Hubschrauber mit seitlichen Rotoren

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Die Fa 223 V 11 während der Erprobung in Travemünde

Hubschrauber, deren Rotoren sich an seitlichen Auslegern drehen, standen am Anfang der Entwicklung von Luftfahrzeugen ihrer Art. In der Mitte der dreißiger Jahre wurden in Deutschland die ersten fünf in dieser Ausführung konstruiert und gebaut. Es waren Henrich Focke und wenig später Anton Flettner, die mit ihren Entwürfen die ersten gebrauchsfähigen Hubschrauber schufen. Zwei davon, die Fa 223 und die Fl 282 kamen sogar bis zur Serienfertigung, die allerdings durch Kriegseinwirkung mehrfach verzögert oder unterbrochen wurde. Nach dem Krieg wurde das Prinzip von Firmen in verschiedenen Ländern übernommen. Es setzte sich aber schließlich doch nicht durch. Erst in neuerer Zeit erhielt es bei Wandelflugzeugen wieder Bedeutung, die mit Kipprotoren ausgestattet sind.

[Bearbeiten] Die Vorteile

• Die beiden seitlich angeordneten, sich in gleicher Ebene gegensinnig bewegenden Rotoren ergeben eine perfekte Symmetrie ohne Querkräfte. Sie ist auch Voraussetzung für die Anwendung bei Wandelflugzeugen, weil sie beim Kippen der Rotorebene bis zu 90° nach vorn erhalten bleibt. Das gilt allerdings nicht für Flettner u.ä.

• Die Rotoren haben gegenüber einem Einrotorhubschrauber mit derselben Tragfähigkeit einen kleineren Durchmesser. Sie können so bei gleicher Blattspitzengeschwindigkeit schneller drehen mit kleinerem Einstellwinkel, als Folge mit weniger Blattwiderstand und geringerem Leistungsaufwand. Die Blätter können damit leichter gehalten werden.

• Jeder Rotor bewegt seine eigene Luftmenge ohne gegenseitige Beeinflussung. Auch das bedeutet einen geringeren Aufwand an Gesamtenergie im Vergleich zu Tandemhubschraubern. Allerdings gilt dies auch nicht für die Flettner-Rotoren wegen ihrer sehr großen Überdeckung.

McDonnell XHJD-1 Whirlaway, experimenteller Helikopter von 1946 mit seitlichen Rotoren, beim Abseilen eines Passagiers.

[Bearbeiten] Die Nachteile

• Die beiderseitigen Traggerüste ergeben, trotz aller Bemühungen, die Fachwerkteile möglichst strömungsgünstig zu verkleiden, einen verhältnismäßig hohen Stirnwiderstand, der sich bei der erreichbaren Geschwindigkeit auswirkt. Das gilt zwar nicht bei Flettner, doch ergibt sich dort wegen der gegenseitigen Neigung der beiden Rotorachsen ein anderer Nachteil, nämlich die an den Seiten weit nach unten schlagenden Rotorblätter.

• Um Verlust an Steuerweg in der Nickachse möglichst zu vermeiden, ist bei dieser Rotoranordnung, genau wie beim Einrotorhubschrauber, nur ein recht kleiner Schwerpunktsbereich möglich und zulässig. Das heißt, dass die Verteilung der Ladung in der Längsrichtung sehr sorgfältig vorgenommen und überwacht werden muss.

• Obwohl kein Drehmoment auszugleichen ist, braucht ein Hubschrauber dieser Konzeption dennoch ein mit einem möglichst großen Hebelarm ausgestattetes Heckteil mit einer Höhenflosse und einem normalen, meist recht großen Seitenleitwerk, die beide zweckmäßigerweise trimmbar gestaltet sein sollten. Sie sind beide für den schnelleren Vorwärtsflug notwendig, weil die seitliche Rotoranordnung keinerlei Richtungsstabilität ergibt. Auch für die Autorotationslandung ist die Leitwerkswirkung wichtig.

[Bearbeiten] Die Steuerung

Knüppelbewegung in der Querrichtung bewirkt hier entgegen gesetzte kollektive Blattverstellung an den Rotoren und damit Bewegung um die Rollachse. Durch Steuereingaben in der Längsrichtung werden beide Rotorebenen durch zyklische Blattverstellung gleichsinnig nach vorne oder hinten geneigt. Für die Drehung um die Hochachse (Gierachse) wird mit Hilfe der Pedale eine gegensinnige Neigung beider Rotorebenen nach vorn bzw. nach hinten erreicht. Für die Vertikalbewegung gibt es noch keinen eigenen Hebel. Es wird mit dem Gashebel und damit über die Rotordrehzahl gesteuert. Ein weiterer Hebel ist noch vorhanden, der aber nur zwei Stellungen hat, eine für Normalbetrieb und eine zum Schalten in den Autorotationszustand. Diese Bewegung ist aber nicht umkehrbar.

Anmerkung: Diese Beschreibung der Steuerung in ihren einzelnen Wirkungen gilt uneingeschränkt nur für die beiden Focke-Hubschrauber, weitgehend auch für die Flettner-Muster. Spätere Hubschrauber dürften vermutlich bereits den Kollektiv-Verstellhebel gehabt haben.

[Bearbeiten] Gebaute Muster mit seitlichen Auslegern

• Focke-Wulf Fw 61
• Focke-Achgelis Fa 223
• SNCASE SE 3000 (Nachbau Fa 223)
• Bratuchin Omega G-4
• McDonnell XHJD-1 Whirlaway
• Cierva W 11 (Dreirotorig)
• Kamow Ka-22 Vintokryl (Flugschrauber)
• Mil Mi-12

[Bearbeiten] Gebaute Muster nach dem Flettner-Prinzip

• Flettner Fl 265
• Flettner Fl 282
• Kellet XR-8 und 10
• Kaman HTK und HOK
• Kaman HH-43 Huskie
• Kaman K-Max

[Bearbeiten] Literatur

• Besser, Technik und Geschichte der Hubschrauber, Bernard & Graefe, ISBN 3-7637-5408-3
• von Gersdorff/Knobling, Hubschrauber und Tragschrauber, Bernard & Graefe, ISBN 3-7637-5273-0
• Coates/Carbonel, Helicopters of the Third Reich, Ian Allan Publishing, ISBN 1-903223-24-5