Norman Lear
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Norman Lear (* 27. Juli 1922 in New Haven, US-Bundesstaat Connecticut) ist ein amerikanischer Fernsehautor und Produzent, der verschiedene erfolgreiche Serien wie All in the Family, Sanford and Son und The Jeffersons schuf und produzierte.
Lear studierte am Emerson College in Boston, verließ das College aber 1942, um in die Air Corps der US-Armee (den Vorgänger der US-Air Force) einzutreten. Beim Militär erhielt er für seine dienstliche Leistungen einen Orden, den Decorated Air Medal. Er wurde 1945 ehrenhaft vom Militär entlassen.
Als Zivilist begann sein beruflicher Aufstieg als Drehbuchautor für Komödien. Später wurde er Filmregisseur, schrieb und produzierte 1969 den Film Scheidung auf Amerikanisch (original Divorce, American Style) und führte 1971 in Der 25 Millionen Dollar Preis (original Cold Turkey) Regie - beide Filme mit Dick van Dyke in der Hauptrolle. 1970 bemühte er sich, ABC eine Idee für eine Serie zu verkaufen, die das Leben einer einfachen Familie der Arbeiterklasse zeigt. Die ursprüngliche Serie, Til Death Do Us Part, kam aus England. Bisher hatte die überwältigende Mehrheit amerikanischer Serien (engl.: Sitcoms) nur sanfte, angenehme, ideale Vorbildfamilien gezeigt. Obwohl die 1960er sehr ereignisvoll waren, hatten ABC und die anderen Fernsehenanstalten heikle Themen beharrlich vermieden, damit sie die Öffentlichkeit nicht beleidigen würden. Lear verfilmte zwei Pilotepisoden, die ABC ablehnte. Er verfilmte noch eine dritte, welche CBS kaufte. Die erste Übertragung fand am 12. Januar 1971 statt. Die Serie florierte im Sommer (die Jahreszeit, in der das amerikanische Fernsehen normalerweise Wiederholungen zeigt). 1971-1972 kletterte All in the Family rasch bis an die Spitze der Einschaltsquoten. Über die nächsten vier Jahre blieb die Serien auf dem ersten Platz.
Die brisante, kontroverse Serie handelte von einer Familie, den Bunkers in Queens, einem Arbeiterviertel von New York City. Archie Bunker (dargestellt von Carroll O'Connor) war Dockarbeiter. Er war im mittleren Alter, etwas dick, ungebildet, schlecht gelaunt, krass und grob; er hasste erbarmlos fast jede Minderheit, seien es Schwarze, Mexikaner, Juden, Asiaten, Katholiken oder andere. Selbst Engländer betrachtete er als schwach und homosexuell ("English fags"), obwohl er selbst vermutlich englischer Herkunft war. Er hatte im Zweiten Weltkrieg gekämpft (den er immer "the big one," den Großen, nannte) und beschimpfte die Franzosen und die Deutschen auch ("frogs" und "krauts"). Er glaubte an jedes vorurteilhafte Klischee, das er je gehört hatte. Selbstverständlich unterstützte er den Vietnamkrieg und den damaligen US-Präsidenten, Richard M. Nixon; er hasste die Krieggegner, alle Linken und auch die Feministen, denn er glaubte, dass eine Frau ausschließlich zu Hause und stumm bleiben soll. Deswegen sagte er immer seiner simplen, häuslichen aber netten und unvorteilhaften Ehefrau Edith (Jean Stapleton), "Stifle yourself!" (ungefähr: "Würg' dich ab!"). Seine schöne Tochter, Gloria (Sally Struthers), und ihr Ehemann, Michael Stivic (Rob Reiner), wohnten bei Archie und Edith, weil Michael noch auf dem College war. Da Michaels Meinungen genau das Gegenteil von Archies waren, zankten sie ständig mit einander über Politik, Frauenrecht, den Vietnamkrieg, Minderheiten und zahllose andere Themen. Archie betrachtete Mike als einen wertlosen Drückeberger und Kommunist ("pinko," rot), die gerne schmarotzte und seine Tochter, sein liebes "little girl," korrumpiert hatte. Archie nannte Mike immer "Meathead" ("Kloßkopf") und auch "dummen Polack" (ein Schimpfwort für Polen), weil Mike polnischer Herkunft war. Hingegen war Archie für Mike der Inbegriff von jeder schlechten Eigenschaft der amerikanischer Gesellschaft: Archie war gierig, selbstgerecht, scheinheilig, frömmerlisch, engstirnig, und rassistisch. Mikes Schwiegervater symbolisierte für ihn das unerbittliche Sprichwort der 1960er, "Wenn du kein Teil der Lösung bist, bist du ein Teil des Problems" ("If you're not part of the solution, you're part of the problem").
