Pjotr Arkadjewitsch Stolypin
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Pjotr Arkadjewitsch Stolypin (russisch Пётр Арка́дьевич Столы́пин; * 2. April/14. April 1862 in Dresden; † 5. September/18. September 1911 in Kiew) war ein russischer Politiker, der im Amt des Premierministers von 1906 bis 1911 tiefgreifende Reformen im Zarenreich durchsetzte.
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[Bearbeiten] Herkunft
Stolypin stammte aus einer großbürgerlichen russischen Familie. Seine Vorfahren stammten aus Litauen und waren im 16. Jahrhundert aus dem Baltikum in das Zarenreich emigriert. Seine Familie fügte sich nahtlos in die russische Oberklasse ein und hatte bis zur Zeit Stolypins eine Tradition des Dienstes an der Monarchie aufgebaut. Einer seiner prominenten Verwandten war der russische Dichter Michail Lermontow. Die Familie war durch weitreichenden Landbesitz in ganz Russland finanziell unabhängig und so war für den jungen Stolypin eine staatliche Laufbahn vorprogrammiert.
[Bearbeiten] Karriere
Stolypins Kontakte durch seine Familie ermöglichten ihm eine steile Karriere im russischen Verwaltungsapparat. Bereits mit 27 Jahren leitete er die Versammlung des niederen Adels in der Hauptstadt der damaligen Provinz Litauen in Kowno. Nach einem einjährigen Intermezzo als Provinzgouverneur der weißrussischen Stadt Grodno wurde Stolypin 1903 als Gouverneur nach Saratow in der Wolga-Region berufen. Dort machte er durch eine erfolgreiche Unterdrückung der lokalen revolutionären Bewegung im Zuge der Revolution von 1905 von sich reden. Im Zuge der revolutionären Wirren wurde Stolypin 1906 vom Zaren als Premierminister ernannt. Eine seine ersten Amtshandlungen war die Auflösung der gerade mit der Revolution eingesetzten Duma. Stolypin wollte dadurch die radikalen Elemente der Volksvertretung schwächen, die weiterhin die Zusammenarbeit mit der zaristischen Regierung verweigerten und auf eine Wiederaufnahme des Umsturzes drängten. Da infolgedessen eine Welle von Aufruhr und politischen Morden an Beamten und Vertretern der Staatsmacht ausbrach verfügte der Premierminister das Kriegsrecht in mehreren Gouvernements. Zur Wiederherstellung der Ordnung setzte er auch ein System von Standgerichten ein, die während seiner Amtszeit ungefähr 5.500 Todesurteile fällten. Dieses Vorgehen trug ihm den Titel des Eisernen Premierministers ein.
[Bearbeiten] Politische Reformen
[Bearbeiten] Agrarreform
Stolypin war ein ausgesprochener Monarchist, doch er erkannte, das eine Reform des ancien régime notwendig war um auf Dauer dessen Bestand zu sichern. Sein politisches Hauptziel war die Verhinderung der gewaltsamen Revolution, die nach seiner Ansicht alle Bevökerungsgruppen ins Elend stürzen würde. Er erkannte, daß sich der Staat vor allem um die Bauernschaft, den größten Teil der russischen Bevölkerung kümmern müsse. Zwar war 1861 die Bauernbefreiung im Zarenreich durchgesetzt worden, doch hatte sie der Bevölkerung wenig greifbare Vorteile gebracht. Die Bauern waren zwar nicht mehr an Grundbesitzer gekettet, allerdings waren die Bauern im darauf folgenden System aus Dorfgemeinschaften individuell ebenso unfrei. Das System der Gemeinschaften verteilte das Land unter den Bauern, erlaubte kein privates Eigentum an Grundbesitz und schränkte die Mobilität der Bauern ein, da jeder Einwohner an seine Gemeinschaft gebunden war. Schon 1906 setzte Stolypin per Ukas das Recht auf Privateigentum an Land für Kleinbauern durch. Seine nachfolgenden Schritte wuchsen sich zu einer tiefgreifenden Agrarreform aus. Um die Bauernschaft mit ausreichend Kapital und Fachwissen auszustatten, schuf er sowohl ein Ausbildungsprogramm und spezielle geringverzinste Kredite an Bauern. Ebenso schuf er ein System von Kooperativen, die den Bauern die Möglichkeit gaben, ihre Produktion durch den gemeinsamen Kauf und die Nutzung von Maschinen zu steigern. Das Ziel seines Programms war die Schaffung eines bäuerlichen Mittelstands, der sich durch eigene Leistung und staatliche Hilfe aus der Masse der egalitären Dorfgemeinschaften erheben konnte. Diese Öffnung des sozialen Aufstiegs für den größten Teil des Volkes gipfelte in die Schaffung einer Agrarierpartei, die als bäuerliche Interessenvertretung die jahrhundertelange politische Agonie des ehemals dritten Standes im Zarenreich aufheben sollte. Dadurch sollte dieser größte Teil der Bevölkerung mit dem russischen Staat und dem Kapitalismus versöhnt werden und somit die mögliche Wurzel einer gewalttätigen Revolution gekappt werden.
