Moderator (Reaktortechnik)
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Moderatoren (vom Lateinischen moderare "mäßigen, steuern, lenken") werden in Kernreaktoren eingesetzt, um die bei der Kernspaltung von Uran-235 oder Plutonium entstehenden schnellen Neutronen abzubremsen und so eine Kettenreaktion erst zu ermöglichen. Schnelle Neutronen rufen nur selten eine Kernspaltung hervor; langsame Neutronen dagegen lösen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit weitere Kernspaltungen aus und halten so eine Kettenreaktion in Gang.
Der Moderator bremst ein Neutron durch mehrfachen elastischen Stoß mit den Atomkernen. Nur leichte Elemente sind geeignet, Neutronen abzubremsen. Lithium und Bor besitzen eine starke Neutronenabsorption und sind daher nicht geeignet. Theoretisch denkbar sind Wasserstoff, Deuterium, Helium, Beryllium und Kohlenstoff. In Kernkraftwerken technisch genutzt werden Wasserstoff (als leichtes (gewöhnliches) Wasser), Deuterium (als schweres Wasser) und Kohlenstoff in Form von Graphit.
In Leichtwasserreaktoren wird gewöhnliches Wasser als Moderator verwendet. Ein Nachteil ist die Absorption von Neutronen durch das Wasser. Dieser Neutronenverlust wird ausgeglichen, indem angereichertes Uran (U) verwendet wird, in dem bezogen auf die gleiche Menge des spaltbaren 235U weniger 238U enthalten ist, das ebenfalls Neutronen absorbiert. Ein Vorteil von Leichtwasserreaktoren ist, dass leichtes Wasser preiswert ist. Außerdem verdampft es im Fall einer Überhitzung des Reaktors (Reaktorunfall); damit endet die Moderationsfähigkeit, und die Kettenreaktion erlischt.
Reines Graphit ist relativ leicht herzustellen, und besitzt eine vernachlässigbare Neutronenabsorption. Insofern kann ein graphitmoderierter Kernreaktor mit unangereichertem Uran (Natururan) betrieben werden. Der erste 1942 unter Leitung von Enrico Fermi in Chicago gebaute und funktionsfähige Testreaktor war nach dieser Bauweise konstruiert. In der Sowjetunion wurden später graphitmoderierte wassergekühlte Reaktoren für den Regelbetrieb entwickelt, die heute noch in Russland, der Ukraine und Litauen in Betrieb sind. Beim Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahre 1986 konnte die Kernreaktion des überhitzten Reaktors nicht mehr unterbrochen werden; das Graphit behielt seine moderierenden Eigenschaften, und somit wurde die Kettenreaktion bis zur Kernschmelze aufrechterhalten. Ein weiterer graphitmoderierter Reaktortyp ist der gasgekühlte Kugelhaufenreaktor oder Hochtemperaturreaktor.
Schweres Wasser hat eine geringe Tendenz zum Neutroneneinfang, so dass schwerwassermoderierte Reaktoren ebenfalls mit Natururan betrieben werden können. Schweres Wasser ist allerdings relativ teuer. Die kanadischen CANDU-Reaktoren arbeiten mit schwerem Wasser als Moderator.
Die folgende Tabelle gibt Auskunft über die durchschnittliche Anzahl der Stöße, die notwendig ist, um verschiedene Atome vom prompten Zustand in den moderierten Zustand abzubremsen. Die Abbremsung erfolgt über einen Elastischen Stoß des Neutrons mit dem Atom auf das es aufprallt, also dem Moderator-Atom.
Wasserstoff | Deuterium | Beryllium | Graphit | Uran | |
---|---|---|---|---|---|
Massenverhältnis
Kern:Neutron (gerundet) |
1 | 2 | 9 | 12 | 235 |
Anzahl der Stöße | 18 | 25 | 86 | 114 | 2172 |
Die so genannten Brutreakoren brauchen keinen Moderator, denn durch die hohe Spaltstoffdichte reichen die unmoderierten, prompten Neutronen zur Spaltung bzw. zum Erbrüten von Spaltstoffen aus. Das zur Kühlung verwendete Natrium wird weder Radioaktiv noch hat es einen moderierenden Effekt.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.gkn-gmbh.de/portrait/portrait23_u_d.htm - vom Uran zur Kernspaltung im Reaktor