All in the Family war bestimmt bahnbrechend. Bislang wäre es unfassbar gewesen, solche heikle Themen im Fernsehen darzulegen, geschweige gemeine Schimpfwörter wie "coloreds" (Farbige) für Schwarzen (dieser Begriff war schon längst überholt); "Hebe" für Juden, "Greaser" (fettige) für Mexikaner und viele andere zu äußern. Norman Lear sagte, er hätte den Charakter Archies auf seinem eigenen Vater basiert, der sehr engstirnig gewesen war. Lears Vater hatte seinem Sohn einst mitgeteilt, Norman war "der faulste Weisse, den ich je gekannt habe". Beide Lear und Carroll O'Connor waren in ihrer Politik sehr linksgerichtet (siehe unten), und es war ihre Hoffnung, dass der groteske, lächerliche Archie die Absurdität und Ungerechtigkeit von Vorurteilen, Krieg, Hass und soweiter beweisen würde. Leider waren Lear und O'Connor enttäuscht. Unglücklicherweise schlugen ihre wohlgemeinten Pläne etwas fehl: es entpuppte sich, dass eine deutliche Mehrheit der Fernsehenanschauer die Serie liebte, genau weil man sich mit Archie identifizierte und übereinstimmte. Die Serie war offensichtlich zumindest eines der Vorbilder für die von Wolfgang Menge geschriebene deutsche Fernsehserie Ein Herz und eine Seele.
Lears zweiter Erfolg war auch auf einer englischen Serie, diesmal Steptoe and Son, basiert. Diese Serie war nicht politisch. Sie ging ansonsten um einen alten, verwitweten Mann und seinen Sohn, die zusammen lebte und ein miserables Schrottgeschäft hatten. In England waren die Männer aus dem Cockney-Viertel Londons, dem East End. Die Menschen bei Lears Version, die Sanford and Son hieß, waren Schwarzen in dem armen Watts-Viertel von Los Angeles. Fred G. Sanford, von dem berühmten schwarzen Komiker Redd Foxx dargestellt, war ein besonders mürrischer Typ, der fast so vorurteilhaft war wie Archie Bunker.
Lear bestand darauf, dass man seine Serien vor echtem Publikum mit Videoband verfilme. Diese Methode, erst in den 1950er Jahren entwickelt und ein Riesenerfolg mit I Love Lucy, war am Anfang der 1970er allmählich verschwunden, da es leichter und billiger war, das Gelächter künstlich hinzufügen ("laughtrack"). Lear glaubte, dass das Timing und die Leistung der Schauspieler viel besser wären, wenn sie die Reaktionen der Audienz hören können. Dank Lears Überzeugung hatte in den 1970er diese längst bewiesene Technik eine Wiedergeburt.
Lears langjähriger Partner bei Produktion war Bud Yorkin, der Hauptproduzent von Sanford and Son war. Er trennte sich 1975 permanent von Lear, aber ihre Firma, Tandem Produktions, wurde nicht aufgelöst. In demselben Jahr gründeten Lear und sein Talentagent, Jerry Perenchio, T.A.T. Communications; manchmal verwies man auf beide Firmen als "Tandem/T.A.T." Lears Organisation war eine der erfolgreichsten unabhängigen Fernsehenproduzenten der 1970er Jahre. Obwohl die Themen, mit denen Lears Programme sich beschäftigten, sind heute ansatzweise überholt, bleiben die Serien noch populär, und man kann sie auf DVD kaufen.
Seit dem Beginn der 1990er Jahren sind Lears Bemühungen, sich weiter in der Fernsehenbranche tätig zu werden, oft gescheitert. Dennoch bleibt Lear sehr engagiert, indem er eine Reihe von liberalen und linksorientierten Projekten unterstützt. 1978 gründete er die Interessengruppe, People for the American Way mit der ausdrücklichen Absicht, den wachsenden Einfluss der Religious Right, der streng konservativen amerikanischen Kirchen, zu kontern. Zuletzt arbeitete er mit Arianna Huffington in Fernsehenspots, die die angebliche Gefahr von großen Geländewagen (Sport Utility Vehicles, SUVs) verdeutlichen. Heute wohnt Lear in Shaftsbury (US-Bundesstaat Vermont) in einem Haus, in welchem der Dichter Robert Frost einst lebte.
[Bearbeiten] Fernsehserien
Von Tandem Productions:
- All in the Family (1971-1979)
- Sanford and Son (1972-1977)
- Maude (1972-1978)
- Good Times (1974-1979)
- Diff'rent Strokes (1978-1986)
- Archie Bunker's Place (1979-1983)
- Gloria (1982-1983)
Von T.A.T. Communications/Embassy Television/ELP Communications:
- The Jeffersons (1975-1985)
- Mary Hartman, Mary Hartman (1975-1977)
- One Day at a Time (1975-1984)
- Fernwood 2Night (1977-1978)
- The Facts of Life (1979-1988)
- Silver Spoons (1982-1987)
- Square Pegs (1982-1983)
- Who's the Boss? (1984-1992)
- 227 (1985-1990)
- Married... With Children (1987-1997)
[Bearbeiten] Informationen der
- Norman Lear in der Internet Movie Database
- Scheidung auf amerikanisch in der Internet Movie Database
- Der 25 Millionen Dollar Preis in der Internet Movie Database
[Bearbeiten] Weblinks
- Biografie von Norman Lear beim Museum of Broadcast Communications (engl.)
- 2005 Interview mit Norman Lear (engl.)
Personendaten | |
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NAME | Lear, Norman |
KURZBESCHREIBUNG | amerikanischer Fernsehautor und Produzent, der verschiedene erfolgreiche Serien wie All in the Family, Sanford and Son und The Jeffersons schuf und produzierte |
GEBURTSDATUM | 27. Juli 1922 |
GEBURTSORT | New Haven (Connecticut),Connecticut |