[Bearbeiten] Besiedlung Sibiriens
Stolypin wollte allerdings nicht nur die soziale Stellung der Bauern stärken. Ebenso sollte das Zarenreich durch eine Erweiterung der Anbauflächen gesamtökonomisch vom Aufstieg der Bauernschaft profitieren. Hand in Hand mit seiner sozialen Reform ging ein Programm zur Neulandgewinnung. Dieses konzentrierte sich vor allem auf die Gebiete jenseits des Urals. Von 1908 bis zum Beginn des Weltkriegs fand eine Migration von 2,8 Millionen Menschen nach Sibirien statt.
[Bearbeiten] Modernisierung des Staates
Stolypin hegte noch weitere Pläne für einen Umbau der Autokratie in ein effizientes Regierungssystem. Er fertigte Pläne zur Schaffung von Ministerien für Gesundheit und ethnische Angelegenheiten. Ebenso hatte er vor dem Ende seiner politischen Karriere ein Gesetz zur Emanzipation der Juden im Zarenreich vorbereitet, um dadurch diese Minderheit für den zaristischen Staat zu gewinnen. Ebenso sprach er sich, trotz seiner nationalistischen und monarchistischen Überzeugungen für einen unabhängigen polnischen Staat aus, der über einen graduellen Prozess mehr und mehr Souveränität vom russischen Reich erhalten solle.
[Bearbeiten] Rücktritt und Ermordung
Mit seinem Reformkurs machte sich Stolypin in allen politischen Lagern wichtige Feinde. Die Linken und die liberalen Konstitutionellen Demokraten sahen in ihm einen gewalttätigen Unterdrücker der revolutionären Bewegung. Vielen im rechten Lager gingen seine Modernisierungsideen zu weit. Die linke Opposition gipfelte schon kurz nach der Revolution in offener Gewalt, die auch von manchen Duma-Abgeordneten gutgeheißen wurde. Führendes Element war hierbei die Partei der Sozialrevolutionäre, die Mord als politisch legitimes Mittel ansah. Bereits am 12. August 1906 wurde ein Bombenattentat auf ihn verübt. Der Anschlag forderte 27 Tote, verletzte ihn leicht und seine Tochter Natalja schwer. Stolypin verlor im Laufe seiner Amtszeit mehr und mehr an Durchsetzungskraft. Als 1911 ein Gesetzesvorschlag über eine Ausweitung der Rechte der bäuerlichen Selbsthilfeorganisation Semstwo von der Duma abgelehnt wurde, reichte der Ministerpräsident resigniert seinen Rücktritt ein. Kurz darauf folgte ein weiterer Mordanschlag der Linken. Er wurde am 14. September 1911 bei einem Opernbesuch in Kiew von einem Sozialrevolutionär namens Dimitri Bogrow schwer durch Pistolenschüsse verwundet. Stolypin erlag seinen schweren Verletzungen vier Tage später und starb an einer allgemeinen Sepsis.
[Bearbeiten] Zitate
- "Für Leute, die Macht haben, meine Herren, gibt es keine größere Sünde als vor der eigenen Verantwortung scheu zu werden." Stolypins letzte Rede vor der Duma, Quelle : unten angeführter Artikel
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Pjotr Arkadjewitsch Stolypin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Artikel einer russischen Netzzeitung in englischer Sprache
Personendaten | |
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NAME | Stolypin, Pjotr Arkadjewitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Пётр Аркадьевич Столыпин |
KURZBESCHREIBUNG | russischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 14. April 1862 |
GEBURTSORT | Baden-Baden |
STERBEDATUM | 18. September 1911 |
STERBEORT | Kiew |