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Militärregierung

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Eine Militärregierung oder selten auch Stratokratie genannt (von griech. στρατός "Heer" und κρατείν "herrschen") bezeichnet eine Staatsform, in der die vollziehende politische Gewalt direkt vom Militär ausgeht.

Reine Militärregierungen sind eher selten. Vielmehr kam es in der historischen Entwicklungen zu Mischformen, in denen bürgerliche Regierungen existierten, die aber im Hintergrund vom Militär beherrscht wurden. Zivile Regierungen erhalten demnach nicht die volle politische Macht und können durch eine militärische Intervention der eigenen Streitkräfte abgesetzt oder anderweitig kontrolliert werden. Gründe des Eingreifens können beispielsweise die Sicherung der Stabilität oder Beibehaltung des Status quo sein. In militärisch dominierten Ländern reicht die Macht der Armee von einem Vetorecht bis hin zur vollständigen Übernahme der Staatsgewalt. Die daraus folgende Militärherrschaft kann sehr kurzlebig sein (2 bis 4 Jahre) und nur bis zur Wiederherstellung des vom Militär gewünschten Zustandes andauern oder langfristiger Natur sein.

Oftmals werden Militärregierungen als Übergangslösungen in besetzten Ländern installiert. In Deutschland wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eine Militärregierung errichtet, die sich aus den vier Siegermächten Großbritannien, Frankreich, den USA und der Sowjetunion zusammensetzte. Auf der Gipfelkonferenz von Potsdam bestimmten die Mächte gemeinsame Richtlinien für ihre künftige Politik. Sie setzten ihre Schwerpunkte auf Abrüstung, Entnazifizierung und Aufbau einer neuen politischen Ordnung in Deutschland. 1947 bildeten die Amerikaner und die Briten eine Bizone, die wenige Zeit später zur Trizone (mit der französischen Besatzungszone) erweitert wurde. Dieses Gebilde sollte den wirtschaftlichen Aufbau und die Entwicklung Deutschlands regeln. Am 21. September 1949 löste man die Militärregierung auf.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Drei Stufen einer Militärherrschaft

Eric Nordlinger analysierte 1977 in seinem Buch Soldiers in Politics verschiedene Militärherrschaften. Er teilte die politische Einflussnahme der Armee in drei Stufen ein:

Mäßigende, beschwichtigende Form: Zivilisten dürfen politische Ämter auch weiterhin bekleiden, wobei Offiziere jedoch ein Vetorecht behalten. Unter Androhung eines Militäreinsatzes sind sie fähig, Politiker durch ihnen wohlgesonnenere Personen zu ersetzen, ohne dabei selbst direkt in der Politik aktiv zu werden. Ihr Ziel ist die Vermeidung anders gerichteter politischer Ideologien. Wirtschaftlich bleibt zumeist alles beim Alten.

Beschützende Form: Das Militär übernimmt die Regierungskontrolle, um die Stabilität wieder herzustellen. Während dieser Zeit kommt es oft zu wirtschaftlichen Reformen. Öffentliche Organisationen und Medien können wie gewohnt arbeiten.

Beherrschende Form: Es wird ein Militärregime errichtet, das auch einen weitreichenden Einfluss auf das öffentliche Leben ausübt. Es kommt zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, wobei auch viele Grundrechte verletzt werden. Das Militär führt ein bürokratisches System ein. Unabhängige Medien werden verboten.

[Bearbeiten] Militärisch dominierte Staaten

Jedes Land, so sagte es der ehemalige Präsident Kolumbiens, Eduardo Sontos, wird von der eigenen Armee kontrolliert.

Besonders im südamerikanischen Raum scheint die Dominanz des Militärs sehr hoch zu sein. Die Gründe liegen zumeist im innenpolitischen Versagen der Zivilregierung (z.B. schlechte Wirtschaftslage oder terroristische Aktivitäten) und dem Fehlen einer anderen beherrschenden Klasse außer dem Militär. Oftmals kommt es deswegen zur Bildung von Militärdiktaturen, die nach einem Putsch gegen die Regierung errichtet werden. Die Führungsriegen dieser Diktaturen werden häufig aus einer Gruppe ranghoher Offiziere gebildet, welche die politische Macht ausüben. Sie betrachten sich meistens nur als Übergangslösung, die irgendwann in bürgerliche Regierungen übergehen wollen.

[Bearbeiten] Die Sowjetunion

Raymond Aron beschäftigte sich in den 1980er Jahren mit der Frage ob die ehemalige Sowjetunion eine Stratokratie gewesen sei. 1982 wurde der KGB-Vorsitzende und Armeegeneral Juri Wladimirowitsch Andropow zum Generalsekretär der KPdSU ernannt, wodurch die hintergründige Militärherrschaft offen an die Oberfläche trat und der Geheimdienst die vollziehende Gewalt übernahm. Mit der Auflösung der Sowjetunion wurde diese Militärregierung beendet.

[Bearbeiten] Die Türkei

1989 wurde der Nationale Sicherheitsrat in der Türkei aufgelöst. Dieser Rat bestand aus ranghohen Offizieren, welche die Exekutive besaßen.

Die Ursprünge dieser militärischen Dominanz rührten aus der Zeit Kemal Atatürks. Atatürk begründete die Ideologie des Kemalismus, mit dem er die Türkei radikal umgestaltete. Er führte beispielsweise das Frauenwahlrecht ein, schloss Koranschulen und lehnte das türkische Rechtssystem an westliche Vorbilder an.

Das Erbe Atatürks wird seitdem vom türkischen Militär geschützt. 1960 führten soziale Missstände zum Sturz der Regierung durch General Cemal Gürsel. Aber auch die Folgeregierung konnte die Probleme nicht in den Griff bekommen. Linke und rechte Terroraktivitäten nahmen zu, und die Wirtschaftslage verschlechterte sich rapide. 1971 griff die Armee erneut ein, und es kam zu repressiven Maßnahmen gegenüber der Bevölkerung. Aber auch die 1972 eingesetzte Regierung blieb nicht sehr lange im Amt. Am 12. September 1980 putschte Generalstabschef Kenan Evren gegen Ministerpräsident Süleyman Demirel. Evren verbot die Parteien und verhängte den Kriegszustand, "um gegen den Terrorismus im Land vorgehen" zu können. Das Militär wurde 1982 als Teil der politischen Macht sogar in der Verfassung verankert und Evren zum Präsidenten gewählt. Die Türkei kehrte erst 1989 mit der Wahl von Turgut Özal zu einer Zivilherrschaft zurück. Dennoch bleibt das Militär auch heute in der Türkei eine der wichtigsten politischen Größen, wie es die Beziehung der Streitkräfte zur islamischen Regierung deutlich machen.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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