Melusine
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Melusine (oder Melusina) ist eine europäische Sagengestalt. Sie wird gewöhnlich als Frau mit Schlangen- oder Fischunterleib dargestellt, ähnlich einer Meerjungfrau. Es gibt auch Abbildungen von ihr mit Flügeln, zwei Schwänzen, der beidem. Melusine ist eine der vorchristlichen Wassernixen, die manchmal zu Verwandlungen fähig sind. Ähnliche Gestalten gibt es in der Artussage und in der Geschichte der Loreley. Melusine verwandelt sich in den mittelalterlichen Fassungen (französisch von Couldrette, und Jean d'Arras, deutsch von Thüring von Ringoltingen) jeden Samstag in eine schöne Nixe mit weiblichem Oberkörper und fischartigem Unterleib. Nach Marija Gimbutas ist die "Sage von der Schönen Melusina" die historische Spur zurück zur alteuropäischen Göttinkultur.
Melusine ist in einigen deutschen und skandinavischen Wappen zu finden. Ferenc Frangepán, Erzbischof von Kalocsa in Ungarn, hinterließ 1543 eine Serie von sieben Tapisserien mit der Geschichte der "Schönen Melusina." Diese Bilder beziehen sich wohl auf die berühmteste literarische Version der Melusinasage, die Jean d'Arras ungefähr 1382 - 1394 schrieb. Die Geschichte wurde um 1500 ins Englische übertragen und besonders im 15. und 16. Jahrhundert häufig gedruckt.
Sie erzählt, wie Elynas, der König von Albany (poetisch für Schottland) auf der Jagd Pressyne trifft, die Mutter von Melusine. Er überzeugt sie, ihn zu heiraten, doch sie nimmt ihm das Versprechen ab, niemals ihr Zimmer zu betreten, während sie ihre Kinder gebiert oder badet. Sie schenkt ihm Drillinge. Als er das Tabu bricht, verlässt sie ihn und geht mit ihren Töchtern Melusine, Melior und Palatyne nach Avalon. Fünfzehn Jahre später nehmen die Töchter Rache - sie begraben Elynas lebendig in einem Berg.
Zur Strafe wird Melusine verflucht, sich jeden Samstag von der Taille abwärts in eine Schlange zu verwandelt. Raymond von Poitou begegnet ihr in einem Wald in Frankreich, und die Geschichte wiederholt sich: Melusine heiratet Raymond unter der Bedingung, dass er niemals an einem Samstag ihr Badezimmer betritt. Als er sein Versprechen bricht, findet er sie als ein Wesen halb Mensch, halb Schlange. Zunächst verzeiht sie ihm, doch als er sie vor seinem Hofstaat "Schlange" nennt, verwandelt sie sich in einen Drachen und fliegt davon.
Der Melusine-Mythos war in den nördlichen (keltischen) Teilen Galliens und der Niederen Lande verbreitet. Auch Sir Walter Scott erzählt eine Version in Minstrelsy of the Scottish Border (Schottische Balladen, 1802 -1803).
In Luxemburg wurde der erste Landesherrscher Graf Siegfried I., der das Lehen im Jahre 963 erwarb, in eine örtliche Variante der Melusinasage einbezogen. Melusine soll nach der Hochzeit mit ihm das Schloss auf dem Bock-Felsen herbeigezaubert haben. Als er ihr Geheimnis entdeckt, sinkt sie mitsamt ihrer Badewanne in den Fels hinab. Der Legende nach sieht man manchmal Melusina mitsamt ihrem Fischschwanz auf dem Bockfelsen der Stadt Luxemburg sitzen. Wer sie anspricht und den goldenen Schlüssel aus ihrem Mund nimmt, bekommt sie zur Frau. - Auch das westfranzösische Adelsgeschlecht derer von Lusignan kennt eine ähnliche Familiensage.
Martin Luther kannte eine weitere Version der Sage, die Melusina zu Lucelberg (Schlesien): er führt sie einige Male als Succubus an (Werke, Erlanger Edition, Bd. 60, pp 37–42). Johann Wolfgang von Goethe veröffentlichte 1807 das Märchen Die neue Melusine als Teil von Wilhelm Meisters Wanderjahren. Franz Grillparzer brachte Goethes Märchen auf die Bühne, und auch Felix Mendelssohn nannte eine Ouvertüre Das Märchen von der schönen Melusine (Opus 32).
[Bearbeiten] Trivia
In seinem Film Pappa ante Portas spricht Loriot in seiner Rolle als "Lothar Frohwein" dieses Gedicht: Melusine... - Kraweel, Kraweel! - Taubtrüber Ginst am Musenhain, - Trübtauber Hain am Musenginst. Kraweel!
[Bearbeiten] Literatur
Thüring von Ringoltingen: Melusine. In der Fassung des Buches der Liebe (1587). Ditzingen: Reclam, 1991. ISBN 3150014840