14:29, 26. Apr 2006 (CEST)
[Bearbeiten] Kardinal Bertram
Dr. Margarete Sommer vom Hilfswerk des Bischöflichen Ordinariats Berlin fasste viele Hinweise auf die Ermordung von Verschleppten 1942 in zwei geheimen Denkschriften zusammen. Mit Erfolg drängte sie die Bischöfe, sich schützend vor die "Mischehen" zu stellen. Anfang März 1943 gelang es ihr, Kardinal Bertram (Vorsitzender der Bischofskonferenz) zu einem entschiedenen Einspruch gegen die Verhaftung von "Mischehe"-Juden bei der Berliner "Fabrikaktion" zu bewegen. "Diese Intervention des sonst so überaus vorsichtigen Kardinals trug mindestens ebenso dazu bei, dass die Machthaber zurückwichen, wie die heute viel beachteten und in ihrer Wirkung vielleicht überschätzten Demonstrationen der Angehörigen in der Rosenstraße." Zitat Seite 134/135 aus:
- Ursula Büttner: Die anderen Christen - ihr Einsatz für verfolgte Juden und "Nichtarier" im nationalsozialistischen Deutschland. In: Beate Kosmala / Claudia Schoppmann (Hrsg.): Überleben im Untergrund: Hilfe für Juden in Deutschland 1941-1945. Berlin 2002. ISBN 3-932482-86-7 ,Seite 134 --Holgerjan 09:15, 3. Mai 2006 (CEST)
- Wolf Gruner, Widerstand in der Rosenstraße, erschienen 2005 (siehe Lit), stellt auf Seite 99ff die Intervention Bertrams ausführlich dar, sieht aber als Grund für die Freilassung ausschließlich den RSHA-Befehl. -Holgerjan 11:17, 4. Mai 2006 (CEST)
- Jana Leichsenring: Katholiken in der Rosenstraße. Das Hilfswerk beim "Bischöflichen Ordinariat Berlin" und die "Mischehen". In: ZfG 52 (2004) S. 37-49 -- Leichsenring urteilt: "In der Gesamtsicht hat Bertrams Initiative wahrscheinlich nur eine Entscheidung untermauert und bestätigt, die zuvor schon im RSHA getroffen worden war." (S. 49) Holgerjan 17:45, 16. Mai 2006 (CEST)
Wikilink: Adolf Kardinal Bertram
[Bearbeiten] Kritik am Film
bei Beate Meyer (siehe Lit):
- "Konstruktion aus Gewaltfreiheit, Feminismus und Moral" (Seite 36) -
- "So vergibt der Film die Chance, unser Bild von der Vergangenheit zu differenzieren und lässt uns mit [...] der Frage allein, wie es eigentlich zum Judenmord kommen konnte, wenn es doch nur sieben Tage der Standhaftigkeit bedurfte, ihn zu verhindern." (S. 36)
- Meyer beanstandet besonders den feministischen Ansatz im Film: Tatsächlich gab es erhebliche Scheidungsrate bei Mischehen von über 20%, wenn der Mann Jude war. Im umgekehrten Fall geringere Scheidungsrate.
- Nachtrag: nach Beate Meyer: Jüdische Mischlinge. ISBN 3-933374-22-7, überwog bei den Mischehen die Kombination männlicher Teil=Jude mit 75%, so dass es nicht erstaunen kann, dass bei den Demonstranten der weibliche Anteil überwog.Holgerjan
Im allg. hatte die nichtjüdische Ehefrau sozial "nach oben" geheiratet. Gleiche soziale Stufe war bei jüdischer Ehefrau - arischer Ehemann vorhanden; diese Kombination war seltener, weil die jüd. Ehefrau bei Heirat mit christl. Mann aus der Religionsgemeinschaft/der Verwandtschaft ausgeschlossen worden wäre. Holgerjan
[Bearbeiten] Grundlage der Vermögensbeschlagnahme
Die „Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 25. November 1941 ermöglichte es, bei der anstehenden Deportation der deutschen Juden den verbliebenen Rest ihres Vermögens zugunsten des Reichsfinanzministeriums einzuziehen. Ein Jude verlor nunmehr „mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland“ die deutsche Staatsangehörigkeit.
Diese Regelung griff jedoch nicht bei Juden, die nach Auschwitz oder Theresienstadt deportiert werden sollten, da diese Gebiete dem Deutschen Reich angegliedert waren. In diesen Fällen war eine Einzelfallentscheidung erforderlich: Diesen Juden wurde im Sammellager durch einen Gerichtsvollzieher eine Urkunde zugestellt, nach der ihr gesamtes Eigentum als "volks- und staatsfeindliches Vermögen" eingezogen wurde.
Eine Kopie einer solchen Verfügung (ausgestellt am 17. Juli 1942) ist als Dokument abgedruckt in: Hans Günther Adler: Die verheimlichte Wahrheit. Theresienstädter Dokumente. Tübingen 1958, S. 61. Dort heißt es:
- „Auf Grund des § 1 des Gesetzes über den Einzug kommunistischen Vermögens vom 26. Mai 1933 ... in Verbindung mit dem Gesetz über den Einzug volks- und staatsfeindlichen Vermögens vom 14. Juli 1933 [in Verbindung...folgen entsprechende Gesetze für Böhmen und Mähren und Österreich] ... wird in Verbindung mit dem Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Verwertung des eingezogenen Vermögens von Reichsfeinden vom 29. Mai 1941 (RGBl 1941 I, 303) das gesamte Vermögen entzogen der Jüdin XY ...“
Die entsprechenden Gesetzestexte sind im Kommentar von Adler beigegeben. Ihrem Wortlaut nach ist keinerlei Begründungszusammenhang für einen Vermögensentzug der Juden bei einer Wohnsitzverlegung innerhalb des Reiches zu erkennen. Adler kommentiert: Durch die Heranziehung all dieser Bestimmungen [...] wurde bekundet, dass eo ipso alles jüdische Vermögen, mochte es auch [...] lediglich zum Lebensunterhalt der nur in engsten Grenzen verfügungsberechtigten Juden verwendet werden, „volks- und staatsfeindlichen Bestrebungen“ diente. (Adler, Wahrheit, S. 64) --Holgerjan 19:24, 5. Dez. 2006 (CET)